Protocol of the Session on September 19, 2013

(Pörksen, SPD: Wie kommt denn das?)

Meine Damen und Herren, wenn ich aktuell in der Zeitung lese, dass man erst jetzt anfängt zu prüfen, wo Alternativen bestehen, wird mir schlecht, weil dann haben das BAF, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung, und die DFS keinen guten Job gemacht, sondern sie sind schlecht mit den Menschen umgegangen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich möchte an der Stelle an das anschließen, was Herr Köbler gesagt hat. Das ist die zweite Niederlage, die vor Gericht erwirkt wurde. Das war das Nachtflugverbot, das durch die Eigenständigkeiten von Herrn Koch ausgehebelt wurde, und nun diese zweite Niederlage. Das macht den Menschen Mut, für eine bessere Umwelt und für ein gesundes Leben weiter zu kämpfen.

Es geht nicht darum, dass man gegen den Flughafen steht, sondern es geht um die Art und Weise, wie miteinander umgegangen wird. Deswegen ist es gut, dass Rheinland-Pfalz im Bundesrat weitere Initiativen ergriffen hat, damit endlich die Rechtssystematik geändert wird und die Menschen im Verfahren gehört werden. Bei jedem Bebauungsplan werden die Menschen angehört, aber hier wird einfach ignoriert, dass die Menschen auch Rechte haben.

(Beifall bei der SPD)

Diese Rechte – auch damit schließe ich an Herrn Köbler an – hätte man in Berlin jetzt auch umsetzen können. Nein, das hat man nicht gewollt. Man hätte die Möglichkeit gehabt – das ist kein neues Thema –, das Recht zu ändern und dafür Sorge zu tragen, dass eine vernünftige Abwägung stattfindet.

Ich habe davon gesprochen, dass das Mut macht, weiter zu kämpfen. Deshalb geht mein herzliches Dankeschön auch an all diejenigen, die gekämpft haben. Mein Dank geht an alle Bürgerinitiativen, aber auch an den Landkreis Mainz-Bingen, der sich beteiligt hat, und an die Landesregierung, die sich beteiligt hat, dafür, dass man gemeinsam für die Region steht.

Was passiert stattdessen mit Blick nach Frankfurt? – Jetzt, wo genau dieses Urteil ergangen ist, beantragt man die Umsetzung des Terminals 3. Es ist eine bodenlose Frechheit, ein Zeichen zu setzen, man will erweitern und 14 bis 25 Millionen zusätzliche Gäste dort haben, anstatt jetzt ein Zeichen zu setzen und zu sagen: Das stoppen wir zunächst einmal und legen es zunächst einmal auf Eis. Dann schauen wir einmal, was insgesamt passiert. Wir reduzieren einmal die Flugbewegungen, damit sie nicht permanent steigen und damit nicht permanent neuer Fluglärm entsteht. – Das wäre ein Zeichen gewesen, das aus Hessen notwendig gewesen wäre.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich erwarte von der Deutschen Flugsicherung, dass man sich wirklich einmal mit anderen Alternativen beschäftigt. Man liest jetzt, nachdem die ersten Versuche stattgefunden haben, den Neigungswinkel von 3,0 auf 3,2 Grad zu verändern, dass man auch – vielleicht nicht jeder – mit einem Neigungswinkel von 4,5 Grad landen könnte. Die Rückenwindkomponente bleibt aber gänzlich unbeachtet. Man kann insgesamt andere Flugrouten wählen. Man sollte nicht prüfen, sondern Fakten schaffen, damit man zur Kenntnis nimmt, was insgesamt geschehen ist. In der Zukunft sollte man wirklich an die Menschen und die Region denken.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Staatsminister Lewentz, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte zunächst einmal den Kommunen danken, die sich mit uns und unserer finanziellen Unterstützung auf den Weg gemacht haben, dieses Urteil zu erwirken. Herr Reichel, in der Tat, es liegt noch nicht die Begründung vor, aber Sie wissen genau, wenn man mit einem Finger auf jemanden zeigt, zeigen drei zurück.

Sie haben Hans Eichel, den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten aus Hessen, genannt, der die Mediation vor 1999 eingeführt hat. Herr Reichel, wie lautet der zweite Teil dieses Satzes? – Wer hat die Mediationser

gebnisse gebrochen? Wer war das? Den hätten Sie ruhig namentlich nennen können.

(Pörksen, SPD: Ja!)

