„Kritik der Ministerpräsidentin am Deubel-Urteil“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/3987 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab möchte ich dem Rechnungshof für seine klaren Worte ausdrücklich danken, die er für das Versagen von SPD-Regierungsverantwortlichen am Nürburgring gefunden hat,
immer dann, wenn wir versuchten, hier im Plenum, in Ausschüssen, im Untersuchungsausschuss die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Frau Ministerpräsidentin, Herr Hering, Herr Kühl, Herr Lewentz, jeder, der in den vergangenen Jahren hier auf dieser Regierungsbank saß, hat mitgemacht
Frau Ministerpräsidentin, was Sie in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zum Urteil gegen Ihren früheren Kabinettskollegen Deubel sagten, hat mich zutiefst irritiert. Ich zitiere Ihre Worte: „Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, und das Strafmaß ist für mich bis heute schwer nachvollziehbar. Wenn man es vergleicht mit anderen Fällen, Stichwort BayernLB, wo es um Milliarden ging und Verantwortliche mit Geldauflagen davonkamen, da beschleichen einen schon leichte Zweifel, ob das alles noch verhältnismäßig ist.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es war bislang guter Ton, Urteile der unabhängigen Justiz seitens der Landesregierung inhaltlich nicht zu kritisieren.
Dies hat gestern Frau Staatssekretärin Reich im Rechtsausschuss genau so formuliert. Sie sagte – ich
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann stellt sich aber die Frage an Sie: Warum tun Sie das, Frau Ministerpräsidentin?
Wo bleibt Ihr Respekt vor der Justiz unseres Landes? Als Sie Ihr Interview in der „F.A.Z.“ gaben, kannten Sie bereits den ersten Bericht des Rechnungshofs zum Nürburgring. Da hatten Ihre Mitarbeiter eineinhalb Jahre lang in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses zum Nürburgring gesessen, da hatten Sie zu jedem einzelnen Prozesstag Prozessbeobachter nach Koblenz geschickt, und da kannten Sie bereits die mehrstündige mündliche Begründung des Urteils.
Da kannten Sie übrigens seit Monaten den Vorentwurf des zweiten Berichts des Rechnungshofs zum Nürburgring.
Dann machen Sie eine solche Aussage und sagen dann noch – ich zitiere –: „Ich kann nur sagen, dass ich Ingolf Deubel immer als integren Menschen kennengelernt habe, und das ist er bis heute, da bin ich ganz sicher.“
Es geht um einen Schaden von über einer halben Milliarde Euro. Ist das wenig, Frau Ministerpräsidentin? Als ehemalige Staatsanwältin wissen Sie, dass es bei der Strafzumessung nicht allein auf die Schadenshöhe ankommt. Sie wissen, dass das Landgericht Koblenz im Falle von Herrn Deubel einen besonders schweren Fall der Untreue und sogar eine Falschaussage angenommen hat. Dagegen hat das Landgericht München in dem gänzlich anders gelagerten Fall gegen frühere Vorstände der BayernLB die Beweisbarkeit der vorgeworfenen Taten in Zweifel gezogen.
Wenn Sie trotz Kenntnis dieser gravierenden Unterschiede den Vergleich beider Verfahren dazu missbrauchen, die Entscheidung des Koblenzer Landgerichts zu kritisieren, dient das erkennbar nur dazu, das eigene politische Versagen als Kabinettsmitglied zu Zeiten der Nürburgringaffäre zu kaschieren.
Frau Ministerpräsidentin, ich glaube, stattdessen sollten Sie gerade und gerade Sie zur gebotenen Zurückhaltung und einem respektvollen Umgang mit der unabhängigen dritten Gewalt zurückkehren, bevor Sie noch weiteres Porzellan zerschlagen. Die Unabhängigkeit der Justiz, der dritten Gewalt, ist ein hohes Gut von Verfassungsrang. Daran müssen auch und vor allem Sie sich halten. Unsere Verfassung sagt, die richterliche Gewalt üben im
Namen des Volkes unabhängige, allein der Verfassung, dem Gesetz und ihrem Gewissen unterworfene Richter aus.
Also die Richter sind sonst niemandem oder jemandem unterworfen. Hierzu gehört auch, Urteile der unabhängigen Gerichte nicht zu kritisieren, anders als Sie es getan haben.
Frau Ministerpräsidentin, wenn ich mir ansehe, wie unter Ihnen als Regierungschefin das Besetzungsverfahren für die Präsidentenstelle in Trier gelaufen ist, wenn ich mir ansehe, dass Ihr Justizminister vor seiner Vernehmung im Nürburgringprozess bei dem Vorsitzenden Richter angerufen hat,
dann ist von diesem Versprechen, auch im Umgang mit der Justiz einen neuen Stil zu finden, wirklich nicht viel übrig geblieben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde sicherlich im Verlauf meiner Ausführungen noch auf das eine oder andere zurückkommen, was der Kollege Baldauf hier gerade in der von ihm bekannten Art und Weise fabriziert hat.
Aber ich werde noch einmal, weil es mir so gut gefällt, das Zitat der Ministerpräsidentin wiederholen, weil es mir genau aus dem Herzen, aus der Seele gesprochen hat, und das gilt für Tausende von Menschen in unserem Land.
Sie hat gesagt: „Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig,“ – Sie haben völlig unterlassen, darauf hinzuweisen – „und das Strafmaß ist für mich heute schwer nachvollziehbar.“ Was ist denn das eigentlich? Ist das für Sie nicht schwer nachvollziehbar vor dem Hintergrund dessen, was in München passiert ist, wo Milliarden verbrannt worden und verschwunden sind und trotzdem man mit einer Geldbuße davonkommt? Vor dem Hintergrund ist das doch weiß Gott schwer nachvollziehbar.
Nehmen Sie Herrn Hoeneß, der in die Tasche gewirtschaftet hat und jetzt frei herumläuft und demnächst wahrscheinlich wieder mit seinen Millionen jonglieren
Mich wundert hier etwas, dass Sie hier heute diese Debatte anstoßen; denn Sie können einmal die Pressemeldungen vom April dieses Jahres nehmen. Ich habe sie mir einmal vorgenommen. Da heißt es: Für sein Ansehen – für das Ansehen des Herrn Deubel – ist es ein Desaster. – Darüber haben wir hier im Haus schon gesprochen. Ich habe Ihnen gesagt, was ich von Ihrem Verhalten in christlicher Hinsicht halte. Das will ich heute nicht wiederholen, das können Sie nachlesen.
In der „RHEINPFALZ“ war zu lesen: Das Urteil gegen Deubel und das Strafmaß hätte sie überrascht und berührt, sagte Frau Dreyer. (...) Jetzt müsse der BGH entscheiden. –