Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wie immer, die Universitätsmedizin ist, glaubt man der Aufsichtsratsvorsitzenden, auf einem guten Weg, nur noch 8 Millionen Euro Defizit, 10 Millionen Euro Mehrerlös und mehr Einsparungen.
Ich möchte auf einen Aspekt hinweisen, der mir wichtig ist. Der hat nicht nur etwas mit Geld zu tun. Wo soll vor allen Dingen gespart werden? Beim Personal. Man wird beruhigt. Das gilt insbesondere für die Öffentlichkeit in
der Landeshauptstadt. Bei uns in Mainz ist die Universitätsmedizin immer noch das Stadtkrankenhaus. Es wird die Öffentlichkeit beruhigt und gesagt, es wird zwar beim Personal gespart, aber nur beim sogenannten patientenfernen Personal.
Meine Frage: Was ist das? Gibt es in einem Krankenhaus patientenfernes Personal? Braucht nicht der Arzt, insbesondere wenn er besonders schwere Patienten behandeln will, den Laboranten? Braucht er, wenn er nicht nur gute Arbeit als Arzt abliefern will, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich arbeiten will, vielleicht eine Buchhalterin?
Es ist doch Augenwischerei zu glauben, wir könnten die Ressourcen reduzieren, wir könnten in großem Stil Personalkosten einsparen, gleichzeitig mehr Patienten behandeln, gleichzeitig kränkere Patienten behandeln und auf die Art und Weise den Ertrag der Universitätsmedizin nach oben schrauben. Das ist pure Augenwischerei.
Erzählen Sie deshalb bitte nicht – vor allen Dingen nicht den Patienten –, dass Ihr Strukturkonzept, mit weniger Personal mehr und kränkere Patienten zu behandeln, von Erfolg gekrönt ist.
Jetzt schauen wir doch einmal in den Wirtschaftsplan hinein. Wir haben ihn nämlich auch gelesen. Glauben Sie mir. Wir haben ihn in den Haushalts- und Finanzausschuss eingebracht, weil wir der Auffassung sind, dass, wenn eine Landestochter so hohe Defizite vor sich herschiebt, das nicht nur etwas für den Fachausschuss, sondern auch etwas für den Haushalts- und Finanzausschuss ist.
Herr Kollege, da werden wir im Wirtschaftsplan zum einen mit den Überlegungen des Aufsichtsrats und des Vorstands konfrontiert, zusätzliche sogenannte CaseMix-Punkte zu erzielen, indem man mehr und schwerere Fälle behandelt. Es steht aber auch drin – und die Geschäftsleitung sichert sich da ab, und sie ist auch klug beraten, sich abzusichern –, dass das alles mit einem enorm riesigen Risiko verbunden ist und allein das Thema „Case-Mix-Punkte“ acht Millionen Euro Defizite hervorruft. Dazu kommen die ganzen Wahlleistungen, die damit korrelieren. Der Aufsichtsrat und der Vorstand sichern sich mit diesem Risikoszenario ab. Eines ist doch leider nicht unwahrscheinlich, dass das, was jetzt im Wirtschaftsplan zu Papier gebracht worden ist, am Schluss nicht hält.
Dann haben wir nicht 10 Millionen Euro mehr Erlöse, dann haben wir nicht 10 Millionen Euro Mindereinnahmen, sondern dann haben wir ein wesentlich höheres Defizit. Dafür ist auch und gerade der Aufsichtsrat verantwortlich. Deshalb muss der Aufsichtsrat mit Fachleu
„27 Jahre nach Tschernobyl: Haltung der Landesregierung zum nationalen Konsens bei der Endlagersuche“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2267 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, meine Damen und Herren! Vor 27 Jahren, am 26. April 1986, ereignete sich in Tschernobyl die bisher schwerste Reaktorkatastrophe in Europa. Die meisten hier Anwesenden können sich bestimmt noch mühelos daran erinnern, was sie damals gemacht haben. Eine gewaltige radioaktive Wolke hatte sich über ganz Europa verteilt. Ich kann mich gut daran erinnern, dass man manchmal aus Hilflosigkeit keinen anderen Weg wusste, als Spielplätze, Sandkästen und vieles andere zu sperren. Es war eine Zeit – wir erinnern uns –, in der Geigerzähler sehr schnell ausverkauft waren. Eine Explosion, ein Knall, und von diesem Tag an hatte sich das Leben nicht nur in Weißrussland und in der Ukraine, sondern auch in ganz Europa verändert.
