Protocol of the Session on January 31, 2013

(Beifall der CDU)

Das Ganze wird nicht ohne Anstrengungen und ohne Wandel gehen. Dieser Wandel braucht auch Werte und Richtlinien. Meine Vorstellung ist es nicht, so viel wie möglich den staatlichen Einrichtungen zu überlassen. Wir brauchen diese. Dort wird auch hervorragende Arbeit geleistet. Wir dürfen nicht glauben, dass wir immer und immer mehr auf die helfende und unterstützende Hand des Staates vertrauen, der es immer besser weiß als die Vielzahl der Bürgerinnen und Bürger, die ihr Leben vor Ort meistert. Diesen Glauben haben wir Christdemokraten nicht. Wir gehen vom Menschen aus und nicht von Strukturen.

(Beifall der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gelebten Zusammenhalt zwischen den Generationen kann der Staat allein nicht schaffen, und zwar weder mit Paragraphen noch mit bunten Hochglanzbroschüren. Für eine gute Zukunft sind die besten Ideen gefragt. Wir Christdemokraten haben den Anspruch, Veränderungen aktiv mitzugestalten und nicht abzuwarten, was sich irgendwo schon entwickeln wird.

Vor welchen Herausforderungen stehen wir? In unserem Land leben immer weniger junge Menschen. Die, die da sind, zieht es eher in die Stadt, als auf dem Land zu bleiben. Unternehmer haben Probleme, die freien Ausbildungsplätze zu besetzen. Auf der anderen Seite dün

nen die ländlichen Regionen aus. Ältere haben Sorge davor, alleingelassen zu werden und dass ihnen die Unterstützung fehlt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Zusammenhalt der Generationen und der Regionen ist die entscheidende und größte Aufgabe in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU)

Warum ist der Zusammenhalt wichtig? Er ist wichtig, weil sich die Landesteile in unserem Land sehr unterschiedlich entwickeln. Die einen Regionen freuen sich über stabile Bevölkerungszahlen und sogar über einen Bevölkerungszuwachs, wie zum Beispiel in der Landeshauptstadt, im Landkreis Mainz-Bingen, im Rhein-NeckarRaum, im Norden an der Grenze zu NordrheinWestfalen und in der Region Trier mit der Grenze zu Luxemburg.

Dagegen gibt es Regionen, wie zum Beispiel die Westpfalz und der Hunsrück, der Kreis Birkenfeld und die Stadt Pirmasens, die es viel schwerer haben. Die Einwohnerzahl nimmt rapide ab. Damit nehmen aber auch rapide die Probleme und Sorgen zu. Regional sind deshalb die Chancen in Rheinland-Pfalz höchst unterschiedlich. Durch diese Veränderungen verändern sich auch die Bedürfnisse.

Deshalb ist es wichtig, dass wir den Mut haben, das zu hinterfragen, was früher vielleicht einmal wichtig war und zur Zufriedenheit führte; denn das, was früher einmal richtig war, kann heute sogar falsch sein, wie das unkoordinierte Ausweisen von immer neuen Neubaugebieten bei einer sinkenden Bevölkerungszahl. Das müssen wir auch überdenken.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen eine vorausschauende Landesplanung und auch eine vorausschauende Landesentwicklung. Um es gleich vorwegzunehmen: Landesplanung ist viel mehr als nur die Verteilung von Windkraftanlagen über das Land.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, selbst die sollte durchdacht sein.

(Beifall der CDU)

Zur klugen Landesentwicklung gehört zunächst, dass wir für Stadt und Land nicht die gleichen, sondern verschiedene Entwicklungen und Lösungen parat haben. In Städten, wie zum Beispiel in Mainz, der Landeshauptstadt, in denen man sich selbst ein kleines Einfamilienhaus oder Wohnungen, die für Familien und Kinder geeignet sind, als Normalverdiener kaum leisten kann, gibt es ganz große Probleme, und zwar unabhängig davon, ob man kaufen oder mieten will.

Deshalb ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass private Bauherren oder Vermieter bereit sind, bezahlbaren Wohnraum insbesondere für junge Familien zur Verfügung zu stellen. Wer aber wie die SPD in Berlin mehr Wohnraum verspricht, aber gleichzeitig die Einfüh

rung der Vermögensteuer plant, verliert an Glaubwürdigkeit. (Beifall der CDU)

Die Rendite – wir können uns das genauer anschauen – für Wohnimmobilien ist mit 2 % bis 4 % nicht üppig. Kommt die Belastung durch eine Vermögensteuer hinzu, wird der Bau von gewünschtem Wohnraum ausgebremst, den wir gerne hätten. Zudem bin ich der festen Überzeugung, dass wir überzogene Veränderungen des Mietrechts zulasten der Vermieter nicht so weit gehen lassen, dass in Zukunft weniger passender Wohnraum zur Verfügung gestellt wird. Wer will, dass in Wohnraum investiert und er zur Verfügung gestellt wird, darf diese Aktivität nicht frühzeitig bremsen. Das eine hat mit dem anderen etwas zu tun. Beides zu fordern, passt nicht.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade in den Städten gibt es viele Familien und Alleinerziehende, die darauf angewiesen sind, ganztags zu arbeiten. Wir brauchen deshalb schneller genügend gute Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Die Bundesregierung hat diesen Bedarf erkannt und allein Rheinland-Pfalz rund 130 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben gestern angekündigt, dass sich die Landesregierung endlich engagieren will;

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

denn die Kommunen sind hier ganz klar in Vorleistung gegangen. Das sind die Fakten.

Jetzt stellt sich die Frage: Lassen Sie eigentlich auch den Kommunen rückwirkend den Anteil zukommen? – Das ist die entscheidende Frage.

(Beifall der CDU)

Viel dramatischer aber ist: Die Landesregierung hat bisher keine befriedigende Antwort auf die Bedürfnisse der Eltern gerade in den größeren Städten des Landes gegeben. Auf dem Land wiederum – das ist klar – gibt es andere Bedürfnisse:

1. Wo Buslinien ausgedünnt werden, der Metzger, der Bäcker und das letzte Lebensmittelgeschäft schließen und der ältere Hausarzt seine Praxis nicht mehr länger offenhalten wird, können zum Beispiel Bürgerbusse nach Bedarf eingesetzt werden, damit Ältere zum nächsten Arzt kommen, im Nachbarort einkaufen können oder Jugendliche über Sammeltaxen mobil bleiben.

2. Wenn neue Kindergärten gebaut werden, müssen wir heute schon den längerfristigen Bedarf im Blick haben. Wie entwickelt sich eigentlich die Situation vor Ort? So, wie es ganz selbstverständlich auch Private tun, wenn sie ein Haus bauen, denken auch die Eltern schon daran: Wie ist unser Eigenheim zu nutzen, wenn die Kinder einmal flügge sind? – Kurzum, wir müssen heute, auch in der Politik, schon an morgen denken.

(Beifall der CDU)

3. Unsere Dörfer müssen lebendig bleiben. Hierfür brauchen wir Familien. Junge Eltern sind aber oft Berufspendler. Damit sie aber in den Dörfern wohnen bleiben können, müssen wir bei neuen Betreuungsangeboten auch sie denken: Private Elternnetzwerke, Nachbarschaftshilfe, flexible Öffnungszeiten bei den Kitas. – Wir fordern deshalb von der Landesregierung einen Ideenwettbewerb. Es geht um günstige Rahmenbedingungen für junge Familien und Kinder. Da sollten wir die kreativen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in diesem Land mit einbeziehen.

(Beifall der CDU)

Es gibt da vieles, was vor Ort schon geschehen ist. Ich nenne ein Beispiel aus meiner Heimat. Hergenfeld gilt übrigens als eines der kinder- und familienfreundlichsten Dörfer. Dort hat sich eine ganze Dorfgemeinschaft der Willkommenskultur verschrieben. In bürgerschaftlichem Engagement wurden ein Dorfladen, ein Mehrgenerationenplatz und ein Elternnetzwerk mit Kinderbetreuung ins Leben gerufen. Klar, dazu gehören Kreativität, Engagement, positives Denken und Mut vor Ort – und nicht nur einzelne Modellprojekte, die irgendwie aus Mainz gesteuert worden sind.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rheinland-Pfalz hat alle Möglichkeiten. Wir müssen nur den Schwung der Jugend und die Erfahrung des Alters, den Unternehmergeist unserer mittelständischen Wirtschaft, die Gastfreundschaft, die gelassene, gesellige Art unserer Landsleute mitnehmen. Weiter müssen wir den Mut zum Risiko haben, um neue Wege zu mehr Patenten, Entdeckungen und Erfindungen zu gehen. Auch das gehört dazu.

(Beifall der CDU)

Wenn möglichst viele mitmachen, verbessert das Teilhabe im Alltagsleben. Das ist gelebte Bürgergesellschaft statt ständig steigender staatlicher Hilfeleistung. Der Glaube an uns selbst und die Eigeninitiative sind manchmal beglückender, als Formulare ausfüllen zu müssen. Schön ist es, dass in unserem Land schon viel getan wird. Wir müssen aber noch mehr die Spirale vor Ort, die mitunter negativ ist, entkräften. Ich habe schon Sorge, wenn ich höre, dass immer mehr Vereine, gerade Sportvereine, es schwer haben, Vorsitzende und Schatzmeister zu finden. Es sind aber doch die Vereine, die junge Menschen integrieren, die dort Teamgeist lernen und letztlich den Zusammenhalt der Generationen gewährleisten.

(Beifall der CDU)

Lassen Sie uns gemeinsam, sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, mit den Kommunen vor Ort darüber reden, wo wir konkret helfen können. Lassen Sie uns nicht nur darüber reden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Christdemokraten kümmern uns um die Mitte unserer Gesellschaft. Die

Mitte der Gesellschaft muss wieder mehr im Zentrum der politischen Aufmerksamkeit und des Handelns stehen.

(Beifall der CDU)

Wer aber ist die Mitte der Gesellschaft? Das sind die vielen, die sich in Vereinen, Verbänden und Kirchen engagieren. Sie sind es, die die freiwilligen Feuerwehren unterstützen. Sie sind es, die sich in sozialen Initiativen zuhause, in Altenpflegeheimen oder Krankenhäusern um Alte und Kranke kümmern. Das kulturelle Leben in der Stadt und auf dem Land wäre um ein Vielfaches ärmer, wenn es keine freien, keine privaten Gruppen gäbe, die in Eigenregie kulturelle Ereignisse planen und auf die Beine stellen. Ihnen möchte ich heute besonders danken.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Mitte sind aber auch diejenigen, die jeden Morgen früh aufstehen, ihren Kindern die Brote schmieren, sich engagieren, korrekt die Steuern zahlen und nicht im Mittelpunkt des Interesses stehen, aber ordentliche Bürger dieses Landes sind. Über die müssen wir reden und auch denen Danke sagen. (Beifall der CDU)

Sie sind es, die unseren Sozialstaat erst möglich machen. Die Mitte der Gesellschaft sind auch die vielen Mittelständler, die Familienbetriebe, die Handwerker, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie haben Deutschland, sie haben Rheinland-Pfalz in der wirtschaftlichen Krise geholfen, sodass unser Land besser aus der Krise herauskam als jedes andere Land in Europa. Darüber sollten wir uns freuen und nicht ständig neue Forderungen an die stellen, die den Karren schon ziehen, und den Karren immer noch weiter beladen.

(Beifall der CDU)

Genau die verdienen unsere Unterstützung. Wir haben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa. Darüber sollten wir uns wirklich freuen.

Das gilt übrigens auch für die Mütter und Väter, die ihre Kinder liebevoll erziehen. Es gilt für die Familien, die sich um kranke oder alte Eltern und Großeltern kümmern; denn genau sie sind es, die ohne großes Brimborium eines möglich machen, den Zusammenhalt der Generationen. Sie reden nicht darüber, sie machen es.

(Beifall der CDU)

Deshalb möchte ich sagen: Auch bei der politischen Schwerpunktsetzung muss unsere Unterstützung vor allen Dingen auch denjenigen gelten, die – wie ich eben sagte – den Karren ziehen. Wir dürfen den Karren nicht ständig neu mit Steuererhöhungen, zusätzlichen Abgaben und unnötiger Bürokratie beladen. Das macht das Ganze nicht besser und auch nicht schneller.