Meine Damen und Herren, es ist an der Zeit, neue Wege zu gehen. Es ist an der Zeit, dass Bund und Länder gemeinsam die Verantwortung übernehmen, um die Schieflage im Bildungsföderalismus zu überwinden. Es kann nicht angehen, dass der Bund nur 7 % der Bildungsausgaben trägt, während die Länder mehr als den zehnfachen Anteil, nämlich 73 % der Ausgaben leisten und die gebeutelten Kommunen für 20 % der Ausgaben geradestehen.
Daran ändert auch nichts, dass sich der Bund an der Finanzierung mit kurzfristigen Programmen beteiligt, beispielsweise wenn mit dem Hochschulpakt entsprechende Engpässe bewältigt werden müssen. Wie wenig nachhaltig diese Kurzfristprogramme teilweise sind, zeigt sich derzeit an der Schulsozialarbeit. 2011 hat der Bund entsprechende Gelder bereitgestellt, die 2013 wieder auslaufen. Das ist für die Schülerinnen und Schüler und die Kollegien an den Schulen keine verlässliche Politik. Die Kommunen fragen sich auch zu Recht, wie sie angesichts solcher Kurzfristprogramme nachhaltige Strukturen sinnvoll aufbauen sollen.
Man muss nur einmal im Internet die Schulsozialarbeit suchen. Dann findet man alle möglichen Berichte aus den Kommunen, die sich die Frage stellen, wie solche Programme fortgeführt werden sollen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen einen kooperativen Bildungsföderalismus, in dem sich Bund und Länder gemeinsame Ziele setzen können. Dabei kommt es auf ein kluges Handeln in gesamtstaatlicher Verantwortung an. Es kommt auch auf kluge Finanzierungsmodelle an, die gesamtstaatlich unterlegt werden. Dafür brauchen wir eine Ermöglichungsverfassung und keine Verhinderungsverfassung. Wir brauchen Kooperationsmöglichkeiten und keine Kooperationsverbote.
Wir brauchen klare Aufgabenverteilungen. Diese Aufgabenverteilungen müssen auch im Gesamtzusammenhang der föderalen Finanzsystematik entsprechend unterlegt werden. Wir brauchen neue verfassungsrechtliche Grundlagen. Aber die schwarz-gelbe Koalition im Bund hat sich diesem Ziel konsequent verweigert.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat in ihrer Bundesratsinitiative die entscheidenden Punkte
benannt, nämlich ein solide finanziertes Kita-Ausbauprogramm, ein neues Ganztagsschulprogramm, das an die Erfolge des Ganztagsschulprogramms aus dem Jahr 2003 von Bund und Ländern anknüpft – damals war es noch möglich, dass Bund und Länder für diesen Ausbau kooperiert haben –, eine gesamtstaatliche Strategie, wie die völkerrechtliche Verpflichtung auf inklusiven Unterricht umgesetzt werden kann, und mutige Schritte, damit Bund und Länder gemeinsam Verantwortung für ein zukunftsfähiges Wissenschafts- und Forschungssystem übernehmen.
Meine Damen und Herren, mit der Bundesratsinitiative vom 28. Juni haben sieben Bundesländer unter rheinland-pfälzischer Federführung erneut Anlauf genommen, die Schieflage im Bildungsföderalismus zu überwinden. Es ist an der Zeit, für gute Bildung und gute Wissenschaft neue Wege zu gehen, und diese Wege sollten gemeinsame Wege sein, gemeinsame Wege des Bundes, der Länder und natürlich in den entsprechenden Bereichen gemeinsame Wege mit den Kommunen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Heinisch, ich muss sagen, eine wirklich schöne Rede. Vom Aufbau, vom Fluss her und von allem, was Sie zum Ausdruck gebracht haben, kann ich Sie eigentlich nur beglückwünschen. Jetzt kommen wir zu den Problemen, die mit dieser schönen Rede tatsächlich und in Wirklichkeit verbunden sind.
