Änderungen sowohl in Bundesgesetzen als auch im Sozialgesetzbuch und im Versicherungsvertragsgesetz gerade im Hinblick auf die Haftungssumme halten wir für unvermeidlich. Wir als SPD-Fraktion werden die Diskussion für die Hebammen weiterhin führen und diesen unsere Unterstützung zusagen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit einem Thema, das viele in diesem Haus seit Wochen umtreibt, die Arbeit der Hebammen. Sie ist unverzichtbar. Die Hebammen haben es verdient, dass sie wertgeschätzt werden. Sie haben es verdient, dass sie angemessen vergütet werden. Sie haben es auch verdient, dass sie Sicherheit im Hinblick auf die Zukunft ihrer Berufstätigkeit haben.
Frau Anklam-Trapp, das zeigt sich im Bekenntnis des Koalitionsvertrages der jetzigen Bundesregierung, nämlich im Bekenntnis zu einer ortsnahen Geburtshilfe. Das darf ich hier noch einmal feststellen.
Zur Historie: Der Bundesgesetzgeber hat bereits 2011 gehandelt. Er hat im Gesetz klargestellt, dass zum 1. Januar 2012 die gesetzlichen Krankenversicherungen den Hebammen die Kosten der Haftpflichtversicherung angemessen vergüten müssen. Dies ist in entsprechenden Vereinbarungen umgesetzt worden und hat auch zu erheblichen Erhöhungen der Vergütung geführt.
Kritisiert wird aber seit Anfang dieses Jahres von den Hebammenverbänden – dies zu Recht –, dass sich diese angemessene Berücksichtigung der Haftpflichtprämie in der Vergütung erst ab einer bestimmten Anzahl betreuter Geburten auswirkt. Das ist im ländlichen Raum unter Umständen leider nicht gegeben. Deswegen ist in der Tat Handlungsbedarf vorhanden.
Bundesminister Gröhe, dem ich für sein Engagement in den letzten Wochen danken möchte, hat sich, als dieses Problem aktuell wurde, sofort – nicht nur über Face- book – an die Spitze der Bewegung gesetzt
und hat eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt, die ihren Abschlussbericht vor wenigen Tagen vorgelegt hat. Darauf komme ich später.
Aber auch wir als Sozialausschuss – beide großen Fraktionen haben es auf die Agenda gesetzt – haben darüber diskutiert. Es gab im Ausschuss keinen Dissens, sondern im Gegenteil den Wunsch, die Bundesregierung zu unterstützen, entsprechende Lösungen zu finden.
Meine Damen und Herren, zwei Entwicklungen, die Sorgen bereitet haben, möchte ich hier ansprechen, zum einen die Steigerung der Haftpflichtprämien, zum anderen den Ausstieg eines großen Versicherungsunternehmers aus dem Gruppentarif eines deutschen Hebammenverbandes.
Dieser Anstieg beruht nicht darauf, dass die Zahl der Haftpflichtfälle zugenommen hätte, im Gegenteil, sondern er beruht darauf, dass dann, wenn ein Haftpflichtfall
eingetreten ist, die entsprechenden Schadensersatzansprüche in den letzten Jahren exorbitant gestiegen sind. Das ist der eigentliche Grund.
(Beifall der CDU) Der Bundesgesundheitsminister hat die Versicherungswirtschaft im Rahmen der Diskussion der letzten Wochen unmissverständlich wissen lassen, dass er ein überzeugendes Angebot erwartet. Auch hat er bei den Krankenkassen sehr großen Wert darauf gelegt, dass man sich des Auftrages sicher ist, Kosten übernehmen zu müssen. (Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)
Es ist in den intensiven Unterredungen der letzten Wochen klar herausgekommen – diesen Unterredungen ist es auch zu verdanken –, dass es inzwischen ein Angebot der Versicherungswirtschaft gibt, mit dem sichergestellt ist, dass erst einmal der Gruppenhaftpflichtvertrag bis zum Sommer 2016, also bis zum übernächsten Jahr, weiterhin angeboten werden kann. Es ist ein erster Schritt, das ist mir klar. Weitere müssen selbstverständlich folgen.
Aufgrund der Diskussionen in der Arbeitsgruppe regt Hermann Gröhe neben Qualitätssicherung und den entsprechenden Datengrundlagen zwei wesentliche Maßnahmen an, zum einen den Sicherstellungszuschlag, und zum anderen auch die Stabilisierung der Versicherungsprämie.
Die angekündigten Prämienerhöhungen der Haftpflichtversicherer müssen zeitnah durch eine Anpassung der Vergütung der Hebammen berücksichtigt werden. Diese Übergangsregelung wird letztendlich nur durch einen dauerhaften Sicherstellungszuschlag für Hebammen abgelöst, vor allen Dingen für diejenigen – das sagte ich am Anfang –, die aufgrund weniger betreuter Geburten, also im ambulanten Bereich die freiberuflichen Hebammen, ihre Haftpflichtprämien jetzt schon nicht mehr zahlen können. Da muss man in besonderem Maße darauf achten. Das wird auch kurzfristig das Ergebnis der Verhandlungen sein. Da bin ich mir sicher.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Enders, Sie haben sicherlich recht, dass man jetzt zunächst bis Mitte 2016 das Schlimmste ab
wenden konnte. Ich muss aber schon sagen, dass es nur eine sehr kurzfristige Lösung ist. Eine langfristige Lösung blieb die Bundesregierung an dieser Stelle leider noch schuldig. Hier muss auf jeden Fall noch einiges nachgesteuert werden.
