Guter Start ins neue Schuljahr – so haben sie ihre Aktuelle Stunde überschrieben. Ich muss sagen, manchmal passieren die absurdesten Sachen.
Da lobt man sich selbst für einen geringeren Unterrichtsausfall als im vergangenen Jahr, so ihre Pressemitteilung. Frau Ministerin, wissen Sie, wenn das vergangene Jahr nicht wäre, dann würde ich sagen, ja, Sie können sich loben, dass der Unterrichtsausfall gesenkt worden ist. Aber nachdem Sie im vergangenen Jahr den Unterrichtsausfall erst einmal verdoppelt hatten, ist es ein Leichtes, ein wenig herunterzukommen, aber immer noch weit entfernt von dem Mittelwert der vergangenen Jahre zu sein.
Vor diesem Hintergrund klingt der Satz „eine gute Unterrichtsversorgung in unseren Schulen“ eher wie eine Drohung; denn in den vergangenen Jahren haben wir ihn immer wieder hören müssen, und die Unterrichtsversorgung ist immer weiter gesunken.
Ein statistischer Versorgungsgrad mit Lehrkräften von gut 98 % bedeutet einen von der Landesregierung bewusst einkalkulierten Unterrichtsausfall in beträchtlichem Umfang. Zahlreiche Elterninitiativen im Land können belegen, dass die Unterrichtsversorgung vor Ort nicht gewährleistet ist.
Herr Köbler, das ist ein bewusst einkalkulierter Unterrichtsausfall in erheblichem Umfang, der die Unterrichtsversorgung vor Ort nicht mehr gewährleistet.
Das war in einem Jahr, als die Unterrichtversorgung noch um einiges besser als im vergangenen Schuljahr war. Die ersten Meldungen aus den Schulen zeigen, dass es noch besser war als in diesem Schuljahr.
Eines stimmt. Die Gymnasien können nach dem großen Desaster im letzten Jahr etwas aufatmen, weil Eltern landesweit auf die Barrikaden gegangen sind.
Frau Brede-Hoffmann, das sind Eltern, die mir gesagt haben, dass die Ihnen gesagt haben, sie möchten mit Ihnen keine Zeit mehr verbringen. Das sind engagierte Eltern, die sich für ihre Kinder und die Schüler im Land einsetzen. Das sind aktive und besorgte Eltern von Integrierten Gesamtschulen und Gymnasien.
Frau Ministerin Ahnen, Sie haben ihnen versprochen, die Gymnasien in diesem Schuljahr vorrangig zu versorgen. Das haben Sie gemacht. Da aber im Haushalt die Stellen festgeschrieben sind, werden die Lehrerstellen nicht mehr, sondern nur verschoben.
Frau Ministerin, ich zitiere aus einem Schreiben von Herrn Geisler, der die ARGE der Schulelternbeiräte anführt: Es ist eine deutliche Tendenz erkennbar, wenn die Öffentlichkeit hinschaut, wird etwas getan, wenn sie wegschaut, sieht es weniger gut aus. Als Beispiel möchte ich nennen die wenig erfreulich aktuelle Unterrichtsversorgung in den Realschulen plus. –
Es gibt Schularten, deren Eltern nicht so laut sind. Ich weise explizit auf die Förderschulen hin. Dort können die Eltern vielleicht nicht so laut sein, weil sie mit ihren Kindern viel Arbeit haben.
Dort, wo unsere Schwächsten sind, haben wie nach wie vor einen extrem hohen Unterrichtsausfall, weil keiner auf die Barrikaden geht. Das ist nicht Gerechtigkeit. Sie haben die Fürsorgepflicht für alle Kinder.
Das gilt auch für die Realschulen plus, die in diesem Jahr mit einem Unterrichtsausfall von 2,2 % rechnen. Das nennen Sie einen guten Start.
Da kommt die groteske Aussage der GEW hinzu, die in einer Pressemitteilung sagt: Positiv ist, dass die Schulen mit einem Unterrichtsausfall von mehr als 10 % vorrangig Lehrkräfte zugewiesen bekommen. – Das finde ich auch sehr positiv, wenn wir bei einem Ausfall von über 10 % sind.