Ich habe mir, als ich den Titel Ihrer Aktuellen Stunde gelesen habe, das Papier aus dem Bundesrat besorgt, um mich ein bisschen vorzubereiten, was wirklich dahintersteckt; denn als Opposition hat man nicht immer alles auf dem Schirm, was sonst wo passiert.
Meine Damen und Herren, ich habe gesehen, dass die Länder Rheinland-Pfalz – federführend –, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein – Sie kommen auf neun, ich komme auf sieben; wahrscheinlich hat sich noch jemand angeschlossen – für diese Woche einen Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht haben.
Bei Wikipedia habe ich „Entschließung“ nachgeschaut. Das heißt so ein bisschen, die zuständigen Entscheidungsorgane oder auch die Öffentlichkeit für bestimmte Themen zu sensibilisieren oder zu beeinflussen. Da die Legislaturperiode im Bundestag zu Ende ist, wird es dort
Was mich gestern Abend noch mehr beschäftigt hat, war folgende Frage, wenn ich mir die Inhalte, und zwar die Analyse der Situation, die Rheinland-Pfalz federführend vorträgt, anschaue.
Ich habe mir vorgestellt, was Frau Ahnen uns in diesem Hause – vielleicht auch Sie, Frau Alt – sagen würde, wenn wir diese Punkte, diese kritischen und defizitären Punkte in der Bildungs-, Wissenschafts- und Hochschulpolitik in Deutschland, so dargestellt hätten.
Sie haben das alles gelesen. Sie wissen, was ich meine. Der erste Punkt ist die Bildungsferne. Das ist übrigens als Substantiv großgeschrieben. Bildungsferne, fehlende soziale und ökonomische Grundlagen und der Migrationshintergrund sind immer noch so stark, dass es zu strukturellen Benachteiligungen von Kindern im Bildungssystem führt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an der Stelle sagen, in diesem Land Rheinland-Pfalz regieren seit 22 Jahren sozialdemokratische Bildungs- und Wissenschaftsminister, Frau Rose Götte, Herr Jürgen Zöllner, Frau Doris Ahnen. Die Probleme haben sie anscheinend nicht nur an der Stelle, sondern auch bei dem, was ich jetzt noch aufzähle, nicht gelöst.
Sie stellen fest – da rufe ich jetzt auch noch einmal Frau Alt mit auf –, dass beim Kita-Ausbau nicht nur die strukturellen und investiven Maßnahmen weiterhin zu leisten sind, sondern es eine erhebliche Verbesserung der Qualität der Bildungsangebote in diesem Bereich geben muss.
Frau Alt, Frau Ahnen, wenn wir das sagen, dann hätten Sie uns so ein Argument früher aus der Hand geschlagen, weil alles so gut ist.
Dann die Frage bei den Ganztagsschulen. Sie haben das Programm, das die SPD im Bundestag mit 8 Milliarden aufgelegt hat oder für die nächste Legislaturperiode auflegen möchte. Da geht es um die individuelle Förderung. Da geht es aber auch um mehr Autonomie für die Schulen.
Wenn ich mich an die Debatte vor ein paar Wochen erinnere, dann hatte ich so das Gefühl, hier wäre schon alles in Ordnung, so etwas bräuchten wir gar nicht mehr, das hätten wir schon.
Es ist immer so der Tenor, wir sagen etwas, dann sagt Frau Ahnen, das haben wir schon, machen wir schon, Statistik hier und hinüber und herüber, wir stehen wunderbar da, also brauchen wir das alles nicht. Trotzdem als Defizit, und zwar über eineinhalb Seiten, noch einmal ausgeführt. Es fehlen – so steht es drin – beim Ganztagsschulprogramm notwendige Baumaßnahmen, Küchen, Mensen, Sport- und Fachräume, Aufenthaltsräu
Aber noch viel wichtiger, in diesem Papier wird auch beschrieben, dass das Ganztagsangebot inhaltlich defizitär ist, das heißt, dass die Pädagogen nicht wirklich die Zeit haben, sich um die einzelnen Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler zu kümmern.
