Seit 2002 bin ich Vorsitzender des Landesverbandes Rheinland-Pfalz im Deutschen Bibliotheksverband. Wir haben einige erfolglose Anläufe genommen. Ich weiß, wovon ich rede.
Die Demokratie lebt von der Auseinandersetzung. Sie braucht aber auch Überzeugungen und Prinzipien. Ein gemeinsames Ziel von Demokraten sollte es sein, möglichst viele Menschen möglichst viel Bildung und kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Darüber sind wir uns im Hause sicher einig. Deshalb stärken wir die Bibliotheken.
Man darf in der Politik nichts versprechen, was man nicht halten kann. Deshalb ist dies auch ein bescheidenes Gesetz, das den Trägern der Bibliotheken keine festen Vorgaben macht, auch weil wir wissen, dass wir das, was wir fordern, auch selbst bezahlen müssen. Das verlangt die Konnexität. Das ist auch gut so.
Wir sollten aber durch ein von allen getragenes Gesetz denjenigen kommunalen Verantwortungsträgern den Rücken stärken, denen die Bedeutung von Bibliotheken bewusst ist, und denjenigen, die Bibliotheken für zweitrangig oder gar entbehrlich halten, deutlich machen, dass unser politischer Wille ein anderer ist.
Gestern war ich in Wittlich. Dort sieht man, was eine Bibliothek bewirken kann, wenn sie kommunalpolitischen Rückhalt hat und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort arbeiten. „Bibliotheken – einzigartig und vielseitig“ heißt das Motto der Bibliothekstage RheinlandPfalz, die im Oktober 2014 zum siebten Male stattfinden und die die größte regelmäßige Veranstaltung dieser Art bundesweit ist. Beim letzten Mal gab es über 430 Veranstaltungen in 165 Bibliotheken, die landesweit beim letzten Mal von über 15.000 Menschen besucht wurden. Das ist ein Beispiel für vielfältige Aktivitäten der Leseför
Dabei danke ich auch dem zuständigen Ministerium, liebe Frau Ministerin Ahnen, mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem Bereich für konzeptionelle, organisatorische und finanzielle Unterstützung.
Ich muss heute nicht auf die Paragrafen des Gesetzentwurfs im Einzelnen eingehen. Dafür gibt es die Beratungen in den zuständigen Ausschüssen. Wichtig ist, dass mit diesem Gesetz auch eine Regelung erfolgt ist, die zwingend notwendig war. Es wird den Bibliotheken in Rheinland-Pfalz mehr und zeitgemäße Handlungssicherheit geben bei der Umsetzung der kulturpolitisch wichtigen Pflichtexemplarregelung von gedruckten und elektronisch vorliegenden Medienwerken aus und über Rheinland-Pfalz.
Lassen Sie uns selbstbewusst sagen, ja, wir setzen uns ein, wir setzen ein Zeichen für die Bibliotheken, wir wollen sie erhalten und zeitgemäß weiterentwickeln. Die Träger haben dabei unsere Unterstützung.
Den Aufsichts- und Prüfungsbehörden sagen wir, Bibliotheken sind keine frei verfügbare Reserve, wenn gespart werden muss. Da erwarten wir Respekt vor der Bedeutung von Bildung und kultureller Teilhabe.
Keine kulturelle Einrichtung hat mehr aktive Nutzerinnen und Nutzer, nirgends ist die Schwelle des Zugangs so niedrig wie bei einer Bibliothek, die sich für alle Altersgruppen öffnet und zum Treffpunkt wird, neben der Informations- und Medienkompetenzvermittlung zum Kommunikationsort, zum nicht kommerziellen Kommunikationsort übrigens, was vielen gerade Älteren und Jungen zunehmend wichtig wird. Das hat auch für die Städteplanung und Dorfgestaltung eine große Bedeutung. Da muss man neue Wege gehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf bezieht sich auf die 2007 ausgesprochene Empfehlung der Enquete-Kommission des Bundestages, Aufgaben und Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken durch eigene Bibliotheksgesetze zu regeln. Verschiedene Bundesländer haben sich in der
Vergangenheit daran versucht, eine entsprechende Regelung zu erlassen, doch lediglich Thüringen, Hessen und Sachsen-Anhalt haben ein Bibliotheksgesetz verabschiedet. In vielen Fällen wurde anscheinend der Bedarf nicht gesehen.
