Meine sehr verehrten Damen und Herren, die positiven Aspekte habe ich am Anfang genannt. Ich denke, es gehört dazu, dass man sehr wohl auf positive Aspekte dieses Berichts eingeht. Er hatte auch positive Aspekte.
Zur positiven Sicherheitslage in Rheinland-Pfalz gehört es auch, darauf zu verweisen. Aber man muss diesen Bericht ein Stück weit in den Gesamtkontext stellen. Wenn man das macht, dann sehen die Zahlen nicht mehr ganz so rosig aus, wie die Landesregierung uns das gerne glauben lassen würde.
Wenn wir uns die Zahlen des Bundes genau anschauen – hier berufe ich mich auf die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik des Bundes aus dem Jahr 2011 –, dann fällt eines auf: Unsere Nachbarländer im Osten und im Süden stehen nach wie vor besser da. Die Häufigkeitszahlen beispielsweise in Hessen und Baden-Württemberg sind wesentlich geringer als die in Rheinland-Pfalz, wobei beide mehr Großstadtpotenzial haben als Rheinland-Pfalz. Großstadtpotenzial bedeutet, dass Kriminalität überwiegend in Großstädten stattfindet und eher weniger auf dem Land. Vor dem Hintergrund ist das eine Vergleichszahl, die wir zumindest beobachten müssen.
Ein weiterer Punkt fällt auf. Immer, wenn bei einer Deliktgruppe – jetzt komme ich zu den einzelnen – ein Anstieg zu verzeichnen ist – zum Teil haben wir rückläufige, das ist in Ordnung, aber es gibt auch wenige Anstiege –, dann verweisen Sie auf eine höhere Anzeigebereitschaft in der Bevölkerung.
Sie müssen einmal den Bericht daraufhin durchgehen, das kommt sehr häufig vor. Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass die Anzeigenbereitschaft der Bevölkerung der alleinige Grund sein kann für einen Anstieg der Kriminalität in verschiedenen Deliktbereichen. Das kann nicht sein; denn der Vergleich mit dem Bund spricht in diesem Bereich zumindest deutlich dagegen.
Wie gesagt, schauen wir uns einmal einzelne Deliktbereiche an. Insbesondere die Körperverletzungsdelikte liegen nach wie vor leider mit rund 29.700 Fällen in 2011 auf einem sehr hohen Niveau. Hier ist in den letzten Jahren in keiner Weise eine Verbesserung eingetreten. Wie auch in den Jahren zuvor, versucht die Landesregierung jedoch immer wieder, diese Entwicklung auf ein verändertes Werteverständnis in der Gesellschaft zurückzuführen, nach dem solche Taten stärker geächtet und daher einer steigenden Anzeigebereitschaft zuzuführen wären. –
Doch sind diese Zahlen nicht möglicherweise auch ein Ausdruck eines entgegengesetzten Werteverständnisses? Sind sie nicht vielleicht eher Ausdruck eines allgemeinen gesellschaftlichen Trends hin zu einer gewissen Verrohung? – Ich denke, dies sollte man durchaus mit bedenken; denn insbesondere die Verrohung im öffentlichen Raum hat bedauerlicherweise in dem Bereich zugenommen, und ich denke, die Landesregierung muss zukünftig Untersuchungen anstellen, wie man gerade in diesem sensiblen Bereich, in dem das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger besonders sensibel reagiert, eingreifen kann.
Des Weiteren fällt auf, dass wir erstmals – leider seit neun Jahren – im Jahr 2011 wieder einen Anstieg der Diebstahlsdelikte beobachtet haben, immerhin mit einer Zunahme von 1,7 % der Fälle. Besonders drastisch ist dies bei den Wohnungseinbruchsdiebstählen, die sich deutlich um rund 1.500 Fälle erhöht haben. Das ist sehr bedauerlich; denn das ist ein sehr sensibler Bereich, und Sie wissen, dass bei den Bürgerinnen und Bürgern, wenn es an ihre eigene Wohnung geht und dort eingebrochen wird, eine besondere Angst umhergeht und man darauf besonders sensibel reagieren muss.
Andere Bundesländer – ich muss es leider wieder sagen – wie zum Beispiel Bayern oder Thüringen haben deutlich niedrigere Häufigkeitszahlen mit 41 oder 42 Fällen pro 100.000 Einwohner, während wir in Rheinland-Pfalz 128 Fälle pro 100.000 Einwohner haben. Ich denke, dies ist ein großer Unterschied, und daran müssen wir arbeiten.
Auch Baden-Württemberg liegt mit 76 Fällen pro 100.000 Einwohner immer noch besser; allerdings wird Baden-Württemberg jetzt neuerdings von Grün-Rot
regiert, und man muss sagen, sie profitieren aktuell noch von der jahrelangen guten Sicherheitspolitik der CDU, und ich hoffe, dass auch die neue Regierung dies entsprechend umsetzen wird. Dies gehört auch zur Wahrheit dazu.
Auch die Computerkriminalität ist leider angestiegen. In diesem Bereich sind insbesondere im Internet Straftaten begangen worden.
