Protocol of the Session on February 20, 2014

(Frau Schäfer, CDU: Dann schauen sie sich einmal die Statistiken an!)

Hinzu kommt noch, dass Integrationshelfer überhaupt nicht zum pädagogischen Personal einer Schule gehören. Integrationshelfer sind weder von der Schulleitung eingesetzt, noch ist die Schulleitung ihnen gegenüber weisungsgebunden. Der Integrationshelfer oder die Integrationshelferin kümmern sich um das Kind, für das sie zuständig sind. Insofern bietet der Integrationshelfer praktische Unterstützung im alltäglichen Bereich. Dass die Zahl in den letzten Jahren angestiegen ist, zeigt die Bedeutung der Inklusion in der Gesellschaft insgesamt. Das hat aber nichts damit zu tun, dass wir jetzt das Schulgesetz ändern und Inklusion auch im Schulgesetz rechtlich verankern werden.

Ich denke, insofern muss man genau schauen, um was es sich handelt. Wir haben mit dem System der Schwerpunktschule eine Variante gewählt, die für unser Land Rheinland-Pfalz sehr gut passt und Kräfte zentral bündelt und so auch Ressourcen bündelt. Insofern ist es auch für die Schulträger eine gute Lösung, die wir hier gewählt haben. (Glocke der Präsidentin)

Mehr werde ich dann in der zweiten Runde sagen.

Danke schön.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Dr. Konrad das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Inklusion ist keine freiwillige Leistung irgendeiner staatlichen Institution, sondern Inklusion ist vorgegeben durch die Vorgaben der menschenrechtlichen Vereinbarung auf der Ebene der UN. Das ist uns allen klar. Darüber haben wir hier diverse Male gesprochen. Das heißt, es ist uns überhaupt nicht an die Hand gegeben, Inklusion nicht umzusetzen.

(Bracht, CDU: Es ist unsere Pflicht, sie vernünftig auszugestalten!)

Es ist uns auch gar nicht an die Hand gegeben, Sie wissen das

(Bracht, CDU: Es ist unsere Pflicht, sie vernünftig auszugestalten! – Frau Spiegel, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt lassen Sie ihn einmal ausreden!)

natürlich –, sondern wir müssen das tun.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Er kann ja gleich, wenn er will.

Vielmehr ist es so, dass die Kinder, um am Leben der Gemeinschaft teilnehmen zu können, unterstützt werden müssen. Dafür müssen Integrationshelfer und Integrationshelferinnen eingesetzt werden. Dafür müssen die personellen und sächlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Das gilt für ein spezialisiertes System ebenso wie für jedes inklusive System; denn auch in einer spezialisierten Einrichtung ist es nicht möglich, die Kinder ohne die entsprechenden Einrichtungen oder ohne das entsprechende Personal zu versorgen.

Die schrittweise Umgestaltung dieses Systems, wie wir sie in Rheinland-Pfalz vorhaben, nämlich über das Wahlrecht der Eltern dafür zu sorgen, dass in einzelnen Grundschulen Kinder inkludiert werden können bzw. integriert werden können, ist gerade dem geschuldet, dass die verschiedenen staatlichen Ebenen durch die Aufwendungen nicht überfordert werden sollen. Das Land hat ja die besonderen Belastungen der Kommunen wahrgenommen. Seit dem vergangenen Jahr werden die ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe in SGBXII-Bereich zu 50 % durch das Land über die Schlüsselzuweisungen C1 übernommen. Näheres wird Herr Steinbach in der zweiten Runde dazu noch ausführen.

Das heißt, es ist eine Mär, dass die Kommunen vom Land einseitig belastet werden und das Land hier seine Aufgaben nicht wahrnehmen würde. Das müssen sie zunächst einmal festlegen.

(Zuruf des Abg. Henter, CDU)

Ich habe es jetzt nicht verstanden, aber Sie wissen, dass die weitere Entlastung der Kommunen dadurch nicht möglich ist, dass die Zusage aus dem Fiskalpakt, die der Bund gemacht hat, dass die Eingliederungshilfe zum Teil vom Bund übernommen werden soll, immer

weiter nach hinten geschoben wird. Unser Sozialminister hat im letzten Sozialpolitischen Ausschuss noch darauf hingewiesen, dass er als Vorsitzender der Arbeits- und Sozialministerkonferenz darauf hinwirken will, dass diese Frist nicht so lang wird. Jetzt frage ich aber: Wer war denn im Bund an der Regierung, um diese Entlastung, die notwendig ist, in diesem Bereich weiter voranzubringen? – Das war nicht Rot-Grün, denen Sie hier immer wieder die Vorwürfe machen.

Das heißt, im Grunde genommen ist es auf allen staatlichen Ebenen absolut klar, wer verantwortlich ist für die Inklusion, nämlich der gesamte Staat. Hier wird aber so getan, als sei das gestern eine Erfindung der rot-grünen Landesregierung gewesen, und wir wollten das morgen mit der Brechstange umsetzen. Das ist nicht der Fall. Die Kommunen werden dabei auch nicht alleingelassen, sondern es gibt über die Kinder- und Jugendhilfe in allen Kommunen ganz klare Vorgaben, welche Kinder unterstützt werden müssen und in welcher Weise.

