Protocol of the Session on September 19, 2013

In einem ersten Kommunal- und Verwaltungsreformgesetz haben wir Abläufe und Verwaltungsänderungen festgelegt. Das haben wir durchdiskutiert. Wir haben dabei auch mehr oder weniger einvernehmlich einige Dinge festgelegt. Sie haben gegen das Gesetz gestimmt, gegen ein Gesetz, das gleichzeitig mehr Bürgerbeteiligung für die Bürger möglich gemacht hätte. Wenn

das Ihre Auffassung ist, wie Bürgerbeteiligung gelebt werden muss, bitte schön, ist das Ihre Entscheidung.

Sie schreiben, es gäbe keine Richtlinien und es werde nur der Größe nach geurteilt. Dann haben Sie das Gesetz nicht gelesen. Wir haben eine erste Größe mit 12.000 Einwohnern bei den Verbandsgemeinden und 10.000 Einwohnern bei den verbandsfreien Gemeinden. Daneben gibt es weitere wie die Zahl der Ortsgemeinden, landschaftliche Verflechtungen, Fläche der Verbandsgemeinde und Wirtschaftskraft. Alle diese Dinge sind maßgeblich mit berücksichtigt.

Weil es zusätzliche Kriterien gibt, haben wir beispielsweise einige Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden aus den Gemeinden, die ursprünglich vorgesehen waren, weggelassen. Darüber hinaus war die Bürgerbeteiligung so hoch, wie sie nie war.

Streit und Diskussionen vor Ort bemängeln Sie. Glauben Sie, Sie können eine solche Reform durchführen, ohne Streit und Diskussionen vor Ort zu bekommen? Das war doch von Anfang an klar. Wenn Sie davon ausgingen, vor Ort freuten sich alle, dann wären Sie von falschen Voraussetzungen ausgegangen.

Uns war klar, dass das Gesetz nicht einfach ist und vermittelt werden muss. Wir haben es trotzdem gemacht. Wir hatten ursprünglich gehofft – wie vorhin gesagt –, dass Sie diese staatsbürgerliche Verantwortung ebenfalls übernehmen. Sie aber haben sich wie so oft in die Büsche geschlagen und versucht, daraus politischen Gewinn zu erzielen.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Der Bürger könne nicht klar erkennen, wohin die Reform weiterentwickelt werden soll. Lesen Sie doch das Gesetz. Dort steht klipp und klar drin, was geplant ist. Die Gemeinden sind benannt, sie sind angeschrieben worden. Es sind zahlreiche Gespräche mit Mitarbeitern des Ministeriums, mit dem Minister und dem Staatssekretär geführt worden, in denen klipp und klar gesagt worden ist, bis zum 30. Juni 2012 gilt die Freiwilligkeitsphase. Bis dahin habt ihr Zeit, euch zu bewegen. Bis dahin könnt ihr euch Partner aussuchen. Wenn das vorbei ist, dann gehen wir einen anderen Weg.

Ich möchte noch einmal auf etwas hinweisen, was vielleicht völlig vergessen wurde. Vor 40 Jahren, bei der ersten Kommunalreform, war die Situation genau die gleiche. Dort gab es ebenfalls zunächst eine Freiwilligkeitsphase. Nach dieser Phase wurden die Kommunen, die sich nicht bewegt hatten, im Wege von vorher festgelegten Zielplänen fusioniert. Damals stand die CDU in der Regierungsverantwortung. Die SPD hat damals gesagt, wir machen mit, wir tragen staatsbürgerliche Verantwortung; etwas, was Ihnen offenbar abhanden gekommen ist.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Licht, CDU: Wissen Sie auch, wie das Ergebnis damals zustande kam? – Pörksen, SPD: Das haben damals zwei Personen gemacht!)

Die SPD hat damals mitgemacht, ein Verhalten, das sich bei Ihnen nicht erkennen lässt.

Wir haben im Übrigen mittlerweile mit den freiwilligen Fusionen, über die heute ebenfalls entschieden wird, 20 von 64. Das heißt, das ist ein gutes Drittel. Darüber hinaus werden wir im Oktober 10 weitere Fusionen im Rahmen gesetzlicher Regelungen einbringen.

