Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder und Familien stehen in Rheinland-Pfalz im Mittelpunkt unseres politischen Handelns. Die Familien zu
unterstützen, ist unser oberstes Ziel. Dazu gehört es auch und insbesondere, die Wege dafür zu ebnen, dass Eltern Familie und Beruf miteinander vereinbaren können.
Ein wichtiger Baustein in diesem Zusammenhang ist der Ausbau der Infrastruktur der Kinderbetreuung für alle Kinder von 0 bis 14 Jahren. Hier in Rheinland-Pfalz sind wir unter den westdeutschen Flächenländern federführend insbesondere beim Kita-Ausbau.
Der Ausbau der Kinderbetreuung für die unter Zweijährigen ist im Moment unser Schwerpunktthema. Das wissen Sie.
Ich will zu Frau Huth-Haage sagen, wir haben bereits 98 % der Bundesgelder beschieden und verplant. Sie sind sozusagen quasi gedanklich ausgegeben. Richtig ist, dass sie noch nicht komplett abgeflossen sind. Da sind wir ungefähr bei 50 %. Sie wissen, das hängt damit zusammen, dass die Träger Verwendungsnachweise erbringen müssen, um an das Geld heranzukommen. Das dauert eine Weile. Das hinkt dem Bau ein Stück hinterher.
Die maßgebliche Zahl an dieser Stelle sind die 98 % der Gelder, die bereits festgelegt und beschieden sind, sodass wir im bundesweiten Vergleich gut dastehen. Wir haben dieses Geld in unser aller Sinne für den Ausbau der Kinderbetreuung ausgegeben.
Wir konnten absehen, dass wir in diesem Jahr auf die 100 % kommen werden, wenn das mit dem Ausbau so weitergeht wie bisher. Das wollen wir. In dem Haushalsplan für die Jahre 2012 und 2013 haben wir insgesamt 17,5 Millionen Euro als Verpflichtungsermächtigung vorgesehen, damit gewährleistet ist, dass der Ausbau weitegehen kann.
Es geht immer um die Frage des Rechtsanspruchs für Einjährige ab dem Sommer 2013. Wir liegen mit unserer Betreuungsquote für die unter Dreijährigen bei 31,6 % mit Stichtag im Februar. Das ist eine sehr gute Zahl. Ich bin guten Mutes, dass wir zum Sommer 2013 die geforderten 35 % erreichen können.
Ich nenne noch zwei Zahlen, die für Sie vielleicht interessant sind. Rund 97 % aller Drei- bis Sechsjährigen besuchen einen Kindergarten. Das sind mehr als im Bundesdurchschnitt. Da liegt der Wert bei 92 %. Uns freut sehr, dass Kinder mit Migrationshintergrund zu 92 % einen Kindergarten besuchen. Das sind fast 10 % mehr als im Bundesdurchschnitt. Darauf sind wir sehr stolz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht jetzt zum Endspurt beim Kita-Ausbau. Dafür müssen wir noch einmal alle unsere Kräfte mobilisieren. Ich muss sagen, dass ich ein bisschen enttäuscht war, als das 10-PunktePapier der Bundesfamilienministerin, das sehr groß angekündigt war, kam. Aus unserer Sicht gibt es zwei Punkte aus diesem 10-Punkte-Papier, die sich als hilfreich herausgestellt haben. Auf die will ich eingehen.
Das eine sind die zinsgünstigen Kredite, die Frau Ministerin Schröder in Aussicht gestellt hat, die aber bei genauerem Hinsehen dennoch bedeuten, dass am Ende die Kommune die Rechnung zahlen muss. Wir hatten gehofft, dass es an dieser Stelle mehr zusätzliches Geld vom Bund gibt. Wir würden gern an dieser Stelle noch einmal darum bitten – das würde ich gern als Appell an die CDU-Fraktion mit auf den Weg geben –, dass das Geld, das für das Betreuungsgeld veranschlagt ist, nicht in das Betreuungsgeld fließt, sondern man sich überlegt, das Geld in den Bereich des Ausbaus der Kindertagesstätten zu geben, wo es sehr dringend gebraucht wird.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Zuruf der Abg. Frau Huth-Haage, CDU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben unsere Meinungen und Argumente zum Betreuungsgeld mehrfach ausgetauscht. Sie wissen, dass die Landesregierung aus bildungspolitischen, integrationspolitischen und frauenpolitischen Argumenten heraus dieses Betreuungsgeld ablehnt. Die Landesregierung hält das für falsche Signale, die dadurch in unserer Gesellschaft gesetzt werden.
