Protocol of the Session on June 6, 2013

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Reichel, CDU: Das ist eine Unverschämtheit! – Weitere Zurufe von der CDU)

Das Wort hat Frau Staatssekretärin Gottstein.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das findet Sie unver- schämt! Wir haben Ihn da nicht hingeschickt! – Zuruf der Abg. Frau Huth-Haage, CDU)

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich versuchen, wieder eine etwas sachliche Grundlage hier in die Diskussion zu bekommen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ich habe sehr sachlich geredet!)

Die Landesregierung hat keinen Zweifel – das haben wir in der Beantwortung der Mündlichen Anfrage zum Ausdruck gebracht –, dass der Al-Nur-Kindergarten eine gute Arbeit macht.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ich war nicht unsach- lich! Das war jetzt daneben!)

Das ist durch den wissenschaftlichen Beirat bestätigt. Das ist bestätigt durch die Erfahrungen, die wir in den vergangenen Jahren in der Mainzer Neustadt gemacht haben, und auch durch die Gespräche, die wir in den letzten Wochen mit den Trägern geführt haben.

Herr Kessel, zu Ihrer Anmerkung: Es gibt eine langjährige Kooperation der Landesregierung mit dem MoscheeVerein. Das habe ich bereits versucht, in der Beantwortung der Mündlichen Anfrage auszuführen. Die gibt es unter anderem über den „Runden Tisch Islam“. Daran sind Sie beteiligt.

Zweitens ist es uns wichtig festzuhalten, dass der ArabNil-Rhein-Verein ein wichtiger Akteur im interkulturellen und interreligiösen Dialog in Mainz und Umgebung ist. Er ist über die Stadtgrenzen hinaus bekannt für sein gutes Miteinander.

Ich möchte auch auf den zweiten Betroffenen eines Anschlags in den vergangenen Wochen hinweisen, die

türkisch-islamische Gemeinde in Bullay. Auch die Gemeinde in Bullay ist sehr am Dialog interessiert und sehr gut in das Leben der Kommune eingebunden. Beide Gemeinden werden getragen von Menschen, die dauerhaft in Rheinland-Pfalz leben, die hier arbeiten, die ihre Kinder hier großziehen, die Häuser gebaut haben, die ihre Familien hier gegründet haben. Die Haltung der Landesregierung drückt sich vielleicht am besten in dem Satz aus, den die Ministerpräsidentin vor einigen Tagen in Trier gesagt hat: Sie alle sind Rheinland-Pfälzer und Rheinland-Pfälzerinnen, ohne Wenn und Aber.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Al-Arifi hat nach allem, was wir wissen – es ist jetzt auch der Verfassungsschutzbericht zitiert worden –, Thesen vertreten, die nicht mit der Werteordnung unseres Landes kompatibel sind. Er hat dies – soweit wir wissen – zwar nicht in Mainz getan, aber an anderer Stelle. Ein kritischer Dialog und eine kritische Diskussion in dieser Sache sind vollkommen berechtigt.

Es wurde auch bereits gesagt, dass sich der Verein öffentlich entschuldigt hat und sich inhaltlich von den andernorts getätigten Aussagen Herrn Al-Arifis ausdrücklich distanziert hat. Die Debatte hat aber auch gezeigt – da müssen wir gerade in der Politik und in der öffentlichen Darstellung sehr aufpassen –, dass wir nicht pauschal urteilen und verurteilen dürfen. Ein gläubiger Muslim – oder eine Muslima – ist kein Islamist. Das wird in der öffentlichen Debatte häufig durcheinandergebracht. Deswegen ist es so wichtig, miteinander im Gespräch zu bleiben. Dieses Gespräch und dieser Dialog ist in Rheinland-Pfalz gute Tradition. So hat die jahrhundertealte Einwanderungsgesellschaft auf dem Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz immer funktioniert. Für die Landesregierung gilt dabei, Gesprächspartner ist, wer sich im Wertesystem unseres Grundgesetzes bewegt.

Wenn wir von den Sicherheitsbehörden Hinweise darauf erhalten, dass dem nicht so ist, nehmen wir diese selbstverständlich ernst. Das Integrationsministerium und das Innenministerium – lassen Sie sich das versichert sein – arbeiten in diesen Fragen ganz eng zusammen.

Die Werteordnung des Grundgesetzes gilt aber dann natürlich auch im Umgang mit dem Islam. Der Islam ist mittlerweile Teil unserer Gesellschaft. Für den Umgang mit gläubigen Muslimen und Musliminnen und ihrer Religion gilt wie für die christliche Religion oder die jüdische Religion, die Freiheit des Glaubens ist unverletzlich. So steht es im Grundgesetz. Das heißt, dass auch die ungestörte Religionsausübung gewährleistet werden muss. Dies gilt auch dann, wenn sich der Islam nicht wie früher in Hinterhofgemeinden und Moscheen bewegt, sondern sichtbar geworden ist. Dies gilt auch dann, wenn es sich ganz konkret um den ersten muslimischen Kindergarten in Rheinland-Pfalz in der Mainzer Neustadt handelt.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Köbler von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich sage ganz klar, es ist nicht zu tolerieren und absolut zu kritisieren, dass in einem Mainzer Moscheeverein ein Mensch auftritt, der an anderer Stelle radikale und menschenrechtsfeindliche Äußerungen getroffen hat. Es ist auch nicht in Ordnung, wie der Vereinsvorsitzende meinen Kollegen, Herrn Schönig, von der CDU-Stadtratsfraktion bezeichnet hat.

