Protocol of the Session on March 22, 2012

Daraus resultieren gesundheitliche Schäden. Das ist zum Beispiel die Fettleber, geringe Knochenfestigkeit, die diese Tiere kennzeichnet, die übrigens, wenn man sie sieht, höchst mitleiderregend aussehen.

In Käfighaltungssystemen besteht ein hohes Risiko für Verhaltensstörungen, Federpicken, Kannibalismus. Die Folgen sind ein schlechtes Gefieder, Hautverletzungen und zu Tode gepickte Hennen.

Wir kommen damit zu einem Problem, das verbraucherpolitisch äußerst relevant ist. Diese Haltungsform ist nämlich untrennbar mit Antibiotika-Gaben verbunden. Das bedeutet auch ein hohes Risiko für die Menschen, also für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

In Untersuchungen in Niedersachsen und NordrheinWestfalen wurden in 96 % dieser Geflügelproben Rückstände von Antibiotika gefunden, davon mehr als die Hälfte multiresistente Keime. In 30 % des Auftauwassers von Geflügelproben im Haushalt hat man diese Keime wiedergefunden. Sie können sich vorstellen, was dann passiert. Diese Produkte liegen im heimischen Spülbecken oder in der Schüssel, auf den entsprechenden Holzbrettern, und entsprechend verbreiten sich diese Keime. Das heißt, diese Haltungsform ist ursächlich mitverantwortlich für eine massive Gefährdung und ein hohes Risiko von Menschen, resistent gegen die Antibiotika zu werden.

Die Kleingruppenhaltung verstößt nach Ansicht der Landesregierung und vieler anderer Landesregierungen gegen § 2 des Tierschutzgesetzes, weil die Tiere, was ich eben beschrieben habe, nicht verhaltensgerecht untergebracht werden und damit die Vorschriften des Tierschutzgesetzes selbst nicht erfüllt werden können.

Zu Frage 2: Diese bezieht sich auf die Übergangsfristen. Worauf begründen sich die Vorschläge von Niedersachsen und Rheinland-Pfalz?

Wir haben uns nicht an die steuerliche Abschreibung gehalten. Es war der Wille der Agrarministerkonferenz, nicht die steuerliche Übergangszeit zu nehmen. Das wären acht Jahre gewesen. Wir haben uns also in einem Kompromiss darauf verständigt, die Stellungnahme des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft zur Grundlage zu nehmen. Diese ist in der Landwirtschaft sehr anerkannt und hat dazu einige Parameter genommen, unter anderem übrigens die Preise für Eier und die betriebswirtschaftlichen Vorgaben.

Danach ist das Kuratorium zu dem Schluss gekommen, eine Übergangsfrist von 5 bis 25 Jahren, das heißt von 2006 bis 2023/2025 in Härtefällen sei angemessen. Wir haben uns darauf verständigt, eine Frist von fast 20 Jahren zur Grundlage zu nehmen. Ich denke, das ist schon ein hohes Entgegenkommen unsererseits an die Belange und Interessen auch der CDU-geführten Länder, die das dann auch so gesehen haben.

Allerdings muss man an diesem Punkt einmal darauf hinweisen, dass sich im Moment die Eierpreise nahezu

verdoppelt haben. Die Zeiten, die wir dort an Übergangsfristen festgelegt haben und bei denen wir die Amortisationszeit dieser Betriebe in Rechnung ziehen, müsste eigentlich radikal verkürzt werden. Wir haben zurzeit nahezu eine Verdoppelung der Eierpreise, weil sich Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern der EU darauf eingestellt hat, dass sich die Gesetze ändern. Andere haben das nicht getan. Insofern haben die deutschen Erzeuger im Moment eine sehr erstaunliche und sehr bemerkenswerte Wettbewerbsverbesserung. Die Übergangszeit, die wir also im Bundesrat vorgesehen haben, ist eigentlich schon durch die Entwicklung der Eierpreise überholt.

Zu Frage 3: Wie bewerten wir denn nun das Verhalten der Bundesregierung? Da muss man natürlich ergänzen, auch der CDU Rheinland-Pfalz; denn Peter Bleser ist der Protagonist dieser ganzen Entscheidung.

