Wir brauchen erstens auch in Zukunft Profis. Wir brauchen Menschen, die uns auf der Grundlage guter Ausbildung und persönlichen und beruflichen Engagements im ärztlichen und im pflegerischen Bereich heute und in Zukunft gut unterstützen und begleiten können. Darum möchte ich zunächst einmal die Pflege nennen, weil sie einen Schwerpunkt in einem Programm „Gesundheit und Pflege“ darstellt. Alles, was wir in diesem Programm an die Pflege adressieren, ist unterstützt aus den Kenntnissen der Erfahrungen in den Einrichtungen, insbesondere der Altenpflege. Es richtet sich an die Persönlichkeiten, die in den Einrichtungen tätig sind. Es richtet sich an die, die Verantwortung in den Einrichtungen haben.
Es geht nicht sozusagen über einen politischen Diskurs nur um die Frage, wie Pflege in Zukunft aussehen muss, sondern wir helfen im Hier und Heute durch konkrete Unterstützungen in den Einrichtungen der Altenpflege, damit sie auch in Zukunft ihre Fachkräfte bekommen oder halten können.
Ein weiterer Punkt im Bereich der Fachkräftestrategie ist die Entwicklung von übergreifenden und Delegiertentä
tigkeiten, wo ärztliche Tätigkeiten auf weiteres Personal, entweder in der Pflege oder in der Praxis, übertragen werden. Wir haben die VERAHs nicht erfunden, das ist richtig. Was wir aber machen, ist wirklich ein starker Aufschlag, bei dem sich auch die Politik dazu bekennt, dass Hausärztinnen und Hausärzte Entlastung brauchen, um auch weiterhin genau das zu tun, was ihre Aufgabe ist, nämlich sich im Sinne der sprechenden Medizin um Patientinnen und Patienten zu kümmern. Wir werden 180 VERAHs allein in 2014 ausbilden können. Das ist eine Perspektive für die Persönlichkeiten selbst, weil es eine neue berufliche Option für viele medizinische Fachangestellte ist. Es ist eine Perspektive für die Patienten, und es ist eine Entlastungsperspektive für die Hausärzte, die wieder stärker konzentriert ihrer Aufgabe nachgehen können.
Meine Damen und Herren, die Rückmeldungen aus dem ganzen Land sind so, dass gesagt wird: Super, dass es das jetzt endlich gibt und ihr das so stark auf den Weg gebracht habt. –
Ich möchte einen Punkt aufnehmen, den Frau Abgeordnete Anklam-Trapp angesprochen hat. Der nächste Schritt muss dann sein, dass wir besser bei der Delegation ärztlicher Leistungen auf Pflegepersonal werden. Wir brauchen endlich mindestens einen in Deutschland funktionierenden Modellversuch nach Übertragung von § 63 Abs. 3 b oder § 63 Abs. 3 c. Diesen haben wir noch nirgends. Ich habe schon den Ehrgeiz, dass wir die Partner in der Selbstverwaltung dazu bringen, dass wir die Ersten sind, die einen solchen Modellversuch hinbekommen können. Meine Damen und Herren, an der Landesregierung wird es nicht liegen. Wir brauchen wirklich stärker noch die Pflege in der Verantwortung. Ich bin da an der Seite all derer, in der Pflegegesellschaft und darüber hinaus, die sagen, helft uns, damit wir da vorankommen können.
Wir alle wissen und erleben es, dass die Gesundheitspolitik und das Gesundheitssystem in Deutschland dann, wenn sie scheitern, nicht daran scheitern, dass zu wenig finanzielle und wirtschaftliche Ressourcen im System unterwegs sind. Es scheitert dann oftmals daran, dass wir in den Sektoren zu große Grenzen und Hürden aufgebaut haben und wir so schlecht darin sind, diese Sektorengrenzen und Schnittstellen zu überwinden.
Es ist darum das zweite Handlungsfeld, das ich Ihnen vorschlage, bei dem wir über Entlassmanagement, über neue Formen der stationär-ambulanten Zusammenarbeit ausprobieren, wie die Gesundheitslandschaft der Zukunft aussehen kann. Die Zukunft der Gesundheitspolitik in Rheinland-Pfalz und in Deutschland besteht aus Zusammenarbeit und dem Zusammenbringen von Kompetenzen.
Es besteht außerdem darin – das ist das Handlungsfeld Nummer 3 –, dass die Daten reisen und wandern und nicht die Patientinnen und Patienten, dass man mit telemedizinischen und telematischen Möglichkeiten Unter
stützung im Arzt-Patienten-Verhältnis gibt. Wir haben das ausprobiert und wollen es auch in ein wirklich flächendeckendes Angebot übertragen, zum Beispiel bei dem Bereich der Herzinsuffizienz, wo Menschen gute Versorgung und gute Unterstützung, persönliche Sicherheit, die zu Lebensqualität führt, bekommen, was auch die Lebensdauer verlängert.
Wenn wir über den Bereich der Fachkräfte sprechen, möchte ich noch einmal das aufnehmen, was Sie, Herr Dr. Enders, zu den Stipendien gesagt haben.