Es gibt nicht nur das Thema der Investitionskosten des Baues von Kitas, sondern es gibt auch das Thema der Betriebskosten. Das ist das Thema, das nachher Jahr für Jahr an den Kommunen und den Ländern hängenbleibt. Auf der Jugend- und Familienkonferenz und im Kamingespräch haben wir mit der Bundesfamilienministerin über diese Themen gesprochen. Wir haben auf dieser Jugend- und Familienkonferenz über alle Länder hinweg ein Papier einstimmig abgestimmt, in dem wir gesagt haben, wir müssen an dieser Stelle zusammenstehen, und es muss an dieser Stelle mehr Geld für das Thema „Betriebskosten“ für die Kommunen und die Länder geben. Dieser Beschluss ist einstimmig gefasst worden.
Im Kamingespräch mit der Bundesfamilienministerin haben wir versucht zu erreichen, gemeinsame Gespräche zu ermöglichen, da sich die Entwicklung seit 2007 und 2008, als der letzte Krippengipfel stattgefunden hat, beschleunigt hat. Man muss solche Gespräche nicht „Krippengipfel“ nennen, man kann sie auch „Runde Tische“ oder anders benennen. Diese Gespräche sollten zwischen Bund, Länder und Kommunen stattfinden. Leider ist sie darauf nicht eingegangen. Das fanden all diejenigen, die daran teilgenommen haben, schade, weil es uns noch einmal die Möglichkeit gegeben hätte, darüber nachzudenken, wie können wir diesen Kraftakt, den wir vor uns haben, gemeinsam stemmen.
Ich komme auf den zweiten konstruktiven Bereich des 10-Punkte-Papiers. Das ist die Kindertagespflege. Frau Huth-Haage hat es angesprochen. Hier wird der Kindertagespflege in der Zukunft ein größerer Stellenwert beigemessen. Unternehmen und freie Träger können Tagespflegepersonen anstellen und damit sozusagen
Betreuungsmöglichkeiten für ihre Beschäftigten anbieten. Das ist ein sehr guter Vorschlag aus unserer Sicht. Das gilt insbesondere mit dem Blick auf die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich darf Ihnen an dieser Stelle sagen, dass wir diesen Vorschlag aufgreifen und ihn in unser Familienkonzept mit aufnehmen werden. Im Moment sind wir gerade dabei, offensiv eine Kindertagespflege zu konzipieren. Wenn wir da noch einen Schritt weiter sind, werde ich Sie gerne in den Ausschüssen und Fraktionen informieren.
Als gute Ergänzung sehen wir unser Kita!PlusProgramm. Darüber wurde heute schon gesprochen. Hier ist der wesentliche Bestandteil eine stärkere Familienorientierung in den Kindertagesstätten; denn wir wissen alle, dass die Kinder heute sehr früh in den Kindergarten kommen. Sie verbringen immer mehr Zeit auch auf den einzelnen Tag gesehen in der Kindertagesstätte. Deshalb ist es für uns wichtig, dass wir die Eltern stärker in die inhaltliche Arbeit und in die Kindertagesstättenentwicklung insgesamt mit einbeziehen.
Im Rahmen des Kita!Plus-Programms sind die Bereiche Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung weitere Schwerpunktthemen. Das soll zeigen, dass wir nicht nur Wert auf den Ausbau der Quantität legen, sondern auch die Qualität in den Kindertagesstätten im Fokus haben. Das Fortbildungscurriculum für die Erzieherinnen und Erzieher entwickeln wir weiter, um unterstützend für eine stärkere Familienorientierung tätig zu werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch einmal ein paar strukturelle Themen anschneiden, die dazugehören, wenn man ein gutes Konzept für Familienpolitik auf den Weg bringen will. Es gibt das Thema der Grundsicherung von bedürftigen Familien. Das muss auf das Niveau angehoben werden, das das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom Februar 2010 fordert. Wir müssen die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, damit Familien geschlechtergerecht und fairer besteuert werden.