Wir müssen sagen, das ist ein Stück aus dem Tollhaus. Hier stellt sich die Bundesregierung gegen die Länder, übrigens auch gegen die große Mehrzahl der Betriebe. Das finde ich bemerkenswert. Es sind nur noch 3,9 % der Betriebe, die überhaupt solche Kleingruppenhaltung und Haltung in ausgestalteten Käfigen führen. Zwei Drittel der Betriebe in Deutschland haben die Bodenhaltung. Das restliche Drittel ist die Freilandhaltung und die Öko-Erzeugung, übrigens mit einem Zuwachs von plus 28 %.

Das heißt, die Haltung der CDU ist eine LobbyInteressenvertretung für eine marginale Gruppe von Erzeugern und – wie gesagt – in eklatanter Weise gegen die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Das bestätigen übrigens auch neueste Umfragen, beispielsweise von forsa. Insofern ist es nicht nur unverständlich, sondern zeigt auch – das finde ich bemerkenswert – eine agrarpolitische Ausrichtung und einseitige Interessenvertretung, die ich beim besten Willen nicht nachvollziehen kann, übrigens auch nicht die Briefe, die uns der Deutsche Bauernverband zu dem Thema geschrieben hat.

Jedenfalls muss man sagen, die rheinland-pfälzischen Betriebe haben von diesem Dumping im Tierschutz nicht profitiert, sondern darunter gelitten. Wir haben nahezu keine Betriebe mehr, die in relevanter Anzahl überhaupt Eier für unseren Markt erzeugen. Wir sind Schlusslicht in Deutschland. Die Situation ändert sich aber jetzt insofern, weil die Eierproduktion gerade durch die Tierschutzansinnen der Verbraucherinnern und Verbraucher wieder zum Zuge kommt. Wir werden dem auch weiter Rechnung tragen, indem wir auch die Kennzeichnungsmöglichkeiten verbessern. Wir wirken darauf hin. Wir haben einen Bundesratsantrag eingebracht, dass auch die verarbeiteten Eier und damit die Eiprodukte gekennzeichnet werden sollen. Wir sind überzeugt, dass das wieder neue Chancen für bäuerliche Haltung eröffnen wird.

Zur letzten Frage noch, was jetzt eigentlich auf der Bundesebene passiert. Da sind wir auch gespannt. Wir erwarten, dass die Bundesregierung ihre Handlungsfähigkeit zeigt und tatsächlich die Gesetze und Beschlüsse verkündet. Ansonsten werden wir eine muntere Auseinandersetzung haben. Da dürfte auch noch eine große

Rolle spielen, dass sich auch die Betriebe, die zu fast 97 % andere Haltungsformen betreiben, dagegen wehren werden, hier eine solche Wettbewerbsverzerrung zugunsten dieser marginalen Gruppe von tierschutzwidrigen Haltungssystemen erleiden zu müssen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Schmitt von der CDU-Fraktion.

Frau Ministerin, wie viele Legehennenbetriebe haben wir in Rheinland-Pfalz, und welche Haltungsformen sind dort in Betrieb?

Wir haben jetzt noch – ich sagte ja, wir sind Schlusslicht in Deutschland – 32 Betriebe, die alle unter 30.000 Legehennen haben. Davon ist die Käfighaltung wegen Marginalität nicht mehr aufgeführt. Es soll noch ein paar Betriebe geben, die aber statistisch nicht mehr erfasst sind. Wir haben 709.000 Haltungsplätze. Davon sind aber nur knapp 600.000 belegt. Die Betriebe wirtschaften in ihrer überwältigenden Mehrheit in Bodenhaltung und in Freilandhaltung.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Neuhof von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Ministerin, was passiert denn jetzt eigentlich ab dem 1. April? Haben wir dann so etwas wie einen rechtsfreien Raum, oder was machen die Länder? Gibt es da Vereinbarungen?

Tatsächlich ist die Haltung der Bundesregierung nicht mehr zu toppen. Es ist einzigartig, dass so etwas passiert. Es wird nämlich jetzt so sein, dass wir eine Situation haben, in der die Vollzugsbehörden jeweils in den Ländern angehalten sind, sich auf die Grundlage des § 2 des Tierschutzgesetzes und der §§ 3, 4 und 13 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zu beziehen. Man muss das Ganze noch einmal genau analysieren, weil das eine „interessante“ Situation ist. Das heißt, die Situation ist im Prinzip unkontrollierbar. Es wird dann eigentlich jedem Land überlassen sein, die Auslegung zu interpretieren und nach bestem Wissen und Gewis

sen und natürlich unter strenger Beachtung der geltenden Gesetze zu handeln. Das würden wir natürlich auch tun, es sei denn, die Bundesregierung kommt noch zur Vernunft.

