Der Ausbau der Kinderbetreuung, der Tagespflege, ich glaube, wenn es um das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, haben wir das wirklich in diesem Land vorbildlich umgesetzt. Es wird weitere Erleichterungen für die Tagespflege in Betrieben geben. Das wurde bereits auf den Weg gebracht. Insoweit konnte den Wünschen der Wirtschaft bereits Rechnung getragen werden.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich Gäste bei uns im Landtag, und zwar Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 d des Gymnasiums Mainz-Oberstadt.
Von der Rochus-Realschule Bingen begrüße ich Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe. Seien Sie uns alle herzlich willkommen in Mainz!
Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Schlagwein von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Lieber Herr Kollege Brandl, die Papiere der IHK und dieses Papier der IHK finde ich nicht unbedingt ungewöhnlich, weil ich die Papiere aus dem kommunalpolitischen Zusammenhang auch schon einige Jahre kenne. Sie richten sich manchmal auch an die Kommunalpolitik. Für mich ist eher ungewohnt, dass sich Übereinstimmungen zwischen uns und den Kammern mehren, weil die Kammern nach und nach Positionen von uns übernehmen. Da ist noch Platz nach oben.
Wenn der Bund so weitermacht, wie er im Moment unterwegs ist, indem er zum Beispiel die Mittel für die Gebäudesanierungen jetzt doch nicht so bereitstellt, wie das einmal angedacht und versprochen war,
oder er zum Beispiel zur Förderung der Kraft-WärmeKopplung nicht die richtigen Signale setzt, wie das dringend notwendig ist, und dann uns und der Wirtschaft die entsprechenden Effizienzpotenziale fehlen, um Kosten zu senken, werden sich die Übereinstimmungen zwischen uns und den Kammern durchaus noch weiterentwickeln.
Meine Damen und Herren, Bund, Länder und Kommunen finanzieren vor allem mit ihren Steuereinnahmen eine Vielzahl von Infrastruktureinrichtungen, von harten und weichen Standortfaktoren, auch für die Unternehmen in Rheinland-Pfalz. Auf der unteren Ebene sind es die Kommunen, die damit die Grundlagen der wirtschaftlichen Entwicklung sicherstellen.
Um ihrer Aufgabe der örtlichen Daseinsvorsorge in eigener Verantwortung gerecht werden zu können, garantiert das Grundgesetz den Kommunen das Recht auf Festsetzung von Hebesätzen zur Grund- und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze. Dieses Recht ist durch ein Landesgesetz nur bedingt und nur im unbedingt notwendigen Maße einzuschränken und steht im Übrigen nicht zur Disposition.
Um besondere touristische Einrichtungen und Angebote zu finanzieren, können die Kommunen über die Realsteuern hinaus zusätzliche und zweckgebundene Einnahmen – das muss man betonen, zweckgebundene Einnahmen – nach § 12 Kommunalabgabengesetz erzielen. Damit lassen sich die besonderen Lasten dort zuordnen, wo auch die besonderen Vorteile erwachsen. Allerdings ist der alte Begriff „Kur“ im Kommunalabgabengesetz nicht mehr zeitgemäß und muss angepasst werden.
Business Improvement Districts sind im Moment rein sprachlich gesehen leider nur in Englisch zu haben, aber sie sind ein außerordentlich interessantes Instrument, um lokale Akteure an städtebaulichen Prozessen zu beteiligen und die demokratisch mit einem Quorum getroffenen Entscheidungen dann aber auch für alle verbindlich zu machen.
Über die Einzelhandelsentwicklung hinaus – aus diesem Bereich kommt der Gedanke dieses Instrumentes – können Business Improvement Districts auch für eine zeitgemäße energetische Modernisierung auf Quartiersebene behilflich sein, zum Beispiel im Bereich der Nahwärmeversorgung. In einem anderen Zusammenhang ist das Thema Speicherebene angesprochen worden. Gerade die Nahwärmeversorgung auf Quartiersebene mit ganz einfachen Wärmespeichern kann zur Integration der erneuerbaren Energien einen großen Beitrag leisten.
