Protocol of the Session on March 8, 2013

Unter dem achten Punkt fordern Sie, Anbieter von Dienstleistungen und Produkten verstärkt dafür zu sensibilisieren, ihre Angebote am Bedarf für ältere Menschen auszurichten. Wir haben den Aktionsplan „Gut

leben im Alter“ in Rheinland-Pfalz. Wir haben das Projekt „Bewegung im Alter – wer rastet, der rostet“. Wir haben „Zuhause wohnen ohne Barrieren“.

(Glocke der Präsidentin)

Wir haben die Pflegestützpunkte eingeführt. Ich denke, dies ist ein breites Angebot, und wir sind auf einem guten Weg.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Müller-Orth das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin!

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, der uns vorliegende Antrag der CDU-Fraktion hinterlässt uns GRÜNE etwas ratlos. Uns liegt hier eine wilde Mischung aus Verbraucherschutzforderungen, die wir zum Teil schon lange erfüllen, demografischer Entwicklung und ländlicher Räume vor. Verbraucherpolitik hat die Aufgabe, alle Gruppen – also Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer mit und ohne Migrationshintergrund und ältere Menschen, egal, ob diese in der Stadt oder auf dem Land wohnen – zu berücksichtigen. Verbraucherpolitik hat ebenso die Aufgabe, keine dieser Gruppen zu vernachlässigen. Eine in Zukunft veränderte Altersstruktur bedeutet doch nicht, dass wir es nur noch mit unmündigen tattergreisähnlichen Verbraucherinnen und Verbrauchern zu tun haben werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Im Gegenteil, ältere Menschen sind schon jetzt oftmals viel besser informiert als jüngere. Das liegt zum einen daran, dass sie viel mehr Zeit haben, sich zu informieren, gerade wenn sie vielleicht schon das Rentenalter erreicht haben, aber auch, weil Jüngere sich manchmal gar nicht so dafür interessieren, was sie eigentlich kaufen.

In Ihrer Großen Anfrage vom letzten Jahr vermischen Sie munter und fröhlich den demografischen Wandel mit der Entwicklung der ländlichen Räume und der Verbraucherpolitik. Dieses Prinzip spiegelt sich auch jetzt komplett wider. Hier wird versucht zu vermitteln, dass die Landesregierung nicht genug tue, um den Verbraucherschutz demografiefest zu entwickeln. Die Kollegin, Frau Simon, hat gerade aufgezählt, was wir alles tun.

Natürlich muss das Informations- und Beratungsangebot für Verbraucherinnen und Verbraucher kontinuierlich überprüft und weiterentwickelt werden. Das tun wir auch schon. Wir haben letztes Jahr die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz auf sichere Füße gestellt. Sie leistet

eine sehr gute Arbeit. Es gibt über das Land verteilt sechs Beratungsstellen und vier Stützpunkte. Dort gibt es eine persönliche Beratung. Zusätzlich gibt es noch Vorträge und Seminare an wechselnden Orten außerhalb der Beratungsstellen und Stützpunkte. Es gibt die Möglichkeit der Telefonberatung und sich per E-Mail beraten zu lassen.

Für uns GRÜNE stellt sich die Frage, ob wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbraucherzentrale noch im Verbraucherschutzmobil quer über das Land schicken müssen. Die besten Informations- und Beratungsangebote nützen nichts, wenn sich die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht informieren wollen. Wir können sie doch nicht „zwangsbeglücken“. Wenn wir etwas demografiefest für die Verbraucherpolitik tun wollen, müssen wir die Gesetze so ändern, dass sie weniger Spielraum lassen, Verbraucherinnen und Verbraucher über den Tisch zu ziehen oder zu betrügen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

In solchen Fällen hilft den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch nicht das 398. Konzeptchen, das wir dann aus der Schublade ziehen. Die demografische Entwicklung in Deutschland wird seit Längerem überall breit diskutiert. Der Handel praktiziert bereits Seniorenmarketing auf so hohem Niveau, dass andere nur noch mit dem Kopf schütteln, um das Kundenpotenzial der sogenannten Gruppe der Best Ager bestmöglich zu nutzen. Als Konsumentinnen sind sie schon lange als interessante Zielgruppe erkannt.

Ich weiß nicht genau, was wir hiermit machen sollen. Ganz schwierig fand ich den Punkt mit der Lebensmittelsicherheit, den Frau Simon angesprochen hat. Es spielt doch überhaupt keine Rolle, wie alt die Verbraucherinnen und Verbraucher sind, um auf die Lebensmittelsicherheit zu achten. Egal, ob man jung oder alt ist, die Lebensmittelsicherheit brauchen wir. Die stellen wir auch sicher.