Aus unserer Sicht ergibt sich ganz klar, dass individuell festgestellt werden muss, welchen Bedarf das einzelne Kind hat und in welchem Zusammenhang das Kind am besten gefördert werden kann und die entsprechende Beratung der Eltern sichergestellt werden muss, in welchem System diese Kinder am besten gefördert werden können.

(Bracht, CDU: Das ist aber nicht die Praxis in Rheinland-Pfalz!)

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Ahnen das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Inklusion ist eine Aufgabe, die uns alle angeht. Sie hat ihre Grundlage – wir haben das eben schon gehört – im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Dieses Übereinkommen ist von der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2009 ratifiziert und dann in Kraft gesetzt worden.

Die Umsetzung der Konvention – so ist das ausdrücklich vorgesehen – ist ein gesamtgesellschaftliches komplexes Vorhaben, das Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen bindet.

Bezogen auf den Bildungsbereich sieht Artikel 24 der Behindertenrechtskonvention vor, ein inklusives Schulsystem einzuführen. Herr Konrad hat eben darauf hingewiesen. Damit stellt sich nicht die Frage, ob wir ein inklusives Schulsystem wollen und einführen, sondern

es stellt sich die Frage, wie wir das tun. Das ist der Ermessensspielraum, den wir haben.

Ich darf Ihnen versichern, dass wir diesen Ermessensspielraum nicht nur zum Optimum der Kinder ausnutzen wollen, sondern wir dabei sehr wohl auch die Lage der Kommunen im Blick haben und wir bei der Frage, wie wir das umsetzen, die Situation der Kommunen berücksichtigen werden.

(Zurufe von der CDU)

Sie haben das in den vergangenen Jahren als CDUFraktion nicht mitgetragen. Ich sage, wenn es nach Ihnen gegangen wäre, befänden wir uns in der Tat heute in einer extrem schwierigen Situation, weil wir bisher keinerlei Vorkehrungen getroffen hätten, um zu einem inklusiven System zu kommen.

Wir befinden uns aber in einer völlig anderen Situation. Wir haben in diesem Land bereits im Jahr 2002 nach vorlaufenden Schulversuchen angefangen, ein inklusives Schulsystem aufzubauen, es im Schulgesetz zu verankern und dabei die Form der Schwerpunktschulen zu wählen. Wenn wir heute 262 Schwerpunktschulen im Land haben, haben wir auch den Kommunen zu verdanken, dass wir diesen Weg zusammen gegangen sind. Ich bin dafür auch dankbar. Wir haben das unseren Schulen zu verdanken, aber – ich sage einmal – wir haben es auch den erheblichen finanziellen Anstrengungen des Landes zu verdanken, dass heute über 650 Förderschullehrerinnen und -lehrer nur in den Schwerpunktschulen zum Einsatz kommen, um gute Voraussetzungen zu schaffen, damit wir Inklusion realisieren können.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich bin froh, dass wir diesen Weg gegangen sind. Es ist übrigens unbestritten – das gesteht uns auch NordrheinWestfalen zu –, dass wir da weiter sind als NordrheinWestfalen. Wir können auf einem besseren Fundament aufsetzen, was uns die Umsetzung ein gutes Stück leichter macht. Wir haben zum Beispiel eine weit unterdurchschnittliche Quote der Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Fördergutachten. Auch das ist natürlich für die Kommunen entlastend. Das ist viel entlastender, als wenn im doppelten Umfang Sondereinrichtungen geschaffen werden müssen, wie das in manch anderen Ländern der Fall ist.

Herr Henter, wenn Sie auf das Gutachten in NordrheinWestfalen verweisen, muss man gerade bei der Frage ein ganz kleines bisschen juristisch sauber argumentieren, um sich dem Thema nähern zu können. Es gibt in Nordrhein-Westfalen kein Gutachten zur Konnexitätsrelevanz dieser Frage. Gerade das ist in dem Gutachten nicht untersucht worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe gesagt, wir haben 262 Schwerpunktschulen. Wir haben 138 Förderschulen im Land. Sie merken auch daran, dass es uns inzwischen gelingt, in den Schwerpunktschulen wohnortnah Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu

organisieren. Es führt übrigens auch zu Entlastungen bei den Kommunen, dass uns das heute so möglich ist.

Wenn es darum geht – das ist der Anteil, den das Land leisten kann –, dass das Land gute Voraussetzungen für inklusiven Unterricht schafft, nenne ich Ihnen einmal eine Zahl. In der Schwerpunktschule stehen pro Schülerin/pro Schüler fast 4,5 Förderschullehrerwochenstunden zur Verfügung. In der Förderschule L ist es gerade einmal die Hälfte. Wir haben also investiert, um förderliche Voraussetzungen in den Schwerpunktschulen zu schaffen. Wir haben uns die Aufgabe auch ressourcenmäßig auf der Landesebene nicht leicht gemacht. Auch das ist natürlich Unterstützung für eine gute Umsetzung vor Ort.

