Protocol of the Session on August 29, 2012

Das Aufregerthema – Frau Dickes hat das intensiv angesprochen – im letzten Schuljahr war in der Tat die Unterrichtsversorgung. Hierzu sind die persönlichen Rückmeldungen, die mich erreicht haben, deckungsgleich mit dem, was Benedikt Oster formuliert hat. Auch die Presseauswertung und die gezielten Nachfragen belegen eine gute Versorgungssituation.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wo es noch Engpässe gibt, sehen wir die Bemühungen, Abhilfe zu schaffen. Das ist bei 558.000 Schülern nicht mit „Stellenverschieben“ zu beschreiben, sondern es ist tatsächlich eine Leistung, die Lehrerinnen und Lehrer passgenau dorthin zu schicken, wo sie gebraucht werden.

Die Gespräche mit den Lehrerinnenverbänden und den Gewerkschaften lassen den Schluss zu, dass sich die pädagogischen Rahmenbedingungen für alle am Unter

richtsgeschehen Beteiligten sichtbar und fühlbar verbessert haben. Gestern Abend hat auch mich die Stellungnahme von Uwe Geisler, dem Vertreter der ARGE, erreicht, die wörtlich besagt – Herr Präsident, ich darf mit Ihrer Genehmigung kurz und knapp zitieren –: Aus vielen Gymnasien des Landes erreichen mich wortgleiche Meldungen. Die Unterrichtsversorgung ist so gut wie seit Jahren nicht mehr. Die Entwicklung ist erfreulich. Wir haben etwas erreicht. – Wir haben das gemeinsam erreicht. Herr Geisler möge mir nachsehen, dass ich uns in dieses „Wir“ mit einschließe; denn ich denke, so ganz unbeteiligt waren weder das Ministerium noch die Regierungskoalition.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Geisler fährt fort: Insofern ist es konsequent, wenn die SPD die Aktuelle Stunde „Guter Start ins neue Schuljahr“ zur Landtagssitzung beantragt. – Dem kann ich mich nur anschließen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile das Wort Frau Ministerin Ahnen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Frau Dickes, so kann es einen erwischen, wenn man nur einen Teil aus Mails zitiert und einfach die anderen Informationen weglässt.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Dann steht man da als Manipulateur!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das war in der Tat ein guter Start in dieses neue Schuljahr. Das freut mich vor allen Dingen für die Schulen. Das freut mich aber auch für die Schulaufsicht, für die natürlich gemeinsam mit dem Ministerium ein Schuljahresstart immer eine Art Bewährungsprobe ist. In der Tat waren die Herausforderungen gar nicht so einfach, weil wir Signale aus den Schulen hatten, dass die Schülerzahl nicht ganz so stark zurückgeht, wie wir es ursprünglich vermutet haben, und wir auf diese Situation sehr kurzfristig reagieren mussten. Obwohl das so kurzfristig war, ist es uns gelungen, die 558.000 Schülerinnen und Schüler, die nach den Zahlen aus den Schulen ungefähr dann auch in der Herbststatistik stehen werden, gut zu versorgen.

Liebe Frau Dickes, damit sind es dennoch 10.000 Schülerinnen und Schüler weniger als im Schuljahr vorher, und dann sagen Sie, die Stellen im Haushalt werden nicht mehr, die werden nur hin- und hergeschoben. Ich sage Ihnen, das stimmt. Sie werden wirklich nicht mehr.

Wenn Sie behaupten, dass Sie bei 10.000 Schülerinnen und Schülern weniger zusätzliche Stellen schaffen würden, das nimmt Ihnen doch draußen wirklich niemand mehr ab. Die Leute merken doch, dass Sie das System wirklich noch nicht einmal im Ansatz durchdrungen haben. (Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir sind einen sehr ehrlichen Weg in der Koalition miteinander gegangen. Wir haben gesagt, prioritär für uns ist, die zurückgehenden Schülerzahlen zu nutzen, um eine gute Unterrichtsversorgung hinzubekommen. Wir wollen darüber hinaus pädagogische Verbesserungen erreichen. Wir haben auch gesagt, wir wollen unseren Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts leisten. Wir sind aber auch so reaktionsfähig, dass wir dann, wenn wie in diesem Fall vermutlich tatsächlich mehr Schülerinnen und Schüler in unseren Schulen sind, darauf reagieren. Dann halten wir auch nicht stur an Plänen fest, sondern schauen, dass wir mit dem Versprechen ernst machen, die Unterrichtsversorgung ist prioritär. Deswegen, weil wir so reagiert haben, ist sie auch gut. Sie ist sogar sehr gut in diesem Schuljahr.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sonst wedeln Sie an dieser Stelle immer so gern mit Zeitungsartikeln und lesen uns die Überschriften vor. Schade, dass Sie es dieses Jahr nicht gemacht haben.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ja! – Ramsauer, SPD: Sie wusste, warum!)

