Protocol of the Session on March 27, 2014

................................................................................................................. 4496, 4497, 4556 Abg. Billen, CDU:......................................................................................................................................... 4498 Abg. Bracht, CDU:................................................................................................................... 4490, 4492, 4542 Abg. Dr. Dr. Schmidt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................ 4488, 4501, 4546 Abg. Dr. Enders, CDU:................................................................................................................................ 4500 Abg. Dr. Konrad, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:....................................................................... 4506, 4509, 4537 Abg. Dr. Weiland, CDU:............................................................................................................................... 4566 Abg. Dr. Wilke, CDU:................................................................................................................................... 4498 Abg. Dröscher, SPD:................................................................................................................................... 4530 Abg. Frau Anklam-Trapp, SPD:..................................................................................... 4499, 4504, 4508, 4543 Abg. Frau Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:...................................................................... 4492 Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD:............................................................................................................... 4489 Abg. Frau Brück, SPD:.................................................................................................. 4486, 4487, 4488, 4534 Abg. Frau Demuth, CDU:......................................................................................................... 4516, 4561, 4563 Abg. Frau Dickes, CDU:................................................................................................ 4487, 4488, 4490, 4536 Abg. Frau Dr. Ganster, CDU:...................................................................................................................... 4519 Abg. Frau Elsner, SPD:........................................................................................................... 4517, 4520, 4527 Abg. Frau Klöckner, CDU:....................................................................................................... 4521, 4524, 4529 Abg. Frau Nabinger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................. 4494, 4495, 4496 Abg. Frau Ratter, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.......................................................................................... 4490 Abg. Frau Sahler-Fesel, SPD:..................................................................................................................... 4510 Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD:....................................................................................................... 4542 Abg. Frau Spiegel, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................ 4511, 4514, 4515, 4519, 4563 Abg. Frau Thelen, CDU:.......................................................................................................... 4505, 4508, 4535 Abg. Frau Wieland, CDU:.................................................................................................................. 4532, 4535 Abg. Haller, SPD:............................................................................................................................... 4560, 4562 Abg. Hartenfels, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.................................................................................. 4497, 4569 Abg. Henter, CDU:............................................................................................................................. 4496, 4497 Abg. Hering, SPD:......................................................................................................... 4514, 4522, 4525, 4558 Abg. Hürter, SPD:........................................................................................................................................ 4567 Abg. Kessel, CDU:......................................................................................................... 4509, 4513, 4543, 4544 Abg. Klein, CDU:...................................................................................................................... 4548, 4557, 4559 Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.............................................................................. 4525, 4527, 4563 Abg. Licht, CDU:................................................................................................................................ 4492, 4493 Abg. Pörksen, SPD:..................................................................................................................................... 4493 Abg. Schmitt, CDU:............................................................................................................................ 4496, 4498 Abg. Steinbach, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:........................................................................ 4489, 4492, 4493 Abg. Wansch, SPD:..................................................................................................................................... 4550 Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:..................................................................... 4542, 4552, 4559 Abg. Zehfuß, CDU:...................................................................................................................................... 4568 Frau Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur:.............. 4486, 4487, 4488, 4489................................................................................................................................................. 4490, 4535, 4536 Frau Alt, Ministerin für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen:......................................... 4512, 4518 Frau Dreyer, Ministerpräsidentin:...................................................................................................... 4564, 4567 Frau Höfken, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten:........................... 4570 Frau Lemke, Ministerin für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung:...... 4494, 4496, 4497, 4498

............................................ 4491, 4492, 4493, 4528................................................................................................................................................. 4529, 4554, 4557 Schweitzer, Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie:....................... 4502, 4507, 4539, 4546 Präsident Mertes:............................................... 4486, 4487, 4488, 4489, 4490, 4491, 4492, 4493, 4494, 4495....................................................................................................................................... 4496, 4497, 4498, 4499 Vizepräsident Dr. Braun:................................... 4500, 4501, 4502, 4504, 4505, 4506, 4507, 4508, 4509, 4510........................................................................... 4511, 4512, 4513, 4514, 4515, 4516, 4517, 4518, 4519, 4520......................................................................................................... 4564, 4566, 4567, 4568, 4569, 4570, 4571 Vizepräsident Schnabel:.................................... 4520, 4522, 4524, 4525, 4526, 4527, 4528, 4529, 4530, 4532......................................................................................................... 4534, 4535, 4536, 4537, 4539, 4542, 4543 Vizepräsidentin Frau Klamm:............................ 4543, 4544, 4545, 4546, 4548, 4550, 4552, 4554, 4556, 4557................................................................................................................... 4558, 4559, 4560, 4561, 4562, 4563

69. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 27. März 2014

Die Sitzung wird um 09:30 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich zur Fortsetzung unserer Plenarsitzung begrüßen. Wir haben gestern die Tagesordnung beschlossen.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 16/3424 –

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Bettina Brück und Ulla Brede-Hoffmann (SPD), Bundesweite Diskussion über G8 – Nummer 1 der Drucksache 16/3424 – betreffend, auf.