Selbstverständlich haben wir im Rahmen des Gesetzentwurfs, der überhaupt erst ins Parlament kommen wird, auch die Frage der Konnexität sorgfältig geprüft. Wir haben nicht die Konnexität grundsätzlich ausgeschlossen, aber wir sind im Ergebnis dazu gekommen, dass unsere Umsetzung in Rheinland-Pfalz nicht dazu führt, dass den Kommunen eine vermeidbare Mehrbelastung entstanden wäre. Im Gegenteil, wir wollen die UN-Behindertenrechtskonvention in Rheinland-Pfalz so umsetzen, dass sie für alle Beteiligten eine gute Antwort ist, aber wir wollen sehr wohl darauf achten, dass es für die Kommunen die kostengünstigste Variante ist, die wir umsetzen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das gewährleistet das Schwerpunktschulkonzept.

Wir lassen unsere Kommunen keineswegs finanziell alleine. Es ist eben schon auf die Fortentwicklung des Finanzausgleichsgesetzes vom Oktober vergangenen Jahres hingewiesen worden. Herr Henter, ich weiß nicht, ob sich die Kommunen freuen würden, wenn wir den Weg gehen würden, den Sie vorschlagen, nämlich neue Standards zu setzen. Im Gegenteil, wir haben das Thema barrierefreies Bauen in unseren Schulbaurichtlinien verankert. Wir fördern die Kommunen auch, wenn entsprechende bauliche Maßnahmen vor Ort getätigt werden müssen.

Ich füge hinzu: Wir haben schon 650 Förderschullehrerstellen im Einsatz. Es kommen 200 weitere hinzu, damit wir unsere Schwerpunktschulen gut ausstatten können. Das wird alles vermischt, aber Sie können nicht einfach die Voraussetzungen, die das Land zu treffen hat, mit Individualansprüchen, die die Eltern haben, und Aufgaben vermischen, die die Träger der Sozial- und Behindertenhilfe zu erfüllen haben. Gerade wenn man sich der Frage der Konnexität und der Unterstützung von Kommunen nähern will, muss man das sauber trennen. Wir haben als Land den Teil „pädagogisches Personal“ zu stemmen. Dafür haben wir möglichst gute Voraussetzungen zu schaffen. Das tun wir im Ländervergleich und auch in Relation zu der Ausstattung der Förderschulen, aber es ist eben auch so, dass die Kommunen dort, wo das notwendig ist, als Träger der Sozial- und Jugendhilfe im Bereich der Integrationshilfe gefragt sind.

Herr Henter, nennen Sie mir ein Land in der Bundesrepublik Deutschland – ein einziges –, das die Kosten für die Integrationshelfer im Rahmen der schulischen Inklusion übernimmt. Können Sie ein Land nennen? Sie tun

so, als würden Sie eine Position vertreten, die sozusagen die gängige ist.

(Henter, CDU: Das ist doch überall in der Diskussion! Das ist in Nordrhein-Westfalen in der Diskussion! Das ist überall in der Diskussion!)

Es gibt nicht ein einziges Bundesland, das die Kosten für die Integrationshelfer im Rahmen der schulischen Inklusion übernimmt – das möchte ich an dieser Stelle festhalten –,

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

weil es sich nämlich um individuelle Ansprüche nach Bundesrecht handelt. Das kann man doch nicht einfach wegdiskutieren.

Es kommt ein Zweites hinzu, was Sie in Ihrer Argumentation auch völlig weglassen. Es stimmt doch überhaupt nicht, dass Integrationshelferinnen und Integrationshelfer nur im Bereich der Inklusion notwendig sind. Wir haben eine beträchtliche Anzahl von Integrationshelferinnen und Integrationshelfern in unseren Förderschulen. In der Förderschule G in Neuwied haben wir 19 Integrationshelfer, in der Förderschule G in Sprendlingen haben wir bei 83 Schülerinnen und Schülern 10 Integrationshelfer – ich könnte die Liste fortsetzen –, weil das ein individueller Anspruch ist, um Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf beschulen zu können. Der ist unabhängig vom Förderort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil das aber so ein Thema ist, sagen wir auch an dieser Stelle in aller Deutlichkeit: Wir haben ein Interesse daran, mit den Kommunen an diesem Thema weiterzuarbeiten. Wir haben im Rahmen der Konnexitätsgespräche eben auch gemeinsam mit den Kommunen angeboten, dass wir uns in zwei Modellkommunen die Entwicklung der Integrationshelferinnen und Integrationshelfer anschauen und wir auch schauen, wie man ihren Einsatz optimieren kann, damit Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf optimal gefördert werden können, das unabhängig vom Förderort, und das natürlich unter Berücksichtigung der Kosten, die dadurch entstehen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)