Protocol of the Session on September 19, 2013

(Beifall der CDU)

Gerichtsverfahren seien aufwendig und mit finanziellem Risiko verbunden, deshalb werde es nur wenige geben, so war die Aussage bei dem Gespräch in Ihrem Ministerium. Ich frage dann nur einmal: Mit wie vielen Klagen rechnen Sie denn aufgrund von Windkraftanlagen, die in Vogelflugbahnen geplant sind und dort vielleicht realisiert werden? Auch das muss man berücksichtigen.

Ungeklärt – das anzusprechen, ist auch noch einmal sehr wichtig – ist die Frage eines wirksamen Schutzes personen- und betriebsbezogener Daten für landwirtschaftliche Betriebe und Tierhalter; denn anerkannte Tierschutzvereine nehmen als privatrechtlich organisierte Organisationen Einblick in Bauunterlagen, Planungen und eventuell auch in Eigentumsverhältnisse. Hier kann im Gegensatz zur Beteiligung hoheitlicher Stellen der Datenschutz nicht garantiert werden.

Das sind schwerwiegende Bedenken, sodass wir den Gesetzentwurf aus momentaner Sicht nicht mittragen können. Wir brauchen lösungsorientierte Ansätze im Tierschutz, die den Schutz des Tieres in den Mittelpunkt stellen, und schnelle pragmatische Lösungen, wenn gegen den Tierschutz verstoßen wird.

Tierschutz ist keine abgeschlossene Sache. Wir müssen kontinuierlich an Verbesserungen weiterarbeiten. Im Verbandsklagerecht sehen wir momentan noch nicht den richtigen Weg.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Neuhof das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich habe ich mir eine Rede aufgeschrieben, mit der ich mich einfach nur darüber freuen und das auch kundtun wollte, dass wir endlich den Schritt zu einem Verbandsklagerecht im Tierschutz machen. Jetzt aber möchte ich doch auf die Rede von Frau Schneid eingehen.

Frau Schneid, bei den ersten beiden Sätzen sind wir völlig d‘accord. Tiere sind zu schützen, und Tiere verdienen Achtung und Respekt.

Das Verbandsklagerecht für den Naturschutz hat gezeigt, dass mit diesem Instrument der Klage sehr differenziert und sorgsam umgegangen wird. Im Verbandsklagerecht sind stufenweise Einwirkungsmöglichkeiten festgeschrieben, sodass die Klage nur am Ende einer langen Reihe von Möglichkeiten steht, Tierschutz auch wirklich durch anerkannte Tierschutzvereine per Gesetz durchzusetzen.

Ich sage es noch einmal: Ich kann Ihnen nur die Veranstaltungen mittwochs im Umweltministerium empfehlen. Daran nehmen Vertreter der berufsständischen Vereinigungen wie auch Tierärzte und Vertreter von Tierschutzvereinen teil. Es waren sehr viele Repräsentanten anwesend, und es war eine gute Möglichkeit, das Verbandsklagerecht mit all seinen Facetten zu beleuchten und zu diskutieren. Einwände, die vorgebracht worden sind, sind auch eingearbeitet worden.

(Zuruf der Abg. Frau Schneid, CDU)

Nein, ich empfehle es nicht nur Ihnen, sondern allen. Vielleicht habe ich es soeben etwas undeutlich gesagt. Ich empfehle es allen, die mit den Themen befasst sind, die dort vorgestellt werden. Dies sind Veranstaltungen, bei denen man sich sehr gut miteinander unterhalten und informieren kann.

Sie haben recht, und ich bin ganz auf Ihrer Seite: Tierschutz muss konsequent durchgesetzt werden. Dies ist ein Prozess, und es ist ein sehr mühsamer und langer Weg. Wir haben den Tierschutz in unserer Verfassung verankert, und es gibt noch sehr viele Dinge, auf die ich jetzt nur kurz eingehen möchte, die aber noch für einen guten Schutz von Tieren und für einen respektvollen Umgang mit Tieren geändert werden müssen.

Wichtig ist mir, dass wir im Verbandsklagerecht mehr als nur eine gesetzliche Verordnung sehen. Wir müssen uns stattdessen darüber bewusst sein, dass wir einer ethischen Verantwortung gerecht werden. Der Respekt vor den Tieren ist mir dabei besonders wichtig, und ich werde das Wort „Respekt“ noch öfter wiederholen, weil es ein sehr wichtiger Bestandteil ist. Dieser Respekt und diese Achtung vor Tieren muss Konsens in der Bevölkerung und in der Gesellschaft werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich wäre mir selbst untreu, wenn ich in diesem Zusammenhang nicht darauf hinweisen würde: Ich habe sehr wohl mitbekommen, mit welchem Aufwand und mit welcher sehr korrekten und auch intensiven Arbeit das Land Rheinland-Pfalz versucht hat, bei der Novellierung des Bundestierschutzgesetzes wirklichen Tierschutz zu verankern. Unabhängig von der Beschlusslage des Bundesrates seinerzeit hat aber Frau Aigner – das muss einmal gesagt werden, und das müssen Sie sich auch anhören – kaum etwas übernommen. In der Novellierung des Bundestierschutzgesetzes finden sich windelweiche Paragrafen, das gesetzlich absolut Notwendige und nicht mehr. Dieses Gesetz ist nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt worden ist.