Wenn wir uns aber daran erinnern, sollten wir natürlich weniger über uns selbst reden, sondern vor allem über diejenigen, die dieses Ereignis viel härter als uns hier in Deutschland getroffen hat, die näher am Ort der Katastrophe wohnten als wir.
Meine Damen und Herren, die Folgen dieser Katastrophe sind bis heute kaum vorstellbar. 4.000 Menschen sind unmittelbar nach der Katastrophe gestorben. 350.000 wurden evakuiert. 800.000 sogenannte Liquidatoren haben versucht, den brennenden Reaktor abzudichten. Die meisten sind an Spätfolgen gestorben. Viele Nachkommen kamen und kommen heute noch mit Behinderungen und Missbildungen zur Welt. Ökonomisch leiden Weißrussland und die Ukraine bis heute darunter. Von Weißrussland kenne ich die Zahlen nicht genau. Von der Ukraine heißt es, dass 6 % des Bruttosozialprodukts bis heute durch die Folgen von Tschernobyl gebunden sind. 1,5 Millionen Hektar Bodenfläche sind nach wie vor rund um Tschernobyl verseucht.
Meine Damen und Herren, welcher Fluch, den diese Katastrophe über diese ganze Region gebracht hat, welche Mahnung daran, dass diese Hochrisikotechnologie eben nicht von Menschenhand beherrschbar ist!
Tschernobyl hätte einen Epochenwechsel einläuten müssen. Der rot-grüne Atomausstiegskonsens aus dem Jahr 2000 verkörperte dieses Umdenken. Der Kompromiss, der auch vonseiten der Atomwirtschaft mitgetragen wurde und bis 2020/2021 umgesetzt werden sollte, wurde aber von der momentanen Bundesregierung beerdigt. Anstelle eines Ausstiegs aus dieser Technologie setzte Schwarz-Gelb die Laufzeitverlängerung aller deutschen Atomkraftwerke bis 2040 durch. Zu diesem Zeitpunkt schienen die Lehren aus Tschernobyl vergessen und die Renaissance des Atomzeitalters eingeläutet. Erst die tragische nukleare Katastrophe in Fukushima und die folgenden Demonstrationen und auf Druck der Opposition im Bundestag haben die Bundesregierung zu einer neuen Kehrtwende gezwungen. Deutschland steigt nun also doch aus der Atomkraft aus. Meines Erachtens geschieht das nicht früh genug.
Doch was passiert mit den Altlasten des Atomzeitalters? Wo soll der hoch radioaktive Müll aus den Atomkraftwerken gelagert werden? 50 Jahre nach dem Einstieg in die Atomenergie, drei Jahre nach dem ersten Ausstiegsgesetz und neun Jahre nach der ersten Vorlage eines Endlagersuchgesetzes wurde Anfang des Monats nun ein historischer Durchbruch in der Endlagersuche erzielt, einen kompletten Neustart für die Suche nach einem Ort und Lagerkonzept für hoch radioaktiven Müll in Deutschland zu erreichen. Damit ist klar, es wird keine weiteren Castor-Transporte nach Gorleben geben. Klar ist aber auch, alle Bundesländer haben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung jenseits der aktuellen Regierungskonstellationen.
