Herr Licht, Sie waren damals dagegen. Sie haben gefragt: „Ja, wer soll das denn kontrollieren? Wer soll denn da noch bis in alle Verästelungen die Kontrolle herstellen? Wer soll denn das am Schluss noch gewährleisten? Es ist ein bürokratisches Monster, das Sie hier aufbauen.“ (Licht, CDU: So ist es!)
Die Bürokratie ist nicht ausgeufert. Die Welt ist nicht untergegangen. Die Tariftreueerklärung ist einfach zu handhaben. Die Servicestelle berät sehr gut und umfangreich. Sie hat eine umfangreiche Handreichung herausgegeben. Sie leistet wirklich eine sehr, sehr gute Arbeit. Das hören wir überall. Ich möchte an dieser Stelle der Servicestelle für ihre hervorragende Arbeit danken.
Inzwischen haben fast alle anderen Bundesländer ein Tariftreuegesetz, für das sie das rheinland-pfälzische Landestariftreuegesetz als Orientierung genommen haben. Das heißt, das ist ein gutes Gesetz. Es gibt aber natürlich kein gutes Gesetz, das man nicht noch an der einen oder Stelle verbessern könnte.
Wir greifen mit unserem Änderungsvorschlag einen Punkt auf, der sich aus der Umsetzungspraxis ergeben hat. Um was geht es? Herr Licht, Sie haben damals zur Mindestlohnkommission gesagt, es solle eine Kommission gebildet werden, bei der die Tarifpartner außen vor seien. Das stimmt so auch nicht; denn in dieser Kommission sitzen Arbeitgebervertreter, Arbeitnehmervertreter und die Wissenschaft. Diese Mindestlohnkommission hat im Herbst vergangenen Jahres vorgeschlagen, das Mindestentgelt von 8,50 Euro auf 8,70 Euro anzuheben.
Das trat zum 1. Januar 2013 in Kraft. Unklar war allerdings, wie sich das auf die Vergaben auswirkt, die über
mehrere Jahre laufen, das heißt, die vorher vergeben wurden. Es war unklar, ob da eine Dynamisierung des Mindestlohns angenommen werden kann.
Wir wollen mit der Änderung des Landestariftreuegesetzes sicherstellen, dass die Anhebung des Mindestentgelts durch die Mindestentgeltkommission auch für laufende Aufträge bzw. Vergaben gilt; denn bei Tarifbeschäftigten ist es nicht anders. Auch dort werden entsprechend der Tarifabschlüsse die Löhne angehoben. Hier ist eine Klarstellung aus Gründen der Fairness absolut geboten. Das genau ist das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs.
Außerdem wollen wir natürlich klarstellen, dass sich auch alle Nachunternehmer und Verleihunternehmer an die Regelungen des Landestariftreuegesetzes halten müssen. Wir werden sicherlich im Ausschuss intensiv über den Gesetzentwurf beraten. Dazu werden wir auch eine Anhörung im Ausschuss durchführen.
Meine Damen und Herren, wir stehen für faire Arbeitsbedingungen und Löhne, von denen man leben kann. Wir zeigen auch hier wieder ganz deutlich, dass wir dort, wo wir Verantwortung haben, diese auch wahrnehmen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin, vorab möchte ich sagen, dass auch wir im Ausschuss eine Anhörung beantragen werden, aber aus ganz anderen Gründen wie die, die Sie gemeint haben. Die erste Frage wird nämlich sein – Herr Licht, wir haben das auch damals schon problemati- siert –, ob das Tariftreuegesetz überhaupt europarechtskonform ist. Daran habe ich nach wie vor meine Zweifel. Dass bisher keine Klagen erfolgt sind, hat andere Gründe, nämlich weil man sich dann, wenn man sich um Aufträge bewirbt, nicht von vornherein mit einer Klage schon wieder herausschießt. Das ist oft der Fall. Insofern sollten wir das einmal zuerst klären.
Sie haben erzählt, das Gesetz, das damals entwickelt wurde, wäre so hervorragend und tiefschürfend. Es hätte sich in dieser Zeit bewährt. Nennen Sie mir doch bitte einmal ein paar Zahlen und sagen Sie mir, was sich in welcher Form und in welchem Umfang bewährt hat. Dann steht hier, wir bräuchten – deshalb würde jetzt ein Änderungsentwurf eingebracht werden – ein Bedürfnis für die Anpassung. Ich hätte auch noch gern erklärt bekommen, wer sich beschwert hat, dass da irgendetwas nicht in Ordnung sei und dass man es anders machen müsse. Welche Evaluationen wurden von Ihrer
Seite in den letzten Tagen durchgeführt, die zu der Erkenntnis kamen, dass man dieses Gesetz ändern müsse?
Liebe Frau Kollegin, meine sehr geehrten Damen und Herren, interessant fand ich Ihre letzte Bemerkung, als Sie ausgeführt haben, man müsse sich darum kümmern, dass Arbeitsverhältnisse entsprechend entlohnt und nachhaltig entlohnt werden. In diesem Zusammenhang ist mir sofort wieder die Debatte eingefallen, die wir schon heute Mittag geführt haben und die wir erweitern können.
