Der Finanzminister hat mit dieser Forderung ein wichtiges und entscheidendes Thema in der Tarifgestaltung der Einkommensteuer angesprochen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Als wir das gelesen haben, haben sich viele Leute ans Ohr gefasst bzw. haben sich die Augen gerieben; denn derselbe Finanzminister, der dies Anfang April gefordert hatte, hatte wenige Wochen vorher genau diese Forderung, nämlich mehr Netto vom Brutto, im Bundesrat abgelehnt.
Darüber sollten wir zumindest in diesem Plenum einmal kurz reden. Da zwischenzeitlich der Ankündigung des Finanzministers keine parlamentarische Initiative gefolgt ist, also dem Hohen Hause kein Antrag dazu vorliegt, wir das Thema aber für besonders wichtig halten, haben wir einmal kurzerhand die Arbeit des Finanzministers übernommen
und einen entsprechenden Antrag in diesem Hohen Hause vorgelegt. Wir helfen Ihnen damit, Ihre Ankündigung mit Substanz zu füllen, zu untermauern, und Ihre Worte in die Tat umzusetzen.
Deshalb bin ich mir sicher, es wird Ihnen am Ende dieser Debatte nichts anderes übrig bleiben, als unserem Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Gestern haben wir – wie ich finde – in einer ernsthaften Steuerdebatte über die Ehrlichkeit der Steuerbürger gegenüber dem Staat gesprochen. Heute, bei diesem Thema, geht es um die Ehrlichkeit des Staates gegenüber dem Steuerbürger.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die kalte Progression entsteht aus dem Zusammenwirken von Steuerprogression und Inflation und hat zur Folge, dass die Steuer auf die Einkommen deutlich schneller zunimmt als die Einkommen selbst. Der Staat erhält zulasten der Steuerbürger Mehreinnahmen automatisch, intranspa
rent und ohne parlamentarische Beratung. Bei konstanten Tarifgrenzen sorgt allein der Einkommensanstieg in Höhe der Inflation für eine überproportionale Steigerung des Einkommensteueraufkommens.
Tarifanpassungen sind seit dem Jahr 2010 unterblieben; deshalb kumulieren die rein inflationsbedingten Steuermehreinnahmen seit 2010 Jahr für Jahr.
Verschärft wird das Ganze dadurch, dass der Bundesrat mit Zustimmung auch der rot-grünen Regierungen im Zusammenhang mit der Vorlage zur Abschaffung der kalten Progression beschlossen hat, nicht die kalte Progression abzuschaffen oder zumindest einzudämmen, sondern eine Anpassung des Grundfreibetrages durchzuführen.
Ja, das ist auch sinnvoll, und dies war auch notwendig aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung und aufgrund der Analyse der Situation der Einkommen in diesem Land.
Aber die isolierte Anhebung des Grundfreibetrages führt bei einer unveränderten Tarifgestaltung im Einkommensbereich in der ersten Phase zu einer sogenannten Stauchung, das heißt, die Wirkungen der kalten Progression werden durch die Erhöhung des Grundfreibetrages noch härter in ihren Auswirkungen für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Sie legen in einer beachtlichen Höhe drauf; denn der Gesamteffekt der kalten Progression macht von heute aus gesehen bis zum Jahr 2020 insgesamt 20 Milliarden Euro aus. Jeder Steuerpflichtige zahlt allein aufgrund des Zusammenwirkens von Inflation und Steuerprogression im Durchschnitt 561 Euro mehr an Einkommensteuer.
Zwar zahlen dabei die Bezieher niedrigerer Einkommen in abstrakten Zahlen gesehen weniger, die anteilige Zusatzbelastung für niedrige Einkommen ist aber höher als die Belastung der Steuerzahler mit höheren Einkommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot-Grün, wenn das in einem anderen gesellschaftlichen Bereich
Da das hier aber schleichend, heimlich und ohne parlamentarische Beratung geschieht, ist es Ihnen schlicht und ergreifend egal, nicht zuletzt auch deshalb, weil die dadurch generierten Mehreinnahmen Ihre ungehemmte Ausgabenpolitik weiter befeuern, meine Damen und Herren. (Zuruf des Abg. Ramsauer, SPD)
Systematisch gesehen profitiert der Staat von Lohnerhöhungen, denen auf der Seite der Steuerpflichtigen keine höhere wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit entspricht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine solche Situation, eine solche Politik höhlt jedes Steuersystem von innen heraus aus.
Ja selbstverständlich. Herr Kollege, wenn Sie den inneren Drang verspüren, hier den politischen Teletubby zu spielen, leben Sie diesen Drang vielleicht anderswo aus. Hier behindert er die sachliche Aussprache zu einem ernsthaften Thema.
(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Das ändert nichts daran, dass es Quatsch ist, was Sie da erzählen!)
Wir fordern Sie deshalb auf, verlassen Sie diese unsägliche Politik auf dem Rücken der ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Kommen Sie zurück zu einer Politik der Vernunft, und ordnen Sie nicht alles und jedes Ihrem Wahlkampf im Hinblick auf die Bundestagswahl unter, meine Damen und Herren.
(Ramsauer, SPD: Auch mit Polemik werden falsche Zahlen nicht richtig! – Frau Klöckner, CDU: Da kennt sich aber einer aus!)
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, dass viele aus meiner Fraktion kurz vor 21:00 Uhr abends von mir ein Grundsatzreferat
und für mich von der Gliederung her so einfach aufgebaut, dass ich es mir einfach machen kann und Sie mir damit die Gelegenheit geben, das nur mit wenigen Worten abzuhandeln.