Wir haben als erstes Herrn Minister Kühl. Der will der Retter der Abschaffung der kalten Progression sein.
Lieber Herr Kollege Kühl, ich darf daran erinnern, dass bereits 2012 eine Initiative auf Bundesebene gestartet wurde, die Sie selbst im Bundesrat gestoppt und verhindert haben. Das heißt, Sie sind keiner, der dies abschaffen will, sondern Sie sind tatsächlich ein Verhinderer.
Dann rechnen Sie in Ihrem Haushalt in der mittelfristigen Finanzplanung schon kräftig mit dieser ungerechtfertigten Steuererhöhung zulasten aller Bürgerinnen und Bürger und wiederholt der mittleren und kleinen Einkommen. Plötzlich hören wir wieder eine neue Stimme, Sie wollen Steuern erhöhen und damit die Bürgerinnen und Bürger weiter belasten.
Darüber hinaus wollen Sie vom Bund eine Kompensation für eine ungerechte Steuer – das ist spannend –, ohne überhaupt einmal über eigene Ausgabeneinsparvorschläge nachzudenken. Da lobe ich mir Ihren Parteivorsitzenden, Herrn Gabriel. Dieser meint nämlich, es geht ohne Steuererhöhungen, und es würde auch anders darstellbar sein. Dazu komme ich gleich noch.
Dann gibt es noch Frau Ministerpräsidentin Dreyer, die leider nicht da ist. Diese meint, dass man keine Kompensation fordern sollte, dann aber doch wieder eine Kompensation braucht, weil das Land plötzlich weniger Einnahmen hätte. Ich wiederhole: Es geht um eine ungerechtfertigte Steuermehrung.
Ich wiederhole es für Sie. Das ist ein CDU-Antrag. Wir sagen, die kalte Progression muss abgeschafft werden, um die Menschen zu entlasten und die ungerechtfertigte Steuererhöhung abzuschaffen. Wie machen wir das? Wir sagen, wir wollen das auf der Ausgabenseite erledigen.
Wir brauchen einen Einstieg in dieses Thema. Wir brauchen den Tarif auf Rädern. Der Kollege Steinbach wird mir sicherlich recht geben. Warten wir einmal ab. Sie haben vorher meine Rede schon gekannt. Deshalb bin ich gespannt, was Sie darauf sagen. Wir brauchen seriöse Berechnungen, die auch dazu führen, dass wir nicht über einen so großen Betrag, der anfallen würde, reden.
Lieber Herr Kühl, wenn Sie meinen, das damit abtun zu können, dass Sie das mit höheren Zahlen begründen und sagen, wir könnten es uns nicht leisten, dann sind Sie schlichtweg zu kurz gesprungen. Ich erkläre Ihnen gern einmal ein Modell – das würde aber diese Debatte sprengen –, wie man diese kalte Progression abmildert, ohne dass man Kompensationen braucht.
Ich darf im Übrigen auf unseren letzten Punkt hinweisen. Wir sind auch der Meinung, wenn man es mit der Abschaffung der kalten Progression ernst meint, dann darf es keine heiligen Kühe bei den Ausgabenblöcken geben. Wir haben zunächst einmal festzustellen, dass es Prestigeprojekte gibt, die wir in diesem Land nicht brauchen. Dazu gehören der Nationalpark, die Friedensakademie die Energieagentur und die überzogenen Mehrfachfinanzierungen der Wasserwirtschaft. Alle wissen, wovon wir reden.
Es gibt eine ganze Menge Haushaltsreste. Dann will mir in diesem Land einer erklären, dass er diese Summe zur Abschaffung der kalten Progression nicht darstellen könnte. Ich kann nur sagen: Herr Kühl, entweder Sie haben Mut und gehen das Thema an – dann sind wir in einem Boot und machen das gerne zusammen –, oder Sie reden weiterhin um den heißen Brei herum und belasten kleine und mittlere Einkommen. Dann sage ich Ihnen: Bleiben Sie Ihrer sozialen Ungerechtigkeit treu. Deshalb erwarten wir von Ihnen, dass Sie diesem Antrag zustimmen.
Lieber Herr Kollege Baldauf, Sie werden nicht ernsthaft erwarten, dass wir diesem und Ihrem CDU-Antrag zustimmen.
Dieser hat nämlich große Fehler. Der erste Fehler ist, dass Sie sagen, dafür sollen Steuern an anderer Stelle nicht erhöht werden. Wenn Sie behaupten, dass bei uns ein großes Stimmengewirr sei, dann lesen Sie unser Bundestagswahlprogramm nach. Dann können Sie das klar sehen.
Richtig amüsiert hat mich Folgendes: Sie haben eben aus einer Zeitschrift zitiert. Ich sage immer, das ist der „Vorwärts“ der Konservativen, nämlich aus der „WirtschaftsWoche“. Sie haben irgendwelche Zahlen vorgelesen und gesagt, bei uns wäre alles durcheinander.