Ich möchte gar nicht behaupten, dass dies an dieser Stelle allein die Verantwortung des Bundesgesundheitsministers Gröhe ist. Es gab zwei Herren vor ihm auf dem Stuhl des Bundesgesundheitsministers, Herrn Rößler und Herrn Bahr. Ich muss es so sagen: Es wurde vom Bundesgesundheitsministerium verpennt, rechtzeitig die geeigneten Maßnahmen anzupacken. Deswegen ist es erst so weit gekommen, dass die Hebammen mit dem Rücken zur Wand stehen.
Seit Ende April dieses Jahres liegt der Abschlussbericht der interministeriellen Arbeitsgruppe zum Thema Hebammen vor. Leider muss man konstatieren, dass er konkrete Vorschläge vermissen lässt; denn hauptsächlich beschränkt sich der Abschlussbericht darauf zu skizzieren, wer denn jetzt mit wem bitte schön konkrete Lösungsvorschläge erarbeiten soll. Unter anderem steht dort, dass sich bei dem sehr wichtigen Punkt des sogenannten Sicherungszuschlages der Deutsche Hebammenverband mit der GKV zusammensetzen soll, um die Details auszuarbeiten.
Meine Damen und Herren, ich muss schon sagen, das ist eine Farce; denn das ist ein Kampf David gegen Goliath. Man kann sich schon ausmalen, mit welchem Einfluss der Deutsche Hebammenverband hineingehen kann. Hier ist die politische Ebene auf jeden Fall gefragt, die Hebammen zu unterstützen.
Die Bundesregierung und der Bundesgesundheitsminister sind gefragt, sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen. Der Minister ist gefragt, sich stärker einzubinden. Er muss jetzt auch einige Fragezeichen, die er mit dem Abschlussbericht aufgeworfen hat, dringend beantworten.
Er stellt einen sogenannten Sicherungszuschlag in Aussicht, aber er lässt völlig offen, an wen dieser Sicherungszuschlag gehen soll, ab wie viel Geburten eine Hebamme einen Anspruch auf diesen Zuschlag hat und wie es mit einer genauen Kompensation aussieht, falls dieser Sicherungszuschlag nicht reicht, um von ihrem Einkommen und den Vergütungen auch leben zu können. (Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)
Meine Damen und Herren, die Haftpflichtproblematik ist das eine. Aber die Tatsache, dass die Hebammen viel zu wenig Vergütung bekommen und deshalb auch finanziell immer wieder mit dem Rücken zur Wand stehen, ist das andere. Das muss an dieser Stelle dringend angepackt werden.
Meine Vorrednerin von der SPD hat schon gesagt, es gibt mittlerweile einen Anstieg in der Haftpflichtprämie
das muss man sich einmal vorstellen – von 500 Euro im Jahr für eine freiberufliche Hebamme, die auch Geburten betreut. Es sind in diesem Jahr im Sommer 5.000 Euro zu bezahlen.
Zu den vorliegenden Vorschlägen kann ich nur sagen, dass ich fest davon überzeugt bin, dass uns an dieser Stelle eine Lex Hebamme, also eine Regelung, die sich nur auf die Hebammen fokussiert, nicht weiterbringen wird. Es wurde schon angesprochen, auch die Gynäkologinnen und Gynäkologen sind schon für das Thema sensibilisiert, übrigens auch andere Ärztinnen und Ärzte, übrigens auch die Kliniken. Deshalb fordern wir als GRÜNE ganz klar, es braucht eine nachhaltige, umfassende und vor allen Dingen langfristige Lösung im Bereich der Gesundheitspolitik an dieser Stelle.
Darüber hinaus hielte ich es für eine große Ungerechtigkeit, wenn man das Delta zwischen dem, was an Versicherungsprämien gezahlt wird, und dem, was für die Schadensfälle aufgewandt wird, durch ein steuerfinanziertes Modell abfedern möchte; denn es kann nicht sein, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zur Kasse gebeten werden, sondern ich glaube, dass sich hier die Versicherungswirtschaft viel stärker als bisher ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden muss.
Meine Damen und Herren, es geht nicht um die zugegebenermaßen eher trockene Materie der Versicherungsmathematik, sondern es geht nicht mehr und nicht weniger um die Frage, ob die Wahlfreiheit für die Frauen und die werdenden Eltern in Zukunft gewährleistet ist. Darüber werden wir streiten müssen.
Vielen Dank. Bevor ich Herrn Minister Schweitzer das Wort erteile, möchte ich Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder der Grünen kommunalen Liste aus Waldsee-Otterstadt, Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Clara-Viebig-Realschule plus in Wittlich, Schülerinnen und Schüler der St. Matthias Realschule Bitburg und Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr Krahnenberg-Kaserne Andernach. Seien Sie alle herzlich willkommen in Mainz!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielen Dank an die Rednerinnen und den Redner der Fraktionen. Ich glaube, wir sind uns gemeinsam einig, was die Wertschätzung der Arbeit der Hebammen in RheinlandPfalz betrifft. Ich will in Erinnerung rufen, dass wir das im zuständigen Ausschuss eigentlich sehr konsensual diskutiert haben. Ich bin sehr dafür, dass wir in der Landtagsdebatte nicht so tun, als wären wir bei der Frage der Hebammen nicht nah beieinander. Ich bin darüber sehr froh. (Frau Kohnle-Gros, CDU: So ist es!)