Protocol of the Session on June 6, 2013

dazu: Grundlagen für verlässliche Beschäftigungsverhältnisse an rheinland-pfälzischen Hochschulen schaffen Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 16/2417 –

Es wurde eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Ich darf Herrn Kollegen Heinisch das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, sehr geehrten Damen und Herren! Bei den Beschäftigungsbedingungen für das wissenschaftliche Personal an den Hochschulen unterhalb der Professur ist bundesweit eine Schieflage entstanden. Um das zu verdeutlichen, möchte ich zunächst einige Zahlen aus einer bundesweiten Erhebung zitieren, die im Jahr 2011 im Auftrag der Bundesregierung erstellt wurde.

Mittlerweile sind 83 % aller wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befristet angestellt. Dabei nehmen die kurzzeitig befristeten Verträge zu. Ganze 53 % aller Zeitverträge haben nach dem Stand der Untersuchung eine Laufzeit von weniger als 12 Monaten. Nur 11 % der Fristverträge haben eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren.

Diese Befristungspraxis bedeutet für die Betroffenen, auf Jahre hinaus unter hochgradig prekären Bedingungen arbeiten und leben zu müssen, und für eine individuelle Lebensplanung, auch für die Verantwortungsübernahme für Kinder und Familie beispielsweise, sind diese Bedingungen keine gute Grundlage.

Dazu bleibt festzuhalten: Der rechtliche Rahmen für befristete Verträge an Hochschulen wird durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz des Bundes gesetzt. Mit den derzeitigen Regelungen ist es nicht gelungen, einen verantwortlichen Umgang mit Befristungen im Hochschulbereich hinzubekommen.

Überdies enthält dieses Gesetz eine Tarifsperre. In anderen Bereichen ist es üblich, dass gesetzliche Mindeststandards gelten. Die Tarifparteien können davon abweichen, meist zugunsten der Beschäftigten. Das ist im Wissenschaftsbereich für Fristverträge ausgeschlossen.

Die schwarz-gelbe Koalition im Bund hat alle Ansätze blockiert, dieses Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu ändern, wogegen die Oppositionsparteien entsprechende Initiativen ergriffen haben. Auch eine aktuelle Bundesratsinitiative zielt darauf, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz entsprechend zu ändern, initiiert von den Ländern Nordrhein-Westfalen und Hamburg, aber alle rotgrün regierten Ländern unterstützen diese Bundesratsinitiative.

Diese Initiative hat folgende Eckpunkte: Die Tarifsperre im Wissenschaftszeitvertragsgesetz wird aufgehoben. Fristverträge nach Abschluss der Promotion sollen in der Regel eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren haben. Fristverträge für Drittmittelstellen sollen so lange befristet werden, wie die Drittmittelzusage gilt, eben nicht kürzer.

Wenn wir den Ursachen für die derzeitigen Schwierigkeiten auf den Grund gehen wollen, müssen wir aber auch noch einen anderen Aspekt benennen. Es handelt sich eigentlich um eine erfreuliche Entwicklung.

Die Hochschulen verzeichnen steigende Studierendenzahlen. Bund und Länder stellen Geld bereit, um dem zu begegnen und diese Herausforderungen zu stemmen. Aber diese Mittel sind befristet.

Wir erinnern uns noch an die Hängepartie mit den Mitteln aus dem Hochschulpakt, als die Hochschulen und die Länder sehr lange darauf gewartet haben, dass der Bund die entsprechenden Mittel zusagt, um diesen Hochschulpakt auch entsprechend auszufinanzieren. Deswegen brauchen wir eigentlich mehr Verstetigung bei der Bund-Länder-Finanzierung. Deswegen gilt auch weiterhin: Das Kooperationsverbot im Grundgesetz muss weg. Wir brauchen endlich die Möglichkeit, dass Bund und Länder aufgrund gemeinsam vereinbarter

Ziele dauerhaft zusammenwirken können, um den Hochschulbereich zu stützen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wir können also festhalten, dass der Schlüssel für durchgreifende Verbesserungen auf der Bundesebene liegt. Die Landesregierung soll sich weiterhin der Unterstützung dieses Parlaments gewiss sein, wenn sie sich auf der Bundesebene für entsprechende Änderungen einsetzt.