Ich erteile Frau Brück das Wort.

Vor dem Hintergrund der bundesweiten Diskussion über G8-Gymnasien fragen wir die Landesregierung:

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

1. Wie beurteilt die Landesregierung vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ihre Haltung, G8 nur in Ausnahmefällen einzuführen?

2. Ist der Landesregierung bekannt, wie sich das Konzept der achtjährigen Gymnasien in Rheinland-Pfalz von den Konzepten in anderen Ländern unterscheidet?

3. Wie viele Schülerinnen und Schüler in RheinlandPfalz besuchen G8- und wie viele G9-Gymnasien?

Für die Landesregierung hat die Ministerin Frau Ahnen das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Mündliche Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Landesregierung hat sich im Jahr 2006 entschieden, Gymnasien mit auf acht Jahre verkürzter Schulzeit, das sogenannte G8, nur an ausgewählten Standorten in Verbindung – – –

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, der Antwort die gehörige Aufmerksamkeit zu widmen.

Herr Präsident, das war mitten im Satz.

Ich habe festgestellt – wenn ich unterbrechen darf, Frau Ministerin –, dass wir gestern die erste Stunde ganz gut miteinander gefahren sind. Wir sollten versuchen, das wenigstens einmal am Tag so zu machen.

Vielen Dank.

Die Landesregierung hat sich im Jahr 2006 entschieden, Gymnasien mit auf acht Jahre verkürzter Schulzeit, das sogenannte G8, nur an ausgewählten Standorten in Verbindung mit einem schulischen Ganztagsangebot einzuführen. Nur dort, wo dieses Angebot von Eltern nach einem entsprechenden Antragsverfahren der Schulen gemeinsam mit den Schulträgern gewünscht war, wurden zum Schuljahr 2008/2009 erstmals neun Gymnasien als achtjährige Ganztagsgymnasien errichtet. Mittlerweile haben wir 19 G8/GTS-Gymnasien im Land bei 149 Gymnasien insgesamt.

Die Landesregierung fühlt sich in ihrer Haltung, G8 nicht flächendeckend einzuführen, durch die Erfahrungen und die aktuellen Entwicklungen in vielen Bundesländern nachdrücklich bestätigt. So hat sich Niedersachsen als erstes Bundesland entschieden, wieder zum neunjährigen Gymnasium zurückzukehren. In Nordrhein-Westfalen lädt Frau Ministerpräsidentin Kraft zu einem runden Tisch ein, um mit allen Beteiligten über den weiteren Umgang mit dem Thema zu reden. In BadenWürttemberg wird eine Veränderung für die Zeit nach 2016 in Aussicht gestellt. Auch in Bayern ist eine entsprechende Diskussion intensiv im Gange.

Elterninitiativen aus dem gesamten Bundesgebiet haben sich zusammengeschlossen und die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium gefordert.

Ich bin über diese Proteste und Debatten in anderen Ländern nicht froh, aber ich fühle mich durchaus bestätigt, dass wir mit unserer Entscheidung, G8 nur in Ausnahmefällen einzuführen, sehr verantwortungsvoll und im Sinne der Schülerinnen und Schüler, ihrer Eltern und der Lehrerinnen und Lehrer in Rheinland-Pfalz gehandelt haben.

Unsere 149 Gymnasien, 39 davon mit schulischem Ganztagsangebot im Land, leisten eine sehr gute pädagogische Arbeit. Dazu gehören ausdrücklich auch die 19 G8/GTS-Gymnasien. Sie bieten ein weites Spektrum

unterschiedlicher Profile, von mathematisch-naturwissenschaftlichen Schwerpunkten über altsprachliche Angebote bis hin zur Informatik und besonderen Angeboten zur Begabtenförderung.

Zu Frage 2: Den ersten und wichtigsten Punkt der Unterschiede zu anderen Ländern habe ich schon genannt. G8 wurde nicht flächendeckend eingeführt, und wenn, nur in einer Verbindung mit einer Ganztagsschule. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Rhythmisierung des Schultags, bei der sich Phasen der Neuerarbeitung und Übung mit Phasen der Entspannung abwechseln.

Die G8/GTS-Gymnasien haben Modelle entwickelt, wie durch die Einteilung des Schultags in größere Zeiteinheiten für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler mehr Ruhe in das Arbeiten kommt. Doppelstunden oder verlängerte Unterrichtsstunden bewähren sich dabei gut. Viele G8/GTS-Gymnasien haben einen Ruheraum eingerichtet, in den Schülerinnen und Schüler sich auch einmal zurückziehen können, wenn sie ganz für sich sein wollen. Die Mittagspause wird nicht nur für das gemeinsame Essen genutzt, sondern durch Zeiträume ergänzt, in denen je nach Bedarf der Jugendlichen Entspannung, Spielen, Austoben, sportliche Aktivitäten oder einfach das Zusammensein mit Freunden möglich sind.