Herr Reichel, ich weiß, dass Sie sich sehr darüber geärgert haben. Jetzt müssen Sie grinsen. Da sind Sie ein bisschen ertappt worden. Das geht so nicht. Man kann mit dem Finger nicht auf Hans Eichel zeigen, der die Mediation eingeführt und auf den Weg gebracht hat. Es gab Mediationsergebnisse, mit denen man durchaus – nicht umfassend – hätte umgehen können. Dann wird aber die Mediation gebrochen. Wo sind wir dann gelandet? – In Leipzig. Wie war das Ergebnis in Leipzig? – Eine klatschende Ohrfeige für die Regierung auf der anderen Rheinseite. Das wissen wir alles; das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich habe den Kommunen gedankt, und ich will auch den Bürgerinitiativen danken; denn das, was dort an Kraft aufgewandt wird, ist enorm. Natürlich macht Lärm krank. Vernichtete Werte gehören übrigens auch dazu. Er zerstört lebenswerte Wohnräume. Wenn man 500.000 Flugbewegungen hat und weiß, dass ein wirksamer Planfeststellungsbeschluss besteht, der deutlich mehr ermöglicht, muss einem angst und bange werden. Ich verstehe, dass das die Bürgerinnen und Bürger auf die Straße treibt. Daher bin ich immer bereit zu sagen, ja, es gibt Fluglärm.

Das, was Herr Hüttner gesagt hat, wäre aber ein richtiges Zeichen. Man sollte die Flugbewegungen mindestens auf die jetzige Zahl begrenzen. Besser wäre es aber noch zu überlegen, ob Fluglärm an der einen oder anderen Stelle auch durch Verzicht auf Flugbewegungen zurückgenommen werden kann; denn ein Mehr in Richtung auf 600.000 oder 700.000 Flugbewegungen kann man sich in dieser Region überhaupt nicht vorstellen. Deshalb bin ich ganz klar gegen jede weitere Steigerung von Flugbelastungen in der Region Rhein-Main aufgestellt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Reichel, wir kennen die Begründung noch nicht. Ich gebe Ihnen recht. Das Gericht hat aber die Südumfliegung gekippt, weil diese auf unzureichenden Sicherheitserwägungen beruht. Ich meine, unzureichende Sicherheitserwägungen im Luftverkehr müssen einen doch umtreiben. Es kann doch nicht sein, dass man versucht, solche Entscheidungen der DFS oder anderen – umgesetzt und gedeckt mit Mitwirkung der Hessischen Landesregierung – zu akzeptieren. Das geht nicht. Sicherheitsbedenken müssen ganz oben anstehen.

Man hat unsere Argumentation, für die ich durchaus Schelte in der Öffentlichkeit erhalten habe, dass wir wie in einem Mantra auf Alternativen hingewiesen haben, ausdrücklich in die erste Begründung aufgenommen. Man hat gesagt, Alternativen seien nicht ernsthaft ge

prüft worden. Wir fühlen uns in diesen beiden Punkten bestätigt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen hoffe ich, dass wir, wenn das Urteil vollzogen werden muss – das habe ich der Deutschen Flugsicherung und dem Chef der Deutschen Flugsicherung in der letzten Woche persönlich gesagt –, Wege finden, den Lärm nicht auf der einen Rheinseite zu konzentrieren und die Wertschöpfung auf der anderen Seite zu forcieren. Das geht so nicht. Wir brauchen eine gerechte Verteilung. Das kann nicht bedeuten, dass man von einem Mainzer Stadtteil auf den anderen umschwenkt.

Herr Hüttner, in der gesamten Region gibt es Bereiche, die Sie genannt haben, wohin durchaus mehr Lärm gehört. Das müsste zu einer Verminderung führen. Mein Appell ist, dass wir diese Wege gemeinsam beschreiten. Ich hoffe – ich will gar nicht auf das Wahlergebnis eingehen –, dass wir nach dem Sonntag auch in der Hessischen Landesregierung mehr Einsicht vorfinden werden.

Ich kann mir vorstellen, warum in Frankfurt ein Oberbürgermeister gewählt wurde, nämlich unter anderem auch aufgrund dieser Frage. Ich weiß, wie in Wiesbaden gewählt wurde und dass das Thema die Menschen bewegt. Ich bin ziemlich sicher, dass wir diese Bewegung am Sonntag auch im Rhein-Main-Gebiet über die Stimmzettel erleben werden. Das ist ein Auftrag der Bevölkerung, etwas zu verändern.

