Protocol of the Session on September 25, 2014

Frau Kollegin, wenn Sie ihn durchgelesen hätten, hätte Ihnen das auffallen müssen. Es sind noch andere Fehler darin.

(Beifall der CDU)

Es ist traurig, dass Sie im Plenum so etwas abliefern. Es ist ein Armutszeugnis.

(Beifall der CDU – Heiterkeit der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Brück von der SPDFraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, darüber, dass Sprachförderung wichtig und unverzichtbar ist, sind wir uns in diesem Hause wohl alle einig. Aber da hört die Einigkeit auch schon fast auf.

Ich frage mich ernsthaft, weshalb die CDU jede Menge Kleiner Anfragen und GOLT-Anträge zur Sprachförderung in den Kitas und den Schulen stellt, weshalb sie viel Papier produziert, ohne dass anscheinend genau gelesen, gehört oder verstanden wurde, was ausgesagt wird. Sie wollen anscheinend keine Antworten, sondern Sie wollen die Welt so sehen, wie Sie sie gerne haben möchten.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wie Sie sie befürchten!)

Anders können wir Ihre Uraltforderung aus der bildungspolitischen Steinzeit nicht verstehen. Ihre scheinbar neue Forderung sind also verpflichtende Sprachstandserhebungen im vierten Lebensjahr für alle rheinland-pfälzischen Kinder in den Kindertagesstätten. Nun ja, diesen Vorschlag hatten wir in den vergangenen Jahren schon in verschiedenen Varianten.

Entgegen der Überschrift Ihres Antrags stellen Sie Separation statt Integration als Lösung für Sprachförderung vor. Das ist die Antwort der CDU. Das ist vollkommen entgegen aller wissenschaftlichen Erhebungen. Dort greift wieder einmal das alte Lied „Alles ist viel zu wenig, alles ist nicht genug“, ohne überhaupt zu schauen, wie die Ressourcen tatsächlich verwendet werden.

Sie haben nicht realisiert, welche Sprachförderungsmaßnahmen es im Kita-Bereich und in der Schule gibt. In unserem Alternativantrag hingegen haben wir das noch einmal genau dargestellt. Wir haben in RheinlandPfalz wirklich sehr gute Rahmenbedingungen. Natürlich kann man sich immer mehr wünschen, aber realistisch zu bleiben, wäre die bessere Alternative, und vorhandene Ressourcen optimal auszuschöpfen, das ist angesagt.

Unsere Kindertagesstätten sind hervorragende Bildungseinrichtungen. Wir bleiben bei der beitragsfreien Kita. Sie haben sich in Ihrem Vortrag schön darum herumgemogelt. In Ihrem Antrag steht es genau drin: Allen Kindern eine Teilnahme ermöglichen, hohe Teilnahmequoten und gute Startchancen für frühe Bildung vermitteln. – Natürlich werden Sprachbildungs- und Sprachförderungsmaßnahmen alltagsintegrierend angeboten, weil dies die Wissenschaft als den wirkungsvollsten Weg ermittelt hat.

Die Kita-Gebühren, die die CDU für Sprachförderung verwenden will, müssen wirklich immens hoch sein; denn eigentlich hat die CDU die Kita-Gebühren doch schon für andere Dinge verplant. Vielleicht sollten Sie in

diesem Bereich ein bisschen seriöser werden. Mit uns sind auf jeden Fall keine Kita-Gebühren zu machen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das steht in Ihrem Antrag. Selbstverständlich erfolgt auch im schulischen Bereich Sprachförderung auf hohem Niveau. Da werfen Sie einiges durcheinander. Es gibt Sprachvorlaufkurse. Es gibt Intensivkurse. Es gibt Feriensprachkurse. Es gibt dauerhafte Sprachförderung, ganz bedarfsgerecht und der jeweiligen Situation angepasst.

Es stehen zusätzliche Mittel für Sprachförderung in Höhe von 1,6 Millionen Euro zur Verfügung. Die Währung für diese Mittel sind Lehrerwochenstunden. Das müsste Herr Weiland ziemlich genau wissen. Sie sind on top. All das wird in Ihrem Antrag ignoriert. Trotz der intensiven Diskussion scheinen Sie die Verwaltungsvorschrift zum Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund nicht zu kennen. Auch hier ist der wissenschaftliche Ansatz richtig gewählt, nicht separieren, sondern so viel wie möglich gemeinsam machen, Sprache lernen in der Sprachumgebung.