In den Zeitungen hätten Sie viel gefunden: Wir sind zufrieden, wir sind gut versorgt und Ähnliches mehr. – Aber da ich das in der Vergangenheit kein besonders adäquates Mittel fand, will ich das heute auch nicht allzu sehr ausweiten. Ich könnte viele Überschriften vorlesen. Ich dachte, Sie würden das an dieser Stelle tun. Das machen Sie vielleicht noch in der zweiten Runde.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Sie konnte diese Gewohnheit unterdrücken!)

Ich will ein Zweites tun. Ich will neben der guten Unterrichtsversorgung noch einmal in aller Kürze wenige Kernbotschaften dessen herausgreifen, was uns an pädagogischen Weiterentwicklungen wichtig ist. Herr Oster und Frau Ratter haben das Allermeiste gesagt. Aber uns ist es wichtig, dass wir diese Schulstrukturreform umgesetzt haben. Ich habe Ihre Bewertung eben gehört. Liebe Frau Dickes, Sie werden bundesweit wenige finden, die Ihnen in dieser Einschätzung zustimmen; denn bundesweit ist allenthalben der Ruf dieser Schulstrukturreform, in Rheinland-Pfalz haben die das vernünftig und im Konsens mit den Menschen umgesetzt. Das haben andere so nicht hinbekommen. Insofern nehmen wir auch in dieser Situation eine Vorbildfunktion ein. Wir haben die Schulstrukturreform schneller, erfolgreicher und in großem Konsens mit den Betroffenen in diesem Land umgesetzt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir haben das Schulsystem gezielt ergänzt – wir werden das auch in den nächsten Jahren tun – mit Fachoberschulen. Aber lassen Sie mich noch einen zweiten Punkt herausgreifen, weil er mir auch besonders wichtig ist und weil es auch so ein Weg ist, bei dem Sie sich überhaupt nicht entscheiden können, Frau Dickes. Wenn man sich nicht entscheiden kann, dann verhindert man Entwicklung. Das ist die Frage der Inklusion. Sie sagen mal so, und Sie sagen mal so. Sie versuchen, sich irgendwie um eine Positionierung herumzulavieren. Das wird nicht gehen.

Wir haben an dieser Stelle alle miteinander ein Versprechen eingelöst. Dieses Versprechen ist, dass die Eltern frei wählen können zwischen einem inklusiven Angebot und einer Förderschule. Wenn man dieses Versprechen einhalten will, muss man dafür hart arbeiten und sich positionieren. Deswegen gibt es zu diesem Schuljahresbeginn weitere 26 neue Schwerpunktschulen, damit wir diesen Anspruch auch tatsächlich schrittweise erfüllen können. An dieser Stelle würde ich wirklich einmal eine Positionierung von Ihnen erwarten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich ein Drittes hinzufügen. Auch das, was wir jetzt schrittweise machen – ich stehe dazu, dass das erst jetzt geht –, nämlich die deutliche Reduzierung der Klassenmesszahlen, ist ein solches Versprechen, mit dem wir immer ehrlich umgegangen sind. Wir haben gesagt, in Zeiten von steigenden Schülerzahlen geht das nicht. Aber wenn es Spielräume bei zurückgehenden Schülerzahlen gibt, dann wollen wir es versuchen. Aus diesem Versuch ist ein durch die Koalitionsvereinbarung abgesicherter Stufenplan geworden. Die Menschen können sich darauf verlassen, dass wir in den Grundschulen in Rheinland-Pfalz bundesweit mit die kleinsten Grundschulklassen haben werden. Ich glaube, das ist eine wichtige pädagogische Errungenschaft.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir haben auch klar gesagt, dass wir es in den Integrierten Gesamtschulen und in den Gymnasien fortsetzen wollen. Auch dazu gibt es einen Stufenplan.

