Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Vorrednerin ist schon deutlich geworden, dass die Frage der Netzneutralität in den vergangenen Wochen durch eine Änderung oder eine Ankündigung über die Änderung der Tarifstruktur der Deutschen Telekom neu befeuert worden ist. Das Unternehmen hatte bekanntlich darüber nachgedacht, künftig keine Flatratetarife für das Internet mehr anzubieten und innerhalb der neuen Tarifstruktur sogenannte Managed Services zu privilegieren.
Mit dieser Ankündigung hat sich der Medienausschuss auf Antrag der Fraktionen der CDU und SPD beschäftigt.
Man kann die Ankündigung der Telekom durchaus als unternehmerisch unklug darstellen; denn es gibt nach wie vor Wettbewerber, die genau das tun und damit unter Umständen neue Kunden generieren können. Wir können eine unternehmerische Bewertung treffen, aber sie berührt zunächst einmal nicht direkt dieses Parlament, wenn es allein um eine Abkehr von dem Modell der Flatrate-Tarife gehen würde. Ich denke, es ist wichtig festzuhalten, Netzneutralität bedeutet zunächst einmal nicht Flatrate für alle zu möglichst günstigen Preisen.
Nach unserer Auffassung darf es das künftig nicht geben, dass die Telekom oder ein anderer beliebiger Infrastrukturanbieter das zur Verfügung gestellte Datenvolumen auf bestimmte Dienste anrechnet und auf andere
nicht. Dazu braucht man keine neuen Gesetze, sondern die zuständige Aufsicht und die Regulierungsbehörden müssen handeln.
In der Öffentlichkeit gab es hier zu Recht teilweise heftige Reaktionen auf den Vorstoß der Telekom. Der Hauptpunkt der Diskussion ist die Frage, ob die Deutsche Telekom mit ihren Tarifen gegen das Prinzip der Netzneutralität verstößt. Aber auch im Medienausschuss konnte die Landesregierung hierzu keine abschließende Antwort geben.
Wir, die CDU, wollen, dass die Nutzer auch künftig diskriminierungsfrei entscheiden können, welche Dienste sie im Netz nutzen, und dass diese Entscheidung nicht durch eine Koppelung von Netzzugang und anderen angebotenen Diensten getragen und geleitet wird.
Nach unserer Auffassung ist es deshalb richtig, dass die Bundesnetzagentur entsprechende Auskünfte des Unternehmens verlangt, um eine fachliche Bewertung vorzunehmen; denn die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde wacht über die Einhaltung der Netzneutralität in Deutschland. Das Bundeskartellamt hat angekündigt, dass es die neuen Vorhaben der Telekom aus wettbewerbsrechtlicher Sicht prüfen wird.
Anhand dieser Ergebnisse sind dann die notwendigen und auch sachgerechten Konsequenzen zu ziehen. Diesen sachgerechten Handlungsschritten auch in der Folge werden Sie von der Koalition mit Ihrem Antrag allerdings nicht gerecht, weil er auf falschen Grundlagen beruht;
denn entgegen dem, was Sie glauben machen wollen, ist das Prinzip der Netzneutralität längst gesetzlich im Telekommunikationsgesetz in der Novelle verankert, und zwar in § 41 a. Dieser Novelle hat im Übrigen im vergangenen Jahr diese Landesregierung so auch im Bundesrat zugestimmt. Mit einer Rechtsverordnung, von der ich finde, dass sie angebracht ist, kann nun flexibel und sachgerecht auf die neuen Herausforderungen zur Wahrung der Netzneutralität reagiert werden. Nun wollen Sie offensichtlich nicht mehr, wie vor einem Jahr, die Dinge in einer solchen Rechtsverordnung, sondern im Gesetz festschreiben. Das ist aus meiner Sicht in der Konsequenz und dem Handling eine relativ geringfügige Detailregelung in der Sache. Es ist wohl auch ein Stück weit der anstehenden Bundestagswahl geschuldet, dass dieses Thema heute auf die Tagesordnung gebracht worden ist. Ich sage, es ist ein rot-grünes Karo, dass doch etwas in einem kleinen Format daherkommt.
Meine Damen und Herren, wir müssen allerdings in der Diskussion auch ehrlich zur Kenntnis nehmen, dass mit dem Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen auch die Nachfrage nach hochvolumigen Datenströmen in den
letzten Jahren erfreulicherweise stark gestiegen ist. Wenn die Koalition hier zu Recht in ihrem Antrag auch die digitale Teilhabe fordert, ist dafür nicht nur die Netzneutralität erforderlich.
Meine Damen und Herren, dazu ist auch unter dem Aspekt der großen Datenmengen insbesondere eine flächendeckende Breitbandversorgung mit schnellem Internet hier in Rheinland-Pfalz gefordert. Leider haben sich auch hier BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN von ihren ursprünglichen Wahlkampfforderungen verabschiedet, mehr für den Breitbandausbau in Rheinland-Pfalz zu tun, so zumindest Ihre Auslassungen in der letzten Sitzung des Ausschusses für Medien und Netzpolitik, als wir über dieses Thema gesprochen haben; denn beim Breitbandausbau im ländlichen Raum ist die Landesregierung aus unserer Sicht ihrer Verantwortung bislang nicht gerecht geworden. Hier ergeben sich reichlich zusätzliche Handlungsfelder.
