Protocol of the Session on June 15, 2011

Frau Klöckner, ich fange bei Ihnen an. Sie waren als Einzige im Saal letztes Jahr an der Abstimmung zur Energiepolitik der Bundesregierung beteiligt. Jetzt sagen Sie: Wir machen alles anders. – Ich hätte zumindest von Ihnen erwartet, dass Sie Rückgrat und Moral zeigen und sagen: Ja, wir haben uns getäuscht und sehen es heute anders. Wir unterstützen den Atomausstieg. –

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Das haben Sie nicht getan. Sie winden sich heraus und haben offensichtlich ein Rückgrat wie Gummi.

(Beifall der SPD)

Jetzt könnte man meinen, dass diese Diskussion nur im fernen Berlin geführt wurde. Das ist nicht der Fall. Wir haben im letzten Jahr im Plenum zweimal über den Atomausstieg diskutiert. Ich darf daran erinnern.

Dem Protokoll aus dem letzten Jahr ist ein Redebeitrag von Herrn Kollegen Weiner zu entnehmen. Herr Präsident, ich darf zitieren: Sie wollen diese Aktuelle Stunde dazu missbrauchen, um Ihre überholte Antiatomrhetorik abzuspulen. – Das sagte der Kollege Weiner im letzten Jahr.

Es geht weiter. Ich darf den Kollegen Licht zitieren – er ist leider auch nicht da –: Bei uns gab es immer eine klare Positionierung. – Auf die Ausführungen von

Staatsministerin Frau Conrad sagte er: Schwätzen Sie nicht so ein dummes Zeug. –

Ich nenne noch ein drittes Beispiel. Es geht noch einmal um den Kollegen Weiner: Die Bundesregierung hat sich schon innerhalb einer Woche und in nur einer Sitzung auf diesen energiepolitischen Meilenstein verständigt. Die CDU-Landtagsfraktion hat Norbert Röttgen bei seinem Kurs unterstützt. Wir freuen uns über diesen politischen Erfolg. – Weiter heißt es: „Der wird erkennen, dass es der einzige und alternativlose Weg in unsere energiepolitische Zukunft ist.“

Es ist eine Unglaublichkeit, dass jemand solche Sätze sagt und so vollmundig auftritt, als wäre er der Erfinder der regenerativen Energien.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht noch weiter. Jetzt könnte man sagen, was interessiert mich mein Geschwätz von gestern. Heute ist ein anderer Tag, und heute gibt es andere Meinungen. Nein, schaut man tagesaktuell auf die Homepage der CDU-Land- tagsfraktion, kann man unter dem Thema „Energiepolitik“ lesen: Die Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland sollten verlängert werden. –

(Heiterkeit bei der SPD – Bracht, CDU: Eine Pressemeldung!)

Was gilt denn jetzt? Ist es das, was uns Frau Klöckner aus Berlin mitbringt, was die Kolleginnen und Kollegen im letzten Jahr gesagt haben oder was aktuell auf der Homepage der CDU-Landtagsfraktion steht?

(Bracht, CDU: Haben Sie im Archiv gekramt?)

Das steht tagesaktuell auf der Homepage. Schauen Sie auf Ihr iPod oder fragen Sie Ihre Kollegin, Frau Klöckner. Diese spielt sowieso die ganze Zeit damit herum. Sie kann einmal auf die Homepage schauen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ministerpräsident Kurt Beck, Ministerin Lemke und auch Fraktionschef Hendrik Hering haben darauf hingewiesen, dass wir Planungssicherheit brauchen. Wir brauchen Planungssicherheit, um Investoren hinsichtlich erneuerbarer Energien zu unterstützen.

Herr Kollege Baldauf und Frau Klöckner, ist es nicht so, dass Sie vor allen Wahlen draußen herumgelaufen sind und gesagt haben „Wenn wir in Berlin an die Regierung kommen, dann ändern wir die Energiepolitik“? Dann lassen wir die Atomkraftwerke weiterlaufen. Was glauben Sie, welche Investitionen in erneuerbare Energien Sie durch diese Werbekampagnen für die Atompolitik verhindert haben? Das ist jetzt alles wieder aufzuholen.