Ja, ich halte es mit Versprechen und Ankündigungen schon ziemlich genau. Ich lasse mich lieber dreimal dafür beschimpfen, dass ich eine Ankündigung nicht mache, als dass ich eine mache, die ich nicht einhalten kann. Mein Versprechen war – wir haben letztes Jahr im Gymnasium zum Teil angespannte Situationen gehabt, dafür hat es Gründe gegeben, die haben wir hier ausführlich diskutiert –, was ich auch den Elternbeiräten versprochen habe, wir werden die Gymnasien wieder an den Schnitt der allgemeinbildenden Schulen heranführen.

Ich habe gesagt, das werden wir wahrscheinlich nicht in einem Schritt schaffen, sondern wir werden da auch einen bisschen längeren Zeitraum brauchen. Jetzt sieht es so aus, dass es uns noch deutlich besser gelungen ist, als ich vermutet habe. Auch an dieser Stelle haben

wir ein Versprechen eher übererfüllt, als dass wir hinter den Ankündigungen zurückgeblieben sind. Ich glaube, es schafft Vertrauen, dass man sich auf die Zusagen der Landesregierung an dieser Stelle verlassen kann.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben eine Linie in dem, was wir tun. Diese Linie haben wir gemeinsam entwickelt. Wir werden noch an anderer Stelle über Ihre Qualitätsoffensive Bildung diskutieren.

Es ist dezidiert keine Linie, alles aufzuschreiben, was man irgendwo und irgendwann gehört hat, und das untereinander zu reihen. Es interessiert Sie überhaupt nicht, was die Bildungswissenschaftler bundesweit schreiben. Ihnen ist es nach wie vor wichtiger, dass die Kindergartenkinder getestet, als dass sie gefördert werden. Ich stehe zusammen mit der Kollegin Alt dazu, wir wollen fördern. Das ist für uns absolut prioritär.

Es ist für Sie nach wie vor so, dass Sie meinen, Beförderungskosten seien kein Problem. Wir haben das nicht alles in einem Schritt geschafft. Wenn wir in die Richtung gehen, wollen wir die Familien entlasten. Das ist unsere Linie.

Ich sage Ihnen, dass wir vor allen Dingen beim Thema „Inklusion“ niemand auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertrösten wollen, wie das in Ihrem Antrag wieder zum Ausdruck kommt.

Ich glaube, man muss eine klare Linie haben und sagen, dass man das nur schrittweise erreichen kann. Wenn man auf dieser Linie vorangeht, sind auch Erfolge spürbar.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nach unserer neuen Geschäftsordnung hat die Landesregierung die Redezeit um 2 Minuten und 19 Sekunden überzogen. Das heißt, in der zweiten Runde hat die CDU-Fraktion insgesamt die üblichen zwei Minuten und 2 Minuten und 19 Sekunden an Redezeit, während sich die beiden Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die 2 Minuten und 19 Sekunden teilen, und zwar zu gleichen Teilen. Ich nehme an, Sie haben das Verfahren alle gut verstanden.

Herr Oster, Sie haben sich gemeldet, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich ganz schnell klarstellen, dass ich „wir und die rot-grüne Landesregierung“ gesagt habe. Sie müssen zuhören. Das hängt nicht damit zu

sammen, wie lange man aus der Schule ist. Ich bitte, dies auch im Protokoll festzuhalten. Die Betonung lag auf dem Wort „und“.

Frau Dickes, war Ihre Rede vielleicht aus dem Jahr 2009? Sie haben von 2009 gesprochen. Wir sind aber im Jahr 2012. Die Unterrichtsversorgung im Jahr 2009 war nicht so gut. Sie ist aber dieses Jahr sehr gut.

Ich knüpfe direkt daran an. Die Kollegin Ratter hat das sehr gut beschrieben. Sie hätten die Zeilen von Uwe Geisler von Anfang an lesen müssen. Ich möchte es noch einmal betonen: Die Unterrichtsversorgung war so gut wie noch nie.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Frau Dickes, ich verstehe es auch. Sie haben nichts mehr anderes außer dem Nürburgring. Deshalb versuchen Sie, künstlich etwas herbeizuführen. Die Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz ist top. Wir werden von allen Bundesländern beneidet. Das wollen Sie nicht einsehen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sie haben davon gesprochen, dass die Unterrichtsversorgung nicht so richtig abgedeckt ist. Wir decken mehr als den Pflichtunterricht ab. Wollen Sie das nicht verstehen, oder verstehen Sie es wirklich nicht?