Das gilt für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes und für eine Neuausrichtung der Bund-LänderFinanzierung in Richtung mehr Verstetigung der entsprechenden Programme.

Es würde aber zu kurz greifen, allein auf die Verantwortung des Bundes zu setzen. Auch die Landesebene und die Hochschulen sind gefragt, im Rahmen der Möglichkeiten, die bestehen, und im Gesamtrahmen, in dem wir uns mit dem Bildungsföderalismus bewegen, das Ihrige zu tun, um entsprechend aktiv zu werden und in diesem Bereich Verbesserungen zu erreichen.

Da liegt der Schwachpunkt des Antrages der CDU. Sie benennen als Alleinverantwortliche die Landesregierung. Sie zeigen nur auf die Landesebene. Sie blenden völlig den Bereich Wissenschaftszeitvertragsgesetz aus. Sie versuchen, uns weiszumachen, dass es möglich wäre, die Probleme in der Breite zu lösen, indem wir eine Bund-Länder-Finanzierung für ausgewählte Bereiche der Spitzenforschung hinbekommen. Mit anderen Worten, Ihr Antrag geht an den Problemen gründlich vorbei. Deswegen werbe ich für eine Zustimmung zu unserem Antrag, in dem wir sagen, auf allen Ebenen müssen die Probleme, die wir erkannt haben, angegangen werden. Wir werden dem Antrag nicht zustimmen, der einseitig sagt, das ist alles hausgemacht; denn das ist falsch.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Kollegin Schäfer hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Großteil des wissenschaftlichen Personals an Hochschulen ist in Rheinland-Pfalz befristet bzw. in Teilzeit beschäftigt. Ich sage ganz deutlich, damit liegen wir über dem Bundesdurchschnitt.

(Staatsministerin Frau Ahnen: Nein!)

Es ist ein Problem, das nicht nur uns im Land betrifft, aber es betrifft uns in besonderer Weise. Wir als CDUFraktion gehen diesem Problem seit Längerem nach. Wir haben eine Große Anfrage gestellt, die später im Landtag diskutiert worden ist. Wir haben das Thema in

den Ausschuss gebracht. Wir haben vor Kurzem eine parlamentarische Initiative eingebracht. Die bisherige Haltung der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist nach dem Motto gewesen, eigentlich ist es gar nicht so schlimm. Ich darf aus der Sitzung vom 8. November 2012 zitieren. Frau Kollegin Dr. Machalet hat gesagt: „Wenn sich jemand für eine Arbeit an einer Universität entscheidet, dann weiß er um die Karrierewege und auch um die Arbeitsbedingungen sehr genau.“ Weiter sagt sie: „Noch einmal, die Studien belegen, dass die Mitarbeiter an den Universitäten schon weitgehend mit ihren Arbeitsbedingungen zufrieden sind.“

Wir sind ganz froh, dass Sie sich heute mit diesem Antrag zumindest auf einen anderen Weg begeben. Sie erkennen durchaus an, dass es ein Problem gibt. Es ist schade, dass Sie es wiederum nur auf den Bund schieben. Das wird der Sache nicht gerecht.

(Beifall der CDU)

Wenn Sie einmal mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschule sprechen, dann wissen Sie, dass die Zufriedenheit nicht so hoch ist und viel gemacht werden muss.

Man muss sagen, es geht nicht nur um die Frage der wissenschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und um die Frage, was ich mit befristeten Zeitverträgen und Teilzeitverträgen im Wissenschaftsbereich leisten kann. Es geht auch um den sozialen und privaten Bereich. Wenn jemand gerade im hoch qualifizierten Bereich immer nur befristete Arbeitsverträge bekommt, dann ist er nicht in der Lage, sesshaft zu werden oder eine Familie zu gründen. Ich denke, das wollen wir alle nicht.