Im Übrigen haben wir uns im Gegensatz zu Ihnen vor der Durchführung dieser Reform in der ganzen Bundesrepublik umgehört. Wir sind herumgefahren und haben gefragt: Wie habt ihr es gemacht? – Daraufhin wurde uns ein Ratschlag erteilt, ohne den eine Kommunal- und Verwaltungsreform niemals gutgeht: Ihr müsst eine Freiwilligkeitsphase gewähren, und wenn diese Phase vorbei ist, müsst ihr gesetzlich das umsetzen, was ihr entschieden habt und war ihr für richtig haltet. Ansonsten braucht ihr gar nicht erst anzufangen.

Das wird auch in diesem Fall überdeutlich: Wir wollen, dass die Kommunen in den nächsten 20 Jahren zukunftssicher und demografiefest sind, und das können wir mit den Größenordnungen, die wir jetzt stellenweise haben, in der Form nicht erreichen.

Mein Dank gilt insbesondere auch dem Innenministerium. Herr Staatssekretär, Herr Minister, Sie haben, um das Ganze zu forcieren, einen Juristenpool mit Mitarbeitern aus der Landesverwaltung gebildet, die in wirklich beachtenswerter Art und Weise die einzelnen Gesetze durchgearbeitet haben. Wir haben Gesetze, die 100 Seiten stark sind, und es mussten viele Lösungen gestrickt werden. Dies ist eine hervorragende Leistung, und dafür danke ich Ihnen und auch für die Zeit, die die Mitarbeiter dafür zu opfern bereit waren.

Sie bemängeln den Aufschub bis 2019. Was wollen Sie denn nun? Wollen Sie eine Bürgerbeteiligung, oder wollen Sie keine? – Wenn wir auf die Bürger zugehen, jammern Sie und sagen, es sei ein vergiftetes Angebot. Sie müssen sich schon entscheiden, wie Ihre Denkweise ist. Wir hätten auch weiterhin stringent handeln können, aber wir sind den Kommunen entgegengekommen. Wir haben gesagt, dort, wo Kreisgrenzen betroffen sind, und dort, wo noch Dinge zu regeln sind, lassen wir notfalls einen Aufschub bis 2019 zu. Das ist doch ein nobles Angebot. Die Gemeinden, denen wir das Angebot gemacht haben, haben es nicht als vergiftetes Angebot angesehen, sondern sie waren dankbar, dass wir ihnen diesen Weg eröffnet haben, und Sie sprechen dage- gen. – Das verstehe ich nicht.

Darüber hinaus sprechen Sie die Kosten an. Mir ist dieser Tage ein Presseartikel in die Hände gefallen. In Niedersachsen werden die beiden Kreise Goslar und Osterode im Harz zusammengelegt. Dort gibt das Land für beide Kommunen 80 Millionen Euro aus. Sie zahlen 80 Millionen Euro dafür, dass die Kommunen fusionieren. Von daher gesehen haben wir ein sehr kostengünstiges kommunales Gesetz gemacht.

Klageankündigung – selbstverständlich kommen Klagen; alles andere wäre ein Wunschtraum gewesen. Eine Klage ist niemals etwas Schlechtes. Wenn eine Klage

erfolgt, weiß man, wo man steht, und ich glaube, das ist für alle Beteiligten nicht ganz verkehrt.

Sie werfen uns einen Schlingerkurs vor. Das stimmt ebenfalls nicht. Wir haben stringent gehandelt. Wir sind den Kommunen etwas entgegengekommen, das ist richtig, aber dies jetzt als Schlingerkurs darzustellen, halte ich für total überzogen und völlig an der Sache vorbeigehend.

Des Weiteren sagen Sie, betroffene Bürger. – Ich frage mich: Gibt es überhaupt betroffene Bürger? Wo ist der Bürger betroffen? – Wenn wir es schaffen, die Bürgernähe in der Form, wie sie derzeit besteht, mit allen visuellen Mitteln, die zur Verfügung stehen, mit den Möglichkeiten, die wir haben, mit den neuen Medien so zu gewährleisten, dann ist doch keine Betroffenheit gegeben. Im Gegenteil, wir schaffen für den Bürger die Möglichkeit, dass er gegebenenfalls eine günstigere Verwaltung hat, was ihm irgendwann einmal doch zugutekommt. Im Übrigen verweise ich darauf, der Verfassungsgerichtshof hat gesagt, die Reform ist gut. Der Rechnungshof hat gesagt, sie ist gut. Die Professoren Junkernheinrich, Hesse und Ziekow sagen, sie ist gut. Das sind alles Leute, die Ahnung von der Sache haben, und sie sagen, die Kommunal- und Verwaltungsreform ist wichtig. Sie ist erforderlich.

