Protocol of the Session on October 2, 2013

Stattdessen haben wir steigende Steuereinnahmen, aber sinkende Investitionen. Somit sparen Sie nicht, sondern Sie verlagern lediglich den Kostendruck, der jetzt schon spürbar ist.

Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Wenn Sie über die Mühlheimer Brücke an der Mosel, eine der Hauptver

kehrsadern zwischen Eifel und Hunsrück, fahren, dann wissen Sie, was bröckelnde Infrastruktur ist, dann wissen Sie auch, was es heißt, wenn die Renovierung dieser Brücke noch einmal verschoben worden ist, Frau Blatzheim-Roegler. Der Nationalpark hingegen kann nicht schnell genug kommen. Jeder setzt eben seine eigenen Schwerpunkte. Wir würden andere Schwerpunkte setzen.

(Beifall der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mehr als ein Drittel der Brücken im Land befindet sich laut Landesrechnungshof 2011 in einem maroden Zustand und müsste umgehend saniert werden.

(Baldauf, CDU: Stimmt! – Staatsministerin Frau Höfken: Auf Bundesebene!)

Jetzt machen Sie schon 2 Milliarden Euro mehr Schulden in diesem Doppelhaushalt, und trotzdem sinken die echten, die werthaltigen Investitionen immer weiter, und damit meine ich nicht die Investitionen in den sogenannten Pensionsfonds.

Was sind echte Investitionen? – Das, was einen bleibenden Wert hat, auch für unsere Kinder. Das sind Verkehrswege, Schulbauten, Universitäten und Krankenhäuser. Aber diese Investitionen liegen bei gerade einmal rund 5 %. So niedrig bei den höchsten Steuereinnahmen waren die Investitionen in unserem Land noch nie. Sie handeln wie jemand, der lieber die dritte Kreuzfahrt macht, und zu Hause regnet es schon durch das Dach. So sieht Bröckeln aus, und Ökonomen nennen das „Substanzverlust“. Daran arbeiten Sie.

(Beifall der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, je näher wir auf die Schuldenbremse 2020 zugehen, desto geringer wird der Anteil der echten Investitionen. Die Zahlungen in den Pensionsfonds zeichnen Sie als Investitionen aus. Es sind aber keine.

(Frau Schmitt, SPD: Bitte?)

Das Dramatische: 2016, wenn man Ihre Investitionen einmal genauer betrachtet, analysiert und unterteilt, bleibt kaum noch etwas von echten Investitionen übrig; denn die Summe der sogenannten echten Investitionen, deren Summe, die Aufaddierung, ist sogar geringer als die kreditfinanzierte Kurzzeitzahlung in den Pensionsfonds, die Sie als Investition bezeichnen.

Das ist eine Verlagerung der Lasten auf kommende Generationen, und das ist unsozial.

(Beifall der CDU)

Verehrte Frau Ministerpräsidentin, warum legen Sie so viel Wert darauf, dass die Kredite im Pensionsfonds als Investitionen ausgewiesen werden? – Wir vermuten – und es sieht ganz danach aus –, Sie tun es deshalb, weil das Ihr Schlüssel ist, um die Schuldenbremse rechnerisch zu umgehen. Das ist auch der Grund dafür, weshalb Sie nicht mehr von Nettokreditaufnahme und

von neuen Schulden sprechen wollen. Das ist Etikettenschwindel. Beim Gammelfleisch ist das auch aufgeflogen.

(Beifall der CDU)

Ich habe es vorhin schon einmal gesagt, dieser Haushalt ist kein plötzliches Schicksal. Wenn wir zusammenstehen müssten wegen einer Naturkatastrophe und wenn wir dafür einen Nachtragshaushalt verabschieden müssten, dann hätten Sie uns an Ihrer Seite. Aber die aktuelle Situation trägt die über 20-jährige sozialdemokratische Handschrift, und diese Handschrift heißt, heute in die Enge getrieben zu sein.

(Beifall der CDU)

Deshalb tun Sie bitte nicht so, als säßen wir jetzt plötzlich alle in einem Boot. Beim Bändchen-Durchschneiden haben Sie immer Wert darauf gelegt, dass es Regierungskoalitionen gibt, die da sind. Aber jetzt, wo Wasser ins Boot läuft, sagen Sie: Union, Opposition, bitte schippe uns doch einmal das Wasser aus dem Boot.

(Beifall der CDU)

Diese Arbeitsteilung mag für Sie interessant sein, aber die Bürgerinnen und Bürger sollten schon wissen, weshalb sie heute in dieser Notlage sind. Die GRÜNEN nehme ich natürlich explizit aus, zumindest bis auf die zweieinhalb Jahre, in denen sie jetzt dabei sind.

Im Übrigen kann ich, wenn ich Herrn Steinbach sehe, sagen, Sie waren früher auch beteiligt, als Gedanken in Ihrer Fraktion entwickelt wurden. Ich habe mir einige Haushaltsreden von Ise Thomas durchgelesen. Eigentlich hätten Sie die ersten 10 Minuten meiner Rede komplett mitklatschen müssen; denn das war auch Ihr Gedankengut.

(Zurufe der Abg. Dr. Braun und Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber sobald man in die Regierung kommt, ändert sich das vielleicht.