Sie haben in Ihrer Pressemitteilung zusätzlich gesagt, Sie haben eine zukunftsorientierte Schulstruktur geschaffen. Ich glaube, sie ist an zwei Punkten gescheitert. Realschule plus hieß, wir wollen den schwachen Hauptschülern mehr Chancen geben. Wir haben gesagt, wir wollen demografiefeste Strukturen schaffen.
Frau Ministerin, wir haben mittlerweile über 30 Realschulen plus, die weit unter der Mindestzügigkeit und weit unter der Mindestschülerzahl liegen. Darauf will ich gern in der zweiten Runde eingehen.
Herr Landtagspräsident, meine Damen und Herren! Zum guten Start ins neue Schuljahr gehört eine reich gefüllte Schultüte, gefüllt mit Appetitmachern, süß und gesund, mit einigen sauren, leicht bitteren Happen (saure Frö- sche stehen bei Schülerinnen und Bitterschokolade durchaus bei Lehrerinnen hoch im Kurs), mit aufbauenden und nachdenklichen Leitlinien, bewertenden und auch zielführenden Hinweisen. Das ist alles in allem kein Süßholzgeraspel, aber auch keine süßsaure Angelegenheit, sondern das sind aus unserer grünen Sicht gute Gründe für einen guten Start in das Schuljahr 2012/2013.
Wir sind gemeinsam mit dem Koalitionspartner mit dem Versprechen angetreten, beste Bildung für alle unabhängig von Herkunft und Wohnort zu machen. Ich glaube, davon haben wir schon einen Großteil eingelöst.
Was wir erreicht haben, hat Bendikt Oster bereits anschaulich dargestellt. Ich kann es bei einer knappen Benennung belassen.
Kurze Beine, kurze Wege – der Erhalt der Grundschule wohnortnah lag in unserem Interesse. Die Absenkung der Klassenmesszahl trägt Früchte; denn kleine Klassen erleichtern nicht nur den Übergang, sondern auch die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer. Der Start in die weiterführenden Schulen wird sich diesbezüglich deutlich verbessern.
Die weiter wachsende Zahl der Ganztagsschulen wurde bereits genannt. Sie bringt uns dem im Koalitionsvertrag aufgeführten Ziel deutlich näher. Jede zweite Schule soll Ganztagschule sein, mindestens 50 % davon wird rhythmisiert. Das ist ein wichtiger und entscheidender Baustein, für den wir in Zukunft weiter Sorge tragen möchten.
26 neue Schwerpunktschulen stärken die Option auf die Schulwahl nach der UN-Konvention. Die Einzelintegration beweist, dass die Eltern ihre Entscheidungsrechte wahrnehmen wollen.
Das gemeinsame Lernen findet sich im Koalitionsvertrag verankert. Es hat weiter Auftrieb und findet in der Gesellschaft beim Thema „Bildungsgerechtigkeit“ zunehmend positiven Wiederhall.
Leistungsfähigkeit wächst nicht in einer Gesellschaft, die auf selektive Schulsysteme setzt; denn diese verschenkt individuelle Potenziale. Gesamtgesellschaftlich ist damit zu rechnen, dass langfristig die Kriminalitätsrate steigt und die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit sich vermindert. Die Beispiele können sie in den USA und Großbritannien nachlesen. Dazu sage ich bei Gelegenheit mehr.
Viele weitere Folgen dieses selektiven Schulsystems werden sich auf Dauer in den steigenden Sozialleistungen niederschlagen.
Was ist neu? Die kostenlose Schülerinnenbeförderung wurde genannt. Sie entspricht der Programmatik und muss sich nun bewähren. Das trifft auch auf andere Neuregelungen zu, zum Beispiel auf die Schulbuchausleihe, zu der es, wie es im Koalitionsvertrag beschlossen worden ist, eine Evaluation im laufenden Schuljahr geben wird.
Wir arbeiten im laufenden Schuljahr an weiteren zentralen Projekten. Auch das gehört in die Schultüte: nämlich der Ausblick auf das, was kommen mag. Da wird vor allen Dingen die Schulgesetznovelle und das Lehrerinnenbildungsgesetz zu nennen sein.