Wir sagen das auch, aber hier wird das immer anders dargestellt. Es sollen also Schulpsychologen, Schulsozialarbeiter, Freizeitpädagogen, Personen ortsansässiger Vereine und Jugendhilfe finanziert werden. Das steht auch drin.
Die Schulsozialarbeit ist schon angesprochen worden. Sie wissen genau, dass das tatsächlich mit Frist versehen war, die Länder kein direktes Geld, sondern über einen anderen Topf 2,8 % mehr bekommen haben, weil es direkt nicht geht und dies jetzt ausläuft. Sie wollen mit diesem Antrag eine Entfristung.
Die Inklusion ist erwähnt. Meine Damen und Herren, auch hier noch jede Menge fehlende inhaltliche, vor allem aber auch personelle und materielle Rahmenbedingungen. Das sagen wir auch. Frau Ahnen sagt, wir bekommen das alles hin.
Jetzt noch einmal Hochschule, Wissenschaft und Forschung. Jetzt gibt es Sorge bei den SPD-regierten Ländern.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kohnle-Gros, als Sie angefangen haben, habe ich gedacht, na ja, es gibt doch noch Hoffnung in diesem Parlament, dass wir gemeinsam an einer Front kämpfen können, wenn es darum geht, mehr Geld in Bildung zu stecken, und zwar nicht nur aus dem eigenen Landeshaushalt, sondern auch von Bundesseite eine dauerhafte Mitfinanzierung zu erreichen.
Schade, dass Sie dann in diese alten Verfahrensweisen verfallen. Ich muss es noch einmal sagen. Was glauben
Sie wohl, warum diese Bundesratsinitiative ausgerechnet von Rheinland-Pfalz federführend gemacht worden ist? – Weil wir Vorreiter sind, was die Bildung anbelangt, weil wir für alle diese Dinge, die hier gesagt worden sind, in vielen Bereichen Vorreiter sind und andere Länder neidisch schauen, was wir aufgebaut haben. Dies wollen wir bundesweit verbessern, und Qualität kann man immer verbessern, so gut sie auch ist. Es gibt nie eine Qualität, die nicht noch weiter verbesserbar wäre.
Darum geht es in diesem Punkt; denn Bildung ist das höchste Gut, das wir haben. Der Zugang zu Bildung ist Zukunftschance, Lebenschance. Die müssen wir, so gut es geht, gestalten, unabhängig von sozialer Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern. Dies kann man nicht oft genug betonen.
Es ist der Bund aufzufordern, sich finanziell an den bildungspolitischen Herausforderungen zu beteiligen, weil es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Die hat aus unserer Sicht die Bundesregierung noch nicht deutlich genug erkannt. Genau darum geht es. Jeder muss seinen Beitrag leisten. Auch der Bund ist in der Pflicht. Bildung muss in Deutschland Priorität haben, so wie Bildung Priorität in Rheinland-Pfalz hat. Wir haben sonst keine anderen Ressourcen. Darum geht es aus meiner Sicht auch in dieser Bundesratsinitiative.
Ich habe es zu Beginn schon gesagt, diesen Herausforderungen stellt sich Rheinland-Pfalz in besonderer Weise. Wir sind in vielen bildungspolitischen Feldern Vorreiter und Musterbeispiel, zum Beispiel bei der kostenfreien Bildungskette von der Kita bis zur Hochschule oder bei den Ganztagsschulen.
Frau Kohnle-Gros, auch darin, was es heißt, individuell zu fördern, nämlich die Schere von sozialer Herkunft, die Schere, ob jemand aus einem Migrantenhaushalt oder einem anderen Haushalt kommt, ist in Rheinland-Pfalz deutlich enger geschlossen als in anderen Ländern. Deshalb gelingt es uns besser als anderswo. Dass es noch besser kommt, darum geht es in dieser Bundesratsinitiative.