Es kommt ein Weiteres hinzu: Die kommunalen Spitzenverbände haben im Rahmen der Beratung des Gesetzentwurfs eine Reihe von Anregungen gegeben und gesagt, berücksichtigen Sie das bitte. Dazu gehört, dass wir im Schulgesetz noch einmal klar abgegrenzt haben, was die Aufgaben der Integrationshelferinnen und Integrationshelfer sind. Das sind eben nicht die pädagogischen Aufgaben, sondern das sind die sogenannten lebenspraktischen Fragen. Für die pädagogischen Aufgaben ist die Schule zuständig. Dafür fühlt sich das Land zuständig. Das ist auch so eindeutig im Gesetzentwurf vorgesehen.
Wir haben darüber hinaus bei der Frage der Auswahl der Schwerpunktschulen gesagt, dass wir selbstverständlich das Einvernehmen mit den Schulträgern herstellen, weil wir Interesse daran haben, dass die Schulträger den Prozess der Inklusion – das ist ein Prozess – für die regionale Schulentwicklung nutzen können. Deswegen wollen wir uns eng mit ihnen abstimmen. Das gilt übrigens auch für die Belange der Träger der Schülerbeförderung und für die Vernetzung mit den Jugend- und Sozialämtern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben um diesen Gesetzentwurf einen intensiven Diskussionsprozess. Dieser wird sicher noch weitergehen. Ich lege größten Wert darauf, dass wir das, was die Kommunen uns gegenüber angesprochen haben, wo immer es möglich ist, auch berücksichtigen.
Mit dem Gesetzentwurf können wir keine Zuständigkeiten verändern, die noch nicht einmal schulrechtlich, sondern bundesrechtlich geregelt sind. Das kann niemand von uns erwarten. Das tut auch kein anderes Bundesland. Ich lege großen Wert darauf, dass wir bei der Art und Weise, wie wir die Inklusion umsetzen, die Situation der Kommunen im Blick haben und in einem engen Dialog mit ihnen sind.
Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Sankt-MatthiasSchule Bitburg. Herzlich willkommen in Mainz!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch die Redezeit der Landesregierung hat die CDU-Fraktion noch eine Redezeit von 6 Minuten und 30 Sekunden. Die anderen Fraktionen haben zu den 2 Minuten noch knapp 3 Minuten.
Die CDU-Fraktion hat noch eine Redezeit von 6 Minuten und 30 Sekunden. Die CDU-Fraktion bekommt die volle Mehrzeit, die die Landesregierung gesprochen hat. Die beiden anderen Fraktionen die Hälfte. Es waren 4 Minuten. Also haben die SPD-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jeweils 2 Minuten plus 2 Minuten.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über die Inklusion sprechen, dann muss jedes einzelne Kind im Mittelpunkt stehen. Der Staat – das sagt die UN-Behindertenrechtskonvention – hat dabei die Pflicht und die Aufgabe, jedem Kind und jedem Erwachsenen die bestmögliche Förderung zuteilwerden zu lassen, um die größtmögliche Teilhabe an der Gesellschaft zu erreichen.
Was für den Einzelnen Teilhabe bedeutet, muss jeder Mensch für sich entscheiden, nämlich ob er sagt, Teilhabe ist für mich, mit Menschen, die ähnliche Beeinträchtigungen haben wie ich, zusammenzuleben, weil wir uns gegenseitig verstehen, oder ob er sagt, ich möchte an der allgemeinen Gesellschaft teilnehmen, weil ich mich auch mit Menschen ohne Beeinträchtigung wohlfühle. Das ist im gesellschaftlichen Leben, im Arbeitsleben und im Bereich der Schulen so.
Es ist egal, wofür sich im Bereich der Schulen die Schülerinnen und Schüler entscheiden. Das neue Landesgesetz gibt ihnen das Recht, ob sie sich entscheiden, eine Förderschule, eine Schwerpunktschule oder eine Regelschule zu besuchen; denn auch dort dürfen sie nach dem neuen Landesgesetz hin. Möglicherweise müssen für ein einzelnes Kind Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Die Schüler haben das Recht auf gute Förderbedingungen, egal wo sie sind. Die Förderbedingungen sind in erster Linie die Lehrer. Deshalb ist das eine reine Landesaufgabe. Ich kenne keine Schwerpunktschule im Land, die so ausgestattet ist, dass man von einer guten Förderung sprechen kann. Das sage ich ganz klar.