Ich hätte ein bisschen Demut erwartet. Sie können heute nicht sagen: Das machen wir schon. – Sie hätten sagen müssen: Wir haben uns getäuscht, und unsere Meinung dazu hat sich geändert. –

Ich komme zum letzten Punkt, nämlich dem Alternativantrag der CDU, weil ich die Redezeit nicht überstrapazieren will. Darin folgen nach den Worten „Der Landtag begrüßt“ fünf Sätze und am Ende vier Sätze zur Ergänzung. Wenn das die einzige Antwort ist, die Sie zur Energiepolitik in Rheinland-Pfalz haben, tut es mir leid. Damit bleiben Sie weit hinter dem Notwendigen zurück. Wir sind weiter und tun mehr. Wir werden die Energiepolitik in Zukunft gestalten.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Kollege Dr. Braun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe gar nicht gedacht, dass ich mit der Atomausstiegsdebatte noch so viel Spaß haben kann. Ich freue mich auf die zukünftigen Debatten über diesen Bereich.

Ich möchte aber dennoch zum ernsthaften Kern der Debatte zurückkehren, das heißt, nicht allein zu der Gefahr, die durch die Atomkraftwerke auch für Rheinland-Pfalz nicht nur durch Frankreich, sondern auch durch Hessen und Baden-Württemberg ausgeht. Philippsburg 2 ist laut Pressemitteilungen heute wieder angefahren worden und soll noch bis 2017 oder 2019 laufen. Die Gefahr für uns und vor allem für die Bewohnerinnen und Bewohner, die in der Nähe des Rheins wohnen, wird real bleiben.

Nein, ich will darauf eingehen, was diese Debatte hier und heute für die Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz bedeutet. Wenn wir dem Antrag der CDU zustimmen würden, würden wir massiv Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz gefährden oder gar vernichten. Das können und dürfen wir nicht verantworten.

In Rheinland-Pfalz gibt es eine aufstrebende Industrie, die sich den erneuerbaren Energien widmet. Wir sind sehr froh in Rheinland-Pfalz, wenn wir von Monostrukturen wegkommen, weil wir diese alten Monostrukturen nicht halten können.

Es ist also eine wirtschaftspolitische Debatte, die wir führen müssen. Wenn wir nun den Vorschlägen der Bundesregierung zum EEG folgen, dann hat das für Rheinland-Pfalz fatale Konsequenzen. Es heißt, dass die Hauptinvestitionen in Zukunft auf OffshoreWindanlagen, auf große Biomasseanlagen, die auch Sie in der CDU vor Ort nicht wollen und bekämpfen, und auf ein absolutes Niedergehen der Solarindustrie gehen werden.

Wenn wir diese Vorschläge unterstützen würden – Sie haben das in Ihrem Antrag so gefordert –, dann haben wir in Rheinland-Pfalz das Nachsehen – ich denke da

einmal ein bisschen egoistisch, aber ich lade Sie dazu ein, für Rheinland-Pfalz auch egoistisch zu denken –, und die Länder, die die Offshoreindustrie aufbauen, haben natürlich gewisse Vorteile. Nun will ich denen nicht die Möglichkeit der wirtschaftlichen Entwicklung nehmen, auch Bremen und Niedersachsen haben es nötig,

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

aber wir müssen aufpassen, dass die Onshoreanlagen und die Fotovoltaik, also die tragenden Säulen unseres Ausbaus, nicht zu kurz kommen.

