Herr Ministerpräsident, bei Ihnen hat sich das gestern sehr leicht angehört. Bis 2030 – das ist ein ambitioniertes, aber ehrenwertes Ziel, ich betone das ausdrücklich – wollen Sie den in Rheinland-Pfalz verbrauchten Strom zu 100 % aus erneuerbaren Energien gewinnen. Leider hat Ihre Betonung des Wörtchens „bilanziell“ nicht ganz so die Betonung bekommen, wie sie es verdient hätte. Bilanziell, das ist Ihr Hintertürchen und heißt aber, dass Sie sehr wohl damit rechnen, dass an gewissen Tagen nicht zu 100 % mit erneuerbaren Energien auszukommen ist. Sie suggerieren es, aber versäumen zu sagen, wo Sie dann die Energie herbekommen wollen.
(Beifall der CDU – Zurufe der Abg. Dr. Braun und Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Abg. Frau Mohr, SPD, und weitere Zurufe von der SPD)
Herr Ministerpräsident und vor allen Dingen Frau Ministerin Lemke, Sie sagen zu diesem Aspekt, RheinlandPfalz – – –
(Ramsauer, SPD: Auch die CDU kann nicht immer Wind machen! – Zurufe der Abg. Frau Mohr und Fuhr, SPD)
Ich muss es Ihnen noch einmal kurz sagen. Das muss ich Ihnen wirklich sagen. Frauen können zwei Sachen. Es geht um diese Zwischenrufe. Ich hatte drei Zwischenrufe von dieser Bank, die sich mindestens bei zwei Zwischenrufen widersprochen haben. Die einen sagen, weg von der Kernkraft, und die nächste hat gesagt, ja, sie glauben, der Strom kommt aus der Steckdose. Nein, ich glaube das nicht.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: Können Sie nachher im Protokoll nachlesen, da finden Sie die Zwischenrufe! – Zuruf des Abg. Fuhr, SPD)
Einen wichtigen Aspekt, der mit dabei sein soll, hat Frau Energieministerin Lemke betont. Ich wiederhole, ich finde dieses Ziel ambitioniert und ehrenwert. Da unterstützen wir Sie als CDU in diesem Hause explizit, Frau Ministerin Lemke.
Sie sagen, Rheinland-Pfalz soll 2030 Stromexportland werden. Das ist klar, weil wir Probleme mit Speicherkapazitäten haben, könnten wir Stromexportland werden. Jetzt schauen wir einmal in den Koalitionsvertrag hinein. Sie haben in dem Koalitionsvertrag an anderer Stelle stehen, dass Sie weniger Trassen und Leitungen haben
möchten. Wenn Sie Strom exportieren wollen, dann weiß ich nicht, ob Sie an den Paketdienst der Deutschen Bundespost denken und ob das Ihr Rheinland-Pfalz-Takt ist? (Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Oh Gott! Das tut wirklich weh! – Weitere Zurufe von der SPD)
Frau Ministerin Lemke, ein weiterer Aspekt ist, dass Sie von dezentraler Energieversorgung sprechen.
(Ministerpräsident Beck: Das stimmt doch gar nicht! Das habe ich so nicht gesagt, sondern: Wir sind nicht in der Klippschule!)
Frau Ministerin Lemke, Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag die dezentrale Energieversorgung stehen. Ich finde den Ansatz richtig. Es gibt viele Beispiele in RheinlandPfalz, beispielsweise wenn ich in Richtung Hunsrück oder in die Pfalz schaue. Bei der dezentralen Energieversorgung sehe ich eine große Chance, weil sie Unabhängigkeit bietet. Wenn es um die Preisgestaltung geht, dann haben wir keine Monopolisierung, sondern haben durch die Dezentralisierung die Chance, eigenständig etwas aufzubauen. Da haben Sie recht, da sind wir an Ihrer Seite.
Aber problematisch ist es, wenn Sie sagen, Sie sind für Dezentralisierung, wollen aber zentral andere mit
Stromexport versorgen. Das passt auch nicht ganz zusammen. Ich glaube, da muss man noch ein bisschen etwas nachsteuern, aber letztendlich geht es doch darum, dass wir die Energiewende schaffen können.
Aber dazu gehört auch – und das sagt die CDU anders, als es gestern der Ministerpräsident in seiner Rede gesagt hat –, wir müssen uns auch die Fakten, die Möglichkeiten und die Realitäten in diesem Zeitraum anschauen. Es gibt Zahlen des Statistischen Landesamtes aus Rheinland-Pfalz. Die sind beeindruckend, wenn wir uns Folgendes anschauen: Im Jahr 2009 betrug unser Stromverbrauch hier 27,1 Terawattstunden. „Tera“ bedeutet – Sie wissen es – 1 Billion Wattstunden. Der Anteil der regenerativen Energien an diesen 27 Terawattstunden beträgt lediglich – das ist nur eine Bestandsaufnahme – 3,9 Terawattstunden.
