Protocol of the Session on March 27, 2014

(Zuruf aus dem Hause)

Rund 3 Millionen rheinland-pfälzische Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, am 25. Mai ihre Volksvertretungen in den Gemeinden, Kreisen und Städten für die nächsten fünf Jahre zu wählen.

Die Vorbereitungen für die Wahlen laufen auf Hochtouren, das wissen Sie. Bis zum 7. April müssen die Kandidatenlisten eingereicht sein, also in nicht einmal eineinhalb Wochen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist fünf vor zwölf. Um fünf vor zwölf befinden wir uns in einer Situation, in der schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Kommunalwahlgesetz, das von Rot-Grün verabschiedet worden ist – gegen unsere Stimmen der Opposition –,

(Pörksen, SPD: Ach!)

(Beifall der CDU)

Es wurde gegen unsere Stimmen der Opposition verabschiedet.

Worum geht es? Die rot-grüne Mehrheit hat einen Tabubruch begangen. Erstmals in der Geschichte freier demokratischer Wahlen in Deutschland gibt es den Versuch des Gesetzgebers, den Wähler per amtlichem Stimmzettel in seiner freien Wahlentscheidung zu beeinflussen.

(Hering, SPD: Ach! – Pörksen, SPD: Soll ich Ihnen das Gutachten vorlesen?)

Man muss sich das einmal wirklich vor Augen führen, um die Dimension dieses Vorgangs zu begreifen.

(Zurufe aus dem Hause – Glocke des Präsidenten)

Der demokratisch gewählte Gesetzgeber will den mündigen Bürger per Gesetz erziehen. Hier geht es aber um ein Herzstück unserer parlamentarischen Demokratie.

(Beifall der CDU)

Hier geht es um das vornehmste Recht des Bürgers im demokratischen Staat. Hier geht es um die Freiheit der Wahl, auch wenn es Ihnen nicht passt. Sie schreien wieder genauso laut wie gestern.

(Pörksen, SPD: Sie quaken doch dauernd dazwischen! – Baldauf, CDU: Unterirdisch!)

Sie haben aber die Kommentare über gestern heute gelesen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren von Rot-Grün, Sie haben ein Gesetz geschaffen, das diese Freiheiten der Wahl antastet. Sonst wären wir jetzt nicht in dieser prekären Situation. Sie haben dies ganz bewusst getan, sehenden Auges, vielfältigen Warnungen zum Trotz.

Ich darf da auch Frau Kollegin Spiegel vom vergangenen Mai zitieren. Sie wollten – ich zitiere – nichts unversucht lassen, Ihren Vorstellungen von einem politisch korrekten Wahlverhalten kraft staatlicher Autorität Nachdruck zu verleihen,

(Zurufe der Abg. Licht und Baldauf, CDU)

nichts unversucht lassen, auch wenn man sich dann einhandelt, dass ein Gesetz kurz vor der Wahl sogar verfassungswidrig sein kann.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Wissenschaftliche Dienst hat uns im Auftrag von Rot-Grün eine verdienstvolle Zusammenstellung der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zur amtlichen Wahlbeeinflussung im Vorfeld von Wahlen zukommen lassen. Aber hier geht es heute um etwas qualitativ völlig anderes.

Hier geht es nicht um Wahlbeeinflussung im Vorfeld von Wahlen, hier geht es explizit um den Wahlakt selbst in der Kabine. Da ist der Wähler mit dem Stift und dem Stimmzettel in der Wahlkabine alleine. Um diese Situation geht es, und die müssen Sie auch wahrnehmen und sich dieser Situation stellen.

(Beifall bei der CDU)

Die geschützte Wahlkabine verkörpert, wenn man so will, den unantastbaren Wesenskern der freiheitlichen Demokratie. Jegliche Beeinflussung, jegliche Störung des Wahlaktes hat hier zu unterbleiben. Über jedes noch so berechtigte Ansinnen kann man gerne wieder reden, aber ich will heute darüber sprechen, dass wir in einer Situation sind, dass ein Gesetz verfassungswidrig sein kann.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie können nicht einmal ein Gesetz einbringen!)

Ach, Herr Wiechmann, es wird doch nicht besser. Sie waren gestern derjenige, der reinbrüllte, und Sie sind es heute auch wieder.

(Pörksen, SPD: Das tun Sie doch ständig!)

Hören Sie doch einfach zu. Sie können unserem Gesetz zustimmen, Herr Wiechmann, Sie können es auch ablehnen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Wissen Sie, jegliche Beeinflussung, jegliche Störung des Wahlaktes muss unterbleiben.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Kein noch so berechtigtes Anliegen des Staates oder irgendwelcher gesellschaftlicher Gruppen rechtfertigt es, diesen geschützten Bereich anzutasten. Auch wenn die GRÜNEN es so nicht sehen – auch die SPD, wenn sie hier reinruft –,

(Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Wir rufen doch gar nicht rein! – Hering, SPD: Phantom-Zwischenrufe!)

ich glaube, Ihnen sollte es schon wert sein, sehr geehrter Herr Oster, der verfassungsrechtlich sehr ausgebildet ist, dass diese Wahlzettel ohne jeglichen Anschein der Beeinflussung überhaupt in die Wahl eingehen können.

(Beifall bei der CDU – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unverschämtheit!)

Hier erscheinen mir die Ausführungen von Herrn Professor Laubinger sehr einleuchtend.

(Pörksen, SPD: Laubinger!)

Ich habe keineswegs den Eindruck, dass er Ihr Gesetz nicht verstanden hat. Ganz im Gegenteil, es geht um die Prangerwirkung. Es geht um den Anteil der Frauen in Kombination mit dem Artikel der Verfassung.

(Pörksen, SPD: Das ist zum Totlachen, was er da schreibt!)

Es geht nicht nur alleine um die Angaben, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, sondern es geht um die Kombination. Das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl gewesen, was wir im Februar schon erfahren haben.

Anders als im Vorfeld von Wahlen hat der Wähler im Moment der Stimmabgabe nämlich nicht mehr die Möglichkeit, dieser staatlichen Einflussnahme auszuweichen, wenn die Stimmzettel so gedruckt werden sollen.

Die wohlmeinenden Wahlempfehlungen auf dem Stimmzettel sind natürlich der letzte äußere Einfluss, dem der Wähler ausgesetzt ist, bevor er sein Kreuz macht. Ich sage einfach noch einmal ganz deutlich, man muss kein Verfassungsjurist sein, um zu wissen, dass man so etwas nicht macht, man eben nicht die Grenzen bis aufs Letzte ausreizt, um auszuprobieren, was in der Demokratie bei freien Wahlen noch geht.

(Beifall der CDU)

Deswegen sagen wir auch, die Freiheit der Wahl ist kein Bereich für gesellschaftspolitische Experimente. Sie ist kein Bereich, in dem man verfassungsrechtliche Grenzen bis zum Äußersten strapaziert. Klar ist auch, ein

bisschen Wahlfreiheit ist keine Wahlfreiheit, sondern Unfreiheit. Wir wollen eine komplette Wahlfreiheit.

(Beifall der CDU)

Das sollte man deutlich machen, indem der Gesetzgeber entscheidet.