Bibliotheken spielen im kulturellen Leben unseres Landes eine überaus wichtige Rolle. Das hat Herr Kollege Geis eben alles ausgeführt. Das brauche ich nicht zu wiederholen. An dieser Stelle – da möchte ich mich ihm anschließen – sei den vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern gedankt, ohne die die Bibliotheken überhaupt nicht betrieben werden könnten.
Die Intention, Bibliotheken zu stärken und ihre Position zu festigen, wird daher auch von unserer Seite aus begrüßt. Die Frage allein ist, wie erreicht man dies.
Der vorliegende Gesetzentwurf definiert zunächst einmal nur die Funktionen der Bibliotheken als Bildungs- und Kultureinrichtungen. Eine Zuweisung neuer Aufgaben bleibt aus. Auch lässt sich hieraus keine Regelung ableiten, durch welche die Einrichtung öffentlicher Bibliotheken von einer freiwilligen Leistung zu einer Pflichtaufgabe würde. Zwar ist die Frage der Einlagerung von Pflichtexemplaren im Landesbibliothekszentrum durchaus wichtig, doch war dies bislang bereits schon im Landesmediengesetz geregelt. Ob man nun eigens wegen der ergänzenden Regelungen ein Bibliotheksgesetz braucht, sei dahingestellt.
Unserer Auffassung nach bedarf es daher zunächst einer intensiven Prüfung, ob ein Regelungsbedürfnis überhaupt besteht oder die gegenwärtigen rechtlichen Bedingungen womöglich sogar ausreichen. Sollten wir dabei zu dem Schluss kommen, dass es keinen Bedarf gibt, ist es ratsam, sich an Montesquieu zu orientieren, der damals schon gesagt hat, wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen.
Man muss allerdings nicht ganz bis zu Charles de Montesquieu zurückgehen. Es reicht schon, wenn man sich an Jochen Hartloff erinnert, der 2007 als Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion zwar die Notwendigkeit einer ausreichenden Förderung der öffentlichen Bibliotheken nicht angezweifelt hat, aber ausdrücklich feststellte – ich zitiere –: Der Weg über ein Gesetz wird zurzeit jedoch nicht angestrebt; dies deswegen, weil ein Gesetz, das die Aufgaben und die Bedeutung der Bibliotheken in seiner Grundaussage lediglich deklaratorisch reproduziert, wenig Sinn macht. Schriebe ein Gesetz jedoch weiträumig Standards fest, so stünde es letztlich im Widerspruch zur grundsätzlichen Intention zur Landesregierung, Standards in allen Politikfeldern zurückzuführen. –
Auch in den Wahlprüfsteinen zur Landtagswahl 2011 hielt man bei der SPD die bestehende Verwaltungsvorschrift noch für eine produktive und dauerhafte Grundlage. Mit Verweis auf die Bibliotheksgesetze anderer Län
der, die lediglich unverbindliche Grundsatzaussagen enthielten und darauf verzichteten, die Einrichtung und Unterhaltung von öffentlichen Bibliotheken zur Pflichtaufgabe der Kommunen zu machen, um den Kommunen keine neuen Belastungen aufzubürden, war man in der SPD der Ansicht – Zitat –, dass von einem Gesetz ohne finanzielle Unterfütterung kaum eine politische Signalwirkung – Zitat Ende – ausgehe und somit die aktuelle rheinland-pfälzische Verwaltungsvorschrift ausreichen würde.
