Protocol of the Session on March 26, 2014

Genau dieses Kopfschütteln ist der Grund dafür, warum es uns teilweise schwerfällt, Ihren Botschaften, Ihren Bekenntnissen vollumfänglich zu glauben; denn wir haben eben erlebt, wie dieser gelungene Kompromiss zurückgenommen wurde, wie die Rechtssicherheit gefährdet wurde, wie Kosten in erheblichem Umfang in Kauf genommen wurden, und wie wir alle letzten Endes darunter gelitten haben, weil wir sehr viel Zeit hin zu einer besseren Versorgungslandschaft, hin zum Ausbau der erneuerbaren Energien verspielt haben.

(Baldauf, CDU: Zum Thema Rheinland-Pfalz!)

Wenn wir über Rheinland-Pfalz reden, dann reden wir über die Position, die die CDU leider und vor allem auch in Rheinland-Pfalz einnimmt.

Die Beispiele sind genannt worden. Herr Kollege Baldauf, Herr Kollege Mittrücker, Sie haben Zeugnis davon abgelegt, wes Geistes Kind Sie sind. Das Lippenbekenntnis zu den Erneuerbaren kommt immer schnell, aber wir erleben in der Praxis, wie die Zielkonflikte, die bei allen Formen der Energieerzeugung zwischen der Versorgungssicherheit, den Kosten und der Ökologie vorhanden sind, bei anderen Energieformen – ich sage einmal ganz flapsig – hingenommen werden, weil sie als gottgegeben fast zwangsläufig anerkannt werden.

Aber bei den erneuerbaren Energien, gerade bei der Windenergie, wird ein ganz anderer Maßstab angelegt.

Darüber ärgere ich mich. Das muss man Ihnen ein um das andere Mal vorwerfen, weil es schon unredlich ist, auf der einen Seite zu sagen, natürlich wollen wir den Ausstieg, natürlich wollen wir die Erneuerbaren und auf der anderen Seite eine recht kleinkarierte und teilweise recht destruktive Kritik vorgetragen wird.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Energieversorgung war immer ein anspruchsvolles Geschäft, weil es nicht die eierlegende Wollmilchsau und die Erzeugungsform gibt, die alle Ansprüche erfüllt.

(Zuruf des Abg. Dr. Mittrücker, CDU)

Wir haben in Deutschland eine Frage von Alternativen, wenn wir aus der Kernenergie herauswollen. Wir haben in der CDU regelmäßig Positionen gehört, wie, ohne Kernenergie gehe es nicht. Ein Zitat von Frau Merkel lautet: Es wäre jammerschade, wenn wir ausstiegen, und darüber hinaus haben wir das Bekenntnis, ohne Braun- und Steinkohle gehe es nicht.

Wir wollen eine Energiewende aus einem Guss, die nicht nur den Ausstieg aus der Kernenergie vornimmt, sondern auch den Einstieg in die Erneuerbaren.

Um das, was wir an Lasten der Braunkohle, an Lasten der Steinkohle haben, wo sich Menschen nicht nur Sorgen darüber machen, ob ein Standort geeignet ist, sondern ihre Heimat verlieren, genau um diese Güterabwägung geht es.

Deswegen in dieser Runde als abschließendes Wort das klare Bekenntnis: Ja, die Windenergie wird einen ganz wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung in Zukunft leisten. Deswegen sollten wir sie fair beurteilen und nicht solche Zerrbilder aufstellen, wie sie leider heute wieder von der CDU-Fraktion vorgetragen wurden.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin Lemke, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr verehrte Abgeordnete! Herr Baldauf, ich muss fragen: Ist diese Aktuelle Stunde überflüssig? Finden Sie auch, dass die 30.000 Demonstranten am letzten Samstag überflüssig waren, als sie auf der Straße gestanden haben?

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Ignorieren Sie die Demonstrationen dieser Menschen auf der Straße, 4.000 allein in Mainz und Wiesbaden, die sich Sorgen machen, dass die Energiewende vielleicht

nicht fortgesetzt wird? Ich muss das doch wirklich so fragen; denn in Ihrem Redebeitrag ist dazu kein Wort gefallen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie ignorieren diese Menschen. Offenbar sind diese Menschen für Sie überflüssig. Diese Aktuelle Stunde ist es nicht.

Die Demonstranten haben uns aufgefordert, Stellung zu nehmen. Ich denke, Ihre Nichtstellungnahme ist schon einmal die erste. Das wird dort draußen gehört. Das wissen wir; denn diese Menschen da draußen sind gut informiert.

Das wissen wir auch aus einem Politrend des ZDF vom 31. Januar 2014. Dabei haben 62 % der Befragten ausgesagt – das war repräsentativ –, sie wollten die Energiewende fortsetzen, und weiterhin, dass es keine Kürzungen der Förderung für die erneuerbaren Energien gibt.

Es ist wichtig zu sehen, dass die Menschen wissen, wie die Dinge hier bewertet werden und es eine politische Einordnung dafür geben muss. Sie wollen keine Aushöhlung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und keine Aushöhlung der Energiewende. Sie haben Sorge und Angst. Wir haben mit ihnen auf der Straße gestanden, weil sie mit uns im Dialog sein wollen. Deswegen nehmen wir sie wahr, sie sind uns nicht egal.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Welche Sorge haben die Menschen? Was sehen sie für Gefahren? Welche Gefahren sehen wir als Landesregierung? Die Ministerpräsidentin wird sich am Dienstag auf der Konferenz der Ministerpräsidenten (MPK) auf Einladung der Bundeskanzlerin damit auseinandersetzen. Würde ich nach Ihnen gehen, würde ich sagen, das sei auch überflüssig.