Kinder nicht deutscher Herkunftssprache mit geringen Deutschkenntnissen können genauso gut in bestimmten Fächern unterrichtet werden wie andere Kinder auch, zum Beispiel in Sport, Musik oder Kunst, vielleicht sogar auch in Mathematik oder anderen Fächern, in denen die Sprache nicht der vornehmliche Punkt ist, um seine Talente zu zeigen. Hier ist individuelle Förderung gefragt, bei der Sprache genauso wie bei anderen Talenten auch.

Wichtig ist eine optimale Vernetzung aller Akteure, damit wirklich jeder weiß, welche Förderprogramme und Maßnahmen wie und wann ergriffen werden können und wann und wie sie zur Verfügung gestellt werden.

Die CDU-Forderung nach einem verbindlichen Sprachtest mit vier Jahren geht an der wissenschaftlichen Erkenntnis vorbei. Sprache entwickelt sich, wie Kinder sich entwickeln. Das wird bei den Vorsorgeuntersuchungen der Kinder überprüft. Das fördern wir in der Kita. Das können wir. Dafür haben sich sehr viele Erzieherinnen und Erzieher weitergebildet, denen Sie schon gedankt haben. Das machen wir auch, das ist überhaupt gar keine Frage. Das ist eine sehr engagierte Arbeit.

Sprachbildung und Sprachförderung passieren in der Kita und in der Schule, jeden Tag von morgens bis abends, inklusive der für die Kita als auch für die Grundschule vorgeschriebenen engen Zusammenarbeit für einen gelingenden guten Übergang. Die Sprachfördermaßnahmen können auch angeordnet werden, wenn sie nicht in ausreichendem Maße in dem Jahr vor der Einschulung vorgegeben werden.

Das sind für uns gelungene und gute Sprachfördermaßnahmen. Wir lehnen Ihren Antrag ab und halten stattdessen unseren dagegen, uns klar und deutlich zu einer intensiven Sprachförderung zu bekennen.

(Glocke des Präsidenten)

Konfuzius sagt: Die ganze Kunst der Sprache besteht darin, verstanden zu werden. – Daran sollten wir uns halten.

Danke schön.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile Frau Kollegin Bröskamp das Wort.

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Abgeordnete! Mit Konfuzius kann ich nicht dienen, aber ich wollte mit Humboldt anfangen: Sprache ist der Schlüssel zur Welt. – Die Bedeutung der Sprachförderung für Kinder und Jugendliche im vorschulischen und schulischen Bereich, aber auch die für die Erwachsenen ist uns allen ein großes Anliegen.

Welche Auswirkungen allerdings in dem CDU-Antrag die Wiedereinführung der Elternbeiträge haben würde, diskutiere ich etwas später.

Man muss sehr deutlich differenzieren, wenn man über Sprachförderung redet. Das habe ich auch in dem Antrag der CDU ein bisschen vermisst. Geht es um das Kind, welches vielleicht nicht altersgemäß entwickelt ist, aber in Deutschland geboren ist? Geht es um die Flüchtlingskinder, die in unsere Kitas und Schulen gehen sollen? Geht es um Jugendliche mit oder ohne Migrationshintergrund? Es ist sehr vielseitig und sehr vielschichtig. Da muss man sehr genau hinschauen, wenn man über Sprachförderung redet.

Sprachliche Kompetenzen sind ein wichtiger Baustein für die gesamte kindliche Entwicklung und sind Grundlage für den späteren Erfolg in Schule und Beruf, selbstverständlich auch für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Hintergrund der Sprachstandserhebung und die Einführung von Sprachfördermaßnahmen waren vor einigen Jahren die Ergebnisse der PISA-Studie.