Vor drei Jahren waren Sie also noch fest davon überzeugt, dass ein Gesetz überflüssig sei. Da fragt man sich natürlich nach den Gründen für den Sinneswandel, den Sie jetzt vollzogen haben. Warum also jetzt diesen Entwurf? Uns würde interessieren, was die Motive hierfür sind. Für uns ist der Grund für eine gesetzliche Regelung noch immer nicht deutlich erkennbar. Überhaupt, kann man sich darauf verlassen, dass den Trägern der Bibliotheken durch das Gesetz keine zusätzlichen Kosten entstehen? Gehen nicht vielleicht doch aus den in § 1 Abs. 9 angemahnten Qualitätsanforderungen bestimmte verpflichtende Standards hervor, deren Umsetzung letztlich mit einmaligen oder dauerhaften Kosten verbunden ist? –
Wenn dem aber so sein sollte, wäre gemäß dem Konnexitätsprinzip das Land aufgefordert, die zusätzlichen Belastungen zu tragen. Das hat seinerzeit auch noch einmal Herr Hartloff genauso gesehen. Ich zitiere ihn noch einmal: Die öffentlichen Bibliotheken im Land befinden sich zum großen Teil in kommunaler Trägerschaft. Neue Standards, in aller Regel verbunden mit Ausgaben, würden aufgrund des Konnexitätsprinzips letztlich zulasten des Landes gehen, das aber aufgrund der derzeitigen Haushaltssituation keine zusätzlichen Belastungen des Landeshaushalts verantworten kann. –
Ich frage mich daher, was sich seither geändert hat. Sind mit neuen Standards nun keine zusätzlichen Kosten mehr verbunden? – Der Städtetag Rheinland-Pfalz teilte diese Bedenken und verwies im Rahmen eines im Juni 2012 von Ihnen, Ihren beiden Fraktionen, durchgeführten Workshops hinsichtlich der Notwendigkeit eines Bibliotheksgesetzes auf die knappe Kassenlage der Städte und Gemeinden. Der Auffassung der Bibliotheken und ihrer Verbände, die sich verständlicherweise für eine bessere rechtliche Existenzsicherung der öffentlichen Bibliotheken einsetzen, steht dabei die Sorge der Kommunen vor Mehrkosten gegenüber.
Das Anliegen der Verbände ist natürlich nachvollziehbar, die Sorgen der Städte und Gemeinden sind es aber auch und müssen ernst genommen werden; denn nicht nur der Städtetag zweifelt, ob das Land für zusätzlich entstehende Kosten auch wirklich aufkäme; denn es ist leider eine traurige Gewohnheit in diesem Land, dass die Landesregierung die Kommunen mit zusätzlichen Aufgaben belastet, ohne sie aber entsprechend finanziell auszustatten.
Es ist daher zunächst einmal genau zu klären, welche Belastungen möglicherweise auf die Träger öffentlicher Bibliotheken zukommen können.
Laut § 1 Abs. 6 des Gesetzentwurfs werde Näheres zur Einrichtung und Ausstattung der Bibliotheken sowie zur Struktur des öffentlichen Bibliothekswesens in Rheinland-Pfalz in einer Verwaltungsvorschrift und in einer Förderrichtlinie erläutert. Die aktuelle Förderrichtlinie datiert vom Dezember 2011 und verweigert den Trägern von öffentlichen Bibliotheken ab dem 1. Januar 2015 Zuschüsse, wenn sie nicht bestimmte Mindestkriterien erfüllen. Ich frage mich daher, wie die Bibliotheken zu diesen Mindestkriterien kommen und welche Kosten gegebenenfalls damit verbunden sind, um diese erfüllen zu können. Insbesondere der bereits angesprochene § 1 Abs. 9 könnte ein Knackpunkt für die Kommunen sein.
Um ihre Aufgaben erfüllen zu können, heißt es da, müssen Bibliotheken Qualitätsanforderungen erfüllen. Als solche werden unter anderem Öffnungszeiten, die Lage der Bibliothek, der Erwerbungsetat für aktuelle Medien, Personalausstattung usw. genannt. Welcher Art diese Qualitätsanforderungen genau sind, welche Mindeststandards damit festgelegt werden und welche finanziellen Belastungen dadurch auf die Kommunen zukommen könnten, das gilt es noch zu hinterfragen.
Meine Damen und Herren, wir stehen der Diskussion über ein Bibliotheksgesetz grundsätzlich offen gegenüber.