Ich möchte noch etwas zu den Drogendelikten sagen. Es ist eine rückläufige Anzahl von rund 8,1 % zu verzeichnen; allerdings ist dies darauf zurückzuführen – dies steht auch ausdrücklich im Bericht –, dass es eine Kontrollkriminalität ist. – Aha, was heißt denn das letztendlich?
Das heißt, es kommt darauf an, wie oft ich jemanden kontrolliere, und es ist eine Holkriminalität. Wenn ich also letztendlich niemanden kontrolliere und auf Drogen durchsuche, wenn ich nicht versuche, genügend Drogen zu finden, ist natürlich eine abnehmende Tendenz gegeben. Ich weiß von vielen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, dass für diese Präventionsarbeit – eine ureigene Arbeit der Polizei – oftmals keine Zeit mehr bleibt, weil die personelle Belastung der Polizei so groß ist und gerade der Wechselschichtdienst dafür leider kaum noch Zeit hat. Vor diesem Hintergrund ist bedauerlicherweise vielleicht auch ein Rückgang an Drogendelikten zu verzeichnen
(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie müssen sich einmal hören, was Sie da reden: Bedauer- licherweise ist die Drogenkriminalität zurückgegangen!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme abschließend zu den Gewaltstraftaten in engen sozialen Beziehungen. Diese nahmen zwischen 2009 und 2011 um 2,9 % zu. Herr Minister Lewentz, auf Seite 18 des Berichts sprechen Sie an, dass insbesondere in diesem Bereich die Polizei, die Frauenhäuser sowie auch die Täterarbeitseinrichtungen eng und gut zusammenarbeiten. Darin können wir Ihnen zustimmen, und das ist auch gut so.
Aber ich möchte auch sagen, wir sind alle froh, dass Ihre ursprüngliche Idee, im Haushalt die Mittel für die Täterarbeitseinrichtungen drastisch zu kürzen, auch auf unsere Initiative hin nicht verwirklicht wurde; denn sonst hätten wir vermutlich bei der Gewalt in engen sozialen Beziehungen deutlich höhere Zahlen zu verzeichnen, als dies aktuell der Fall ist und wie wir es auch in den nächsten Jahren nicht haben werden.
Zum Rückgang der politisch motivierten Gewalt haben wir sowohl im rechts- als auch im linkspolitischen Be
reich deutliche Reduzierungen, was nicht heißt, dass es nicht auch nach wie vor in diesem Bereich Kriminalitätsvorfälle gibt. Dies ist drastisch, und jeder Fall ist zu viel. Wir werden uns auch noch über ein NPD-Verbot unterhalten müssen. Die Innenministerkonferenz wird darüber diskutieren. Die unionsgeführten Länder treffen sich in der nächsten Woche und werden ebenfalls darüber diskutieren. Bei der Innenministerkonferenz wird man dann sicherlich zu einem abschließenden Votum kommen.
Ich möchte zum Abschluss noch sagen, die PKS – das muss uns immer wieder klar sein – ist und bleibt eine Statistik, und sie darf niemals über die Realitäten hinwegtäuschen. Insbesondere die sinkenden Fallzahlen können auch auf die hohe Belastung der Polizei hindeuten, die schlicht an ihrer Belastungsgrenze angekommen ist. Dazu passt ein Zitat eines Polizeidirektors sehr gut, das wir auch in der Woche der Inneren Sicherheit gehört haben. Er hat gesagt:
Das sagt alles, meine Damen und Herren, und ich finde, es ist schon bezeichnend; denn Statistiken sind immer eine gefährliche Ausgangslage, und deswegen besteht auch überhaupt kein Grund, dass sich die Landesregierung auf der Aufklärungsquote und dem leichten Rückgang der Straftaten ausruht. Was die Zahlen betrifft, muss es unser Ziel sein, insbesondere an unionsgeführte Länder wie Bayern heranzukommen, und dazu gehört nach wie vor eine gute personelle Ausstattung bei der Polizei.
Ich möchte Gäste im Landtag begrüßen, und zwar die Mitglieder des Männergesangvereins Bendorf-Sayn. Seien Sie uns herzlich willkommen!
Des Weiteren begrüßen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger im Migrationsdienst Saarburg. Seien auch Sie uns sehr herzlich willkommen!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste! Es gibt gute Neuigkeiten, und es ist auch einmal schön, am Rednerpult zu stehen und verkünden zu
dürfen: Die Kriminalität in Rheinland-Pfalz ist seit langen Jahren rückläufig. Das ist eine sehr gute Entwicklung.
Meine Damen und Herren, uns liegen Zahlen aus den Jahren 2010 und 2011 vor, nicht aus ferner Vergangenheit. Wenn Sie nun wegweisende Änderungen fordern, dann möchte ich Sie fragen, welche wegweisenden Änderungen das denn sein sollen, wenn wir uns doch bundesweit bereits auf den vorderen Plätzen bewegen. Dies zeigt, dass die Arbeit der Polizei und des Innenministeriums eine so schlechte nicht sein kann, meine Damen und Herren.