Ein zweiter Punkt ist, dass wir die Einführung von G8/GTS sorgfältig vorbereitet haben und bis heute systematisch begleiten.

Eine regelmäßige interne Evaluation und der gegenseitige Erfahrungsaustausch fördern die Erarbeitung von Konzepten, die den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gerecht werden.

Ein weiterer Punkt ist sicher, dass wir die Durchlässigkeit nach der Orientierungsstufe auch für die G8/GTSGymnasien erhalten haben, indem die Pflichtstundenzahl und die Stundentafel in der Orientierungsstufe in G9 und G8 identisch sind und identisch mit denen anderer Schularten. Das ist wichtig für die Durchlässigkeit.

Die Verdichtung auf einen längeren Zeitraum, nämlich auf die Jahrgangsstufen sieben bis zwölf zu verteilen, hat sich als gute Entscheidung erwiesen. Unser Modell verhindert offensichtlich die aus anderen Ländern häufig zu hörende Klage, dass die Kinder in G8 überfordert seien und schlechtere Leistungen erbringen, weil sie zu wenig Zeit zum Lernen hätten.

Außerdem wurden die Lehrpläne angepasst, bevor G8/GTS begonnen wurde. In den sogenannten Lehrplanrichtlinien wird festgelegt, wo Kürzungen vorgenommen oder Inhalte nur exemplarisch behandelt werden sollen. Die Lehrkräfte erhalten Hinweise, wie die Inhalte aus der Sekundarstufe I und der MSS in Jahrgangsstufe 10 sinnvoll miteinander verzahnt und Synergieeffekte genutzt werden können.

Zu Frage 3: Insgesamt befinden sich im Schuljahr 2013/2014 8.346 Schülerinnen und Schüler im achtjährigen Bildungsgang. Im neunjährigen Bildungsgang befinden sich 127.052 Schülerinnen und Schüler. Das entspricht einem Anteil von 93,8 % in G9.

In den Jahrgangsstufen 5 bis 7, in denen an allen 19 G8/GTS-Gymnasien schon der achtjährige Bildungsgang aufgewachsen ist, befinden sich 10 % aller Schülerinnen und Schüler an Gymnasien im achtjährigen Bildungsgang und 90 % im neunjährigen Bildungsgang G9.

So weit die Antwort der Landesregierung.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es Zusatzfragen? – Ich erteile Frau Brück das Wort.

Frau Ministerin, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Sie haben das Thema Durchlässigkeit angesprochen. Gibt es schon Erfahrungen aus den ersten G8-Gymnasien im Land zu den Erkenntnissen zu Übertritten in Klasse 10 aus anderen Schularten in die Oberstufe der G8-Gymnasien?

In der Regel wird man davon ausgehen, dass der Übertritt in die Oberstufe eher dann in die normale dreijährige Oberstufe erfolgt, das heißt vor allen Dingen an G9Gymnasien und vor allen Dingen an Oberstufen von Integrierten Gesamtschulen. Aber die genauen Zahlen habe ich heute leider nicht dabei.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Dickes.

Frau Ministerin, gibt es aus Ihrer Sicht eine Offenheit an den Standorten, an denen dieses Modell G8/GTS – an den meisten wird es gut angenommen – nicht so gut angenommen wird hinsichtlich flexiblerer Lösungen im Ganztagsbereich?

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Dickes, ich glaube, ich habe dargestellt, dass wir uns damals die Entscheidung sehr gut überlegt haben und wir sehr bewusst gesagt haben, dort, wo G8 eingeführt wird, ist das mit einem Ganztagsschulangebot verbunden.

Wenn man sich die Erfahrungen in anderen Ländern anschaut, dann gibt es offensichtlich überhaupt nur eine Chance, G8 sinnvoll umzusetzen. Das ist dann, wenn man es mit einem verbindlichen Ganztagskonzept versieht. Wenn Sie jetzt noch sagen würden, wir wollen bei den G8-Gymnasien, die wir haben, den verbindlichen

Rahmen wegnehmen, dann wären wir innerhalb kürzester Zeit da, wo andere Länder sind. Allerdings wäre das bei uns nur an ausgewählten G8-Gymnasien der Fall. Insofern halte ich das für keinen weiterführenden Vorschlag.

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Dr. Dr. Schmidt.

Frau Ministerin, in unserer Gesellschaft hat der Stress allgemein zugenommen: ADHS bei Kindern und Burnout bei Erwachsenen. Welche Folgen haben diese Stressoren im Hinblick auf G8 in der Schule für das schulische Leben?

Es ist sicherlich eine Erkenntnis, die in den letzten Jahren erfreulicherweise wieder gewachsen ist, dass man bei all dem, was man sich für Kinder überlegt, eines nie vergessen darf, nämlich dass es Kinder sind. Das heißt, dass diese Logik, die vor zehn Jahren – übrigens auch in diesem Parlament – weit verbreitet war, nämlich alles immer früher, alles immer schneller und alles immer kürzer zu machen, in diesen Zeiten bei Kindern an ihre Grenzen stößt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)