Protocol of the Session on August 18, 2011

tatsächlich so, dass das Asylrecht im Asylverfahrensgesetz geregelt ist. Dort ist tatsächlich der Aufenthalt nur in der Region gestattet, in der die für die Aufnahme des Ausländers zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt.

Vor vielen Jahren hat Rheinland-Pfalz unter der SPDgeführten Landesregierung dies bereits gelockert und die Residenzpflicht auf die Regierungsbezirke erweitert. Das ist also schon anders als im Gesetz, also etwas weiter gefasst.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Ja, es ist möglich.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Aber landesweit ist es nicht möglich! Hessen hat das auch!)

Dazu kommen wir gleich. Sie sind da in einem sehr großen Irrtum begriffen. Langsam! Sie haben offensichtlich die Geduldeten und die Asylbewerber verwechselt. In Rheinland-Pfalz ist es so, dass sich die Geduldeten landesweit aufhalten können.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Das ist das Gesetz!)

Ich sage noch einmal, in Rheinland-Pfalz können sich die Geduldeten im ganzen Bundesland aufhalten.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Nein, das ist Bundesrecht!)

Deshalb brauchen wir keinen Antrag zu stellen, dass sich die Geduldeten im ganzen Land aufhalten können; denn sie machen es schon. Das ist der Unterschied zu den Asylbewerbern. Sie wären einmal besser mit Ihrer Frau Kollegin Thelen in der Enquete-Kommission gewesen. Dort haben wir das ausführlich diskutiert und besprochen und haben das auch genauso festgestellt. Deshalb dies nur zur Klarstellung.

Ihre Darstellung, wie viele EU-Mitgliedstaaten das jetzt machen oder nicht, ist ein Nebenkriegsschauplatz. Darauf brauche ich nicht einzugehen.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Ich weiß nicht, woher Sie die Zahlen der Kriminalstatistik herhaben, die Sie angeführt haben.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Sie haben – – –)

Wir haben die Kriminalstatistik im Rahmen der EnqueteKommission intensiv betrachtet und dabei festgestellt, dass sehr viele Vergehen aus den Vergehen bestehen, die nur Ausländer begehen können.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Bleiben Sie bei der Residenzpflicht!)

Das betrifft Passvergehen, Aufenthaltsvergehen und solche Vergehen. Wenn Sie dann nur auf 100 oder 1.000 Vergehen im gesamten Bundesgebiet kommen, dann weiß ich nicht, woher Sie die Zahlen haben. Wir

kennen das schon, dass die CDU mit Zahlen nicht immer ganz fit ist.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Ich komme zum Wohnsitz. Wir sprechen nicht davon, dass wir die Zuweisung des Wohnsitzes antasten. Darum geht es nicht. Es geht darum, dass sich die Menschen im ganzen Land Rheinland-Pfalz frei bewegen können. Das ist sehr wohl möglich. Das steht in § 58 Abs. 6 Asylverfahrensgesetz. Dieser besagt, „dass sich Ausländer ohne Erlaubnis vorübergehend in einem die Bezirke mehrerer Ausländerbehörden umfassenden Gebiet (…) aufhalten können“ – hören Sie einmal zu –, um den örtlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. –

Das hat meine Kollegin, Frau Spiegel, sehr deutlich dargestellt. Das betrifft beispielsweise Sportveranstaltungen, kulturelle Veranstaltungen, Besuch von Freunden. Da gibt es immer wieder das Problem, dass die engen Grenzen überschritten werden müssen. Wir haben die Schwierigkeit, dass Genehmigungen erteilt werden müssen. Das haben wir dann nicht, sie sind im Regierungsbezirk. Sie sollten einfach einmal zuhören, dann wären wir hier schneller fertig.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Kohnle-Gros, CDU: Ich kann aber lesen!)

Die Enquete-Kommission hat nach Anhörungen von Sachverständigen – auch da empfiehlt sich das Lesen; wenn Sie lesen können, tun Sie es einfach – festgehalten, es ist zu überprüfen, ob die unterschiedliche Behandlung bei Asyl und Duldung noch sachlich gerecht erscheint. Weiterhin soll eine weitere Flexibilisierung über die Landesgrenze angestrebt werden.

(Zuruf der Abg. Frau-Kohnle-Gros, CDU)

Übrigens hat die CDU all diesen Empfehlungen nicht zugestimmt. Da sind sie wieder mit im Spiel. Leider hat die CDU in ihren Sondervoten und abweichenden Voten genau zu diesem Thema nichts gesagt.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Brauchen sie nicht!)

Brauchen sie nicht, sie lehnen es ab. Ich habe es jetzt kapiert.

Das Land kann eine solche Regelung erlassen. Sie haben nicht gut gelesen, wenn Sie sagen, dass wir das einzige Land sind. In Berlin und in Brandenburg wird es neu geregelt. Im Saarland besteht schon die Regelung, dass die Asylbewerber sich im ganzen Land bewegen können. In Sachsen ist es gelockert worden. In Nordrhein-Westfalen ist die Residenzpflicht gelockert.

(Vizepräsident Dr. Braun übernimmt den Vorsitz)

Wir sind nicht die Exoten. Lange Rede, kurzer Sinn, das Gesetz gibt es her, dass wir genau diese Regelung treffen können. Das machen wir.

Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene zwischen CDU/CSU und FDP wurde vereinbart, dass die Residenzpflicht bundesweit zum Zwecke der Arbeitsaufnah

me gelockert werden soll. Frau Kohnle-Gros, das haben Sie angesprochen. Das ist ein erster Schritt, ein kleines Schrittchen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, gehen Sie den nächsten Schritt mit. Räumliche Beschränkungen für Asylsuchende sind nicht mehr zeitgemäß. Sie können zu sozialer Isolation führen. Alles andere haben wir schon gesagt. Diese Bewegungsfreiheit gehört nicht ins behördliche Ermessen. Hier darf es keine Gebühren und keine strafrechtlichen Sanktionen geben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der CDU, Sie können mit Ihrer Zustimmung ein deutliches Zeichen für die Willkommenskultur unseres Landes setzen. Ich lade Sie ausdrücklich dazu ein und fordere Sie genauso wie meine Kollegin auf, unserem Antrag heute zuzustimmen. Eine Überweisung an einen Ausschuss ist nach der ausführlichen Diskussion in der Enquete-Kommission nicht mehr nötig.

Schönen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Kohnle-Gros, CDU: Kann ich noch einmal?)

Ja, natürlich. Ich erteile Frau Kohnle-Gros das Wort.

Ich habe noch ein paar Minuten Zeit. Ich muss niemandem etwas wegnehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Vorfeld habe ich mir gedacht, dass es schwierig wird, wenn ich etwas sage, ohne zu belegen, woher ich die Informationen habe. Man wird es mir dann nicht abnehmen.

Ich will eine Stelle noch einmal aufgreifen. Ich hatte den Landtag von Brandenburg schon erwähnt. Da gab es eine Irritation. Es gibt eine Kleine Anfrage vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das ist, denke ich, ein glaubwürdiger Zeuge. Im Vorwort dieser Kleinen Anfrage steht: „Entgegen der in Teilen irrtümlichen Presseberichterstattung wurde damit die räumliche Beschränkung jedoch nicht aufgehoben.“ Das betrifft Brandenburg. Soll ich das noch einmal sagen?

(Zuruf von der SPD: Ja!)

„Entgegen der in Teilen irrtümlichen Presseberichterstattung wurde damit die räumliche Beschränkung jedoch nicht aufgehoben.“ Es ging dabei um die Teilnahme an muttersprachlicher Religionskunde und Gottesdiensten in Berlin. Dafür hat man das gemacht. Das ist nicht so, wie es Frau Kollegen Sahler-Fesel gesagt hat, dass es generell gilt.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Argumentation für unseren Antrag!)

Nein, ich will nur sagen, dass das nicht stimmt, was sie gesagt.

(Beifall der CDU – Frau Klöckner, CDU: Sehr gut!)

Ich erteile Frau Staatsministerin Alt das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf mit Blick auf die vorgerückte Zeit sagen, dass ich meine Rede um ein paar Seiten gekürzt habe und mich auf die wesentlichen Aspekte beschränken möchte.

(Beifall im Hause)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin den Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr dankbar, dass sie mit ihrem Antrag das Thema „Residenzpflicht für Asylsuchende“ auf die Tagesordnung gesetzt haben. Die Landesregierung hält in diesem Punkt eine weitere Liberalisierung des Ausländer- und Asylrechtes sachlich für dringend geboten. Ich begrüße deshalb ausdrücklich die in dem vorliegenden Antrag erhobenen Forderungen.

Die Asylbewerber sollen sich auch nach Auffassung der Landesregierung frei in Rheinland-Pfalz bewegen können. Die Landesregierung möchte deshalb in Übereinstimmung mit dem vorliegenden Antrag diesen Weg konsequent beschreiten. Dies bedeutet, wir brauchen möglichst zügig eine entsprechende Rechtsverordnung.

Das erforderliche Verfahren kann heute in die Wege geleitet werden, wenn der Landtag den vorliegenden Antrag unterstützt. Die Bundesländer Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und SchleswigHolstein haben diesen Schritt bereits vollzogen. Neben Rheinland-Pfalz wird auch Baden-Württemberg diesem Beispiel folgen.

Im Vorgriff auf die beabsichtigte Neuregelung wird mein Haus die Ausländerbehörden des Landes bitten, Anträge auf Verlassenserlaubnis im Rahmen des ausländerbehördlichen Ermessens positiv zu begleiten und womöglich die Verlassenserlaubnis gebührenfrei zu erteilen. In der Praxis werden diese Erlaubnisse für selbstverständliche Aktivitäten des täglichen Lebens beantragt und erteilt, wie beispielsweise den Besuch bei Landsleuten und Verwandten, die Teilnahme von schulpflichtigen Kindern an Ausflügen, Klassenfahrten und Exkursionen, das Aufsuchen von Fachberatungsstellen insbesondere für traumatisierte Flüchtlinge, den Besuch von Fachärzten und Universitätskliniken, das Aufsuchen von Rechtsanwälten, die sich auf das Ausländerrecht spezialisiert haben, die Teilnahme an kulturellen und religiösen Veranstaltungen sowie die aktive Teilnahme an Sportveranstaltungen und natürlich die Arbeitsaufnahme.