Sie haben angesprochen, dass wir einen Vorschlag machen, im Praktischen Jahr im Wahltertial Allgemeinmedizin
ja, das sind vier Monate, ein Tertial – zu fördern. Warum machen wir das? Weil wir glauben, dass dies die Phase ist, in der die Berufswahlentscheidung schon ein Stück weit geprägt ist, aber wo sie noch nicht endgültig abgeschlossen ist. Da kommen wir zu einem effizienten Mitteleinsatz.
Wir haben uns auch überlegt, es so wie Sachsen oder Sachsen-Anhalt zu machen, die ab dem ersten Semester ein Stipendium auf den Weg gebracht haben. Wozu führt das? Sie sprechen einen 19-Jährigen an, der ein Abitur hat, in der Regel ein gutes Abitur, und sagen ihm: Unterzeichne uns einen Vertrag, wir fördern dein ganzes Studium mit einem Stipendium durch, und du verpflichtest dich, anschließend für fünf oder sechs Jahre in die Allgemeinmedizin zu gehen.
Lieber Herr Dr. Enders, hier steht ein Sozialdemokrat. Ich habe ein echtes Problem damit, diesem angesprochenen Studierendenklientel das Studium von Steuermitteln dafür zu bezahlen, dass sie am Ende das machen, was sie ohnehin vorhatten, nämlich in die Allgemeinmedizin zu gehen. Die Streuverluste bei einem solch grundlegenden Stipendium bei einem enormen finanziellen Aufwand sind mir viel zu groß. Ich möchte dort ansetzen, wo die Menschen in der Berufswahlentscheidung stehen. Das ist das Praktische Jahr. Darum sind wir mit einem vernünftigen Mitteleinsatz am Ende erfolgreicher, als wenn wir dem 19-Jährigen das Studium dafür finanzieren, dass er mit 32, 33 oder 34 Jahren tatsächlich für fünf Jahre in die Allgemeinmedizin geht. Meine Damen und Herren, das wäre kein effizienter Mitteleinsatz.
Die Frage der Krankenhausfinanzierung ist ein Thema und wird auch immer ein Thema bleiben. Wir würden uns alle wünschen, dass wir noch mehr Mittel zur Verfügung hätten. Ich bin ein bisschen stolz darauf, dass es gelungen ist, die Haushaltsmittel in dem Bereich geradeauszufahren. Wir haben 63 Millionen Euro investive Mittel plus 52 Millionen Euro pauschale Mittel. Diese kommen den Krankenhäusern im ländlichen Raum zugute. Diese brauchen wir heute und in Zukunft.
Meine Damen und Herren, wenn es schon kritisiert wird, hätte ich mir gewünscht, dass man auch einen selbstkritischen Satz zum Verlauf der Koalitionsverhandlungen sagt. Ich habe mich in der Arbeitsgruppe „Gesundheit und Pflege“ bei den Koalitionsverhandlungen dafür starkgemacht, dass wir richtig Geld auch des Bundes dafür in die Hand nehmen, dass wir überall in Deutschland ein Konversionsprogramm zur Übertragung dieser klassischen stationären Einrichtungen hin in neue Formen der medizinischen Angebote im ambulantstationären Bereich bekommen.
Es war eine Größenordnung von 500 Millionen Euro. Es hätte auch weniger sein können. Dass es aber am Ende gar nichts geworden ist, liegt nicht daran, dass wir uns in der Koalitionsarbeitsgruppe nicht einig gewesen wären, sondern das liegt daran, dass Horst Seehofer am Ende aus einer Form – ich will es schon einmal so sagen – des bayerischen Wohlstandsegoismus heraus gesagt hat, bevor der Bund uns Geld gibt, wollen wir lieber gar kein Geld. Mag sein, dass Bayern es nicht gebraucht hätte. Das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, wir hätten es in allen Bundesländern, auch den CDUgeführten Ländern, gut gebrauchen können. Das gehört zur ganzen Wahrheit dazu, wenn man über den investiven Bedarf im Krankenhausfinanzierungsbereich spricht. Das wollte ich am Ende noch hinzufügen.
Ich möchte Ihnen sagen, dass dieses Programm für ein ordentliches Hallo – positiv gemeint – gesorgt hat. Es ist auch deshalb gut angekommen, weil wir es mit Partnern entwickelt haben. Ich möchte Ihnen auch sagen, dass es schon erste Reaktionen hervorgerufen hat, und zwar genau derer, die wir ansprechen wollen.
Gestern habe ich eine Mail von einer jungen Frau, deren Name nichts zur Sache tut, bekommen – ich zitiere –: Sehr geehrter Herr Schweitzer, die Rhein-HunsrückZeitung hat heute ein Gespräch mit Ihnen zur Gesundheitsversorgung auf dem Land veröffentlicht. Ich studiere in Halle an der Saale Medizin im achten Semester und möchte gerne zurück zum Hunsrück und dort auch als Allgemeinmedizinerin arbeiten. Ist es zum jetzigen Zeitpunkt schon möglich, nähere Informationen über Ihr Förderprogramm zu erhalten? Mit freundlichem Gruß. – Meine Damen und Herren, natürlich bekommt die junge Frau eine ordentliche Antwort. Ich werde sie einladen, nach dem Studium nach Rheinland-Pfalz zu kommen, weil hier gute Zustände für junge Medizinerinnen und Mediziner herrschen. Das haben Sie auch diesem OTon entnehmen können.