(Beifall der CDU)

Aber nichtsdestotrotz gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass ich die GRÜNEN von diesem Vorwurf ausnehme, bis auf die zweieinhalb Jahre, in denen sie nun in der Regierung sind.

Machen wir es konkret in Zahlen: Ohne die kommunale Verschuldung hat Rheinland-Pfalz mit fast 38 Milliarden Euro Schulden zu kämpfen. Das sind pro Einwohner rund 9.480 Euro. Dabei sind die Rahmenbedingungen so rosig, wie sie selten waren: Die Steuereinnahmen sprudeln, die Beschäftigung ist auf einem hohen Niveau stabil, und die Auftragsbücher unserer Unternehmen sind gut gefüllt.

Das Ergebnis: Bundesweit geht die Verschuldung zurück, und der von der schwarz-gelben Bundesregierung verabschiedete Haushaltsentwurf sieht einen nahezu ausgeglichenen Etat vor. Im nächsten Jahr sind keine

neuen Kredite vorgesehen. So sieht eine solide Haushaltswirtschaft aus. – Was Sie machen, ist ein Schuldenhaushalt. Wenn Sie einen Sparhaushalt machen wollen, dann nehmen Sie sich ein Beispiel an der schwarz-gelben Bundesregierung.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Nach dem neuen rheinland-pfälzischen Finanzplan, der für den Zeitraum von 2013 bis 2018 gelten soll, haben Sie allein für den Kernhaushalt rund 5 Milliarden Euro neue Schulden vorgesehen. Dies sind Schulden, die Zinsen verursachen, und die Zinszahlungen müssen nicht Sie in Ihrem Amt leisten, sondern das muss die kommende Generation tun. Das heißt, Sie wollen über die Runden kommen, Sie wollen über die Wahlen kommen und muten den kommenden Generationen, die nicht mitverhandeln können, die Lasten zu, die Sie heute nicht zu tragen bereit sind.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schon heute bezahlt das Land – das muss man sich wirklich einmal vor Augen führen – bei einem niedrigen Zinsstand 1,2 Milliarden Euro Zinsen. Dies sind Monat für Monat 100 Millionen Euro und rund 12 % der Steuereinnahmen unseres Landes. Der Schuldenstand liegt mittlerweile um das 2,7-Fache über den jährlichen Einnahmen. – Dass das nicht gutgehen kann, müssen auch Sie erkennen, und bitte erzählen Sie uns nichts davon, sich noch mehr anzustrengen, sei nicht möglich.

(Beifall der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wie viel Geld ein Bundesland im Vergleich zu anderen Ländern für seine Aufgaben zur Verfügung hat, das entscheidet sich auch wesentlich an einem Merkmal, nämlich daran, welcher Anteil der Steuereinnahmen durch die fälligen Zinsen schon verloren gegangen ist oder gebunden ist. Schauen wir dazu nach Bayern. In Bayern sind es gerade einmal 2,9 %, Tendenz fallend, weil dort die Schulden zurückgezahlt werden. Die Zins-Steuer-Quote liegt im Durchschnitt aller Bundesländer – Bayern ist natürlich ein Musterbeispiel in dieser Frage – bei 8 %.

Nun könnte man sagen, Rheinland-Pfalz legt immer Wert darauf, zumindest im guten Mittel zu sein. – Nein, das sind wir nicht. Durch Ihre sozialdemokratische Handschrift befinden wir uns auf einem der letzten Plätze und haben zusammen mit dem Saarland die rote Laterne zu tragen. 12 % müssen wir von unseren Steuereinnahmen allein für die Zinslasten aufwenden.

(Zuruf von der CDU: Das ist beschämend!)

Stellen Sie sich einmal vor, bei jedem Unternehmer hätte in einer solchen Situation längst der Staatsanwalt geklingelt.

(Beifall der CDU – Zuruf von der CDU: So ist das!)

Stellen wir uns des Weiteren vor, Rheinland-Pfalz müsste statt über 1 Milliarde Euro Zinsen nur 200 Millionen Euro bezahlen. – Wir müssten keine neuen Kredite mehr aufnehmen, und die kommenden Generationen könnten zumindest ein bisschen mehr aufatmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Landesrechnungshof bringt die Haushaltspolitik der rot-grünen Landesregierung in seinem Jahresbericht 2013 auf den Punkt:

„Kreditaufnahme und Gesamtverschuldung steigen trotz der bislang höchsten Steuereinnahmen ungebremst weiter.“

Frau Ministerpräsidentin, zu Recht haben Sie in Ihrem Koalitionsvertrag darauf hingewiesen, dass der Landesrechnungshof „ein wichtiger Ratgeber zur Umsetzung der Konsolidierung“ ist.

(Licht, CDU: Aber nur, wenn es passt!)

Sie haben sich in Ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich dafür ausgesprochen, aber nehmen es nur in Anspruch, wenn es Ihnen persönlich passt.

(Beifall der CDU)

Leider ist aus dieser engen Zusammenarbeit mit dem Landesrechnungshof nichts geworden. So hat der Landesrechnungshof bereits 2011 der sozialdemokratischen Landesregierung ins Stammbuch geschrieben:

„Angesichts der hohen Verschuldung droht dem Land der Verlust seiner finanziellen Handlungsfähigkeit. Wirksame Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung sind deshalb unumgänglich.“

Dies ist ein Zitat des Landesrechnungshofs.