Hier wurde wieder einmal die übliche Diskussion über Qualitätskontrollen in der Gemeinschaftsverpflegung, die schon vor ein paar Wochen geführt wurde, mit der Lebensmittelsicherheit gleichgestellt. Ich finde, das ist extrem schwierig; denn anscheinend haben Sie es nämlich immer noch nicht verstanden.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat der Justiz- und Verbraucherminister, Herr Jochen Hartloff, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben schon einiges von den Vorrednerinnen gehört. Insofern

bitte ich um Entschuldigung, dass ich mich als Mann am Frauentag dieses Themas annehme. Gegendert wollen wir das tun.

Frau Schäfer, es wurde von den Kolleginnen darauf hingewiesen, dass vieles in Bewegung ist und der Verbraucherschutz eine Querschnittsaufgabe ist, die viele Lebensbereiche umfasst. Insofern teile ich die Auffassung, die Frau Müller-Orth geäußert hat, dass es nicht daran gebricht, dass man vielleicht noch einmal ein Leitbild und ein Konzept formuliert und man sich dann anhand dieses Konzepts, das vielleicht Fachleute mit Zuarbeit und Geldausgeben erarbeitet haben, den Herausforderungen stellt.

Das geschieht in Rheinland-Pfalz durch eine gute Ausstattung der Verbraucherzentrale, die sich bundesweit sehen lässt, und eine gute Zusammenarbeit mit all den Errungenschaften, die genannt worden sind und die auch in der Fläche da sind. Ich freue mich, dass allem Anschein nach durch die Mitarbeit des Landkreises Bad Kreuznach dort demnächst eine weitere Stelle in der Fläche eröffnet werden kann, wie das auch in anderen Orten der Fall ist.

Die Herausforderungen des Verbraucherschutzes bestehen darin, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher zum einen informiert sein sollen. Das ist selbstverständlich. Den Anspruch müssen wir immer haben. Daran arbeiten wir. Zum anderen müssen Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt werden. Als Stichworte sind die Lebensmittelsicherheit und die Bedarfsgegenständesicherheit zu nennen. Wir müssen in unseren Gesetzen bei der Kontrolle sehen, dass die Menschen keinen Schaden von den Produkten nehmen können, die sie besitzen oder kaufen.

Man muss berücksichtigen, dass bei all dem, was es am Markt gibt, zum Beispiel wenn man Handy-Verträge oder andere Geschäfte des täglichen Lebens abschließt, keine Verbraucherin oder kein Verbraucher alles wissen kann. Wir auch nicht.

Deshalb kommt es darauf an – das ist ein zweiter Baustein, der für Menschen gilt, die zum Beispiel klein oder gebrechlich sind –, dass wir Hilfen vereinfachender Art an die Hand geben. Eine wichtige Herausforderung für den Verbraucherschutz ist, dass man leicht erkennen kann, ob etwas zum Beispiel dick macht, schädlich ist, wie viel man davon zu sich nehmen kann oder nicht und ob das Finanzprodukt oder das Gerät, das mir jemand verkaufen will, vielleicht noch gar nicht ausgereift ist.

Werde ich an der Haustür, durch Telefonate oder im PC bedrängt, oder hat man plötzlich Verträge geschlossen, die man nie und nimmer vernünftig schließen wollte? Werde ich übertölpelt? Hier brauchen wir Schutzmechanismen. Deshalb ist immer der Staat gefordert, und zwar nicht nur im Land Rheinland-Pfalz, sondern auch in der Bundesrepublik.

Dazu brauchen wir auch Forschung, wie es in Ihrem Antrag steht. Ich will darauf hinweisen, dass wir uns auf dem Weg befinden. Wir müssen die Verbraucherforschung in der Bundesrepublik weiterentwickeln. Das ist keine Frage. Auf Antrag der Verbraucherschutzminister

konferenz befinden sich eine Datenbank und ein Informationssystem zur Verbraucherforschung in Vorbereitung, damit man die Ergebnisse im In- und Ausland bündeln und auf dieser Basis weiterarbeiten kann.

