Protocol of the Session on January 30, 2013

Seit Langem ist der Finanzierungssaldo der Kommunen negativ. Wir werden das ändern. Spätestens in zwei Jahren werden unsere Kommunen in Rheinland-Pfalz erstmals seit fast einem Vierteljahrhundert in die Lage versetzt, einen positiven Finanzierungssaldo zu erreichen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Enquete-Kommission des Landtages hat dazu inzwischen konkrete Vorschläge und Eckpunkte erarbeitet. Dafür bin ich dankbar. In den kommenden drei Jahren werden wir unseren Kommunen insgesamt eine knappe halbe Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung stellen.

Die großen Soziallasten der kommunalen Haushalte entstehen in den Landkreisen und in den kreisfreien Städten. Um zu gewährleisten, dass das zusätzliche Geld genau dort ankommt, bedarf es im kommunalen Finanzausgleich auch einer horizontalen Korrektur. Dazu schaffen wir eine neue Soziallastenzuweisung. Wir stellen so bereits 2014 mit einem Volumen von rund 200 Millionen Euro anstelle des bisherigen Soziallastenansatzes in Höhe von 48 Millionen Euro gemäß dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs die Umverteilung für die Soziallasten auf ein ganz neues Fundament. Die neue Soziallastenzuweisung bewirkt eine gerechtere Verteilung der Mittel.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dabei stellen wir sicher, dass jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt zukünftig mehr Geld im Haushalt haben wird. Das Land wird einen eigenen spürbaren Beitrag leisten.

Meine sehr geehrten Herren, meine sehr geehrten Damen, wer in Rheinland-Pfalz in Gemeinden und Landkreisen unterwegs ist, sieht heute schon, was der demografische Wandel bedeutet. Die Menschen werden immer älter – und das ist ein Geschenk. Die Zahl der jungen Menschen nimmt ab, wir werden weniger. Tatsächlich handelt es sich um eine tiefgreifende Veränderung, die unserer Gesellschaft mehr und mehr ein neues Gesicht gibt.

Der demografische Wandel hat Auswirkungen auf alle Bereiche unserer Gesellschaft, auf die Familien, das Wohnen, die Arbeit, die Wirtschaft, die Bildung und die Infrastruktur. Überall gibt es Gestaltungsaufgaben und Gestaltungschancen. Regional wird die Entwicklung sehr unterschiedlich verlaufen. In einigen Regionen – wie in Landau, Mainz oder Trier – wird die Bevölkerung bis 2030 voraussichtlich zunehmen. In anderen geht sie zurück.

Bei der Gestaltung des demografischen Wandels ist die Landesregierung gemeinsam mit den Kommunen gefordert, spezifische Lösungen für unterschiedliche Bedarfe zu erarbeiten. Ob auf dem Land oder in der Stadt, ob Jung oder Alt – wir wollen, dass die Menschen in Rheinland-Pfalz weiter gut leben. Wir wollen keine Entscheidungen, die die Älteren oder die Jungen benachteiligen. Wir brauchen Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. (Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zu einer zukunftsgerechten Gestaltung gehören auch der Schutz und die verantwortungsvolle Nutzung der Natur – eine der Stärken unseres schönen Landes.

Auch unsere Kinder haben das Recht auf ein Leben in einer intakten Umwelt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung wird einen Nationalpark in unserer einzigartigen Hunsrücklandschaft unterstützen. Im Gleichklang von Naturschutz und nachhaltiger Tourismus- und Regionalentwicklung liegen die Chancen dieser Region.

Es ist das Ziel der Landesregierung, die ländlichen Räume aufgrund ihrer Stärken nachhaltig zu entwickeln. Regionale Wertschöpfung ist deshalb auch die Leitlinie unserer Landwirtschafts-, Weinbau- und Waldpolitik. Unsere Bauern, Winzer und Waldbesitzer erbringen erhebliche gesellschaftliche Leistungen. Wir begrüßen, dass die EU bei der Förderung der ländlichen Räume Schwerpunkte beim Klimaschutz, bei Agrarumweltmaßnahmen und bei der Bürgerbeteiligung setzt.

Zur ethischen Verantwortung im Umgang mit der Natur zählt natürlich auch der Tierschutz. Hier ist RheinlandPfalz immer Vorreiter gewesen. Wir werden uns im Bundesrat weiter für eine Verbesserung einsetzen und in Rheinland-Pfalz das Verbandsklagerecht einführen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Herren, meine sehr verehrten Damen, Demografiepolitik hat in Rheinland-Pfalz einen besonderen Stellenwert. Rheinland-Pfalz war 2011 das erste Bundesland, das ein eigenes DemografieMinisterium geschaffen hat. Um die Bedeutung, die diese Aufgabe für mich hat, zu unterstreichen, werde ich darüber hinaus ein Demografie-Kabinett ins Leben rufen, damit sich die ganze Landesregierung regelmäßig mit diesem Schwerpunkt beschäftigt.

