Protocol of the Session on June 21, 2012

Bedauerlich finde ich allerdings die Forderungen unter Abschnitt II. Da fangen Sie zunächst unter Nummer 1 mit den Lobbyisten und unter Nummer 2 mit den Sanktionen an. Da geht es um 5 % und 10 % des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens. Sie haben eben

den Betrag von 700 Millionen Euro als Strafe genannt. Das ist ein Beispiel dafür, was sich hinter diesen Grenzen verbirgt. Das sind große Unterschiede. Im Antrag liest sich das ein bisschen wie Klein-Klein. Ich finde auch nicht, dass das unter den Nummern 1 und 2 im Forderungsteil im Vordergrund stehen dürfte; denn das ist nicht der Schwerpunkt dessen, was wir wollen. Daran wird aber deutlich, dass es eigentlich einer intensiveren Beratung des Antrags bedarf, die wir in der heute zur Verfügung stehenden Zeit nicht leisten können.

(Beifall der CDU)

Im Mittelpunkt des Antrags sollten doch vielmehr die weiteren Punkte unter den Nummern 3, 4 und 5 stehen. Es geht um den Verordnungsweg, der gewählt wurde. Es geht um die Zwangsharmonisierung und um die Anpassung auf einem niedrigen Niveau, die wir auch befürchten. Es geht um den Erhalt unseres hohen Schutzniveaus. Es geht um die grundsätzliche Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten, so wie wir sie gewählt haben und wie wir sie weiter verfolgen wollen. Wir wollen natürlich nicht, dass irgendein Durchgriffsrecht für Brüssel geschaffen wird, weil das kontraproduktiv wäre. Diese Punkte teilen wir, aber es wäre schön gewesen, wenn das im Abschnitt II auch der Mittelpunkt des Antrags gewesen wäre.

Zu den weiteren von Ihnen angesprochenen Punkten sage ich aufgrund der zur Verfügung stehenden Redezeit nur kurz etwas, weil auch die einer intensiveren Beratung bedürften.

Bei Nummer 7, der Altersgrenze für Kinder, haben Sie natürlich recht. 13 Jahre ist irgendetwas Gewähltes, das so nicht stehen bleiben kann. Nach Ihren Vorstellungen soll sich die Altersgrenze am europäischen Durchschnittsalter der Geschäftsfähigkeit orientieren. Ich habe das nicht ausgerechnet. Es wäre schon eine intensivere statistische Berechnung erforderlich, um dieses Durchschnittsalter zu ermitteln. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass dabei eine glatte Zahl herauskommt. Sie haben das so in Ihren Antrag geschrieben. Das würde ich so nicht schreiben. Über eine Altersgrenze muss man sich natürlich unterhalten, aber schwierig wird auch ein Nachweis sein. Wo soll das gelten? In der Regel gilt das im Internet. Wie soll das im Internet nachgewiesen werden? Das sind Dinge, die beraten werden müssen. Das hätte nach meiner Meinung in die Beratungen eines solchen Antrags hineingehört.

Den sogenannten Radiergummi und das Vergessenwerden hatten wir auch schon einmal kurz angesprochen. Das hört sich wirklich gut an. Das unterschreibe ich, aber ich halte das nach dem jetzigen Stand für unmöglich. Da das unmöglich ist, sollte man auch von dieser Landesregierung nicht erwarten, dass sie das erfüllt.

(Pörksen, SPD: Das steht so in der Verordnung! Wir fordern!)

Ich weiß, auch wir begrüßen das. Unter Abschnitt II Ihres Antrags fordern Sie die Landesregierung aber auf, das durchzusetzen. Das ist unmöglich. Insofern weiß ich nicht, ob wir die Landesregierung dazu auffordern soll

ten. Zumindest sollte das nicht in dieser Form im Antrag stehen.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Zeit so drängt; denn die Subsidiaritätsrüge ist im Bundesrat erhoben worden. Die Sache ist zwar noch anhängig, aber das Verfahren ist durch. Das liegt ohnehin in der Entscheidung der Landesregierung. Ich meine schon, dass es der Antrag und die Sache verdient hätten, wenn wir in die parlamentarische Beratung in den Ausschüssen gehen und dort die Fragen intensiver erörtern. Sie haben recht, im Grundtenor sind wir uns völlig einig, aber die Punkte, wie sie im Antrag stehen, bedürfen noch einer Beratung.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Schellhammer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste! Auch ich freue mich, dass wir heute wieder – und damit zwei Plenarsitzungen hintereinander – über den Datenschutz reden. Das ist ein wichtiges Thema.

