Protocol of the Session on December 18, 2014

Vor diesem Hintergrund – so hat die Landesregierung gesagt; jetzt darf ich auch Ihre Fragen beantworten – wollen wir uns im Dialog mit der Wirtschaft intensiv über die Fragen der Zukunftsherausforderungen für diesen Wirtschafts- und Industriestandort auseinandersetzen. Wir haben zwei Jahre lang diesen Dialog geführt und am 28. November das Ergebnis im Rahmen einer großen Veranstaltung unter Anwesenheit des EU-Kommissars Oettinger bei Schott AG in Mainz vorgestellt.

Zu Frage 1: Das Wirtschaftsministerium hat mit der Initiative den Industriestandort Rheinland-Pfalz deswegen nachhaltig mit diesem Dialog stärken und weiterentwickeln wollen. Wir werden das auch tun. Wir wollen die Industrie in Rheinland-Pfalz nachhaltig aufstellen, damit wir langfristig entlang der gesamten industriellen Wertschöpfungskette die Industrieunternehmen mit ihren wettbewerbsfähigen Produkten am Standort sichern und zusätzliche ansiedeln können.

Zu Frage 2: Wir haben alle relevanten Partner bei diesem Projekt eingebunden. Ich will Ihnen kurz sagen, wer es alles gewesen ist und auch in Zukunft sein wird. Im Rahmen der gemeinsamen Projektgruppe, welche durch die Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU), den Deutschen Gewerkschaftsbund Rheinland-Pfalz/Saarland und die Arbeitsgemeinschaft der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern sowie mein Haus getragen wurde, erfolgte die Konzeptionierung, Umsetzung und Steuerung des gesamten Dialogprozesses, der professionell begleitet worden ist.

Ich möchte an dieser Stelle natürlich ganz herzlich Herrn Präsidenten Adrian und seinem Hauptgeschäftsführer Rössel von der Industrie- und Handelskammer, Herrn Präsidenten Dr. Braun und dem Hauptgeschäftsführer von der LVU und Herrn Muscheid, dem Vorsitzenden des DGB, danken. Ihre Expertise, ihre Offenheit und das Engagement, welches die vorgenannten Persönlichkeiten eingebracht haben, um insgesamt 500 Projektbeteiligte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Dialogprozess einzubinden, hat außerordentlich dazu beigetragen und war grundlegend zielführend für den Erfolg unseres gemeinsame Projektes.

Zu Frage 3: Die oben genannte Projektgruppe hat in einem Vergabeverfahren die Prognos AG Deutschland als Projektbegleitung ausgewählt. Im Rahmen einer projektbegleitenden Arbeitsgruppe der vier gab es allein 14 Arbeitsgruppensitzungen dort. Es gab einzelne Arbeitsschritte. Dazu gehörte die Analyse von rund 60 Indikatoren in einem Benchmark, also in einem Vergleich, mit den anderen starken Bundesländern in Sachen Wirtschaft, nämlich Hessen, Bayern und BadenWürttemberg sowie innerhalb der einzelnen europäischen Regionen. Es gab über 20 Experteninterviews.

Es gab eine Durchführung einer Befragung von rheinland-pfälzischen Industrieunternehmen zur Einschätzung des Standortes im Rahmen der DIHK-Frühjahrsumfrage 2013. Es gab dezentrale regionale Workshops mit dem Ziel der regionalen Überprüfung der vorher gewonnenen Informationen. Hieran haben 138 Teilnehmer partizipiert und im Rahmen einer weiteren Befragung dann die Vertreter von 351 rheinland-pfälzischen Industriebetrieben teilgenommen.

Im Zuge des hier dargestellten Dialogprozesses kam der breiten und zugleich zielgruppenorientierten Beteiligung der unterschiedlichen Akteure – ich habe sie hier schon genannt, also der Unternehmensvertreter, der Verbände, der Beschäftigten, Betriebsräte, Gewerkschaften, Kommunen, Institute und Nachbarregionen – eine besondere Bedeutung zuteil.

Auf diesen Ergebnissen aufbauend wurde dann eine Bestandsaufnahme des Industriestandortes, eine Stärken- und Schwächenanalyse vorgenommen. Ausgehend von dem Prognos World-Report, einem der renommiertesten Foresight-Modelle, welches auch in der Chemischen Industrie genutzt wird, wurde dann diese Betrachtung mit vier gleichwertigen Handlungsfeldern initiiert.

Damit bin ich dann jetzt bei der vierten Frage, welche diese sind und welche Handlungsempfehlungen sozusagen weiterentwickelt worden sind. Die Handlungsfelder sind im Einzelnen die Fachkräftegewinnung und Fachkräftesicherung, die Standortbedingungen und Infrastruktur, als zweitem Herausforderungsbereich Ressourcen- und Energiefragestellung sowie Innovation und Technologieentwicklung.