Dazu steuert die Windkraft alleine knapp 2 Terawattstunden bei, ist also Hauptlieferant dieser erneuerbaren Energien.
Aber mit alledem sind wir noch lange nicht bei den 27 Terawattstunden. Da fehlen noch rund 23 Terawattstunden. Wollte man die fehlende Energie allein – ich erwähne jetzt nicht die Biogasanlagen, Sie wissen auch, dass sie mitunter umstritten sind, Herr Kollege Noss aus dem Kreis Birkenfeld, da kennen wir auch Beispiele, dass viele dafür waren, dann wiederum dagegen, wenn dort Verkehr stattfindet, wenn es dort Geruchsemission gibt, das habe ich jetzt nicht mit hereingerechnet, ich habe auch die Geothermie nicht mit eingerechnet, ich gehe jetzt schlichtweg noch einmal auf das Thema der Windkraftanlagen ein – durch Windkraftanlagen ersetzen, Frau Ministerin Lemke, bräuchte man mehr als 1.700 Windkraftanlagen mit je 5 Megawatt Leistung.
Sie müssen sich vorstellen, was das bedeutet. Ich mache jetzt – ich habe es eben erläutert – einfach ein Szenario auf. Es gibt ein Ausschlussprinzip, dass man sagt: Wir wollen das nicht.
Sie haben recht, das will kein Mensch. Aber da müssen wir sagen, was wir wollen und wie es gehen soll.
(Hoch, SPD: Sie versuchen, mit dem Löffel zu schnitzen! – Vereinzelt Beifall und Heiterkeit bei der SPD)
Wenn kein Mensch will – Sie haben den Zwischenruf gemacht –, dass wir 1.700 Windkraftanlagen bauen – das haben Sie eben gesagt –, dann müssen Sie aber sagen, wo diese Energie woanders herkommt.
Wir können die Rechnung auch gerne für die Fotovoltaik aufmachen. Effizienz ist ein guter Vorschlag, super, klasse. Man sollte sicherlich auch einen Vorschlag für
„Jugend forscht“ machen. Das Thema heißt „Energieeffizienz“. Wir wissen, wo der Stand bei der Energieeffizienz ist. Bis 2030 bekommen Sie doch wohl etwa nicht die 23 Terawattstunden durch Energieeffizienz kompensiert.
Ich muss sagen, das ist ein bisschen arg blauäugig. Wir können aber auch die Rechnung – Frau Ministerin Lemke, das hatten Sie auch schon einmal gemacht – für Fotovoltaik aufmachen. Ich weiß, das ist jetzt ein bisschen kompliziert, aber es soll konkret sein. Es wären fast 186 Quadratkilometer Fotovoltaik-Oberflächen zusätzlich nötig, um Rheinland-Pfalz allein mit regenerativer Sonnenenergie zu versorgen.
Das wäre das Doppelte der Fläche der Stadt Mainz. Das zeigt, dass der Umstieg gerade in diese Versprechungen bis 2030 alles andere als gesichert ist. Sie sind ambitioniert, aber nicht gesichert.
Warum machen Sie denn nicht Folgendes? – Das wundert mich, sehr geehrte Kollegen der Koalition. Warum machen Sie denn nicht jährlich überprüfbare feste erreichte Ziele fest. Wenn Sie auf 2030 gehen, können Sie bei der Landtagswahl überhaupt nicht überprüft werden. Das hört sich prima an. Machen Sie doch jährlich festgesetzte erreichbare Zwischenziele. Dann kann man Sie auch an dem überprüfen, was Sie versprochen haben.
Die Energiewende wird sicherlich viel Geld kosten. Ich bin mir aber sicher, wenn wir es richtig kommunizieren, werden die Bürgerinnen und Bürger das auch mitgehen.
Wir sind beim Geld, dem leidigen Geld. In den vergangenen 20 Jahren unter der Ägide der SPD hat sich das Land bis über beide Ohren verschuldet. Kein Flächenland im Westen Deutschlands hat seine Pro-KopfVerschuldung so in die Höhe getrieben wie RheinlandPfalz unter Ministerpräsident Beck.
Dazu der Rechnungshof von Rheinland-Pfalz – ich zitiere –: „Ein tragfähiges Konzept, wie bis 2020 ein struktureller Haushaltsausgleich ohne neue Schulden sichergestellt werden soll, liegt (…) nicht vor.“ Ihnen wird der Verlust der finanzpolitischen Handlungsfähigkeit bescheinigt.