Wir müssen bessere Arbeitszeitsysteme entwickeln, und zwar bei öffentlichen Dienstleistern und in der Wirtschaft, damit die Familien die Zeit bekommen, die sie benötigen.
Für uns ist es wichtig, dass die Familien in ihrer Vielfalt anerkannt werden. Familien sind sehr vielfältig. Es können verheiratete Paare mit Kindern sein. Es können Alleinerziehende sein. Es können Patchworkfamilien sein. Es können Regenbogenfamilien sein. All das gehört für uns zu dem Thema „Familie“ dazu. Ich denke, es ist wichtig, dass wir hier die Vielfalt anerkennen.
Ich will noch einmal abschließend sagen, die Familienpolitik hat in Rheinland-Pfalz einen sehr hohen Stellenwert. Ich bin sehr froh darüber, dass sich die Kinder, die Jugendlichen und die Familien bei uns in RheinlandPfalz wohlfühlen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Bröskamp. Frau Bröskamp, Sie haben aufgrund der Redezeit der Ministerin jetzt noch eineinhalb Minuten mehr.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für diese üppige Redezeit, liebe Irene Alt.
Ich hoffe, dass wir mit dem Kita!Plus-Programm hier für die Kindertagesstätten ein Programm aufgelegt haben, das sie sehr zahlreich nutzen, das sie hoffentlich sehr positiv annehmen. Ich bin gespannt, wie wir darüber vielleicht in einem Jahr hier im Landtag schon sprechen können und wie die Erfahrungen vor Ort sind, die dort gesammelt worden sind.
Ich möchte auch noch einmal kurz auf diese besondere Situation Bezug nehmen, dass wir in Rheinland-Pfalz im Unterschied zu allen anderen Bundesländern, die uns umgeben, den Rechtsanspruch für die zweijährigen Kinder schon haben. Ich habe schon mehrfach angesprochen, ich bin oft in Nordrhein-Westfalen unterwegs. Auch dort wird mir immer wieder mit auf den Weg gegeben: Ihr habt es gut in Rheinland-Pfalz, ihr habt den Rechtsanspruch ab zwei, und die Betreuungssituation ist bei euch deutlich besser als bei uns. – Von daher ist auch die Wahrnehmung außerhalb sicherlich sehr positiv.
Ich möchte hier aber vielleicht auch noch ganz kurz erwähnen – liebe Frau Demuth, Sie können sich daran erinnern –, dass Sie sich dafür eingesetzt haben, den Kindergarten nicht kostenfrei zu stellen. Ich denke, das ist hier vielleicht auch einmal angebracht. Ich glaube, dass sich die CDU in großen Teilen auch dahin gehend ausspricht, um im Prinzip den Eltern die Elternbeiträge wieder abzuknöpfen. Ich wollte das hier nicht unerwähnt lassen. Ich denke, dass passt inhaltlich. Deswegen war es mir wichtig, das auch kurz zu sagen.
Frau Huth-Haage, nur zu Ihrer Information, die Norweger haben das Betreuungsgeld jetzt zu Anfang des Jahres
2012 wieder abgeschafft. Ich sage Ihnen auch, warum. Sie begründen das nämlich genau damit, dass es sich negativ auf die Erwerbstätigkeit von Müttern auswirkt. Vor allen Dingen geht es darum, dass dadurch vor allen Dingen die Familien mit Migrationshintergrund große Nachteile erleiden.
Ich denke, wenn Sie gerade sagen – ich möchte das kurz zitieren –, dass Kindergartengenerationen verloren gegangen sind
Sie haben hier von einer gesprochen –, dann möchte ich sagen, mein Eindruck ist, dass aufgrund des Betreuungsgeldes nicht nur eine Kindergartengeneration verloren gehen wird, sondern eine Menge von Kindergartengenerationen, nämlich genau die, die sowieso die schlechten Startchancen haben.
(Zuruf der Abg. Frau Huth-Haage, CDU – Pörksen, SPD: Beißen Sie doch nicht ins Mikrofon! Das bringt nichts!)
Ich denke, dass wir uns hier nicht die Sorge über die Eltern machen müssen, die es richten, die es im Griff haben. Das ist nicht das Problem.