Ein wichtiges weiteres Handlungsfeld, welches wir dann gemeinsam in der Veranstaltung auch mit Kommissar Oettinger schon in den Blick genommen haben, läuft unter dem Stichwort Digitalisierung der Wirtschaft bzw. Industrie 4.0 und ist damit auch schon einer der nächs

ten Schritte, um aus diesem Dialogprozess konkrete Maßnahmen abzuleiten.

Diese abgeleiteten Empfehlungen bilden kein statisches Korsett, sondern werden gemeinsam im Dialog fortgesetzt, unter anderem auch nach Brüssel und nach Berlin, um die sich verändernden Rahmenbedingungen auch weiter anzupassen.

Es gibt eine Zusatzfrage des Kollegen Jens Guth.

Frau Ministerin, Sie haben ausgeführt, der Industriedialog entstand in einem breiten Beteiligungsprozess. Gibt es ähnliche Kooperationen, Modelle und Projekte in anderen Bundesländern?

Wir sind das erste Bundesland, das einen so umfangreichen Prozess durchgeführt hat. Wir wissen, dass andere Bundesländer Bestrebungen haben, Dialogformate aufzusetzen, aber keines ist so weit.

Wir haben uns reichlich Zeit, auch in der Tiefe – ich habe es eben beschrieben –, dafür genommen. Dass wir im Moment als Vorbild in anderen Bundesländern gelten und auch Kommissar Oettinger das auf der Veranstaltung deutlich betont hat, das als Beispiel für Europa mitzunehmen, hat uns natürlich gefreut.

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Hartenfels.

Frau Ministerin, über die vier Handlungsfelder einmal hinaus betrachtet: Welche Kernbotschaften nehmen Sie denn aus diesem Prozess mit, vielleicht auch unter besonderer Berücksichtigung des Stichworts Digitalisierung der Wirtschaft, Industrie 4.0, das Sie genannt haben?

Ich nehme als Kern mit, dass die Wirtschaft absolut Verständnis für die Herausforderungen, die die Politik mit ihren Möglichkeiten heute hat, und die Rahmenbedingungen eines Landes hat, die immer in bundespolitische Fragestellungen und einen europarechtlichen Rahmen eingebettet sind, und dass manche der Forderungen, die die Wirtschaft zu Recht erhebt, sowohl europäisch als auch bundespolitisch betrachtet und gelöst werden müssen.

Kernherausforderungen wie die Digitalisierung, technologische Prozesse, die die Wirtschaft mit einer rasanten Geschwindigkeit, einer Wissensverdoppelung, in der Umsetzung vor neue Herausforderungen stellen, bedeuten auch, dass die Rahmen bundes- und europarechtlich entsprechend angepasst werden müssen.

Wir können feststellen, dass wir als Bundesland auf dem richtigen Weg sind. Der gemeinsame Dialogprozess bzw. das Ergebnispapier war ein Konsenspapier. Wir haben viele der von der Landesregierung angegangenen Projekte als bestätigt angesehen.

Wir wissen, dass die Digitalisierung eine der Kernherausforderungen ist. Ich erwähne den Beschluss der Landesregierung, die eingesetzten Mittel zunächst in den Breitbandausbau zu stecken. Dann einen Blick auf die Digitalisierung der Wirtschaft zu werfen, ist eine der nächsten großen Fragestellungen.

Eine zweite, die wir mitnehmen, ist, dass das Thema Energie immer noch nicht abschließend gelöst ist, genau wie die Ressourcen. Wir wissen, dass eine Verschiebung der eingesetzten Ressourcen und auch der veränderten Preissituation am Ressourcenmarkt die Industrie nach wie vor vor große Herausforderungen stellt, die es gemeinsam zu lösen gilt.

Auch hier gilt es immer, den globalen Rahmen zu betrachten und die lokalen und regionalen Möglichkeiten einer Landesregierung auszuschöpfen.

(Unruhe im Hause)

Auch dort gab es allergrößtes Verständnis, weil wir genau in der richtigen Richtung unterwegs sind. Wir wollen, dass dieser Standort energietechnologisch sicher, technologisch sicher und von der Versorgung mit Energie sicher ausgestattet und auch kostengünstig ist, das heißt, die Transformation im Bereich der Energiewirtschaft so gestaltet wird, wie wir das auch wollen, sicher und mit einer Attitüde, die wieder Planungssicherheit gibt.

Gerade diese ist in der letzten Zeit, auch im letzten Jahr mit der EEG-Reform, ein bisschen verloren gegangen. Dort muss wieder Stabilität und Sicherheit hinein. Darum sind alle Seiten bemüht.

Eine Zusatzfrage des Kollegen Schreiner.

Frau Ministerin, Sie sprachen von der besonderen Bedeutung eines Foresight-Modells. Was ist das?

Das Foresight-Modell ist ein volkswirtschaftliches Berechnungsmodell, welches die Industrie benutzt, um Stärken-Schwächen-Analysen zu betrachten.

