Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich Herrn Kollegen Schmitt daran erinnern, dass wir es geschafft haben, einen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten. Es macht wenig Sinn, im Nachhinein herumzukritisieren und zu sagen, dass man das hätte anders machen sollen usw.
(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bracht, CDU: Es waren Fragen, die er gestellt hat!)
Entweder macht man einen gemeinsamen Antrag, dann steht man dazu, oder man lässt es bleiben und bringt andere Positionen vor. Einen gemeinsamen Antrag zu stellen und dann zu sagen, das gefällt mir doch nicht so, ist kein guter Stil.
Auch zur späten Stunde bleiben wir gemeinsam bei dem Thema und schauen, dass wir gemeinsam etwas erreichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben bestimmt gelesen, dass es seit Inbetriebnahme 1986 insgesamt 750 sicherheitsrelevante Ereignisse gegeben hat.
Herr Kollege Schmitt, richtig ist, wir haben im März bereits gemeinsam einen Antrag auf den Weg gebracht. Ich würde vorschlagen – das ist immerhin schon einige Monate her –, wir bleiben gemeinsam so lange an dem Thema dran, bis wir bei dieser wichtigen Frage zu einem Erfolg gekommen sind.
Der Abschlussbericht der Anrainerstaaten hat aufgezeigt, dass das Kraftwerk ein enormes Risikopotenzial mit sich bringt. Deshalb fordern die Länder RheinlandPfalz, Saarland und Luxemburg zu Recht die sofortige Abschaltung und die dauerhafte Stilllegung von Cattenom. Da sind wir uns einig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen uns immer wieder verdeutlichen, die Atomenergie ist und bleibt eine unberechenbare Technologie. Deshalb müssen wir nicht nur in Deutschland, in Europa, sondern weltweit aus der Atomenergie aussteigen. Dafür werden wir in den nächsten Monaten und Jahren kämpfen und werben.
Frau Kollegin Nabinger hat es schon deutlich gemacht, Gleiches gilt für ein mögliches Endlager in Bure. Wird es das erste Endlager in Europa überhaupt werden? Die vorliegenden Zahlen, dass bereits 2017 mit dem Bau begonnen werden soll, sprechen eine klare und deutliche Sprache.
Herr Kollege Schmitt, Sie haben gefragt, was die Landesregierung macht. Soweit man das sagen kann, sind wir nicht Herr des Geschehens. Wir sind nur Mitspieler. Die Fraktionen und die Landesregierung versuchen, im Dialog mit den Franzosen zu bleiben. Das gelingt mal mehr, mal weniger. Allerdings sind wir auf den guten Willen auf der anderen Seite angewiesen. Deswegen gibt es das klare Signal, dass wir bei Bure mitreden wollen. Wir wollen wissen, was da läuft. Wir wollen auf die Gefahren aufmerksam machen. Das ist nicht zu vernachlässigen.
Es gibt viele ungeklärte Fragen. Das Forschungsinstitut für Energie und Umwelt hat im März dieses Jahres die Forschung von ANDRA bewertet und kam zu dem Schluss, dass die Untersuchungen in Bure nicht ausreichen würden, um den Standort zum Endlager zu erklären. Es gebe viele ungeklärte Fragen, denen bis jetzt nicht nachgegangen wurde, beispielsweise Hohlräume im Gestein, Trinkwasseradern, Felsspalten und die Reaktion des Gesteins auf die Wärme der radioaktiven Behälter. Das sind viele Fragen.
Das geplante Endlager ist 150 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Trotzdem bzw. gerade deshalb müssen wir beteiligt werden. Die Öffentlichkeitsarbeit der Franzosen ist für das Jahr 2013 geplant. Wir müssen ganz eng mit am Tisch sitzen und mitreden dürfen.
Wenn es irgendwelche Zweifel an diesem Endlager gibt – die sind vorhanden und berechtigt –, dann müssen wir uns dafür aussprechen, dass dieses Endlager nicht kommt. Da hoffen wir auch auf die Flexibilität der Franzosen.
