Wir müssen Eltern, die es nicht können, Erziehungshilfen geben, müssen sie begleiten, sodass sie diese Schritte gehen können.
Wenn Sie schon der Meinung sind, Kinder in RheinlandPfalz seien bei ihren Eltern schlecht aufgehoben, dann sorgen Sie doch wenigstens dafür, dass die Kindertagesstätten optimal ausgestattet sind. Das tun Sie doch auch nicht.
Die Hilferufe aus den Kindertagesstätten sind unüberhörbar. Ich nenne nur die Initiative „Gute Kita“, die Unterschriftenliste von ver.di oder die Initiative „Kita mit Zukunft“, die Ihnen erst kürzlich 7.000 Unterschriften übergeben hat, Frau Ministerin Alt. Die Erzieherinnen werden mit den Worten zitiert:
„Wir sind an einem Limit angelangt, wo nichts mehr geht. Der Personalschlüssel steht in keinem Verhältnis zu der Mehrbelastung durch Ganztagsplätze und U3-Betreuung.“
Diese Aussagen werden auch von der Bertelsmann Stiftung untermauert, die feststellt, dass die meisten Kinder unter drei Jahren in Rheinland-Pfalz in großen altersgemischten Gruppen sind und eben nicht in kleinen Krippengruppen. Diese Verteilung ist nicht die Entscheidung der Träger oder der Kommunen, sondern sie ist die Folge der Rahmenbedingungen, die Sie im Land gesetzt haben.
Sorgen Sie für gute Bedingungen in unseren Kindertagesstätten, und lassen Sie die Familien selbst entscheiden, wie sie leben wollen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hätte keines besseren Beweises dafür
bedurft, dass die CDU nur auf Skandal und Schlechtreden aus ist, anstatt sich seriös dem Thema zu widmen, als diese Aktuelle Stunde.
Da werden Sätze von profilierten und renommierten Mitgliedern der Landesregierung wie Frau Staatssekretärin Reiß, Frau Ministerin Alt oder anderen aus Zusammenhängen herausgerissen, deren Aktualität zumindest fragwürdig ist, weil es zumindest in einem Fall bis auf Ende Juli zurückgeht.
Hier wird in den Krümeln gesucht, um jede noch so irrwitzige Möglichkeit zu nutzen, der Landesregierung etwas anzuhängen, mit Schmutz zu werfen, mit Hängen und Würgen einen Zusammenhang herzustellen, Hauptsache Skandal, egal wie,
getreu nach dem Motto: Irgendetwas wird schon hängen bleiben. – Dieser Landesregierung vorzuwerfen, sie würde sich nicht um die Familien oder um Kinder kümmern und nicht das Beste für die Familien tun, das ist doch wohl echt irrwitzig, und es schlägt dem Fass den Boden aus.
Frau Huth-Haage, der Artikel, auf den Sie sich beziehen, ist doch wohl aus dem „FOCUS“ vom 29. September, übertitelt mit dem Thema: „Verrat an der Familie“. Dieser Artikel suggeriert, der Staat dränge Mütter in den Beruf und die Kinder in die Krippen. Das dort beschriebene Familienmodell – Frau Huth-Haage, Sie haben es mit Ihrer Aussage noch einmal untermauert – ist ein Rückfall in die 30er-Jahre. Das ist beschämend, echt beschämend!
Frau Huth-Haage, sich einen Artikel zu eigen zu machen, der Kampfbegriffe beinhaltet, in dem von einer herrschenden Doktrin gesprochen wird und von ZwangsKita oder DDR-Romantik, ist schon abenteuerlich. Wer soll denn das ernst nehmen? – Ich bitte Sie! Wer soll das ernst nehmen?
Diese Landesregierung steht wie keine andere für die Wahlfreiheit bei der Inanspruchnahme eines KitaPlatzes. Das ist genau das, was diese Landesregierung seit Jahren tut.
Dafür steht die SPD, und dafür stehen die GRÜNEN, und das ist letztendlich auch der Beweis dafür, dass es in unserem Land eine beitragsfreie Kita ab zwei Jahren
gibt, eine hohe Inanspruchnahme von Kita-Plätzen, weil die Eltern das wollen, weil die Eltern es als notwendig ansehen und weil die Eltern finden, dass ihre Kinder in der Kita gut aufgehoben sind, gut gebildet und gut erzogen werden. Das alles steht miteinander im Einklang. Oder würden Sie diesen Tausenden von Eltern, die ihre Kinder gerne in die Kita geben, auch Verrat an der Familie vorwerfen? – Ich finde, das ist wirklich alles an den Haaren herbeigezogen.
Wenn man einmal genau hinschaut, woher der Rechtsanspruch für Einjährige eigentlich kommt, dann ist er vom Bund gemacht.
Ich möchte an einige Ministerinnen erinnern, die in dieser Zeit in die Sache involviert waren, an Namen wie Anette Schavan, Ursula von der Leyen oder Christina Schröder. Sind das auch alles Verräterinnen an der Familie, frage ich Sie?
(Frau Huth-Haage, CDU: Darum geht es doch überhaupt nicht! Das ist doch überhaupt nicht der Punkt! – Bracht, CDU: Reden Sie doch zum Thema! – Weitere Zurufe aus dem Hause)
Ja, das ist das Thema. Sie haben Ihren Bezug zur Aktualität aus diesem Artikel gewonnen. Das ist genau das, was Sie getan haben.
(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Huth-Haage, CDU: Aus einem Zitat! – Weitere Zurufe von der CDU)
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das ist ein sehr ernstes Thema, aber wir sollten dabei doch wirklich ein bisschen ruhiger bleiben.
Wer vor diesem Hintergrund im Plenum in den letzten Monaten immer angemerkt hat, der Kita-Ausbau gehe nicht schnell genug voran und alles sei viel zu wenig, der spricht nun genau vom Gegenteil und sagt, die Kinder seien bei ihren Eltern besser aufgehoben. Das mag sein, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Wahlfreiheit ist doch gegeben.
Die Eltern entscheiden sehr verantwortungsbewusst – das unterstelle ich einmal generell –, wo sie ihr Kind betreut haben möchten, ob zu Hause in der Familie, ob bei einer Tagesmutter, ob in einer Kindertagesstätte oder an einem anderen Ort. Die passenden Familienformen, die Sie soeben eingefordert haben, haben wir in Rheinland-Pfalz.
Wohin wollen Sie in der Diskussion? Schauen wir einmal auf die europäischen Nachbarländer. Luxemburg beispielsweise ist ein hochmodernes Land, das können Sie sicherlich nicht absprechen. Dort steigen in der Regel die Eltern nach neun Monaten wieder in ihren Job ein.
Sollen wir jetzt das Wort „Rabeneltern“ noch einmal neu definieren, oder wo sollen wir eigentlich hin mit dieser Debatte?
Wenn Sie von diesen „fürchterlichen“ Bedingungen in den Kindertagesstätten sprechen – worüber im Übrigen auch noch einmal zu diskutieren wäre –, dann hätten Sie vielleicht als Titel Ihrer Aktuellen Stunde die Unterschriftenlisten von ver.di bzw. deren Übergabe heranziehen sollen. Aber das liegt vielleicht daran, dass man Ihnen dem Vernehmen nach – so ist es mir von verschiedenen Seiten mitgeteilt worden – nahegelegt hat, dass Sie bei dieser Veranstaltung nicht sprechen sollen, weil man sich nämlich auch bei den Gewerkschaften mit Ihrem Familienbild nicht im Einklang befindet.