Die Fraktionen haben eine verlängerte Redezeit. Die CDU-Fraktion hat insgesamt noch 6 Minuten, die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jeweils 4 Minuten.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich über die verlängerte Redezeit. Über „Gesundheit und Pflege 2020“ spreche ich sehr gerne.
Herr Kollege Dr. Enders, wir sind seit vielen Jahren gemeinsam im Ausschuss und begleiten Gesundheits-, Pflege- und Fachkräfteansprüche mindestens schon seit 2006. Unsere gemeinsame Gesundheitsministerin war damals Malu Dreyer.
Diese Gesundheitsministerin hat ganz wichtige Programme – ich habe sie vorhin erwähnt –, zum Beispiel „Menschen pflegen“ oder „Gesundheitswirtschaft“, auf den Weg gebracht. Dazu gehören unter anderem die 400.000 Euro für das Förderprogramm zur Niederlassung von Hausärzten. Diese haben wir jetzt wieder im Haushalt festgeschrieben.
Es ist gut, wenn eine Landesregierung stringent so weiterarbeitet, dass Programme aufgenommen und weiterentwickelt werden.
Wenn unser Minister Schweitzer das Zukunftsprogramm „Gesundheit und Pflege – 2020“ in diesen Tagen präsentiert, dann ist das eine gute Nachricht; denn das sind viele gute Botschaften, die darin eingepackt worden sind. Wir als SPD-Fraktion sind dafür sehr dankbar. Das ist eine Weiterentwicklung in die richtige Richtung.
Ich möchte noch einige wenige Worte zu dem Thema IT im Gesundheitsmanagement sagen. Viele Länder sind uns voraus, zum Beispiel Israel. Die Herzfrequenzüberwachung nach Herzinfarkten und die unglaublich guten Überlebensraten danach sind zu nennen. Jeder, der von uns Sport macht und eine Pulsuhr trägt, hat schon lange erkannt, wie gut die Datenerfassung ist. Selbstverständlich kann man das nutzen.
Als Kollegen im Medienausschuss waren wir vor Kurzem auf der CeBIT zu Gast gewesen. Ich habe mir die Stände um die Gesundheitswirtschaft ganz speziell angeschaut, um zu erkennen, dass es im Bereich der Versorgung Dementer, im bildgebenden Verfahren, im Monitoring ganz wunderbare Sachen gibt. IT ist schon längst eingezogen.
Wir haben mit dem Demografiebericht unter anderem die Ausstattung mit der Breitbandversorgung im Land so vorangetrieben, dass wir in der Fläche, in der ländlichen Versorgung moderne Techniken wie Web 2.0 nutzen können. Wir werden es tun, um zu versorgen.
Wenn übermorgen die Delegationsschwester kommt, von der ich immer noch überzeugt bin, dass sie wirkt, dann ist das gut.
Herr Minister Schweitzer, ich bin dankbar, dass Sie darauf eingegangen sind. Diese ausgebildeten guten
Fachkräfte im Wundmanagement, bei der Schmerzversorgung und in der Begleitung am Ende, Palliativ Care, können dann bildgebende Datenverfahren für die Medizin, zum Beispiel Fotografien im Wundmanagement, oder zur Dokumentation nutzen. Bei Klagesituationen ist die Frage, wer am Ende Haftpflichtzahler ist.
Das ist alles nicht mehr Zukunftsmusik, eigentlich ist es heute schon da. Wir müssen die Instrumente finden, das umzusetzen. Das wird die Herausforderung sein.
Meine Damen und Herren, der Herr Minister selbst hat gesagt, dass viele Aktive bei „Gesundheit und Pfle- ge – 2020“ mitgearbeitet haben. Herr Schweitzer hat es erfunden. Herr Schweitzer hat sich aber auch Rat geholt. So will ich es einmal nennen. Ich bin sehr beeindruckt davon, wer alles mitgearbeitet hat. Zum Beispiel der Geschäftsführer des Landeskrankenhauses, der Geschäftsführer des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur, der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes. Ich möchte die lange Liste, die ich mir ausgedruckt habe, gar nicht vorlesen. Es ist eine Kunst, alle einzubinden, um dann die bestmögliche Versorgung herzustellen. Das ist Ihnen gelungen, Herr Minister. Herzlichen Glückwunsch auch dafür!
Ich erlaube mir, ein Zitat etwas frei zu formulieren – Herr Minister Schweitzer, das stammt von einer Ihrer Pressemitteilungen in der letzten Zeit –: Wenn heute nicht gehandelt wird, ist die bislang gute Versorgung gefährdet. – Ich gratuliere Ihnen, Herr Minister Schweitzer, dass Sie handeln.