Ich möchte auch noch auf die Tierhalter und Tierhalterinnen eingehen. Tierliebe bedeutet nicht automatisch Tierschutz. Wenn wir Sachkundenachweise einfordern, verhelfen wir den Tierhalterinnen und Tierhaltern zu einem richtigen, guten und tiergerechten Umgang mit ihren Tieren und nehmen ihnen viel Stress, indem sie sich überlegen, ob sie wirklich alles richtig machen mit ihrem Tier oder nicht. Das ist keine Gängelung, das ist keine Bevormundung, sondern das ist eine sinnvolle Hilfestellung.

Meine Redezeit ist gleich zu Ende, deswegen möchte ich nur noch einige Dinge aufführen, die noch in der Pipeline sind und die noch mitbehandelt und zu einem guten Ende geführt werden müssen. Börsen für den Exoten- und Reptilienhandel müssen verboten bzw. stark reguliert werden. Das Zeigen von Wildtieren in Zirkussen ist eine Katastrophe. Der illegale Welpenhandel auf irgendwelchen Parkplätzen und aus irgendwelchen Kofferräumen ist völlig inakzeptabel für den Tierschutz und setzt letztendlich die Qualzuchten um, denen die Tiere ausgesetzt sind, um in Deutschland billige Rassehunde für 50 Euro an den Mann und an die Frau zu bringen.

Die Liste ist noch lang. Ich bin froh,

(Glocke des Präsidenten)

dass wir eine Forderung der Tierschutzvereine heute auf den Weg bringen können. Es ist ein guter Tag für den Tierschutz in Rheinland-Pfalz. Rheinland-Pfalz darf im Tierschutz durchaus ein Leuchtturmprojekt werden.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Fraktion der SPD hat nun Herr Abgeordneter Hürter das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Höfken hat dankenswerterweise das Gesetz an sich schon vorgestellt. Es ist

recht knapp gehalten und hat auch einen einfachen Hintergrund geschaffen. Das, was sich in anderen Rechtsbereichen bewährt hat, zum Beispiel im Umweltschutz, findet sich nun auch im Tierschutz wieder.

Tierschutz ist ein Staatsziel, und zwar nicht nur nach der Landesverfassung, sondern auch nach dem Grundgesetz; insofern ist es nur richtig, dass man die Möglichkeit eröffnet, dass Entscheidungen von Behörden rechtlich überprüft werden. Tiere können nicht für sich selbst klagen, dafür brauchen sie im Zweifelsfalle anerkannte Tierschutzvereinigungen, und genau darum geht es.

„Anerkannte Tierschutzvereinigungen“ ist ein wichtiges Stichwort; denn es wird eben nicht Dutzende und Hunderte von Organisationen geben, die klageberechtigt sind, sondern – auch dieses regelt das Gesetz sehr vernünftig – einen kleinen Kreis von Verbänden, die dann überörtlich die Interessen entsprechend wahrnehmen können. Ich glaube, andere Bundesländer haben gezeigt, dass mit diesem Recht verantwortungsvoll umgegangen wird und es eben nicht zu den Exzessen kommt, die gerade eben vonseiten der CDU beschrieben wurden.

Es gibt darüber hinaus Informations- und Mitwirkungsrechte, die auch zu einer transparenten Gesellschaft gehören, zu einer Gesellschaft, die Verwaltungshandeln auch wirksam durch Bürgerschaft kontrollieren möchte. Es werden, auch wenn dies gelegentlich anders dargestellt wird, in diesem Gesetz keine neuen Tierschutzstandards geschaffen, sondern es geht eben nur um besagte Mitwirkungs- und Informationsrechte sowie eben auch um die Möglichkeit, behördliches Handeln mit einer entsprechenden Klage überprüfen zu lassen.

Gerade der Bereich Umweltschutz zeigt, dass die Verbände damit vernünftig umgehen, ja, umgehen müssen; denn auch dort sind die finanziellen Ressourcen nicht unbegrenzt, insbesondere nicht im Bereich des Tierschutzes, sondern die entsprechenden Verbände werden sich das eine ums andere Mal gut überlegen, ob sie wirklich die finanzielle Kraft haben, in einen Prozess zu gehen, ob das Anliegen an der Stelle berechtigt ist und wie die Erfolgsaussichten bei einer Klage sind. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass dies ein weiterer Schritt ist, unsere Gesellschaft ein wenig mehr für diejenigen zu öffnen und denjenigen mehr Chancen zu geben, die sich ehrenamtlich für unser aller Wohl – an dieser Stelle für das Wohl der Tiere – einzusetzen bemühen.