Wir haben jetzt noch einmal in dem Antrag – Herr Kollege Schmitt, ich bin dankbar, dass Sie das mitgetragen haben – zum einen genannt, dass der bisherige Einsatz der Landesregierung unter Abschnitt II anerkannt wird. Das begrüßen wir an der Stelle hier ausdrücklich. Es war richtig, dass auch der Ministerpräsident mit dem Saarland und Luxemburg zusammen den Beobachter, Dieter Majer, zu dem Stresstest nach Cattenom geschickt hat, der uns ganz andere Erkenntnisse und mehr Erkennt
Entschuldigung, die Zeit ist zu Ende. Wir fordern konkret noch einmal die Franzosen, aber auch noch einmal die Bundesregierung auf, hier mehr Dialog an den Tag zu legen, damit Rheinland-Pfalz nicht abgehängt wird und wir informiert werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, aus der Debatte wird ganz deutlich, was das wesentliche Problem ist. Unsere Kommunikation in Richtung der französischen Seite muss noch intensiviert werden, und zwar zwischen jedem auf allen Ebenen. Ich will Ihnen ein Beispiel schildern, an dem mir das wieder sehr deutlich wurde. Wir haben in diesem Jahr eine Katastrophenschutzübung mit allen Einsatzkräften, die in der Großregion zur Verfügung stehen, zur Frage eines Störfalls durchgeführt. Ein unbekanntes Störereignis wurde es dann im Laufe dieser Übung. Es waren über 1.000 Einsatzkräfte insgesamt bei der Bearbeitung dieser Katastrophenschutzübung beteiligt.
Es machte wieder allen sehr deutlich; denn die Maßstäbe dieser Übung wurden angepasst auf das, was in Fukushima passiert ist. Der Radius, auf den die Katastrophenschutzübung ausgeweitet wurde, wurde angepasst. Es wurden erheblich mehr Einsatzkräfte in die Übung einbezogen. All diese Einsatzkräfte haben sich das erste Mal in ihrem Leben tatsächlich mit einem solchen Unfall beschäftigt. Wir haben im Rahmen der Übung – dafür ist eine Übung da – erfahren, wo wir noch kommunizieren müssen und uns untereinander über die verheerende Wirkung eines wirklichen Störfalls austauschen müssen, zu dem dann ein Katastropheneinsatz notwendig wurde.
Allein dieser Diskurs hat uns gezeigt, auf französischer Seite ist das Bewusstsein für derartige Störfälle überhaupt nicht ausreichend vorhanden, die im Durchschnitt in jedem Jahrzehnt einmal auf dieser Welt eintreten. Von daher müssen wir das intensivieren und fortsetzen. Ich kann jede Forderung nach Fortsetzung des Dialogs, nach Intensivierung des Austauschs, nach mehr Öffentlichkeitsarbeit, nach weiteren Initiativen in Parlamenten und in Räten, nach weiterem Diskurs und nach mehr Öffentlichkeitarbeit nachvollziehen.
Ich sage Ihnen aber auch gern, was wir getan haben – ich finde, das ist den Anträgen entsprechend auch schon eine ganze Menge –, noch bevor es diese Anträ
ge gab. Am 14. Juni 2011 hat sich der Ministerpräsident Kurt Beck an den damaligen französischen Premierminister François Fillon gewandt, um die Teilnahme eines von Rheinland-Pfalz bestimmten Experten an dem Stresstest zu ermöglichen.
Ende Juni habe ich mich persönlich an Bundesumweltminister Roettgen gewandt, damit er sich im Rahmen des deutsch-französischen Umweltrates für eine Laufzeitbeschränkung für das KKW Cattenom einsetzen würde. Das hat er leider nicht getan.
Am 7. Juli 2011 beschlossen Ministerpräsident Kurt Beck, der damalige saarländische Ministerpräsident Peter Müller und der luxemburgische Premierminister Jean Claude Juncker, beim Stresstest Cattenom eng zusammenzuarbeiten und Herrn Dieter Majer – wir haben eben bereits Berichte von ihm gehört – als Beobachter in diesen Stresstest zu entsenden. Das war auch eine Aufgabe in meinem Haus; denn die Koordinierung zwischen den Ländern und mit den Franzosen war auch eine kleine Herausforderung. Wir waren froh, dass sich die Franzosen geöffnet haben und einen Beobachter zugelasen haben. Das war nicht selbstverständlich. Bis dahin hat das keiner gemacht. Jetzt befanden wir uns einmal im Dialog. Wir durften die Unterlagen einsehen. Wir haben darüber kommuniziert.
Herr Majer war vom 2. bis 4. August Beobachter bei der Inspektion der französischen Atomaufsichtsbehörde ASN, also bei der obersten französischen Aufsichtsbehörde.
Am 31. Oktober 2011 übermittelten dann die Länder Luxemburg, Rheinland-Pfalz und Saarland mit Unterstützung des beauftragten Beobachters eine vorläufige Liste mit Kritikpunkten an die französische Atomaufsichtsbehörde.
Ende des Jahres 2011 wurde dann ein Zwischenbericht von dem Beobachter zu den bis dahin vorliegenden Ergebnissen erstattet und auch breit im Internet veröffentlicht. Er wurde ebenfalls breit zugestellt.
Dann gab es im März 2012 im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz in Schengen, auf der – Sie haben eben darauf hingewiesen – Gesundheitsminister Mars di Bartolomeo aus Luxemburg, ich selbst und der Minister für Bundesangelegenheiten aus dem Saarland Andreas Storm diesen Abschlussbericht auch vorgestellt haben, der natürlich wieder die Abschaltung des KKW Cattenom als Zielsetzung thematisiert hat. Wir haben ebenfalls diesen Sondergipfel der Exekutiven der Großregion eingefordert.
Es ging weiter am 9. März, also nur wenige Tage später. Da haben wir uns dann auch noch an Bundesumweltminister Roettgen gewandt und ihn über die Ergebnisse und die Beteiligung von Rheinland-Pfalz am Stresstest informiert. Wir haben ihn erneut aufgefordert, sich mit Nachdruck für die Abschaltung des KKW einzusetzen.
Am 10. März war ich selbst in Dijon und habe den Beratern des damals noch Präsidentschaftskandidaten Hollande einen Stresstest in französischer Sprache übergeben.
Am 14. März hat sich Ministerpräsident Beck an den damaligen französischen Präsidenten Sarkozy und auch an den Kandidaten Hollande persönlich gewendet und ihm ebenfalls den Stresstest übergeben.
Was haben wir noch gemacht? – Wir haben natürlich mit Frau Merkel gesprochen. Es gab auch den von Ihnen hier angesprochenen Kontakt mit dem Interregionalen Parlamentarierrat, der sogar einen Beschluss gefasst hat. Das war im Juni 2012. Er hat auch eine Empfehlung betreffend des Sondergipfels abgegeben.
Deswegen gab es auch schon einen Zwischengipfel. Das war dann wieder nur 20 Tage später. Auf dem Zwischengipfel der Exekutiven der Großregion haben sich Ministerpräsident Beck und die anderen Ministerpräsidenten für die Schließung des Atomkraftwerks ausgesprochen und auch unseren Widerstand gegen eine eventuelle Verlängerung der Laufzeit des Kraftwerks wiederholt.
Es ging immer noch weiter. Wenige Monate später dann, am 24. Oktober, hat die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sie haben auch gefragt, was DIE GRÜNEN gemacht haben, also antworte ich Ihnen auch, was DIE GRÜNEN gemacht haben – auf meine Initiative hin die Bundesregierung aufgefordert, mit der französischen Regierung Verhandlungen aufzunehmen, um eine unverzügliche Stilllegung der beiden grenznahen Kraftwerke Cattenom und Fessenheim zu erreichen.
Dann waren wir mit einer Sonderwirtschaftsministerkonferenz ebenfalls auf meine Anregung hin bei Kommissar Oettinger – Ihrem Energiekommissar – und haben dies am 29. Oktober mit ihm thematisiert.
Da auch der Umweltminister in Berlin gewechselt hat, habe ich natürlich nicht nur mit Herrn Roettgen, sondern dann später auch mit Herrn Altmaier gesprochen. Ich habe ihn erneut nach dem letzten Vorfall, den wir am 28. Oktober hatten – da ist die Kühlwasserversorgung ausgefallen –, am 30. Oktober auch hierauf angeschrieben und ihn um seine fachliche Einschätzung zu diesem Vorfall gebeten.