Noch in diesem Jahr wird eine Kommission ihre Arbeit zur Endlagersuche aufnehmen, in der neben politischen Vertretern prominent die Wirtschaft sowie Verbände, Arbeitgeber, Gewerkschaften und Kirchen vertreten sein sollen. So wird sichergestellt, dass der nötige Sachverstand zusammengeführt wird und jenseits der parteipolitischen Überlegungen eine rationale, transparente und pluralistische Diskussion geführt werden kann.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kollegin Nabinger hat es gesagt, morgen jährt sich zum 27. Mal die Atomkatastrophe in Tscher
nobyl. Ich bin mir sehr sicher, dass jeder hier im Raum sich in irgendeiner Form noch an diese Situation erinnern kann. Die jungen Leute, die oben auf der Tribüne sitzen, sind noch nicht so alt, aber ich denke, sie alle haben von dieser Katastrophe gehört.
Viele von uns waren damals gelähmt vor Schock und eigentlich unfähig zu verstehen, was da eigentlich passiert war. Niemand hat bis zu diesem Zeitpunkt geglaubt, dass so etwas jemals passieren könne. Alle Atomreaktoren schienen die sichersten der Welt zu sein, und alle, die auch zu diesem Zeitpunkt schon dagegen demonstriert haben, galten als Spinner und unbelehrbare Weltverbesserer. Heute sieht man das glücklicherweise anders.
Dann ist es doch passiert. In der Nacht vom 25. auf den 26. April ereignete sich der weltgrößte Unfall in einem Atomreaktor. Durch eine Verkettung von Mängeln führten die Umstände in der Revisionsphase zu einer sprunghaften und nicht mehr kontrollierbaren Leistungserhöhung mit anschließender Explosion. Dabei wurde Radioaktivität in Höhe von Trillionen – diese Zahl kann man sich gar nicht vorstellen – Becquerel freigesetzt und breitete sich über weite Teile Europas bis hin nach Großbritannien und Skandinavien aus.
Noch heute fragen wir uns: Was sind eigentlich die Folgen? – Es ist schwer zu sagen, welche Folgen jetzt noch auf dieses Ereignis zurückgehen, aber mit Sicherheit sind es einige Tausend von zusätzlichen Todesfällen durch Krebserkrankungen, und hier vornehmlich durch Blut- und Drüsenkrebs.
In der Ukraine gibt es – das wissen wir alle – eine verwüstete Region im Umfeld des Meilers. Es gibt Folgeschäden durch den radioaktiven Niederschlag, den sogenannten Fallout, bis hin nach Großbritannien und Skandinavien. Wegen der langen Halbwertszeit gerade von Cäsium 137 – das war das dominierende Element – verbleibt dieses Element noch lange in der Nahrungskette in unseren Wäldern.
Der Reaktor von Tschernobyl ist heute in einen Sarkophag eingebettet, mit dem versucht wird, die Radioaktivität einzuschließen. Ob das gelingt, weiß man nicht. Es gibt an diesem Sarkophag immer wieder Bruchstellen.
Ja, meine Damen und Herren, und dann kam Fukushima. Dann kam der 11. März 2011, der Tag, an dem die Kanzlerin morgens als Atombefürworterin aufstand und in der Nacht als Atomgegnerin zu Bett ging.
Ich bin mir ziemlich sicher: Deutschland wird auch ohne Atomkraft funktionieren. Noch leisten die Energiekonzerne immer wieder einmal Widerstand und finden dabei auch ihre Lobbyisten. Doch das Ende der deutschen Atomkraftwerke ist besiegelt. Das ist auch wirklich gut so.
Geblieben ist dennoch die Frage: Wohin mit dem ganzen Atommüll? Hoch radioaktive Abfälle müssen für mehr als eine Million Jahre sicher von der Biosphäre, also von der Lebenssphäre der Erde, abgeschirmt werden. Der umstrittene Salzstock Gorleben nimmt als Zwischenlager keine Behälter mehr auf. Es verbleiben also noch ungefähr 26 Castortransporte, die ein Zwischenlager suchen.
Ein halbes Jahrhundert nach Inbetriebnahme des ersten Kernkraftwerks gibt es nun einen parteienübergreifenden Konsens für die Suche nach einem Endlager. Das war einst eine sehr, sehr schwierige und umstrittene Frage. Ich bedanke mich bei Ministerin Lemke, die bei der Einigung der Länder, bei der Findung dieses Endlagersuchgesetzes einen maßgeblichen Beitrag geleistet hat.