Auch die Kommunen haben längst begonnen, sich auf den demografischen Wandel einzustellen. Die meisten haben die nicht einfache Aufgabe, kommunale Dienstleistungen bei sinkender Einwohnerzahl weiter in guter Qualität zu erbringen. Das wird durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien schneller und einfacher möglich. Auch die Optimierung der Gebietsstrukturen hilft den Kommunen bei der Gestaltung des demografischen Wandels.

Durch unsere sehr kleinteilige Ortsgemeindestruktur ist die kommunale Ebene besonders bürgernah. Der Erhalt dieser Bürgernähe bleibt uns ein wichtiges Anliegen. Dennoch müssen unsere Kommunen auch von der Größe her handlungsfähig bleiben. Die erste Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform hat sich deshalb vor allem auf Neugliederungen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden erstreckt. Daran halten wir fest.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die von mir geführte Landesregierung ist aber offen für konstruktive und machbare Alternativen. Dafür bieten wir Unterstützung durch eine Moderation vor Ort an. Wir wollen auch solche Modelle unterstützen, bei denen die betroffenen Orts- und Verbandsgemeinden eine sinnvolle Neuordnung über Kreisgrenzen hinweg anstreben, ohne damit eine vorgezogene Änderung der Kreisgrenzen zu verbinden. Dabei unterstützen wir die Lösungsvorschläge, die vor Ort mitgetragen werden und die nicht zu Insellösungen, sondern zu einem für das Land tragbaren Gesamtkonzept führen. Gemeinwohl, Bürgerwille und zukunftsfeste Strukturen sind der Dreiklang, dem wir hier folgen wollen.

Mit der zweiten Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform ab dem Jahr 2014 möchten wir auch die Gebiets- und Verwaltungsstrukturen der Landkreise und kreisfreien Städte demografiefest machen. Dabei sollen die Erfahrungen anderer Länder einfließen. Ich biete den kommunalen Spitzenverbänden – ich betone: ohne Vorbehalte – an, Impulse und neue Ideen zu entwickeln und mit zu gestalten. Dabei ist mir die Zusammenarbeit mit der Opposition wichtig. Ich lade sie ausdrücklich, und zwar von Anfang an, dazu ein.

In der zweiten Stufe sind mir drei Schwerpunkte besonders wichtig: erstens das Stadt-Umland-Problem und zweitens die Vertiefung der Aufgabenkritik. Welche Aufgaben sollen auch in Zukunft zwingend staatlich gelöst, welche aufgegeben und welche anderen Trägern übertragen werden? Ob und wie können Aufgaben besser, effektiver und kostengünstiger gelöst werden? Der Beteiligung der Bürger und der Fachleute wird dabei

eine besonders wichtige Rolle zukommen. Drittens: Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung. Wir werden beispielsweise fragen, welche Gesetze aufgehoben werden können, weil sie ihren Zweck erfüllt haben.

Um den demografischen Wandel zu gestalten, möchte ich auch die Förderpolitik des Landes neu ausrichten. Dazu ist es unerlässlich, dass Kommunen stärker kooperieren und regionale Entwicklungskonzepte erarbeiten, die sich an den gemeinsamen Bedürfnissen orientieren. Die regionalen Entwicklungskonzepte sollen auf Basis von moderierten Beteiligungsprozessen entstehen. So können Prioritäten gesetzt und passgenaue Lösungen gefunden werden. Die Bürger und Bürgerinnen wissen am besten, wie sich die Bedarfe in einer Region aufgrund des demografischen Wandels ändern.

Mit dieser bürgernahen regionalen Strategie geht die Landesregierung neue Wege in der Entwicklung ländlicher Räume. Die Landesregierung wird das Konzept zunächst in Schwerpunktregionen starten.

Der demografische Wandel führt auch beim Wohnen zu großen Veränderungen. Die Zahl der allein lebenden Menschen – sowohl der älteren als auch der jüngeren – wird weiter zunehmen. Die Landesregierung unterstützt den Wunsch vieler Menschen, auch bei Unterstützungs- und Pflegebedarf weiter zu Hause zu wohnen. Dazu brauchen sie vermehrt barrierefreie Wohnungen. Wir helfen durch unsere landesweiten Beratungsstellen, und wir kämpfen mit allen anderen Ländern für die Neuauflage eines bundesweiten Förderprogramms durch die KfW.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Entwicklung in Stadt und Land verläuft sehr unterschiedlich. In Mainz und Trier zum Beispiel wird der Wohnraum knapp und dementsprechend teuer. Hier müssen wir gegensteuern. Im Bundesrat setzen wir uns ganz aktuell für die stärkere Deckelung der Mietpreissteigerungen ein.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung legt auch ein eigenes Wohnraumförderungsgesetz vor, welches Bündnisse für soziale Wohnungspolitik vorsieht. Dabei stellt das Land finanzielle Mittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Die Kommune schafft die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen, und die Wohnungsbaugesellschaften bauen oder sanieren Wohnungen.