(Zuruf der Abg. Frau Beilstein, CDU)

Sie wollen sie anders haben. Sie hätten doch mitwirken können. Jetzt stehen Sie da und sagen, es ist zu wenig. Aber Sie waren nie dabei. Ich sage es noch einmal, Sie haben sich in die Büsche geschlagen, haben sich dort ruhig verhalten und abgewartet, wie es weitergeht und ob Sie etwas daraus machen können. – Wenn Sie etwas daraus hätten machen können, hätten Sie es doch getan. Bloß, da gibt es nicht so viel. So viele Leute gehen Ihnen nicht auf den Leim, wie Sie es vielleicht möchten.

Ich sage, die Verwaltungsreform ist eine gute Reform. Die Probleme, die erkennbar waren, sind eingetreten. Es war uns klar, dass es nicht so reibungslos gehen würde. Das Gesetz, das Sie vorgelegt haben, fünf Jahre Stillstand, fünf Jahre Rückschritt, entschuldigen Sie, das können Sie in die Tonne stampfen. Dem werden wir nämlich nicht zustimmen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Köbler das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Frau Beilstein, natürlich habe ich Ihrer Rede soeben andächtig zugehört. Ich war schon überrascht, welche Zusammenhänge man beim Thema „Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz“ so herstellen kann. Ich hatte schon fast den Eindruck,

auch die steigende Scheidungsquote im Land Rheinland-Pfalz sei auf die Kommunal- und Verwaltungsreform zurückzuführen. – Ich glaube, wo da die Risse durch die Familien gehen, müssen Sie mir noch näher erklären.

Ich denke aber, im Gegensatz zu Ihnen versuche ich einmal, über Ihr Gesetz zu reden; denn darum soll es heute eigentlich gehen. Als Sie von der CDU angekündigt haben, im Landtag einen Gesetzentwurf zur Kommunal- und Verwaltungsreform vorzulegen, muss ich sagen, ich war wirklich gespannt. Ich habe wirklich gedacht: Oh, jetzt legt die CDU ihre Vorstellungen vor. Jetzt bekennt die CDU endlich Farbe. Nach sechs Jahren Debatte und Diskussion sagt die CDU, wie sie sich die neuen Strukturen vorstellt,

(Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Schon wieder nichts!)

was mit den Verbandsgemeinden, den Ortsgemeinden, den Kreisen und kreisfreien Städten passiert. – Irgendetwas. – Nein, ein einziges Artikelchen. Es ist an Banalität kaum zu unterbieten, liebe CDU.

(Staatsminister Lewentz: Zwei, zwei!)

Zwei Artikel: Einer materiell und einer für den Tag des Inkrafttretens.

Das Einzige, was Sie beantragen, ist die Streichung der Frist bis zum Tag der Kommunalwahl 2014. Das ist Ihre Vorstellung von der Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz. – Es ist ein bisschen dürftig. Ich finde, Sie könnten noch ein bisschen nacharbeiten.

Aber was heißt das im Umkehrschluss? – Mit Ausnahme des Stichtages akzeptiert die CDU mit diesem Gesetzentwurf das komplette Vorgehen der Landesregierung in Sachen Kommunal- und Verwaltungsreform; denn dort wird schließlich keinerlei Änderung begehrt. Also, wir sind doch einen guten Schritt weitergekommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Staatsminister Lewentz: Es kehrt Frieden ein!)

Es ist auch nicht so, dass bei dieser Reform etwas durchgezogen wird, ohne zu schauen, was vor Ort passiert. Herr Kollege Noss hat es doch schon ausgeführt, wie viele freiwillige, vor Ort entschiedene Fusionen wir haben. Gleich im Anschluss mit dem nächsten Tagesordnungspunkt kommen drei weitere hinzu.

Es ist auch nicht so, dass man nicht bei jedem einzelnen Fall die Willens- und Meinungsbildung vor Ort und auch die Besonderheiten vor Ort entsprechend anschauen würde. Deswegen haben wir auch gesagt, dass wir einen Teil der Ebene der Verbandsgemeinden, insbesondere dort, wo Lösungen über Kreisgrenzen hinweg sinnvoll sind, in die nächste Stufe bis zum Jahr 2019 mit aufnimmt, aber eben auch mit aufnimmt und nicht entsprechend aussetzt. Deswegen orientieren wir uns auch maßgeblich am Bürgerwillen.