Wir können das natürlich – das würde ich vorschlagen, das wäre sicherlich etwas für den Ausschuss – einmal explizit darlegen, wie die Berechnungen im ForesightModell aussehen.

Eine Zusatzfrage des Kollegen Guth.

Frau Ministerin, teilt die Landesregierung die Ergebnisse des Dialoges, dass auch weiche Standortfaktoren wie Kinderbetreuungsangebote, Ganztagsangebote in Schulen sowie die moderaten Lebenshaltungskosten in Rheinland-Pfalz die Stärken eines Industriestandortes ausmachen?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich kann ganz deutlich sagen, dass die Wirtschaft hier eine ganz klare Position hat. Wenn es um Fachkräftemangel und die Frage geht, wie attraktiv ein Bundesland ist, wie attraktiv die Wirtschaft in einem Bundesland als Standort ist, in einem starken Standortwettbewerb, bei dem sich alle darum bemühen, Fachkräfte zu sich zu holen, sind diese weichen Faktoren ganz maßgeblich.

Standortsicherung funktioniert dann, wenn die Menschen sehen, sie können dort gut leben und gut arbeiten. Für das gute Leben sind diese weichen Faktoren maßgebliche Faktoren, an denen wir parallel arbeiten müssen.

Menschen – das wissen wir heute – suchen auch nach Sinnerfüllung. Sie suchen eine Arbeit, die ihnen Freude bringt. Sie suchen Kinderbetreuung. Sie wollen eine gute Anbindung haben. Sie möchten auch Kulturelles haben, das sie in ihrem Leben bereichert, und sich nicht nur auf die Arbeit konzentrieren.

Ein Standort, der das bietet – wie unser schönes Bundesland Rheinland-Pfalz –, ist klar im Vorteil. Auch das wird gesehen.

Deswegen bauen wir weiter an der Kinderbetreuung, an all den eben genannten Faktoren. Auch das ist in dem Dialogprozess noch einmal festgestellt worden. Wir konnten es als Konsens festhalten.

Auch hier sehen wir, dass die Landesregierung mit den Maßnahmen auf dem richtigen Weg ist. Ich habe mich sehr gefreut, dass wir das in diesem Papier noch einmal gemeinsam dokumentieren konnten.

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Hartenfels.

Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Ministerin, interessant ist jetzt natürlich auch, wie dieser Dialogprozess fortgeführt wird. Könnten Sie dazu ein paar Ausführungen machen? Jetzt, nach der Bestandsaufnahme und der Formulierung der vier Handlungsfelder, ist man natürlich gespannt darauf, wie der Dialog dann konkret in die weiteren Schritte geht.

Wir haben für einzelne Veranstaltungen bereits ganz konkret Formate formuliert. Wir möchten mit dem Thema Energie auch nach Brüssel fahren. Wir werden also dort mit der Kommissarin über dieses Thema sprechen. Es wird eine gemeinsame Veranstaltung mit der Wirtschaft in Brüssel geben.

Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Mit Herrn Oettinger über die Frage Digitalisierung eng im Gespräch zu bleiben und das Thema Industrie 4.0 und Digitalisierung mit zu betrachten, ist ein zweites Thema.

Ein drittes Thema ist das Ja zum Meistertitel im Handwerk. Auch hier erwägt die Europäische Kommission – das wissen Sie – einen weiteren Reformschritt. Wir haben auch hier schon darüber gesprochen. Wir sind also zusammen mit dem Handwerk in Brüssel auch in dieser Fragestellung gemeinsam präsent.

Das sind drei sehr konkrete Dinge in Richtung Brüssel. Wir haben aber bereits verschiedene andere Akzente mit der nächsten Programmierung umgesetzt, zum Beispiel im EFRE-Förderprogramm und bei ORIZON 2020.

Mit dem nächsten Forschungsförderperiodenansatz und Mittelstandsförderprogramm, welches von uns ausgerichtet wurde, haben wir die uns zu dem Zeitpunkt schon bekannten Schwerpunktfelder in den Förderprogrammen definiert, sodass wir das widerspiegeln und abbilden. Das haben wir also gleich unmittelbar ableiten können. Das sind weitere Maßnahmen.

Es wird natürlich eine Fortsetzung dieses Dialogprozesses geben, um viel kleinschrittiger bei kleinen Projekten zu schauen, ob wir gut vorankommen.

Es lassen sich natürlich unsere Initiative und die gemeinsame Strategie zur Fachkräftesicherung, die genau in dieses Handlungsfeld hineinpasst, ableiten.

Ich könnte fast sagen, all unsere Maßnahmen, die in unserem Haus umgesetzt werden, werden auf diese Strategie hin überprüft und fallen mit dem Dialogprozess in genau denselben Korridor.

Wir verhalten uns also ganz konform dazu, wie der Prozess des Dialoges die Ergebnisse hervorgebracht hat.

Weitere Fragen liegen nicht vor. Damit ist die Anfrage beantwortet.