Das Üben mit den sprachschwachen Kindern ein- bis zweimal in der Woche hat sich allerdings nicht als zielführend erwiesen, deswegen auch der Hinweis, den Sie gerade kritisiert haben, die genaue Überprüfung der Sprachförderung. Mittlerweile liegt das Ergebnis der Mercator-Studie vor. Sie stellt genau diese Form der Sprachförderung infrage. Vielleicht kann man noch so viel Geld hineinbuttern, sie ist nicht effektiv genug.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Diese Programme zielen ausschließlich auf Vorschulkinder ab. Aber das ist zu spät. Es werden bei den Sprachfördermaßnahmen auch unter Umständen künstliche Situationen zur Sprachförderung geschaffen, die einfach nicht natürlichen Situationen entsprechen.

Oftmals werden die Eltern nicht einbezogen. Auch das war ein Ergebnis dieser Studie von Mercator in Kooperation mit der Universität Köln.

Mittlerweile existieren in Deutschland 21 Testverfahren. Sie stehen alle in einer nicht unerheblichen Kritik. Die überwiegende Mehrheit der Tests ist gar nicht geeignet, die Sprachkenntnisse wirklich zu prüfen und die nötige Förderung daraus abzuleiten. Das ist das Ergebnis dieser Studie.

Nur acht Tests von 21 erfüllen überhaupt mehr als die Hälfte von 32 Qualitätskriterien. Die Tests messen also das sprachliche Vermögen nicht zuverlässig und objektiv. Das ist die Kritik.

Ganz besonders wichtig ist für uns, dass auch die Mehrsprachigkeit der Kinder und die vielschichtigen Voraussetzungen, mit denen Kinder in die Einrichtungen kommen, nicht ausreichend berücksichtigt werden. Viele Tests sind nicht an der Lebenswelt der Kinder ausgerichtet.

Kinder reagieren unterschiedlich. Sie reagieren ängstlich. Kinder, die Ihnen sonst ein Ohr abquatschen, sagen plötzlich gar nichts mehr. Dann können Sie natürlich auch nichts messen.

Schlusslicht war ein Test aus Bayern. Der Test heißt: Kenntnisse in Deutsch als Zweitsprache. – Dieser erfüllte von den 32 Qualitätsmerkmalen lediglich sechs.

Interessant ist, dass kurz vorher auf Bundesebene die CDU/CSU und die FDP einen Antrag mit der Drucksache 17/14114 im Juni 2013 eingereicht hatten, der bundesweit verbindliche Sprachtests ab dem vierten Lebensjahr einführen sollte.

Ich nehme jetzt noch einmal die Kurve zurück zu den Elternbeiträgen. Ich möchte auf das Bielefelder Institut für Sprachentwicklung und Früherkennung Bezug nehmen. Da sind sicherlich keine Anfänger. Das Bielefelder Institut sagt, dass die Entwicklungsstörungen, wenn sie früher festgestellt werden – das ist auch ein Hinweis auf die U-Untersuchung –, ab dem zweiten Lebensjahr am besten behandelt und gefördert werden können. Das Bielefelder Institut sagt außerdem, dass sich entgegen der allgemeinen Meinung diese Entwicklungsverzögerungen nicht einfach auswachsen. Wenn man aktiv darauf hinwirkt, dann können diese Sprachdefizite innerhalb des dritten Lebensjahres hervorragend ausgeglichen werden. Die Hälfte der Kinder, die dann Unterstützung bekommen, haben am Ende des dritten Lebensjahres diese Probleme nicht mehr.

Allerdings – da muss man ehrlich sein – gibt es sicherlich auch Kinder, die trotz dieser eventuellen Förderung diese Defizite nicht aufholen können. Das wirkt sich bei den Kindern natürlich entsprechend in der Schule und später vielleicht auch in der Berufswahl aus.

Diese Forschungsarbeiten haben nachgewiesen, dass Kinder ungefähr einen Wortschatz von 100 Wörtern haben, wenn sie zwei Jahre alt sind.

(Glocke des Präsidenten)

Die Kinder, die die Defizite haben, haben noch nicht einmal die Hälfte an Wörtern als Wortschatz. Das ist das Problem; denn wenn Sie diese Kinder noch nicht einmal in die Einrichtungen gehen lassen,

(Glocke des Präsidenten)

wenn Sie die Elternbeiträge wieder einführen, dann bleiben diese Kinder zu Hause. Das Betreuungsgeld dient natürlich nicht dazu, dass sie die alltagsintegrierte Sprachförderung in der Kita dann auch genießen können.

(Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

Danke schön.