Ich erinnere nur an die Fusion Eich-Osthofen, wo ein Bürgerentscheid eine andere Lösung als die zunächst präferierte gefordert hatte und dieses Haus, dieser Landtag, diese Koalition darauf eingegangen ist und diese Lösung realisiert hat.

Aber wer hintertreibt denn den Bürgerwillen bei Ihnen zu Hause in Treis-Karden, Frau Beilstein? Wer verschleppt denn die Entscheidung zum Wechsel der HunsrückGemeinden in die Verbandsgemeinde Kastellaun?

(Zurufe der Abg. Licht und Frau Klöckner, CDU: Das Gesetz, das Gesetz!)

Das ist doch die CDU. Wir wären doch längst bereit gewesen, heute darüber zu sprechen. Wir haben gesagt, die Gemeinden wollen es, die Bürger haben sich dafür entschieden, und vor Ort herrscht dazu ein großer Wille bei den Bürgerinnen und Bürgern – zwar noch nicht überall bei der CDU –, und deswegen machen wir das auch so. – So machen wir es auch in anderen Fällen.

(Licht, CDU: Das haben die in Thalfang auch entschieden! Warum machen Sie es in Thalfang nicht?)

Hören Sie doch auf, durchs ganze Land zu rennen und zu behaupten, es sei überall der Teufel los. Natürlich gibt es auch Kommunen, die sich verweigern. Natürlich gibt es auch zumindest die Absicht, in einzelnen Fällen zu klagen. Das ist auch das gute Recht einer Kommune. Ich finde das vollkommen in Ordnung, und ich glaube auch, dass wir am Anfang eines Prozesses mit mehreren Stufen stehen, was die Kommunal- und Verwaltungsreform anbelangt, und dass es mit Sicherheit, wenn es zu einem solchen Verfahren kommt, noch einmal gute Hinweise aus juristischer Sicht geben kann, wie die weiteren Verfahren aussehen. Ich glaube, deswegen kann man dem ganz entspannt entgegensehen. Das ist in einem Rechtsstaat nichts, womit man polemisierend herumziehen sollte, sondern das ist das Recht einer jeden Kommune.

Allerdings kann ich nicht akzeptieren, wenn Ratsmitglieder, die eine Meinung haben, zu der man stehen kann, wie man will, mit Anzeigen eingeschüchtert werden sollen, wie es in Treis-Karden geschehen ist. Das ist außerhalb der zulässigen demokratischen Debatte.

Ich finde, so können wir in diesem Land nicht miteinander umgehen. Ich bitte Sie, auch Ihre Kolleginnen und Kollegen in Ihrer Landespartei ein Stück weit zu mäßigen. Wir können die Argumente austauschen, aber man sollte nicht anfangen, sich gegenseitig mit Bedrohungen zu konfrontieren.

Wir werden diese Kommunalreform fortsetzen. Wir werden diejenigen Kommunen, die sich freiwillig mit Lösungen vor Ort auf den Weg gemacht haben, bis zur Kommunalwahl in die neue Gebietskörperschaft überführen. Wir werden über diejenigen Kommunen, die das nicht geschafft haben, die aber nach Landesgesetz und nach Rechtsgleichheit entsprechend zusammengelegt werden müssen, in jedem Fall hier sprechen und debattieren. Wir sind weiterhin offen für alternative konstruktive Vor

schläge aus den Reihen der Bürgerinnen und Bürger und aus den Reihen der kommunalen Parlamente.

Aber eines ist klar: Man kann diesen Zug nicht aufhalten, weil wir auch Rechtsgleichheit gewähren müssen und – der Kollege Noss hat das gesagt – weil wir all denen, die sicherlich auch in schwierigen Diskussion vor Ort gemeinsame Lösungen in konstruktiver Art und Weise gefunden haben, einen Bärendienst erweisen würden, wenn wir jetzt einfach sagen, wir streichen ein Datum, wir wissen nicht, bis wo und bis wann, und die, die sich konstruktiv am Prozess beteiligt haben, sind die Gekniffenen. Da werden wir nicht mitgehen.

Herzlichen Dank.