Das haben Sie gemerkt? Ich habe nur dargestellt, dass die sich auch nicht immer sicher waren, ob ein Gesetz nötig ist. Wir sind es im Moment auch noch nicht.
Zwei Dinge sind für uns ganz klar. Zunächst muss ein wirklicher Regelungsbedarf erkennbar sein, damit ein solches Gesetz überhaupt Sinn macht. Dieser Regelungsbedarf war Ihnen, wie ich gerade dargestellt habe, bisher auch noch nicht bekannt.
Wenn tatsächlich Standards erhöht werden, muss sichergestellt werden, dass sie vom Land übernommen werden. Die zahlreichen, hier angesprochenen offenen Fragen müssen diskutiert werden. Dann kann nach einer ordentlichen Abwägung eine Entscheidung getroffen werden. Aus diesem Grund beantragen wir eine Anhörung, um uns ganz intensiv mit der Materie beschäftigen zu können.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Am heutigen Tag bringen die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in erster Lesung ein Landesgesetz zum Erlass eines Bibliotheksgesetzes und zur Änderung und Aufhebung weiterer bibliotheksbezogener Vorschriften ein. Das Gesetz scheint vorrangig Symbolcharakter zu haben. Das schicke ich eingangs voraus. Was heißt das aber? Symbolträchtig sind gewiss dort angesprochene Aufgaben der Bibliotheken als kulturelles Gedächtnis, als Garant für Informationsfreiheit, als niedrigschwellige und wieder stärker angenommene Einrichtung der Bildung.
Laut Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ von 2007 – das wurde bereits zitiert – erwächst aus dem Grundgesetz und der Landesverfassung die Aufgabe des Gesetzgebers zur Stärkung aller Bibliotheken. Genau dies ist die politische Botschaft des zu verabschiedenden Bibliotheksgesetzes. Wir wollen mit diesem Gesetz die Bedeutung der Bibliotheken im Land für wesentliche Bereiche des lebenslangen Lernens anerkennen, wertschätzen und rechtlich aufwerten. Das Bibliothekswesen ist in Rheinland-Pfalz in der Fläche gut verbreitet, und seine Angebote sind wichtige Bausteine der sozialen Infrastruktur auch im Hinblick auf den demografischen Wandel. Bibliotheken sind sowohl auf dem Land als auch in der Stadt generationsübergreifende Begegnungsräume. Sie werden zunehmend auch für Vorträge, Lesungen und Workshops genutzt. Das Erstarken des Lesens bei den Jüngsten geht nicht zuletzt auf die Anstrengungen der Bibliotheken der verschiedenen Träger zurück. Noch sind wir nicht so weit wie die Finnen, aber wer weiß, wo wir in zehn Jahren stehen.
Dass die im Gesetz vorgenommenen Klärungen und Regelungen nicht in die Entscheidungsfreiheit dieser Träger eingreifen, schmälert das Gesetz nicht, sondern respektiert deren autonome Entscheidungsrechte. Die dort vorgenommene Beschreibung der Bibliothekslandschaft bildet den Status quo ab, umreißt ihre Leistungen nach Typus und weist ihnen spezifische Aufgaben auch neu zu. Ich erinnere an das elektronische Pflichtexemplar. Letzteres gilt für die wissenschaftlichen Bibliotheken und Behördenbibliotheken sowie die Archive und ist insbesondere für die Bedeutung des Landesbibliothekszentrums als Denkmalfachbehörde von erheblicher Tragweite.
Der vorliegende Entwurf enthält nicht zuletzt juristisch notwendige Regelungen – Herr Biebricher, da widerspreche ich Ihnen, vielleicht haben wir es eben schon eingehend geprüft – zum elektronischen Pflichtexemplar. Wir sehen hier einen Regelungsbedarf. Ebenso macht er mehrere Rechtsvorschriften überflüssig und trägt somit zur Vereinfachung und zum Normenabbau bei. Auch da sehen wir im Gegensatz zu Ihnen durchaus einen Zugewinn. Wir werden uns aber sicherlich im Ausschuss und bei der von Ihnen beantragten Anhörung dahin gehend erweitert unterhalten.