Auch der vorliegende Bericht über die Innere Sicherheit zeigt deutlich den Weg auf, den wir gehen müssen, damit diese Entwicklung sich auch zukünftig fortsetzt. Lassen Sie mich diesen Weg zunächst anhand der Entwicklung im Bereich der politisch motivierten Kriminalität belegen. Auch hier ist ein Rückgang zu verzeichnen, zudem mit nur 40.000 von über 280.000 Gesamtstraftaten ein erfreulich geringer Anteil politisch motivierter Gewaltstraftaten. Dies soll auch so bleiben, meine sehr verehrten Damen und Herren, und damit es so bleibt, gibt es nur einen Weg: Die Präventionsmaßnahmen müssen wir weiter fortsetzen, wir müssen sie verstärken und ausbauen.
Im jetzigen Doppelhaushalt wurde allein für die Prävention gegen Rechtsextremismus erstmals ein eigenständiger Etat von 100.000 Euro aufgenommen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich in diesem Jahr mit ihrem Arbeitsschwerpunkt eben dieser Prävention gewidmet. Das beweist, dass wir mit unserem Ansatz auf dem richtigen Weg sind, strafbares Verhalten von vornherein aus der Gesellschaft heraus zu verhindern.
Nach wie vor bilden die rechtsextremistisch motivierten Delikte mit über 78 % den quantitativen Schwerpunkt der politisch motivierten Kriminalität in Rheinland-Pfalz. In den Berichtszeitraum fallen einzelne rechtsextrem motivierte Straftaten wie das im Internet betriebene Widerstand-Radio, die sogenannte Hilfsorganisation für Nationale Politische Gefangene oder das Aktionsbündnis Mittelrhein. Das Zentrum dieses Aktionsbündnisses, das Braune Haus in Bad Neuenahr-Ahrweiler, ist in diesem Jahr durch eine vorbildliche Aktion der Polizei aufgelöst worden.
18 Neonazis müssen sich derzeit in Koblenz vor Gericht wegen begangener Straftaten verantworten. Diese Aktion beweist, dass die wirksamste Waffe gegen die Rechtsextremen das Engagement gesellschaftlicher Gruppen ist, wie zum Beispiel das Netzwerk Demokratie und Courage, dies und die Mittel, die uns das Strafrecht zur Verfügung stellt. Polizei und Staatsanwaltschaft reichen völlig aus, das rechtsextreme Umfeld auszuheben. Des Verfassungsschutzes bedarf es in diesem Bereich nicht.
Das hat nicht nur der Umgang mit der Neonaziterrorgruppe NSU bewiesen. Das beweist hier in Rheinland
Pfalz die Aufklärung der Umtriebe des Braunen Hauses durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Wir brauchen keine heimliche Überwachung, keine V-Leute und keine geheimen Akten. Was wir brauchen – das bringt auch auf lange Sicht den größten Erfolg –, ist Transparenz, gesellschaftlicher Widerstand, ist Prävention.
Zum Terrorismus führt der Bericht ausdrücklich aus, dass derzeit keine Bezüge der NSU zu Rheinland-Pfalz erkennbar sind. Das begrüßen wir. Das ist unter anderem auf die zahlreichen Maßnahmen zurückzuführen, die die Leitstelle Kriminalprävention und der Landespräventionsrat in diesem Bereich durchführen und unterstützen.
Maßnahmen zum Thema „Menschenwürde und Scham“, „Initiativ gegen Rechts“ oder „Wer nichts tut, macht mit“ schärfen das allgemeine Bewusstsein, und sie wirken. Das ist der Weg, den wir gehen müssen, um RheinlandPfalz nicht nur jetzt, sondern auch auf Dauer lebenswert und sicher aufzustellen.
Dass der Einsatzbereich der Polizei nicht auf RheinlandPfalz beschränkt ist, zeigen immer wieder auftretende besondere Einsatzlagen. Ein gutes Beispiel für Kooperation war der Einsatz im Januar letzten Jahres, als die „Waldhof“ auf dem Rhein bei St. Goar havariert ist. Sie hatte 2.400 Tonnen Schwefelsäure geladen. Die rheinland-pfälzische Polizei hatte zur Einsatzbewältigung insgesamt fast 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Polizeipräsidiums Koblenz, der Bereitschaftspolizei, der Wasserschutzpolizei und des Landeskriminalamtes, außerdem Kräfte der Wasserschutzpolizeien aus den Bundesländern Hessen und Baden-Württemberg eingesetzt.
Die Bewältigung dieses Geschehens war beispielgebend für Zusammenarbeit zwischen den verschiedensten Behörden – auch zwei verschiedene Landkreise waren beteiligt – und über die Grenzen von Bundesländern hinweg.
Besondere Erwähnung verdient auch das Einsatzmanagement, das in Masseneinsätzen auf verbale Deeskalation setzt. Bei Fußballspielen oder Großdemonstrationen zahlt es sich aus, wenn die Polizei allein durch Kommunikation bewirken kann, dass aus gefährlichen Situationen keine tatsächlich gefährdende Situation entsteht.