In Sachen Transparenz haben die Industrie- und Handelskammern in den vergangenen Jahren in eigener Sache Schritte in die richtige Richtung gemacht. Mein Eindruck ist, dass das nicht zu ihrem Schaden gewesen ist. Dem Transparenzgesetz selbst unterliegen sie nicht.
Ich komme zu den Welcome Centern. Diese befinden sich gerade in Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern auf einem guten Weg, um die demografischen Veränderungen im Arbeitsmarkt in den Griff zu bekommen. Wahlkampfparolen wie „Kinder statt Inder“ gehören der Vergangenheit an und kamen im Übrigen auch nicht von den Industrie- und Handelskammern.
Die Daehre-Kommission zur Zukunft der Verkehrsinfrastruktur befasste sich mit Straße, Wasserstraße und Schiene. Die Schiene wird gern vergessen und die Kernbotschaft der Kommission gern überhört. Über 7 Milliarden Euro pro Jahr fehlen, um wenigstens die bestehende Infrastruktur erhalten zu können.
Die Industrie- und Handelskammern fordern den Bund auf, endlich seiner Verantwortung gerecht zu werden und im Haushalt ausreichende Mittel für den Verkehr bereitzustellen.
Verzeihung, ich muss genauer werden. Die Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg fordern dies. Diese beziehen ausdrücklich die Schiene ein.
Vielleicht wird es in den nächsten Jahren von den rheinland-pfälzischen Kammern noch Annäherungen zu uns GRÜNEN geben.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich fange mit dem letzten Punkt an. Es hat in der Tat ein Bekenntnis der Industrie- und Handelskammern auch in Bezug auf die Schiene und die Wasserwege gegeben, und zwar im Zusammenhang mit dem Industriedialog Rheinland-Pfalz. Sie wissen, wir haben ihn hier erörtert. Das war ein großes Projekt.
Das war ein Dialog mit 500 Akteuren über einen langen Zeitraum von fast drei Jahren. Es gab ein gemeinsames Beschlusspapier, in dem auch noch einmal bekräftigt worden ist, dass der Ausbau der Infrastruktur prioritär in Form von Erhaltung gesetzt werden muss und vor allen Dingen die logistischen Verknüpfungen der Verkehrssysteme eine Rolle spielen. Das heißt, der Gedanke, den Herr Abgeordneter Schlagwein zum Ausdruck gebracht hat, ist durchaus konsensual in diesem Papier beschrieben.
Herr Brandl, vielleicht ist das, was dieses 9-PunktePapier zum Ausdruck bringt, aber auch das Phänomen. Die Punkte, die darin genannt sind, sind sehr speziell. Sie drehen beim Nachsteuern an sehr feinen und kleinen Schrauben. Das heißt, man muss einmal zur Kenntnis nehmen, dass es nicht den riesengroßen Dissens in der Frage der Mittelstandspolitik der rot-grünen Landesregierung zu dem gibt, was die Kammern wünschen, sondern es gibt einen permanenten feinen Nachsteuerungsbedarf zu einzelnen Themen.
Wenn Sie einfordern, ich hätte als Wirtschaftsministerin keine klare Positionierung vorgenommen, dann darf ich Ihnen sagen, dass Sie vielleicht nicht entsprechend zuhören. Ich darf noch einmal an die Regierungserklärung erinnern, die ich zum Thema der Wirtschaftspolitik dieses Landes gegeben habe. Darin habe ich erläutert, wie ein Wachstum aussehen kann, das nachhaltigen Charakter hat und gleichzeitig Ressourcen einspart. Ich erinnere an unser Bekenntnis zur Mittelstandspolitik und zum Wirtschaftsstandort als Industriestandort. Das waren alles sehr deutliche Bekenntnisse. Hier gibt es keinen großen Graben, den man erkennen könnte.