Jetzt lese ich Ihnen einmal aus dem gleichen Artikel vor, was darin noch steht. Die Überschrift ist schön. Sie heißt „Schäuble, rück die Kohle raus!“. Darin steht: „Finanzminister Schäuble kann sich vorerst darauf einrichten, dass Kanzlerin Angela Merkel beim traditionell eingeübten Ablauf bleibt: Mögen die Hochrechnungen der Steuerschätzer auch immer weiter steigende Einnahmen hergeben, es bleibt beim strengen Nein auf die Frage, ob die Bürger nicht endlich wenigstens etwas (…) zurückbekommen könnten, (…). Dieses Mal setzte“
Frau Klöckner, entschuldigen Sie, ich zitiere das nur – „Miss Angie sogar noch einen drauf. Ihr fehle die ‚Fantasie‘, um sich vorzustellen, wie sich eine Rückgabe des Extra-Inkassos überhaut finanzieren ließe.“
Herr Baldauf, meine liebe Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Fraktion, wir haben die Fantasie. Bei der Steuerpolitik geht es auch um Gerechtigkeit. Wir haben immer gesagt, wenn sich die Steuerspirale so dreht, dass die Mittelschicht zu stark belastet wird, ist es ungerecht, wenn wir bei dem abgesenkten Spitzensteuersatz blei
ben, den wir einmal aus anderen Gründen eingeführt haben. Wir sollten uns beim Spitzensteuersatz wieder Richtung der Größenordnung bewegen, die Helmut Kohl einmal hatte. Wir müssen nicht so weit kommen, aber immerhin ein Stückchen. Bei Helmut Kohl waren es 53 %. Jetzt sind es 43 %. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit.
Ich will Ihnen noch etwas anderes sagen. Diese Progression wird immer wieder so dargestellt – gerade jetzt in Wahlkampfzeiten –, als wäre das ein ständiges Abkassieren des Staates.
Seit 1991 gab es ständig Korrekturen an diesem Steuertarif. Seit 1991 gab es jede Menge Maßnahmen, die kleinere und mittlere Einkommen entlastet haben sowohl im Steuerbereich als auch in der Frage Kindergeld, Altersentlastungsbeitrag und andere Maßnahmen. Das führt dazu, dass zum Beispiel das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung in Düsseldorf – die Wirtschaftsweisen, einer gehört dazu – errechnet hat, dass die Belastung mittlerer und kleinerer Einkommen niedriger ist als vor 20 Jahren. Insofern muss man das berücksichtigen.
Wir sind dafür, dass die kalte Progression angegangen wird. Wir sind nicht dafür, dass so getan wird, als wäre das ein Problem, das jetzt plötzlich entstanden ist oder in der Vergangenheit nichts dagegen getan worden wäre. Aber wir sind auch nicht dafür, dass es nicht unter Gerechtigkeitsmaßstäben diskutiert wird. Das ist notwendig, und schon allein unter Gerechtigkeitsfragen muss man über den Spitzensteuersatz reden.
Auch wenn es um die Gegenfinanzierung geht, muss man es tun. Dazu gibt es in der CDU keine Mehrheit. Deshalb hat sich ihr sozialdemokratischer Koalitionspartner in Berlin damit abzufinden, weil eine Koalition Kompromisse notwendig macht. Aber wenn Sie in unserem Hause einen solchen Antrag stellen, müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass unsere Auffassung eine andere ist.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ramsauer, sehen Sie, es ist wieder genau das Gleiche wie immer. Wenn es irgendwie um etwas geht, was man verändern muss, fällt den „Sozis“ nichts anderes ein, als Steuererhöhungen ins Spiel zu bringen. Es wäre doch eigentlich ganz nett, bei diesen Rekordsteuereinnahmen, die wir jetzt haben, darüber nachzuden
ken, ob man auch einmal bei den Ausgaben anfangen und sich überlegen könnte, ob die alle so richtig sind.
Frau Brede-Hoffmann, anfangen deshalb, weil Sie sich in diesem Land Prestigeprojekte erlauben, die eine Unmasse an Geld verschlingen, personell wie auch inhaltlich. Die habe ich vorhin genannt.
Herr Schäuble sagt nur eines. Er sagt, wir nehmen nicht dasjenige, was wir jetzt mehr bekommen, um das in die kalte Progression zu stecken nach dem Motto: Jetzt haben wir wieder etwas an Mehreinnahmen, dann gehen wir gleich wieder hin und verfrühstücken es. – In der Konsequenz – das dürfen Sie uns glauben – haben wir ganz gute Drähte nach Berlin.
Wir reden mit denen in Berlin. In der Konsequenz wird es darauf hinauslaufen müssen, dass es die Kompensationen nicht geben kann, sondern Ausgabeneinschränkungen erfolgen müssen.