(Ramsauer, SPD: So ist es! – Frau Elsner, SPD: Ja! So ist es!)

Die MPK nächste Woche ist nicht überflüssig, und es ist auch nicht überflüssig, dass wir dafür kämpfen werden, dass wir für die Energiewende und die Fortsetzung der Energiewende gewisse Prämissen klarmachen, damit wir Gefahren nicht mehr sehen müssen.

Wir sehen die Gefahr, dass der Ausbau gebremst wird, weil es Deckel für Onshore-Windkraft gibt, weil der Referenzertrag so verändert wird, dass die Wirtschaftlichkeit von Onshore-Windkraft-Nutzung, wie wir sie hier in Rheinland-Pfalz haben, gefährdet ist, weil Modalitäten in der Art und Weise verändert werden, dass es zu einer Vollbremsung kommt und damit das Vertrauen einer ganzen Industrie in die Energiewende verloren geht.

Herr Baldauf, das ist die Gefahr, die besteht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es gibt weitere Gefahren, für deren Beseitigung die Ministerpräsidentin und wir uns einsetzen, zum Beispiel die Gefahr, dass es keine Anreizmechanismen gibt, um sich weiterhin energieeffizient zu verhalten und entsprechend zu investieren. Frau Klöckner, das Thema Eigenstrom ist auch Ihnen hinlänglich bekannt. Es ist aber noch überhaupt nicht klar, wie das am Dienstag aussehen wird. Deswegen sind auch die MPK und unser Einsatz für dieses Thema nicht überflüssig.

Es muss weiterhin die hoch effiziente Kraft-WärmeKoppelung geben, damit wir weiter daran arbeiten, Energie einzusparen und effizienter zu werden. Der Mittelstand macht dabei mit. Unsere breit unterstützte „Mainzer Erklärung“ mit dem Mittelstand hat gezeigt, dass die Industrie und der Mittelstand in Rheinland-Pfalz hier überdurchschnittlich gut in der Bundesrepublik aufgestellt sind. Genau diese Entwicklung müssen wir fortsetzen. Die damit verbundene Gefahr müssen wir bannen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Nun gibt es weitere Gefahren, so zum Beispiel – das ist völlig von der Agenda verschwunden – beim Einsatz für Biogas und -masse. Auch brauchen wir weiterhin Regelenergien. Auch dazu muss es Regeln geben.

Eine weitere Gefahr besteht in diesem Fall durch das Wettbewerbsrecht, so wie es Brüssel umsetzen will. Wir haben dazu gegenüber Brüssel breit Stellung bezogen. Es kann doch nicht sein, dass die regionalen Regierungen nicht mehr eine Klima- und Energiepolitik betreiben sollen, zu der Sie sich angeblich auch bekennen, und das Wettbewerbsrecht alles verhindert, was an Möglichkeiten und Instrumenten für Politik noch zur Verfügung steht. Da müssen wir doch aufstehen und sagen, das dürfen wir uns so nicht gefallen lassen, wir müssen Regelungen finden, die weiterhin eine regionale und dezentrale Energiewende möglich machen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Baldauf, warum haben die Menschen draußen auf der Straße letztes Wochenende Sorge geäußert? – Wegen der Töne, die Sie vorhin wieder abgegeben haben, aber auch weil die Bundesregierung ohne Not den Bogen überspannt hat, auch gegenüber Brüssel. Sie hätte mit dem, was das EEG mit der Regelung 2009, auch in Bezug auf die Ausnahmen, festgestellt hätte, durchaus weitermachen und nachjustieren können.

Das hat sie nicht. Sie hat es darauf ankommen lassen, sich in einen Konflikt zu begeben, der jetzt einen großen Druck in Berlin auslöst. Das hätte nicht Not getan. Da muss man sagen, das haben die Schwarz-Gelben in Berlin in der letzten Legislaturperiode komplett falsch gemacht. Daran kommen Sie auch nicht vorbei.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dann wird Ihnen natürlich nicht mehr geglaubt. Das ist klar; denn das denken die Menschen dann, wenn sie Ihre Äußerungen hören.

Jetzt möchte ich zitieren, was der Bundestagsabgeordnete Herr Dr. Nüßlein gesagt hat, um Herrn Ramsauer in Schutz zu nehmen, der seinerseits Herrn Seehofer in Schutz genommen hat; denn alle haben dazu in einer Aktuellen Stunde des Bundestages zur Haltung der Bundesregierung zur Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke in Deutschland debattiert.

Dort ist über das Zitat gesprochen worden, das Herr Ramsauer in dem Magazin „DER SPIEGEL“ freigegeben hatte: „Wer die Preise wieder senken will, muss zurück zur Atomkraft.“ Das kann doch nicht sein. Damit läuten Sie die Wende von der Wende ein.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Baldauf, CDU: Oh Gott!)

Sie haben diese Äußerung nicht ausgeräumt, Sie haben sich nicht davon distanziert und kein klares Bekenntnis abgegeben.

(Baldauf, CDU: Aber natürlich!)

Die Bürgerinnen und Bürger müssen weiter befürchten, mit der CDU am Ruder ist die Energiewende gefährdet. Deswegen gehen sie auf die Straße.

(Baldauf, CDU: Oh Mann, jetzt tut es weh! Der arme Herr Gabriel, was der sich alles anhören muss!)

Es tut schon weh, wenn man dort draußen steht. Ich glaube schon, wir sollten uns vergegenwärtigen, was das noch bedeutet, auch Ihr letztes Statement. Es war ein klares Bekenntnis zum Öl, keine Verabschiedung aus den fossilen Energieträgern.