Deswegen will ich noch auf einen Punkt eingehen, den Sie als vermisst benannt haben, und dazu noch einmal deutlich sagen: Unser Bekenntnis zu diesem Standort als Exportland, bei dem jeder zweite Arbeitsplatz vom Export abhängig ist, heißt, dass wir mit Blick auf alle Aktivitäten und Abkommen, die international zu schließen sind, immer darauf schauen, ob und wie sie dem Mittelstand nützen und wie der Mittelstand in seiner Struktur erhalten bleibt.
Das Kernelement, eines der Grundrezepte für den guten Erhalt unserer Struktur, nämlich die Vernetzung des Mittelstands und die Verbindung von Dienstleistung und Produkten, muss so stabil erhalten bleiben, dass nicht Monopolisten oder Oligopolisten, die sich auf den internationalen Finanzmärkten mit Kapitalkraft ausstatten, unseren Mittelstand wegfressen können. Dieses Interesse und dieser spezielle Blickwinkel sollen im Hinblick auf alle Abkommen, die geschlossen werden, diese Landesregierung leiten. Das ist doch ein Schutzgedanke, den wir für den eigenen Standort haben.
Das tun wir so. Wir werden zu bestimmten Abkommen immer im Bundesrat die Entscheidung treffen. Bis dahin gibt es genau vor diesem Hintergrund eine kritische Begleitung. Das betrifft auch das Bankensystem, die Sparkassen und die gesamte Struktur, die wir benötigen, um den Mittelstand weiter leiten zu können. Wir wissen, dass es kritische Aspekte mit einem verfassungsrechtlich schwierigen Ansatz gibt, und zwar auch mit Blick auf TTIP und CETA. Es muss uns erlaubt sein, das kritisch
zu hinterfragen. Das werden wir auch weiter tun. Das sichert nämlich diesen Wirtschaftsstandort auch in Zukunft.
Frau Ministerin, Sie haben gesagt, dass es keinen Dissens gibt. Wenn es keinen Dissens gäbe, dann müsste man zumindest in die gleiche Richtung laufen. Deshalb noch einmal das Zitat des Federführers: In den letzten drei Jahren sind die konkreten landespolitischen Entscheidungen nicht in die richtige Richtung gegangen.
Wenn es also einen großen Konsens gäbe, gäbe es auch keinen Anlass, dieses Zitat entsprechend so zu tätigen. Ich glaube, der Punkt ist, dass man sich von Bekenntnissen allein überhaupt nichts kaufen kann. Diese Bekenntnisse, die Sie eben formuliert haben, müssen auch gelebt und in die tägliche Politik umgesetzt werden. Das bleiben Sie in Rheinland-Pfalz letztendlich schuldig.
Sind wir doch einmal ehrlich. Bundespolitisch haben Sie im Grunde genommen zwei Probleme, wenn Sie einmal die Wirtschaftspolitik nehmen. Das eine heißt Andrea Nahles und das andere Sigmar Gabriel. Der eine macht nicht die Energiepolitik, die Sie sich wünschen, und die andere bricht die Arbeitsmarktvorschriften so herunter, dass es Bürokratie gibt, und gestaltet die Rente mit 63 so aus, dass Sie öffentlich widersprechen können.
Wenn es dann um die landespolitischen Erfolge geht, höre ich auch vom Kollegen Sippel zwei zentrale Themen, nämlich Welcome Center und Business Improvement Districts. Bei den Welcome Centern sind wir dabei. Wie habe ich es damals in dem Antrag klargestellt? Es bringt nichts, wenn es bei dem bleibt, was wir heute schon haben. Die Welcome Center erfahren so, wie sie jetzt geplant sind, keinen Ausbau. Diese Aufgabe erfüllen die Industrie- und Handelskammern heute schon, und zwar genau mit dem Personal, das sie heute schon vorhalten.