(Beifall im Hause)

Dies alles rechtfertigt aber nicht im Entferntesten, dass jemand eine solche Attacke gegen diesen Verein fährt.

(Beifall im Hause)

Ich meine, wir müssen uns da schon fragen, wie die Zusammenhänge sind. Darauf hat Frau Brede-Hoffmann hingewiesen. Der Täter hat nach der Medienberichterstattung zu seiner Motivation gesagt, er sei durch die Diskussion in den Medien darauf aufmerksam gemacht worden, und er wolle es daher denen einmal zeigen. Deshalb bitte ich Sie, auch im aufkommenden Bundestagswahlkampf die Worte zu wägen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Richtig! Sehr gut!)

Es hat bis heute keine Distanzierung der Mainzer CDU gegeben,

(Frau Klöckner, SPD: Das stimmt überhaupt nicht!)

in der nicht im gleichen Nachsatz gesagt wird, dass die Einladung dieses Predigers nicht in Ordnung gewesen sei. Es wird ein Zusammenhang hergestellt, dass die Einladung dieses Predigers sozusagen eine gewisse Nachvollziehbarkeit für den Anschlag gibt.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Diese Unklarheit sollten Sie beseitigen. Beseitigen Sie diese Unklarheit! Sie waren immer gegen die Kita, weil sie von einem muslimischen Träger betrieben wird. Im Fachausschuss haben Sie damals zugestimmt, aber im Mainzer Stadtrat haben Sie das aus ideologischen Gründen abgelehnt. Nehmen Sie das Verhandlungs- und Gesprächsangebot der Schura, Landesverband der Muslime in Rheinland-Pfalz, an und treten Sie ins Gespräch mit dem Arab-Nil-Rhein-Verein ein.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Reichel von der CDUFraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich hatte ursprünglich nicht vorgehabt, mich heute zu Wort zu melden, aber das, was die beiden Mainzer Kollegen hier abgezogen haben, ist eine Diffamierung besonderer Art, die ich bisher in diesem Hause noch nicht kennengelernt habe.

(Beifall der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Abgezogen habe ich überhaupt nichts! Das ist eine Beleidigung!)

Kommen Sie runter, weil sonst hyperventilieren Sie heute noch. (Vereinzelt Heiterkeit)

Ich will zumindest die Dinge klarstellen, die es klarzustellen gilt.

Herr Köbler, wir sind nicht gegen die Kita gewesen, weil es eine islamische Kita ist, sondern der Trägerverein hatte auf seiner Homepage Verlinkungen zu noch extremeren Predigern gehabt. Das war der Grund gewesen, weshalb wir das hinterfragt haben.

(Starker Beifall der CDU)

Als wir uns gemeldet haben, als wir das kritisiert haben, sind diese Verlinkungen verschwunden. Daraufhin gab es die Entscheidung im Fachausschuss. Danach haben Sie niemanden mehr gehört, der gegen diese Kita polemisiert hat.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Waren Sie schon ein- mal da und haben sich das angeschaut?)

Ich war öfter da als Sie, Frau Brede-Hoffmann. Wir als CDU in Mainz haben als einzige Partei zur Integration Fastenbrechen veranstaltet. Wir haben das gemacht, aber Sie nicht. Ich war schon vor 35 Jahren im Ausländerbeirat gewesen, als Sie da noch nicht drin waren, Frau Brede-Hoffmann. Deshalb lasse ich mir nicht vorwerfen, dass die CDU in irgendeiner Weise islamfeindlich ist.

(Starker Beifall der CDU)

Herr Köbler, ich habe applaudiert, als Sie vorhin gesagt haben, es sei nicht in Ordnung, wie mit unserem Fraktionsvorsitzenden umgegangen worden ist. Das war nicht in Ordnung. Das ist unterste Schublade gewesen. Ich erwarte weiter, dass sich der Vorsitzende dieses Vereins für diese Äußerung entschuldigt. Sie ist durch nichts gerechtfertigt gewesen. Sie muss aus dem Weg geräumt werden, aber ansonsten ist bei uns weiter eine Gesprächsbereitschaft gegeben. Diese besteht aber nicht gegenüber jemandem, der ein führendes Mitglied der Mainzer CDU dermaßen in eine Ecke stellt, in die er nicht hingehört. Das sage ich sehr deutlich.

(Starker Beifall der CDU – Glocke des Präsidenten)

Noch ein Schlusssatz: Sie haben gesagt, reden Sie endlich mit diesem Verein. – Es ist nicht nur Frau Traut

wein anwesend gewesen, sondern es waren auch andere anwesend.

(Zuruf von Frau Brede-Hoffmann, SPD)