Meine Damen und Herren, die Netzneutralität ist gesetzlich verankert. Insofern erübrigt sich der Antrag von RotGrün, den wir ablehnen. Ich werbe für den sachgerechten Alternativantrag der CDU.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Herr Kollege Dötsch hat es schon angeführt, die Telekom hat mit ihrer interessant gewählten Kommunikationsstrategie zu ihren neuen Tarifen dafür gesorgt, dass wir das Thema „Netzpolitik und Netzneutralität“ heute einmal breit diskutieren können. Insofern hat auch dieser Vorstoß etwas Gutes. Bei den angekündigten Plänen der Telekom für Gebührenänderungen für die neuen Verträge und vorgesehenen Tarifänderungen für Altverträge in den Jahren 2016 bis 2018 muss man zwei Vorhaben unterscheiden.
Das eine ist natürlich die Begrenzung der Bandbreite nach dem Erreichen eines bestimmtes Datenvolumens, wie man es aus dem Mobilfunkbereich bereits kennt. Das andere ist – das weit gravierendere Thema – das mögliche Bevorzugen von eigenen Diensten oder Inhalten oder denen möglicher Kooperationspartner. Da sind wir dann auch beim Thema unseres Antrags.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz davon abgesehen halten wir natürlich auch das Zurückfallen in die Zeit der volumenbegrenzten Tarife unter dem Aspekt der digitalen Teilhabe für äußerst bedenklich. Natürlich werden Dienste und Inhalte immer datenintensiver. Wenn wir an die Zukunft denken, an Dinge wie Ultra-HD oder 3-DInhalte, ist in Zukunft auch abzusehen, dass das so weitergehen wird. Allerdings – das muss man an dieser
Stelle auch einmal sagen –, das Netz ist viel mehr als Entertainment und Shopping. Das Netz ist Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Es ist Nutzung von Bildungsangeboten und kulturellen Angeboten und damit auch eine wichtige Möglichkeit, von Meinungsvielfalt zu partizipieren und diese selbst mitzugestalten. Es kann für uns keine Option sein, dass diejenigen, die sich den entsprechenden Tarif leisten können, diese Möglichkeiten haben und andere eben nicht. Ich denke, da sind wir in einem großen Konsens in diesem Hohen Hause.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns durch die Einlassungen der Telekom um die Netzneutralität Sorgen machen. Erfahrungen, welche Folgen eine mögliche Verletzung der Netzneutralität haben kann, gibt es bereits bei den großen Anbietern im Mobilfunkbereich. Da werden bestimmte Apps für bestimmte Nutzung – zum Beispiel kostenloser SMS-Versand oder IP-Telefonie – einmal schnell im Netz gesperrt, andere Angebote, wie zum Beispiel die Möglichkeit, im Fußballbereich die Bundesliga live über das Smartphone zu verfolgen, werden dann privilegiert, indem der kostenpflichtige Zusatzdienst und der Datentransfer vom Inklusivdatenvolumen des entsprechenden Handyvertrags ausgenommen wird.
Im Klartext ist das eine Vorschau auf das, was wir im Festnetz erwarten können. Wir befürchten das Bevorzugen der eigenen Dienste und Inhalte und die damit einhergehende Diskriminierung von Diensten und Inhalten anderer Anbieter. Das schadet der Vielfalt im Netz. Das verschlechtert das Angebot für Nutzerinnen und Nutzer und verhindert Innovationen und kann deshalb von uns nicht akzeptiert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Forderung ist daher klar. Wir wollen eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität. Deshalb wollen wir eine Bundesratsinitiative und eine klare Neuformulierung des § 41 a TKG, um zu regeln, keine Priorisierung von Diensten oder Inhalten für Geld. Jedes Bit ist gleich, kein Vorrang, keine Sonderregulierung und vor allem auch kein Ausschluss. Damit wird auch unsere kritische Haltung gegenüber den sogenannten Managed Services deutlich, mit denen jetzt oft argumentiert wird und die einen gesonderten regulierten Bereich darstellen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dummerweise bleibt die Leitung, über die das Ganze geschieht, im Endeffekt doch dieselbe. Da ist es auch nötig, dass wir uns medienpolitisch weiter damit auseinandersetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Ihren Antrag müssen wir aufgrund Ihrer Argumentationslinie heute leider ablehnen. Sie argumentieren, dass dank des § 41 a im Telekommunikationsgesetz alles gut wird. Aber spätestens seit der gestrigen Anhörung im Bundeswirtschaftsministerium, in der sich die Anzuhörenden sehr übereinstimmend geäußert haben, ist klar, dass gerade dieser Paragraf das große Problem ist. Das sahen gestern die Anzuhörenden so. Wir brauchen eine klare und unmissverständliche gesetzliche Regelung und nicht eine Ermächtigung, eine Rechtsverordnung zu
An der Stelle sei dann doch noch einmal erlaubt, weil sich Herr Kollege Dötsch einmal mehr Auslassungen über das Breitbandprogramm der Landesregierung geleistet hat, die Frage zu stellen, was die schwarz-gelbe Koalition unter ihrer Bundeskanzlerin Angela Merkel in den letzten Jahren im Bereich der Netzpolitik geleistet hat.