Insofern ist es wichtig und richtig, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dass wir Rahmenbedingungen schaffen. Darum geht es. Es geht nicht darum, einfach nur zu sagen, dass wir nach den Hochschulen, dem Bund oder nur dem Land schielen. Nein, wir sorgen gemeinsam dafür, dass Rahmenbedingungen entstehen, mit denen man die Wettbewerbsfähigkeit für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Hochschulen erreichen kann.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir haben eben die Situation gehört, wie es ausschaut. Die Tendenz ist eher steigend. Ich habe die Folgen skizziert. Viele denken an Abwanderung. Andere gehen in andere Berufe. Das ist genau das, was wir nicht wollen. Wir wollen das vermeiden. Selbstverständlich wollen wir die Qualität an den Hochschulen erhalten.

Man muss Ursachenforschung betreiben. Wir können dann sehen, worin die Ursachen für diese Befristungen liegen. Da ist unter anderem das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu nennen. Ich zitiere aus der Sitzung vom 8. November 2012 Frau Ministerin Ahnen, die gesagt hat: „Natürlich muss man sich auch mit den rechtlichen Fragen – Stichwort ‚Wissenschaftszeitvertragsgesetz‘ – beschäftigen. Das sollten wir auch tun. Aber im Grundsatz glaube ich, dass unsere Hochschulen mit diesen Themen verantwortungsvoll umgehen.“ Das glauben wir auch. Da sind wir beieinander.

Wir müssen sagen, woran es liegt, dass die Hochschulen praktisch nicht in der Lage sind, Verträge anzubieten, die keine Zeitverträge sind. Da stimmen die Rahmenbedingungen nicht. Wir sagen es immer wieder. Sie wollen es immer wieder nicht hören. Sie bleiben dabei. Gehen Sie bitte an die Hochschulen, und sprechen Sie mit den Hochschulen. In ganz vielen Hochschulen ist es so, dass die Grundfinanzierung nicht stimmt.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Ja, dann hören Sie möglicherweise nicht zu.

Frau Kollegen Brede-Hoffmann, Sie sitzen hier in einer tollen Habachtposition. Vielleicht dürfen Sie auch gleich reden. Jetzt rede erst einmal ich.

(Zuruf des Abg. Ramsauer, SPD)

Für uns ist die Frage wichtig – jetzt komme ich zu dem Antrag, den wir Ihnen als Alternative anbieten –, wie wir Planungssicherheit erreichen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Sie dürfen auch gleich reden. Sie können sich die Redezeit dann irgendwie noch einmal teilen. Es braucht nur die Ministerin ein bisschen länger zu reden, dann klappt das schon.

(Ramsauer, SPD: Dann dürfen Sie noch einmal reden!)

Die Hochschulen brauchen Planungssicherheit. Wie schaffen wir das?

Erstens haben wir Ihnen das schon einmal mit einem Antrag angeboten. Das ist eine sehr gute Idee. Das schaffen wir durch verbindliche Zielvereinbarungen zwischen der Landesregierung und den Hochschulen. Wir sagen, das muss langfristig laufen, man muss schon einmal von fünf Jahren ausgehen.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Wenn Sie nicht zuhören wollen, dann können Sie das später im Protokoll nachlesen. Das klappt schon.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Das soll die Grundlage für die Hochschulfinanzierung sein.

Zweitens ist wichtig – da würde ich jetzt auch noch einmal gut zuhören –, dass Programme wie Wissenschaft Zukunft II richtig im Haushalt verankert sind. Sie verstehen es immer noch nicht. Sie sollten sich einmal damit befassen.

(Pörksen, SPD: Regen Sie sich doch nicht so auf, Frau Kollegin!)

Man muss sagen, das dient einer dauerhaften Finanzierung.