Ich kann insoweit auch nicht nachvollziehen, dass hinsichtlich der Rechte, die hier geschaffen werden, von der CDU solche Zerrbilder – wenn auch in einer sehr sachlichen Tonlage, aber nichtsdestotrotz Zerrbilder – kreiert werden. Ich kann auch nicht der Einschätzung der CDU im Hinblick auf die Landwirtschaft zustimmen. Wir haben viele Landwirte, und die große Mehrheit hat das Wohl der Tiere im Blick. Wir haben aber auch Landwirte – und dies wird ein ums andere Mal auch von den entsprechenden Skandalen belegt –, Mitarbeiter in landwirtschaftlichen Betrieben, die sich nicht um das Tierwohl scheren, sondern, ganz im Gegenteil, es mit Füßen treten und die Lebewesen in einer unwürdigen Art und Weise behandeln. Leider sind es – das wissen wir auch an der Stelle – immer nur die Fälle, die auffallen und die

in die Medien geraten, aber hinter jedem Fall, der auffällt, gibt es auch den einen oder anderen Fall, der nicht auffällt. Deswegen sollten wir an der Stelle gerade auch im Interesse der Landwirtschaft Regelungen so schaffen, dass diejenigen, die sich redlich bemühen, nicht mit denjenigen in einen Topf geworfen werden, die Verfehlungen, an dieser Stelle sogar auch schlimmste Verfehlungen, begehen.

Ich glaube, dass das Verbandsklagerecht so, wie wir es jetzt einführen möchten, ein guter Beitrag dazu ist, genau dies zu leisten, unsere Landwirtschaft von diesem Generalverdacht, der teilweise, wenn auch nicht in diesem Hause, erhoben wird, zu befreien und wir damit eine ganz klare Möglichkeit schaffen, damit Verbände, die sich für das Wohl der Tiere einsetzen möchten, darin bestärkt werden und durch diese Regelungen noch gestärkt werden.

Frau Schneid, einige der Argumente, die Sie soeben gebracht haben, wären durchaus geeignet zu sagen, wir brauchen auch kein Verbandsklagerecht mehr im Umweltschutzbereich. Mich persönlich würde interessieren, wie die Position der CDU dazu ist; denn die Argumente, die Sie soeben vorgebracht haben, gehen alle in diese Richtung. Deswegen sage ich noch einmal, ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss dazu, und dabei werden wir sicherlich auch auf die Details eingehen. Ich glaube, dies ist kein großer Schritt für den Tierschutz, sondern ein kleiner, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit wird der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten – federführend – und an den Rechtsausschuss überwiesen.

Wir kommen nun zu Punkt 17 der Tagesordnung:

Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes über den Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2739 – Erste Beratung

Wir haben eine Grundredezeit von 10 Minuten pro Fraktion vereinbart. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abgeordnete Raue.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Gibt es keine Begründung für den Gesetzentwurf?)

Es ist ein Gesetzentwurf der Fraktionen; insofern ist keine Begründung erforderlich.

Vielen Dank. Herr Präsident, meine Damen und Herren, verehrte Gäste! Mit großer Freude darf ich heute in diesem Haus diesen Gesetzentwurf einbringen, einen gemeinsamen Gesetzentwurf der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD über die Einführung eines Beauftragten für die Landespolizei. Ich tue mir grundsätzlich schwer mit Superlativen und Absolutismen. Aber, meine Damen und Herren, heute kann ich Ihnen versichern, dieser Gesetzentwurf ist bundesweit ein historischer und wegweisend in der Entwicklung unserer modernen Demokratie.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Unser Staatsverständnis ist heute ein grundlegend anderes als noch vor ein paar Jahren oder gar Jahrzehnten. Der Staat entwickelt sich in allen Bereichen weiter. Bürgerinnen und Bürger fordern Mitbestimmung und Transparenz ein. Die Instrumente demokratischer Mitbestimmung werden überall ausgeweitet. Planfeststellungsverfahren für die öffentlichen und privaten Bauvorhaben beispielsweise sehen heute ein größeres Maß an Bürgerbeteiligung und Bürgerinformation vor als jemals zuvor.

Bürgerinnen und Bürger machen auch von Jahr zu Jahr mehr Gebrauch von Gestaltungsmöglichkeiten, von Petitionen, von Bürgerbegehren. Die staatlichen Einrichtungen, auch unser Landtag, gehen da mit.

Parlamentssitzungen werden im Livestream gesendet, Unterlagen sind im Internet leicht öffentlich einsehbar, die Informationsfreiheitsgesetze ermöglichen jedem den Zugang zu begehrten Informationen.

Was hat das mit der Polizei zu tun? Die Polizei ist eine mächtige staatliche Einrichtung zur Durchsetzung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die Polizei hat das Gewaltmonopol. Sie darf in die persönliche Freiheit, die körperliche Unversehrtheit und andere Grundrechte eingreifen. Sie begegnet damit dem Bürger nicht auf Augenhöhe, sondern immer in Gestalt staatlicher Weisungsbefugnis. Das muss auch so sein.