Das ist eine Bankrotterklärung. Da ist gar nichts gelaufen. Das zeigt einfach auch wieder einmal, welchen Stellenwert die digitale Gesellschaft bei der CDU hat.
Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Kraege – oh, Staatssekretärin. Entschuldigung! Vielleicht wird das ja noch.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Vieles von dem, was ich sagen möchte, ist bereits von den Kolleginnen und Kollegen gesagt worden. Ich denke in der Tat, dass wir einen guten Konsens über den Stellenwert von Netzneutralität in diesem Haus haben. Aber wenn es um die Frage geht, wie wir sie sicherstellen können, gehen die Meinungen deutlich auseinander, lieber Herr Dötsch. Wir haben in der Tat eine Verankerung oder eine Ermächtigung für eine Rechtsverordnung in § 41 a TKG, aber ich denke, gerade die aktuelle Diskussion und die Anhörung gestern – Herr Haller hat darauf hingewiesen – zeigen, dass dies keine ausreichende gesetzliche Grundlage ist.
Insofern setzen auch wir uns dafür ein, dass wir eine sehr viel konkretere gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität im TKG bekommen. Daher begrüßen wir sehr nachdrücklich den Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Ich möchte natürlich auch noch – das werden Sie verstehen – ein paar Worte zum Stand des Breitbandausbaus sagen. Damit ich nicht gleich mit der Kritik an der Bundesregierung anfange, sage ich Ihnen, dass wir uns selbstverständlich in diesem Land schon seit Langem auf den Weg gemacht haben, in diesem Bereich respektable Standards zu erzielen. Durch die neuesten Zahlen wird das auch belegt. Wenn man auf unsere Haushaltsmittel schaut, haben wir bis einschließlich 2013 rund 30 Millionen Euro in diesen Bereich investiert. Anfang 2013 haben wir eine Grundversorgungsquote von 95,8 % der Haushalte und eine Versorgung mit einer Bandbreite von
Es ist klar, dass das nicht ausreichend ist, aber ich meine, es gibt keinen Zweifel daran, dass die Datenautobahnen – wenn man die Hochgeschwindigkeitsnetze einmal so bezeichnen möchte – für uns als Infrastruktur genauso bedeutend sind wie Autobahnen, transnationale Schienenstrecken und Wasserstraßen. Genau dafür gibt es eine Finanzierungsverantwortung des Bundes.
Da fragt man sich in der Tat, warum der Bund im Bereich des Breitbandausbaus keine Verantwortung finanzieller Art übernimmt. Er legt eine Breitbandstrategie auf, in der er hehre Ziele formuliert. Unter anderem möchte er bis 2014 75 % der Haushalte mit Hochgeschwindigkeitsnetzen versorgen. Bis 2018 ist sogar eine flächendeckende Versorgung aller Haushalte vorgesehen. Wunderbar, das unterschreiben wir sofort. Dann muss man aber auch das Geld dafür auf den Tisch legen.
Nicht nur die SPD-Länder kritisieren, dass das nicht geschieht, sondern das wird von allen 16 Ländern kritisiert. Ich verrate kein Geheimnis – fragen Sie einmal die Kollegen aus Bayern oder Thüringen –, dass es, wenn wir regelmäßig im Bundeskanzleramt dem Bund gegenübersitzen, harsche Kritik von allen Ländern an dieser Verweigerungshaltung des Bundes gegenüber dieser wichtigen Infrastrukturverantwortung in unserem Land gibt.
Der Bund setzt – das finde ich vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion besonders bemerkenswert – darauf, dass es der Markt und der Technologiemix richten werden. Manche von Ihnen werden vielleicht den Artikel in der gestrigen Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ von Frau Tieschky mit der Überschrift „Dampfer und Postkutschen“ gelesen haben. Mit Genehmigung des Präsidenten würde ich gerne einen Absatz daraus zitieren, der nämlich sehr schön beschreibt, wo man hinkommt, wenn man nur auf den Markt und den Technologiemix setzt.
Sie sagt: „Das ist ungefähr so, als wenn ein Stuttgarter oder Wolfsburger Kraftfahrzeughersteller nebenher Autobahnen bauen und nur noch für die eigenen Modelle die Asphaltdecke freigeben würde, und für die anderen tut es auch die Schotterpiste.“ – Ich meine, das trifft den Kern ziemlich genau. Wir kommen genau in diese Problemlagen, wenn wir keine Verantwortung, auch keine Finanzierungsverantwortung, des Bundes in diesem Bereich in der nächsten Zeit bekommen werden; denn der Markt wird es in diesem Bereich nicht richten. Die Finanzierung des Ausbaus der Netze muss meiner Meinung nach sichergestellt sein. Wir leisten unseren Beitrag dazu, aber das muss auf der Bundesebene genauso geschehen.