Welchen Baustein brauchen wir aus meiner Sicht noch dazu? Frau Simon hat es gesagt. Wir brauchen sogenannte Marktwächter. Bis Gesetze über den Berg sind und von Europa Richtlinien kommen, dauert es manchmal sehr lang. Wir haben die Idee, Marktwächter einzusetzen und als Informationsquelle zu nutzen, die neben der Gesetzgebung in einem anderen System Kenntnisse von Verbraucherzentralen und Menschen haben, die sich intensiv mit solchen Fragen auseinandersetzen. Sie können sich beschweren und haben die Möglichkeit, bei Aufsichtsbehörden, beispielsweise im Finanzmarktsystem bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu sagen, jetzt müsst ihr tätig werden, weil eine Entwicklung des Marktes falsch läuft. Das ist ein neues System für unsere Märkte, das mit der Marktwirtschaft konform ist.

Das Anliegen des Verbraucherschutzes muss es sein, die finanzielle Ausstattung von Verbraucherschutzorganisationen weiter zu verbessern. Deshalb schlage ich konkret vor, wenn Unfug getrieben wird und Betrug passiert, die Gewinne, die damit erwirtschaftet werden, zweckgebunden für den Verbraucherschutz einzusetzen, damit das Ungleichgewicht einer anbietenden Industrie und einem Markt mit sehr viel Mächten zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein wenig besser austariert wird. Das sind Grundanliegen, die wir in Rheinland-Pfalz und in der Bundesrepublik verfolgen.

Im Übrigen sind wir mit sehr vielen Einzelmaßnahmen, die wir in der Großen Anfrage teilweise angesprochen haben, auf einem guten Weg.

Sie haben eine Kurzintervention angemeldet. Ich habe vielleicht dann die Gelegenheit, darauf noch ein bisschen einzugehen.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Frau Kollegin Schäfer von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Minister, vielen Dank für die Ausführungen. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie auf dem Weg sind, eine Datenbank einzurichten, um Verbrauchererwartungen aufnehmen zu können. Vor diesem Hintergrund frage ich mich, warum dann die Fraktionen unserem Antrag nicht folgen können. Das ist doch genau das, was wir wollen. Warum sagen Sie das nicht?

(Staatsminister Hartloff: Weil es schon längst gemacht wird!)

Es liegt noch nicht vor. Das wurde nicht mit einem Ton erwähnt.

Ich freue mich aber, dass Sie die Notwendigkeit einsehen, was wichtig ist. Deswegen brauchen wir ein umfassendes Konzept und dürfen uns nicht mit Einzelheiten und einzelnen Aktionen zufriedengeben. Der demografische Wandel wird in Zukunft ganz neue Herausforderungen an die Menschen und die Politik stellen. Wir werden mit umfassenden Konzepten reagieren müssen und nicht nur sagen, ach, wir machen einmal hier ein Projekt, und wir machen da ein Projekt. Das klingt alles toll, reicht aber nicht aus.

Es geht darum, Infrastruktur zu schaffen. Infrastruktur heißt nicht, punktuell an dieser Stelle oder jener Stelle etwas zu machen. Da muss alles mit hinein. Das sind die Punkte, auf die es ankommt. Die können Sie ergänzen. Sie können sagen, da können wir noch das mit hinzunehmen. Wunderbar. Aber es spricht nichts dagegen, ein solches umfassendes Konzept in den Blick zu nehmen.

All das, was vor Ort schon passiert, können wir unterstützen. Es geht um Pflege. Es geht um viele andere Dinge, die wir mit aufnehmen müssen. Sie haben gesagt – der Minister hat sich darauf bezogen –, die Verbraucherzentrale sagt dies im Übrigen selbst, dass sie in der Fläche noch mehr tun könnte oder tun müsste, aber dass dafür ihre Rahmenbedingungen nicht stimmen.

Wir sind dankbar, dass wir in der Verbraucherzentrale einen so wichtigen, einen ganz unersetzlichen Partner haben. Aber trotzdem dürfen wir als Land die Verbraucherzentrale unterstützen. Dazu muss man in einem Konzept überhaupt einmal feststellen, an welcher Stelle.

Beim Thema „Lebensmittelsicherheit“ – um das noch einmal in den Blick zu nehmen – finde ich es schlimm, dass Sie das einfach so abwiegeln. Es geht nicht nur um Qualitätssicherung. Das haben Sie vielleicht nicht verstanden, sondern es geht auch um das Thema „Lebensmittelsicherheit“.

Wir wissen, dass seitens der Landesregierung die Vorgabe an das Landesuntersuchungsamt gemacht wurde, die Kontrollen und die Überwachung von Gemeinschaftsverpflegung in Altenheimen, aber auch an anderen Einrichtungen, Kindertagesstätten, Schulen, zu unterlassen.

(Frau Müller-Orth, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch nicht wahr!)

Es ist so. Es ist definitiv wahr.

(Glocke der Präsidentin)