Ich möchte kurz auf die Kritikpunkte von Herrn Abgeordneten Klein eingehen. Die einzelnen Punkte unter den Nummern stellen keineswegs eine Priorisierung dar, sondern es wurden die Punkte aufgelistet, die uns wichtig sind. Wir wollen, dass die Landesregierung über den Bundesrat die Diskussion über die EUDatenschutzreform konstruktiv begleitet. Wir wollen als Landesparlament sagen, welche Punkte dabei wichtig sind.

Klar ist, dass es im Datenschutzbereich sehr oft an Sanktionen mangelt. Man kann die Unternehmen ermahnen, aber wenn es keine Sanktionen gibt, die die Unternehmen dazu bringen, sich dem Datenschutz zu verpflichten, ist das alles nur eine leere Hülle und sind das nur freiwillige Selbstverpflichtungen, mit denen niemandem geholfen ist.

Ganz klar ist, wir brauchen beim Datenschutz eine internationale Regelung. Da halte ich eine EU-weite Regelung für einen wichtigen Schritt. Dann ist es umso wichtiger, dass wir von rheinland-pfälzischer Seite und von Deutschland aus einfordern, dass wir unsere Datenschutztradition, unseren hohen Datenschutzstandard europaweit durchsetzen können.

Über 15 Jahre hat die Datenschutzrichtlinie auf EUEbene Gültigkeit. In dieser Zeit hat sich sehr viel verändert, wenn man nur an die Digitalisierung denkt. Dass die Notwendigkeit gegeben ist, dringend eine Reform anzustoßen, ist klar. Aber klar muss auch sein, dass diese Reform, die auf EU-Ebene jetzt angestoßen wurde, sehr lange dauern wird. Wir können froh sein, wenn sie tatsächlich noch in dieser Legislaturperiode auf Eu

ropaebene verabschiedet wird. In diesem Zwischenzeitraum gilt es zu schauen, wie wir auf Bundesebene bestimmte Datenschutzregeln präzisieren können.

Die Grundlage der Reform ist Artikel 8 der Grundrechtecharta der Europäischen Union, die uns aufgibt, den Datenschutz als Primärrecht zu regeln, das heißt, es gibt einen klaren Auftrag, hier nachzubessern, dass man eine 15 Jahre alte Richtlinie nicht als Vorlage hat.

Wenn wir sehen, dass wir aus historischen Gründen einen sehr hohen Datenschutzstandard und eine lange Tradition mit einem hohen Schutzniveau haben, dann ist es unser Anspruch, dass wir uns in diese Debatte konstruktiv einbringen müssen.

Es bleiben einige Punkte bei dem jetzt vorgesehenen Reformvorhaben aber deutlich hinter unserem Schutzniveau zurück. Hier gilt es, sich nicht nur über eine Subsidiaritätsrüge an der Diskussion zu beteiligen, sondern sich konstruktiv mit einigen Punkten einzubringen. Das ist der Hintergrund, der zu unserem Antrag geführt hat.

In dem von Herrn Pörksen schon vorgestellten Forderungskatalog wollen wir diese Reformdebatte konstruktiv begleiten und hoffen, dass es im Bundesrat dementsprechend ankommt, während wir bislang noch vermissen, auch von Bundesseite, dass klare Forderungen formuliert werden. Auch hier vermisse ich klare Punkte von der Bundesregierung, wie man dem Reformprozess begegnen soll.

Wir GRÜNE wollen eine umfassende Reform sowohl auf europäischer Ebene als auch auf nationaler Ebene. Wir wollen, dass der Datenschutz, wie er in der rheinlandpfälzischen Landesverfassung steht, auch im Grundgesetz steht, damit man ganz klar sagt, Datenschutzbedürfnisse haben hier Grundrechtestatus.

Die digitale Entwicklung – Herr Pörksen hat es schon aufgezeigt – erfordert, dass wir eine verantwortungsvolle Begleitung natürlich auch von den Gesetzgebern leisten sollen. Wir fordern einen umfassenden Regelungsansatz, der die Erhebung und Verarbeitung von Daten und typischen Risiken in diesem grundrechtsrelevanten Bereich berücksichtigt.