Unsere Kriterien sind bekannt und jetzt bestätigt worden. Herr Reichel, von daher beim nächsten Mal Hans Eichel nennen – das war ein richtiger Einstieg –, aber dann denjenigen auch erwähnen, der gebrochen hat, nämlich der CDU-Ministerpräsident Roland Koch.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Herrn Alfred Borens, Gewinner des Quizes anlässlich der Wanderausstellung „Der Landtag Rheinland-Pfalz“, der gemeinsam mit seiner Ehefrau hier ist. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Kollege Reichel für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis auf den letzten Satz hätte ich fast alles unterschreiben können, was der Minister gesagt hat. Möglicherweise wird es am Montag für viele ein bisschen ruhiger.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU – Zurufe von der SPD)

Jeder kann das nehmen, was er für sich selbst erträumt. Mehr sage ich dazu nicht.

Wir müssen bei der Frage der neuen Festlegung von Flugrouten berücksichtigen, wie die Mehrheiten und Zusammensetzungen in der Fluglärmkommission sind. Gegen die Südumfliegung sind nur Trebur, Nauheim, Mainz, Rheinhessen und die Landesregierung.

In der Fluglärmkommission wurden die Routen abgelehnt, und zwar unter anderem deshalb, weil sie, wie sie ausgeführt hat, im Ergebnis zu einer bloßen Lärmverlagerung führten. Dies widerspricht der Arbeitsgrundlage der Fluglärmkommission. Der Vorsitzende der Fluglärmkommission, Thomas Jühe, der SPD-Bürgermeister aus Raunheim, der durch die Südumfliegung entlastet wird, kritisiert deshalb auch die höchsten hessischen Verwaltungsrichter.

Was ist aktuell im Hinblick auf den zu erwartenden weiteren Ausbau des Flughafens zu tun? Dabei reden wir nicht über das längst genehmigte Terminal 3, sondern dann sehr wahrscheinlich über eine folgende Diskussion über eine weitere Bahn im Süden.

Meine Damen und Herren, es bedarf einer grundlegenden Neubewertung der Belastungen durch Umweltlärm. Dazu zählt nicht nur der Fluglärm, sondern auch der Bahn- und Straßenlärm. Ich bin fest davon überzeugt, dass das zukünftig nur im breiten Schulterschluss über alle Parteigrenzen hinaus möglich sein wird. Deshalb erneuere ich beim Ausbau des Frankfurter Flughafens und der Lärmbelastung das Angebot, dass die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen mit der Opposition enger zusammenarbeiten. Wir müssen sehen, was wir an Veränderungen und Verbesserungen hinbekommen haben. Deswegen sollte man nicht vergessen, dass wir über die EU sehr wohl Regelungen haben.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss. Es steht noch die Novellierung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Tagesordnung. Der Umweltausschuss hat bereits parteiübergreifend für eine Aufnahme der An- und Abflugrouten von Flughäfen als Teil der Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung zugestimmt. Das ist meiner Meinung nach ein wichtiger Schritt, dem das Parlament in wenigen Tagen hoffentlich folgen wird.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Köbler von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Reichel, ich kann vollumfänglich das unterschreiben, was Sie gerade gesagt haben, nämlich dass das Thema „Umweltlärm und Verkehrslärm“ eine größere Bedeutung haben muss. Ich verstehe aber nicht, weshalb Sie uns

vorwerfen, das vor Wahlen zu thematisieren. Letztlich ist es doch nicht damit getan, dass wir uns alle bei unseren Forderungen gut fühlen. Wichtig ist doch, dass vonseiten der Hessischen Landesregierung und des Bundes daraus endlich Konsequenzen folgen, die für die Menschen und ihr Lärmschutzbedürfnis Rechtssicherheit geben.

Es fehlt doch daran, dass die Menschen keinen Rechtsanspruch haben und an der Festlegung von Flugrouten nicht beteiligt werden. Sie müssen auch eine Rechtsgrundlage dafür haben, dass es bei einem solchen Flughafen wie in Frankfurt, der mitten in einem Ballungsgebiet liegt, einen Anspruch auf eine gesetzliche Nachtruhe gibt. Diese fehlt doch. Deswegen ist es richtig, das auch vor Wahlen zu thematisieren, weil Wahlen in der Demokratie diejenigen legitimieren, die die Gesetze machen. Deswegen muss man auch darüber reden, dass Rot-Grün diese Gesetzentwürfe und Initiativen im Bundesrat vorgelegt hat und Schwarz-Gelb sie abgelehnt hat.

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wann man das sonst, wenn nicht vor Wahlen, thematisieren sollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)