Wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer eine volle Stelle hat, dann muss sie oder er von ihrem oder seinem Verdienst leben können. Der Arbeitslohn muss höher sein als die Leistungen, die eine Arbeitssuchende oder ein Arbeitssuchender erhält, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Arbeit muss sich lohnen, damit neben den vielen anderen Gründen ein Anreiz besteht, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Der Lohn muss darüber hinaus ausreichen, damit ein Rentenanspruch aufgebaut und eine zusätzliche private Alterssicherung angespart werden kann. Für diejenigen, die aus unterschiedlichen Gründen in Teilzeit arbeiten möchten oder keine volle Stelle finden, muss der Stundenlohn dem entsprechen, den eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer erhält, der in der gleichen Branche in Vollzeit arbeitet. Dieser Grundsatz, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, muss nach einer Einarbeitungszeit auch für Leih- und Zeitarbeit gelten.
Auch wir prangern prekäre Arbeitsverhältnisse, wie sie in den letzten Wochen bei Amazon und Globus offenbar wurden, an. Über das Ziel, faire und gerechte Löhne zu zahlen und dabei eine möglichst große Anzahl von Beschäftigten in sicheren Arbeitsverhältnissen zu haben, sind wir uns, denke ich, einig.
Mit der Politik der schwarz-gelben Bundesregierung ist es gelungen, eine Beschäftigungszahl zu erreichen, wie wir sie noch nie hatten. Parallel dazu hat sich der Anteil der abhängig Beschäftigten im Niedriglohnbereich von 14 % im Jahr 1995 auf 21 %, also um ein Drittel, im Jahr 2010 erhöht.
Die in vielen Teilen sinnvollen Maßnahmen der Agenda 2010 haben sich beim Lohnniveau negativ ausgewirkt. Eine Spirale der Lohnentwicklung nach unten hat begonnen, sich zu drehen und wird sich weiterdrehen. Ich denke, darüber, dass hier Einhalt geboten werden muss, besteht Konsens.
In mehr als zehn Branchen wurden unter der Regierung von Angela Merkel Mindestlöhne im Sinne des Arbeitnehmerentsendegesetzes festgelegt. Die Stundenlöhne liegen je nach Branche und Region zwischen 7 Euro bei Wäschereidienstleistungen im Osten und in Berlin und
13,70 Euro beim Baugewerbe für fachlich begrenzte Arbeiten im Westen. In der gemeinsamen Regierungszeit von SPD und GRÜNEN wurde kein einziger Branchenmindestlohn festgelegt.
Wie kommen wir zu einem Mindestlohn oder einer Lohnuntergrenze in den tariffreien Bereichen? Da unterscheiden sich unsere Wege zum gemeinsamen Ziel. Die CDU will eine allgemeinverbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen einführen, in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert. Die Lohnuntergrenze soll durch eine Kommission der Tarifpartner festgelegt werden und sich an den für allgemeinverbindlich erklärten Lohnuntergrenzen orientieren.
Eine Arbeitsgemeinschaft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat die Eckpunkte für die Umsetzung ausgearbeitet. Auch der Koalitionspartner FDP hat öffentlich erklärt, den eingeschlagenen Weg mitzugehen.
Wir wollen eine durch die Tarifpartner bestimmte und damit marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze und keinen Mindestlohn, der von der Politik einseitig festgelegt wird.
Wer den politischen Parteien die Lohnfindung überlässt, schwächt die betroffenen Akteure und ebnet den Weg in die Staatswirtschaft.
Wo es hinführen kann, wenn der Staat einseitig Löhne festlegt, sehen wir beim Lohndiktat von 1 % für die Beamtinnen und Beamten in Rheinland-Pfalz.
Hier wurde die Gehaltserhöhung einseitig nach Kassenlage festgelegt, unabhängig davon, wie sich die Löhne allgemein entwickeln.
Herr Pörksen, überlassen wir die Lohnfindung den Tarifparteien; denn sie haben aus gutem Grund Verfassungsrang und wissen am besten, was richtig und machbar ist.
In der ersten Hälfte Ihres Beitrages wollte ich Sie zu Ihrem neuen Amt als CDA-Vorsitzender beglückwünschen und Sie dabei unterstützen, dass Sie Ihre Positionen in der CDU und das, was Sie zur Gleichbehandlung von Leiharbeitern gesagt haben, mehrheitsfähig machen.
Es ist ein Skandal, was bei Globus gemacht wird. Das könnten wir gesetzlich unterbinden. Ihre Bundesregierung muss endlich aufhören, das zu blockieren.
Als Sie beim Mindestlohn angesetzt haben, habe ich gedacht, aha, einer hat es verstanden, und Sie könnten endlich Ihre Landesvorsitzende auf eine Position festnageln, die sich bei dem Thema öfters ändert als das Wetter im April.
In der zweiten Hälfte haben Sie dann etwas ganz anderes gesagt, und zwar komplett das Gegenteil. Sie haben die Position des CDU-Bundesverbandes verteidigt. Mir ist aufgefallen, dass Sie das abgelesen haben. Das war die Sprachregelung, die Sie abgelesen haben.
(Frau Klöckner, CDU: Was eure Leute ablesen, da machen wir mal eine Rechnung auf! – Weitere Zurufe von der CDU)
Es ist bedauerlich, dass die CDU nicht auf Leute wie Herrn Kessel und Herrn Billen in dieser Frage hören
und sich endlich zu einem einheitlichen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in der Bundesrepublik Deutschland durchringt.
Das, was Sie auf Bundesebene vertreten, ist das Gegenteil davon. Wenn man sich den hervorragenden Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz – vielen Dank an den Sozialminister, Herrn Schweitzer – anschaut, dann ist es nicht ein politisch festgelegter Lohn, sondern es ist eine gesetzliche Grundlage, auf der eine Kommission, bestehend aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern, einen entsprechenden Vorschlag für einen Mindestlohn, der mindestens 8,50 Euro die Stunde betragen soll, macht.
Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie hier populistischerweise behaupten. Stattdessen geben Sie ein Placebo mit Ihren sogenannten Lohnuntergrenzen vor. Wir müssen einmal überlegen, wovon wir hier reden. Wir reden in Deutschland von Stundenlöhnen von 3,80 Euro bei der Friseurin in Thüringen.