In der Vergangenheit bin ich sehr viel zum Thema „Gut leben im Alter“ in unserem Land unterwegs gewesen. Dabei haben mir viele Menschen ihren Wunsch nach gemeinschaftlichem Wohnen und aktiver Nachbarschaft mitgegeben. Sie wollen selbstbestimmt leben, aber nicht allein. Ich habe die Vision, dass in jeder Kommune in unserem Land gemeinschaftliche Wohnprojekte entstehen, damit Menschen jeden Alters – Arme und Reiche,

Menschen mit und ohne Behinderung – zusammenleben können, wenn sie es wollen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Gerade im ländlichen Raum gibt es mehr und mehr ungenutzte Immobilien, die dafür prädestiniert sind. Das Land wird seine Beratungs- und Förderpolitik auf diese neuen Nachbarschaften einstellen. Wir werden die Gründung von Genossenschaften unterstützen, die sich gemeinschaftliches Wohnen zum Ziel setzen.

Rheinland-Pfalz verfügt landesweit über eine gute medizinische und pflegerische Versorgung. Dazu beigetragen haben der Masterplan zur hausärztlichen Versorgung, das Geriatriekonzept, die „Initiative Gesundheitswirtschaft“ und das neue Förderprogramm zur Unterstützung von Pflege-Wohngruppen.

Mit dem Projekt „Gesundheit und Pflege 2020“ wollen wir schwerpunktmäßig dafür sorgen, dass die medizinische und pflegerische Versorgung auch in ländlichen Regionen sichergestellt bleibt. Gerade dort sind aufgrund der abnehmenden Bevölkerungsdichte neue Versorgungsmodelle nötig. Die Landesregierung wird bis Mai ein Konzept für medizinische Gesundheitszentren in diesen Regionen vorlegen.

Eine der heute schon spürbaren Auswirkungen des demografischen Wandels ist der steigende Bedarf an Fachkräften in einzelnen Branchen und Regionen. Aufgrund der zunehmenden Technologisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt geht es dabei nicht nur um die Sicherung einer genügenden Anzahl von Fachkräften, sondern auch um das Niveau ihrer Qualifikation.

Der Ovale Tisch für Ausbildung und Fachkräftesicherung bleibt für mich ein wichtiges Instrument. Er wird in diesem Frühjahr eine landesweite Fachkräfteinitiative vorlegen. Daran arbeiten die Partner am Ovalen Tisch: die Gewerkschaften, die Kammern, die Arbeitgeberverbände, die Bundesagentur für Arbeit und die zuständigen Minister und Ministerinnen der Landesregierung.

Gemeinsam tragen wir Verantwortung dafür, jungen Menschen Aufstiegschancen zu eröffnen. Deshalb steht die Landesregierung weiter zur Durchlässigkeit und Gebührenfreiheit unseres hochwertigen Bildungssystems.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deshalb wollen die Partner am Ovalen Tisch erreichen, dass alle jungen Menschen eine qualifizierte Ausbildung abschließen. Ich will für jeden jungen Menschen im Land eine Ausbildungsgarantie. Dafür will ich unsere Partner am Ovalen Tisch gewinnen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

In Rheinland-Pfalz gibt es zurzeit keinen flächendeckenden Fachkräftemangel, ungedeckten Bedarf aber zum Beispiel bei den Ingenieuren und in der Gesundheits

wirtschaft. Wie wir es bereits bei den Gesundheitsberufen gemacht haben, werden wir gemeinsam mit unseren Partnern ein branchen- und regionenbezogenes Monitoring aufsetzen.

Darüber hinaus will ich die Attraktivität des Standorts Rheinland-Pfalz offensiver kommunizieren und über die Grenzen unseres Landes hinaus um Fachkräfte werben. Rheinland-Pfalz steht in zunehmendem Wettbewerb um die klugen Köpfe. Mit einer Kommunikationsinitiative will ich gezielt für unser Land als gutem Ort zum Leben und Arbeiten werben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Herren, meine sehr verehrten Damen, ich will die Potenziale benennen, die für die Sicherung des Fachkräftebedarfs wichtig sind: Das sind die jungen Menschen, die einen guten Start ins Arbeitsleben mit sicheren Perspektiven brauchen. Das sind die gut und hoch qualifizierten Frauen, die bessere Arbeitsbedingungen brauchen, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, weniger prekäre Beschäftigung, flexiblere Arbeitszeiten und mehr Aufstiegschancen. Das sind die Migrantinnen und Migranten und die Zuwanderer aus dem Ausland. Sie sind uns willkommen, sie sind für jedes Unternehmen ein Gewinn und für unsere Gesellschaft eine ganz große Bereicherung.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die anstehende Umsetzung des Bundesgesetzes über die Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen betrifft heute schon etwa 15.000 Menschen in Rheinland-Pfalz.

Ein wichtiges Ziel bleibt, arbeitslose Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, bevor sich Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt. Wir wollen eine zweite Chance für die Menschen. Zudem müssen wir mit Blick auf die Beschäftigung Älterer kreativer werden. Hier steht den Betrieben unser weiterentwickeltes „Kompetenzzentrum Zukunftsfähige Arbeit“ an der Fachhochschule Ludwigshafen zur Seite. Es berät und unterstützt, wenn es um Gesundheitsmanagement, um altersgerechtes Arbeiten oder um den absehbaren Personal- und Qualifikationsbedarf geht.