Herr Kollege Pörksen, wer über ein Tariftreuegesetz redet und der freien Wirtschaft, nämlich den Mittelständlern und den Unternehmern aufgeben will, was zu bezahlen ist, der soll bitte zunächst einmal seine eigenen Hausaufgaben machen und seine Beamten auskömmlich bezahlen sowie prekäre Arbeitsverhältnisse im eigenen Stall ausmisten. Das ist die Aufgabe, die wir zunächst haben.
Frau Brede-Hoffmann, das kann nur durch Ihre Einwürfe erfolgen. Anders kann man das schlecht nachvollziehen, weil ich gerade merke, dass Sie sich mit den Dingen überhaupt nicht befasst haben. Lesen Sie es einmal nach. Sie haben nicht einmal Anmerkungen drin. Ich kann Ihnen nämlich ein paar Sachen dazu sagen.
Frau Kollegin, wir haben eine Kommission, die sich damit befasst. Sie sagen, in dieser befinden sich ein paar Arbeitnehmer- und ein paar Arbeitgebervertreter. Achtung: Nach welchen Kriterien entscheidet diese Kommission? – Diese hat im Übrigen bisher einmal entschieden. Das ist so gelaufen, dass man gesagt hat, es müssten eigentlich 8,50 Euro sein – da fragt sich jeder, woher die kommen; jetzt kommt es –, die sich an wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen anlehnen.
Sie können sich einmal neben Frau Brede-Hoffmann setzen, dann fällt es mir leichter. Super. Was ist denn das, Kaufkraft, Teuerungsrate, Lohn-Preis-Entwicklung? Was bedeutet bitte „an wirtschaftlichen und sozialen
Entwicklungen anlehnen“? Ich kann Ihnen sagen, was es ist. Das ist doch ganz klar. Das ist die demagogische Forderung zu sagen, der Mindestlohn muss bei 8,50 Euro liegen. Das sind die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen, die angelehnt werden sollen.
Dann lassen Sie in dieser Kommission den Lohn in Höhe von 8,50 Euro auf 8,71 Euro erhöhen. Das, was Sie mit dem Gesetz machen – das werden wir auch in der Anhörung herausarbeiten müssen –, ist eine glatte Aussage dazu, dass Sie die Tarifautonomie nicht mehr wollen.
Ich erkläre Ihnen auch, warum. Wir haben im Moment im Garten- und Landschaftsbau einen Tarif von 8,70 Euro. Der Garten- und Landschaftsbau ist einer derjenigen Bereiche, der die meisten öffentlichen Aufträge bekommt. Die Kommission hat 8,71 Euro eingesetzt. Wenn die Kommission morgen wieder zusammentritt und auf 8,90 Euro geht, wird dieses Gesetz den Tarifvertrag überflügeln. Das heißt: Tarifautonomie ade. – Sagen Sie es doch. Sie sind gegen die Tarifautonomie.
Dann geht es lustig weiter. Ich stelle es mir gerade vor. Herr Pörksen hat auch einmal in dem Bereich gearbeitet und früher Angebote abgegeben.
Jetzt kommt jemand auf die Idee und schreibt in den Entwurf hinein, der Auftragnehmer soll im Vorhinein schon das Risiko tragen, dass während der Ausführung des Auftrags die Tariflöhne in irgendeiner Form erhöht werden und das noch abfangen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist Unsinn. Keiner weiß, wann der Auftrag beginnt. Im öffentlichen Dienst gibt es wenige Bauzeitenpläne. Das führt dazu, dass derjenige, der die Aufträge abgibt, also der potenzielle Auftragnehmer, schon ein Risiko einpreisen muss, dass die Löhne nach oben gehen. Das ist ein Irrsinn. So etwas habe ich noch nicht gehört. Man sagt von vornherein: Du, ich weiß nicht, ob es teurer wird oder nicht, aber gebe einmal ein Angebot ab.
Wenn Sie dann wissen – das können Sie nicht bestreiten –, dass die Europäische Union uns ins Stammbuch geschrieben hat, dass wir in Deutschland viel zu wenige Bewerber für öffentliche Aufträge haben, sollten Sie sich bitte zunächst einmal hinterfragen, warum dem so ist.
Ich habe mit Verbänden und auch kleinen Unternehmern gesprochen, die mir sagen, wir machen da gar nicht mehr mit, weil wir erstens die Bedingungen gar nicht erfüllen können. Dann sollen wir noch für den Nach-, Nach- und Nachunternehmer haften, den man im Zweifel zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebots gar nicht
kennt. Das sind alles Dinge, bei denen diese sagen, da machen wir nicht mehr mit. Sie ziehen sich aus der Fläche zurück und sagen, wir werden uns die öffentlichen Aufträge nicht unter den Nagel reißen.
Frau Kollegin, wenn Sie das wollen und das unter Wirtschaftspolitik, Mittelstandsförderung und Arbeitsplatzsicherheit verstehen, dann ist das alles andere als zielführend. Das kann ich Ihnen ganz klar sagen.
(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wenn Sie das unter Arbeitnehmerfreundlichkeit verstehen, ist das auch nicht zielführend!)