Frau Ministerin, dann kommen die Kommunen ins Spiel. Wenn die Lehrer nicht da sind, steigt der Bedarf an Integrationsfachkräften, die die Kinder betreuen.
Ob das die gute Förderung ist, die wir unseren Kindern zuteilwerden lassen wollen, wage ich zu bezweifeln. Zu den Rahmenbedingungen gehört neben der Lehrerausstattung auch die räumliche Ausstattung. Wir brauchen Differenzierungsräume, Pflegeräume und Rückzugsräume. Es gibt auch vielleicht ganz andere Ansprüche an das Außengelände, wie zum Beispiel Spielplätze und dergleichen. Das sind Sachen, die Sie den Kommunen übergeben, indem Sie die Wahlfreiheit für jede einzelne Schule ins Schulgesetz schreiben.
Frau Ministerin, man kann nur dann ein Wahlrecht versprechen, wenn man auch die guten Rahmenbedingungen dazu verspricht und nicht einfach mit den Achseln zuckt und sagt: Das wird schon. – Sie bestellen, andere können aber nicht bezahlen. Sie wälzen diese Aufgaben auf die Kommunen ab, die durch Sie ohnehin schon mit dem Rücken an der Wand stehen, was die Finanzen betrifft. Sie kennen die Papiere der kommunalen Spitzenverbände. Diese sagen, das können wir nicht leisten, aber wir wollen es und fühlen uns in der Verantwortung
hinsichtlich der Kinder mit Beeinträchtigungen. Das, was Sie den Schulen oder den Schulträgern aufbürden, ist nicht zu leisten.
Deshalb stellt sich für uns die Frage, was Ihnen die Kinder wert sind und wie Sie Ihre besondere Fürsorgepflicht wahrnehmen. Definieren Sie einfach nur eine Quote?
Es geht bei der Inklusion nicht um Ausbauziele, sondern um jedes einzelne Kind. Dafür tragen Sie die Verantwortung. Diese nehmen Sie mit dem neuen Schulgesetz nicht wahr.
Ich wiederhole es noch einmal, weil es für uns so wichtig ist. Es ist egal, wofür sich eine Schülerin oder ein Schüler entscheidet, ob es eine Förderschule, eine Schwerpunktschule oder eine Regelschule ist. Der Schüler hat dort das Recht auf optimale Förderbedingungen. Dafür sind Sie zuständig; denn Sie geben den Schülerinnen und Schüler dieses Recht. Sie haben die Verantwortung.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Dickes, ich möchte Sie doch sehr bitten, bei diesem sensiblen Thema Inklusion, bei dem wir über Menschen mit und ohne Behinderung sprechen, sprachlich abzurüsten und nichts in den Raum zu stellen, was einem vielleicht hinterher einmal leidtun könnte. Das, was gesagt worden ist, war aus meiner Sicht ziemlich beschämend.
Natürlich stellen wir die Kinder in den Mittelpunkt. Wen denn sonst? Darum geht es in der Schule und bei der individuellen Förderung. Bei dem Wie versuchen Sie immer zu implizieren, es muss noch mehr, noch mehr und noch mehr geschehen.
Sprechen Sie doch einmal mit den Schulen in unserem Land, auch mit den Schwerpunktschulen. Diese haben sehr gute Methoden. Gerade erst hat eine Schwerpunktschule in unserem Land für ihre integrativen Konzepte den Schulpreis gewonnen. Sie stellen schon wieder in den Raum, dass es uns um die Quote ginge. Das ist doch Quatsch. Das muss man einmal sagen. Es geht nicht um eine Quote, sondern darum, Voraussetzungen zu schaffen. Um Voraussetzungen zu schaffen, muss man ein Ziel im Blick haben. Wir haben dieses Ziel im
Blick. Wie das Ziel zustande kommt, entscheiden die Eltern mit ihrer freien Wahl, wo sie ihr Kind in die Schule schicken.
Wir haben das System der Schwerpunktschulen. Dieses System wird im Schulgesetz verankert werden. Sie versuchen schon wieder, irgendetwas hineinzuinterpretieren, was im Schulgesetz nicht stehen wird. Zumindest steht das nicht im Gesetzentwurf, der noch nicht einmal in das Parlament eingebracht worden ist. Vielleicht diskutieren wir einmal darüber, wenn der Text vorliegt. Das ist in der Diskussion heute schon ein bisschen merkwürdig.
Der Vorwurf zu sagen, es würden Lehrer fehlen und stattdessen wären Integrationshelfer da, ist vollkommen aus der Luft gegriffen. Dann müsste man aber auch einmal ganz dringend die Frage stellen, ob die Kommunen ihrer Aufgabe gerecht werden. Hier geht es um einen Individualanspruch für jedes einzelne Kind, je nachdem, welcher Unterstützungsbedarf vorhanden ist. Integrationshelfer sind keine Lehrkräfte und werden auch als solche nicht eingesetzt. Das muss man noch einmal deutlich sagen.
Wir haben nicht zu wenig Lehrer in den Schwerpunktschulen. Vielleicht gibt es an der einen oder anderen Stelle Probleme durch Krankheit oder Fehlen. Das kann immer und überall vorkommen. Wir haben ein sehr gut ausgestattetes Konzept. Schauen Sie sich doch einmal in den anderen Bundeländern an, wie viele Ressourcen dort zur Verfügung stehen.
Gehen Sie einmal in eine Schule und sprechen Sie mit den Lehrkräften. Ich war gerade dort. Diese können sehr gut differenzieren und sehr gute Arbeit verrichten. Sie sind sehr froh, dass das Konzept in Rheinland-Pfalz klar und transparent ist.
Ich möchte noch etwas sagen. Die Integrationshelfer sind der Schwerpunkt, auf den die CDU heute abhebt. Die meisten Kinder mit Förderbedarf, die in Schwerpunktschulen unterrichtet werden, haben den Förderbedarf Lernen oder Sprache an einer Schwerpunktschule. Hier stellt sich die Frage einmal mehr, welcher Zusammenhang zwischen den Integrationshelfern und der Beschulung an einer Schwerpunktschule besteht. Die Antwort ist, dass es eigentlich keinen gibt. Wenn man einen Bedarf hat, wie zum Beispiel die lebenspraktische Unterstützung bei der Hilfe beim Essen, beim Umziehen oder beim Gang in die Waschräume, dann hat man den auch außerhalb der Schule.
Dann ist das keine schulische Angelegenheit, sondern eine, die eine persönliche Unterstützung bietet. Entweder ist dieser persönliche Bedarf da, oder er ist nicht da. Das ist aber vollkommen unabhängig von der Schulform und wäre, wie Frau Ministerin Ahnen eben gesagt hat, auch in der Förderschule notwendig. Insofern bitte ich, deutlich unser Ziel vor Augen zu haben. Unser aller Ziel muss doch ein selbstbestimmtes Leben aller Menschen
unabhängig von der Herkunft und der Beeinträchtigung sein. Das gilt ein Leben lang und nicht nur für die Schule. Insofern dürfen wir Inklusion auf keinen Fall als irgendeinen Kostenfaktor bewerten. Nach unserem Verständnis ist Inklusion nämlich kein Selbstzweck und keine neue Mode für unterbeschäftigte Bildungs- oder Sozialpolitiker, sondern eine Selbstverständlichkeit in unserer demokratischen Weltordnung. Das ist auf jeden Fall unser Verständnis von Inklusion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Brück hat zuletzt im Grunde Artikel 3 des Grundgesetzes zusammengefasst. Das ist eigentlich der Kernpunkt der UN-Behindertenrechtskonvention; denn das Benachteiligungsverbot ist bei uns selbstverständlich verfassungsrechtlich verankert. Daneben haben wir eine Reihe von anderen Maßgaben, nämlich unter anderem das Antidiskriminierungsgesetz, das garantiert, dass Inklusion bei uns selbstverständlich geltendes Recht ist und sein sollte.