Die vorgesehenen Fortschritte müssen gegen Lobbyarbeit verteidigt werden. Wir haben schon gemerkt, wenn man die jeweiligen Entwürfe der Datenschutzreform vergleicht, dann zeigen sich dort Rückschritte. In dem ursprünglichen Entwurf gab es einmal den Vorschlag mit einer Sanktionsobergrenze 5 %, jetzt sind wir inzwischen bei der Deckelung von 2 %. Das zeigt schon, es gibt hier einen massiven Einfluss auf europäischer Ebene, und dem muss man entgegentreten, gerade weil solche europäischen Debatten noch nicht die Öffentlichkeit haben, die sie brauchen würden.

Ich würde mich deswegen freuen, wenn wir diesen Antrag dementsprechend verabschieden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Lewentz das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Pörksen und Frau Schellhammer, vielen Dank für diesen Antrag. Ich empfinde aus Sicht der Landesregierung eine große Übereinstimmung mit diesem Antrag.

Herr Pörksen, es war richtig, wie Sie die Herausforderungen an den Datenschutz beschrieben haben, die natürlich internationaler werden und immer andere Dimensionen annehmen. Von daher ist es sehr sinnvoll, sich in der Art und Weise mit Initiativen zu beschäftigen.

Ich will nur wenige Punkte herauspicken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 30. März 2012 auch mit den Stimmen von Rheinland-Pfalz beschlossen, eine Subsidiaritätsrüge gegen den Verordnungsentwurf zu erheben.

Der Verordnungsvorschlag steht auch nach Auffassung der Landesregierung mit diesem Prinzip nicht in Einklang. Die von der Kommission gewählte Rechtsform einer unmittelbar und direkt geltenden Verordnung ohne Umsetzungsspielräume verdrängt die nationalen Regeln weitestgehend. Eine Fortschreibung bzw. Anpassung der bestehenden Datenschutzrichtlinie ist hier angemessener.

Der Verordnungsvorschlag legt zudem nicht ausreichend dar, dass eine verbindliche Vollregelung des Datenschutzes durch eine Verordnung im öffentlichen und nicht öffentlichen Bereich auf europäischer Ebene erforderlich ist.

Problematisch erscheint uns vor allem, dass durch die beabsichtigte EU-Verordnung ein eigener Handlungsspielraum hinsichtlich datenschutzrechtlicher Gesetzgebungskompetenz in den Mitgliedstaaten und damit auch in Rheinland-Pfalz weitgehend wegfallen würde. Es ist daher aus unserer Sicht anzustreben, dass die Mitgliedstaaten entsprechende Gestaltungsspielräume behalten. Insbesondere dürfen keine Obergrenzen für datenschutzrechtliche Regelungen vorgegeben werden, die zu einer Absenkung bereits erreichter Standards auf mitgliedstaatlicher Ebene führen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Bezug auf den im Antrag ebenfalls angesprochenen Entwurf einer Datenschutzrichtlinie für den Bereich Polizei und Justiz ist zunächst zu begrüßen, dass die notwendige Einbeziehung des Europäischen Parlaments eine deutlich höhere demokratische Legitimation zur Folge haben wird als beim bislang geltenden, lediglich durch den Rat der Justiz- und Innenminister verabschiedeten Ratsbeschluss.

Positiv hervorzuheben ist ferner die Wahl des Rechtsinstrumentes, da die zur Verabschiedung vorgesehene Richtlinie den Mitgliedstaaten einen gewissen Spielraum bei der Überführung der Bestimmungen in ihre jeweiligen nationalen Rechtsordnungen lässt. Gerade im Bereich der Prävention und der Verfolgung der Straftaten erscheint es uns unerlässlich, die grenzüberschreitende Datenübermittlung auf eine gemeinsame rechtliche Grundlage zu stellen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Die Landesregierung wird die weitere Diskussion kritisch begleiten, und wir werden uns weiterhin für eine Verbesserung des Datenschutzes auch auf der europäischen Ebene einsetzen. Das ist die Forderung, die an uns durch den Antrag gestellt wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag.

(Bracht, CDU: Es ist Ausschussüberweisung beantragt!)

Eine Ausschussüberweisung ist beantragt. Entschuldigung.

Wer stimmt für die Ausschussüberweisung? – Wer stimmt dagegen? – Dann ist der Antrag auf Ausschussüberweisung mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich komme zur direkten Abstimmung des Antrags – Drucksache 16/1327 –. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der CDU angenommen.

Ich rufe Punkt 30 der Tagesordnung auf:

Abschiebehaft möglichst vermeiden – besonders schutzbedürftige Personen von der Abschiebehaft ausnehmen Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1326 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart.