Protocol of the Session on November 8, 2012

Besondere Erwähnung verdient auch das Einsatzmanagement, das in Masseneinsätzen auf verbale Deeskalation setzt. Bei Fußballspielen oder Großdemonstrationen zahlt es sich aus, wenn die Polizei allein durch Kommunikation bewirken kann, dass aus gefährlichen Situationen keine tatsächlich gefährdende Situation entsteht.

In diesem Zusammenhang hat unsere Polizei auch von den Kollegen in Baden-Württemberg Lob erfahren. Überrascht durch die Eskalation der Gewalt bei dem kurdischen Kulturfest in Mannheim haben unsere Polizistinnen und Polizisten dort unterstützt und sind besonders durch diese verbale Informations- und Deeskalationsstrategie sehr positiv in Erscheinung getreten.

Ein weiterer Beleg für die Wirksamkeit des gesamtgesellschaftlichen Präventionsansatzes ist die Entwicklung bei den Körperverletzungsdelikten. Hier nehmen die Fallzahlen kontinuierlich ab. Sie befanden sich 2011 auf dem niedrigsten Stand der letzten neun Jahre. Das beweist, gesellschaftliche Ächtung hilft bei der Aufhellung des Dunkelfeldes und bewirkt nach einem ersten Anstieg eine dauerhafte Senkung dieser strafbaren Verhaltensweisen.

Besorgniserregend stimmt in diesem Zusammenhang die kontinuierliche Zunahme von Gewalt in engen sozialen Beziehungen. 2011 gab es 9.400 Fälle von Gewaltdelikten. Davon sind drei Viertel sogenannte Rohheitsdelikte. Das sind Körperverletzungen und Straftaten gegen die persönliche Freiheit.

Auch wenn wir davon ausgehen können, dass diese Entwicklung ihre Ursache nur zum Teil in einer tatsächlich gestiegenen Gewaltbereitschaft hat – ein Teil der Zunahme der registrierten Taten ist auch auf die gesteigerte Anzeigebereitschaft zurückzuführen –, gilt hier insbesondere, jede Tat ist eine Tat zu viel.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Gewalt in engen sozialen Beziehungen richtet sich ganz überwiegend gegen die Schwächeren, gegen die Frauen und gegen die Kinder. Für ihren Schutz leisten Frauenhäuser und Frauennotrufe, Täterarbeitseinrichtungen und die anderen im rheinland-pfälzischen Interventionsprojekt gegen Gewalt vereinten Initiativen einen wertvollen Beitrag.

Diese Einrichtungen benötigen die erforderlichen finanziellen Mittel für ihren Erhalt und ihre Arbeit.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Sagen Sie sich das selbst?)

Hier sind wir ganz besonders aufgerufen, auch in Zeiten der Schuldenbremse eine vernünftige Ausstattung zu gewährleisten. Wir haben diese Mittel für die Frauenhäuser nicht gekürzt, Frau Kohnle-Gros.

(Vereinzelt Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings zeigt die Entwicklung bei der Gewaltkriminalität noch eines: Sie wird von Alkoholkonsum begünstigt. Dies gilt auch für den Bereich der Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Der Beruf der Polizeibeamtin und des Polizeibeamten war noch nie ein einfacher Beruf, noch nie ein bequemer Beamtenjob. Polizistinnen und Polizisten haben sich schon immer mit ihrer ganzen Persönlichkeit und mit ihrer ganzen körperlichen Unversehrtheit einsetzen müssen, um dem Recht und dem staatlichen Gewaltmonopol zur Durchsetzung zu verhelfen. Dessen sind sie sich auch sehr bewusst, wenn sie diesen Beruf ergreifen.

Neu ist jedoch, dass sie auch dann mit Angriffen gegen ihre Person rechnen müssen, wenn sie sich in ganz normalen Situationen befinden, etwa beim Aufnehmen eines Verkehrsunfalls oder beim Schlichten von lautstarken Streitigkeiten. Hier gilt immer öfter: Alkohol senkt die Hemmschwelle ganz erheblich. Hier müssen wir gegensteuern, im Gesundheitsbereich, im Sozialbereich, aber auch bei der weiteren Betonung der Schutzwirkung des Jugendschutzgesetzes, beispielsweise durch Testkäufe.

Prävention dämmt politisch motivierte Kriminalität ein. Prävention und gesellschaftliche Ächtung bewirken eine dauerhafte Senkung von Körperverletzungsdelikten. Prävention hilft, die Schwächsten vor Gewalt in engen sozialen Beziehungen zu schützen. Präventive Maß

nahmen verringern Alkoholmissbrauch und helfen damit, Gewaltkriminalität einzudämmen.

Die kommunalen kriminalpräventiven Räte, deren Anzahl seit einiger Zeit leider stagniert, leisten im Bereich der Prävention ebenfalls wertvolle Arbeit. Sie zu stärken und auszubauen, ist unser weiteres erklärtes Ziel.

Meine Damen und Herren, begangene Straftaten müssen aufgeklärt werden. Straftäter müssen verfolgt und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Hier leisten Staatsanwaltschaft und Polizei in Rheinland-Pfalz sehr gute Arbeit.

Die Ergebnisse des runden Tisches tragen dazu bei, dass diese Arbeit auch weiterhin auf hohem Niveau geleistet werden kann. Besser als jede aufgeklärte Straftat ist es jedoch, wenn eine Straftat gar nicht erst begangen wird. Präventive Maßnahmen wirken, aber auch Prävention kostet Geld. Wir stehen hier in der Verantwortung als Haushaltsgesetzgeber, hierfür auch zukünftig alle erforderlichen Gelder bereitzustellen.

Trotz der erforderlichen Mehreinstellungen für die Polizei dürfen und werden wir diese finanziellen Mittel auch künftig nicht beschneiden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Pörksen das Wort. Sie haben noch eine Redezeit von vier Minuten und 30 Sekunden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst ein paar Sätze zum Kollegen Lammert.

(Frau Klöckner, CDU: Guter Mann!)

Frau Klöckner, wenn Sie das nicht gesagt hätten, hätte ich das glatt gesagt. Aber jetzt kann ich das nicht mehr sagen, weil Sie mir das vorgesagt haben.

Aber ich finde schon, er hat eine Rede gehalten, die dem Thema angemessen ist. Dass er Kritik übt, ist ganz normal.

(Beifall bei der CDU)

So einfach bringe ich Sie zum Klatschen. Das ist nicht mehr zu fassen.

(Zehfuß, CDU: Er wird immer besser!)

Natürlich kann ich nachvollziehen, dass Sie glauben, es sei ein Verdienst der CDU, dass jetzt der runde Tisch bestimmte Dinge beschlossen hat. Dann glauben Sie es ruhig weiter! Die Wirklichkeit ist eine andere.

Wenn Sie meinen, der Termin sei so verdächtig gewesen, dann unterstellen Sie doch dem Ministerium eine gewisse Raffinesse.

(Lammert, CDU: Die es nicht hat! – Heiterkeit bei der CDU)

Der runde Tisch war aber längst im Gang, als Sie überhaupt auf den Gedanken gekommen sind, in die Polizeidienststellen zu gehen.

(Zurufe im Hause)

Nein, Raffinesse unterstelle ich nicht. Ich unterstelle dem Herrn Kollegen Lewentz Klugheit bei politischen Entscheidungen.

(Staatsminister Lewentz: Das können Sie auch tun, Herr Pörksen! – Zurufe von der CDU: Oh! – Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Klöckner, CDU: Herr Lewentz, das würde ich persönlich nehmen! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ja, das ist in zwei Tagen wichtig, Herr Kollege.

Ich finde es auch gut, dass die CDU vor Ort auf die Polizeidienststellen gegangen ist und sich die Probleme der Beschäftigten vor Ort angehört hat, um nach Lösungen zu suchen. Nur, Sie bleiben bei der Suche nach Lösungen. Wir haben im Rahmen des runden Tisches eine Reihe von Beschlüssen gefasst, die sicherlich nicht alle Probleme lösen werden – das können sie auch gar nicht –,

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Die haben wir vor Jahren alle schon gestellt, Herr Pörksen!)

aber die einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die Probleme geringer werden. Sie beklagen zum Beispiel die Überalterung.

Sie wissen genau, woher sie kommt. Sie kam aus den 70er-Jahren. Da sind sehr viele Kräfte bei der Polizei eingestellt worden. Diese Person konnte man nicht einfach nach Hause schicken. Trotzdem wird seit längerer Zeit eine Reihe von jungen Beamten auch in die Polizeidienststellen, die nicht so beliebt sind, geschickt.

In der Regel ist es so, dass die Polizisten immer in die Zentren drängen. Das haben wir durch die Zuständigkeit der Polizeipräsidien geändert.

Sie sagen auf der einen Seite, es ist nicht schlecht, dass das Land Rheinland-Pfalz bei der Häufigkeitszahl auf Platz 7 liegt. Zwei Minuten später beklagen Sie genau diesen Sachverhalt. Ich verstehe somit nicht so ganz, was Sie sagen wollen.

Die Zahl ist gesunken auf etwa 6.000. Sie sagen, die Häufigkeitszahl, die Aufklärungsquote und das Fallen der Zahl der Delikte sei möglicherweise darauf zurückzuführen, dass wir weniger Polizei im Einsatz haben. Das ist eine Fantasie. Mehr ist es nicht. Sie haben keinerlei

Belege dafür. Sie behaupten das, und dann ist das einfach so. (Zuruf des Abg. Lammert, CDU)

Herr Kollege, so einfach ist es nicht.

Sie wissen, dass sich bei der Aufklärungsquote Massendelikte auf die Quote auswirken können.

(Lammert, CDU: Oh!)

Wissen Sie das nicht? Ich erinnere zum Beispiel an die Ärzteverfahren.

(Lammert, CDU: Doch, ich weiß das, Herr Kollege!)

Es gibt immer leichte Schwankungen. Es ist nie die gleiche Zahl.