Mit den Vorschlägen, die Sie im Bund machen – das ist wirklich wichtig, im Detail genau zu beobachten –, mit den Kürzungsvorschlägen bei Onshorewindkraftanlagen und bei der Fotovoltaik, werden wir in Rheinland-Pfalz die Ausbauziele, die Sie unterstützt haben, nicht erreichen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Deswegen will ich Sie an diesem Punkt auffordern: Überdenken Sie Ihren Antrag noch einmal, weil wir in Rheinland-Pfalz ernsthaft eine Industrie aufbauen wollen, die die erneuerbaren Energien unterstützt. Wir brauchen das, weil es eine dezentrale Industrie sein kann, beispielsweise das Handwerk unterstützt und vor allem diejenigen unterstützt, die im Westerwald, in der Eifel oder eben auch im Hunsrück aktiv sind. Darum brauchen wir das.

Wenn wir das in Rheinland-Pfalz nicht schaffen, wenn wir uns ein X für ein U von der Bundesregierung vormachen lassen, dann haben wir als Landesparlament versagt. Das darf nicht passieren. Deswegen können wir in dem Punkt auf keinen Fall Ihren Antrag unterstützen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir wollen – damit das auch klar ist – keine Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz gefährden. Ich glaube, das ist mehr so ein Scheinargument, eine Art Rückzugsgefecht, die GRÜNEN gefährden Arbeitsplätze, und die SPD, na ja, die muss jetzt mitmachen. Das ist aber eine Debatte von gestern, meine Damen und Herren.

Wir gefährden keine Arbeitsplätze, wir gefährden auch keine Arbeitsplätze bei energieintensiven Unternehmen, nein, wir unterstützen den Aufbau von Arbeitsplätzen bei energieintensiven Unternehmen in Rheinland-Pfalz, weil wir eine Direktvermarktung des Stroms fördern wollen.

Die Direktvermarktung des Stroms bedeutet für die energieintensiven Unternehmen, dass der Strom auf Dauer billiger wird, Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz bleiben und nicht in andere Bundesländer und schon gar nicht nach Asien oder in andere Regionen dieser Welt abwandern, in denen es schlechtere Bedingungen für die erneuerbaren Energien gibt.

Nein, wir wollen erneuerbare Energien und gute Umweltpolitik verbinden. Ich übersetze es für die CDU noch einmal: Erhalt der Schöpfung, das ist gute Umweltpolitik.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU – Baldauf, CDU: Ah!)

Wir wollen auch gute Arbeitspolitik machen. Wir können das beides nur machen, wenn wir diese Unterstützung möglichst breit auch von der CDU haben. Darum will ich werben.

Ich will noch zur Großindustrie kommen, der BASF. Es gibt hier oft die Diskussion, die BASF verbraucht so viel Energie, und ihr müsst sie unterstützen.

(Frau Klöckner, CDU: Die hat selbst ein Gaskraftwerk!)

Nun wissen Sie ja selbst – Sie waren schon oft genug selbst vor Ort –, dass die zwei 400 Megawatt Gaskraftwerke und eine Firma haben, Wintershall, die mit Gazprom das Gas einkauft und fördert.

(Frau Klöckner, CDU: Ja!)

Die brauchen in dem Bereich nicht unsere Unterstützung, sondern die Zusicherung – das steht auch im Koalitionsvertrag –, dass diese Möglichkeit der Gaskraftwerke weiterlaufen kann und soll. Genau das drücken wir mit 100 % bilanziell erneuerbare Energien und das, was die Gaskraftwerke produzieren, noch dazu, aus, weil wir die sichere Versorgung, die kostengünstige Versorgung und die erneuerbaren Energien brauchen.

In allen drei Punkten ist die Versorgungssicherheit gewährt. Darum wäre es meines Erachtens sinnvoll, wenn wir nicht nur auf Gipfeln, sondern auch ganz auf der Ebene mit der CDU gemeinsam, aber natürlich vor allem mit denjenigen, die in Kommunen diese Energiewende vorantreiben, zusammenarbeiten könnten, um gemeinsam den Weg beschreiten zu können, und uns hier nicht streiten würden, wie und wo genau wir es machen, sondern einig sind, dass wir es machen und wir dann tatsächlich das Musterland dafür werden.