Das heißt aber auch ganz klar, es fehlen dann Vorgaben für die Kleingruppenhaltung. Es fehlen konkrete Anforderungen zum Mindestplatzbedarf, zur Nestfläche, zur Größe des Einstreubereichs und zur Mindesthöhe von Haltungseinrichtungen. Eine bundeseinheitliche Handhabung ist da nicht mehr gewährleistet, auch keine gültige Frist mehr für den Ausstieg. Das heißt, auch hier ist dem Willen der Gesellschaft nicht im Mindesten Rechnung getragen. Wir werden darauf pochen, dass die Bundesregierung ihrer Pflicht zum Regieren nachkommt.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Wehner.

Meine Frage schließt sich an die der Frau Kollegin Neuhof an. Frau Ministerin, Sie haben ausgeführt, was nach dem 1. April passieren könnte, wenn die Bundesregierung nicht zur Vernunft kommen sollte und ihrer Verantwortung nachkommt. Insofern frage ich noch einmal präziser nach, weil Niedersachsen gesagt hat, es will keinen eigenen Landeserlass vorlegen. Haben Sie da schon Planungen, was wir dann machen?

Nein. Wir sind dabei, die Rechtssituation zu prüfen. Natürlich sind wir auch in Verbindung mit den anderen Bundesländern, die genauso interessiert auf die Bundesregierung schauen.

Wir werden uns nach der nächsten Bundesratssitzung – also nach dem 31. März – entsprechend orientieren.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Schneid.

Frau Ministerin, momentan laufen zwei Projekte an dem Friedrich-Loeffler-Institut, die sich natürlich auch mit der Tierhaltung bzw. mit der Tiergesundheit und der Verbesserung der Tierhaltung beschäftigen. Welche Erwartung haben Sie an diese Schlussberichte, die Ende des Jahres bzw. im Frühjahr 2013 erscheinen werden?

Die Frist des Bundesverfassungsgerichts ist der 31. März dieses Jahres, das heißt dieses Monats. Es

gibt massenhaft Beurteilungen und Belege zur Kleingruppenhaltung. Das Land Rheinland-Pfalz hat in seiner Normenkontrollklage, die inzwischen auch vom Bundesverfassungsgericht beschieden wurde, und zwar im Hinblick auf massive Verfahrensverfehlungen der Bundesregierung, die noch nicht einmal die Tierschutzkommissionen angemessen angehört hat, eindeutige Gutachten vorgelegt, die die Tierschutzwidrigkeit dieser Haltungsform belegen.

Übrigens braucht man nur einen Blick in die Anforderun gen des Bundesverfassungsgerichts von 1999 zu werfen. Da kann man mit Leichtigkeit sehen, dass die Kleingruppenhaltung – also ein Bierdeckel mehr zum bisherigen Platzbedarf in den konventionellen Käfigen – die Anforderungen nicht erfüllt.

Insofern ist es wirklich nicht mehr angemessen, auf diese Untersuchung zu warten, die ganz gewiss nicht eine Übergangsfrist mit einem derartig langen Zeitraum vorsehen kann, wie es die Bundesregierung gemacht hat.

Wie gesagt, wir waren schon sehr großzügig. Angesichts der aktuellen Preisentwicklung würde die Übergangsfrist vermutlich mit zehn Jahren dicke angemessen sein. Ich denke aber auch, zum Vertrauensschutz – das haben wir gestern in der Debatte im Hinblick auf die Solarförderung gehabt – ist es wirklich interessant, mit welchen Maßstäben hier welche Interessengruppe als wichtig von Ihnen eingestuft wird.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Schmitt.

Frau Ministerin, liegen der Landesregierung Zahlen vor, wie viele Eier jährlich in Rheinland-Pfalz verzehrt werden und wo die herkommen, wo die produziert werden, ob in Deutschland oder im Ausland?

(Zurufe von der SPD)

Ist bei den Eiern, die aus dem Ausland kommen, der Landesregierung bekannt, in welchen Haltungsformen für die Lebehennen diese Eier erzeugt werden?

Das ist eine interessante Frage, wobei eine solche Statistik nicht vorliegt.

(Unruhe im Hause)

Meine Damen und Herren, bleiben Sie gelassen.

Ich denke aber, an allererster Stelle muss man sehen, das geht auch ein Stück weit mit Ihnen nach Hause; denn Sie haben tatsächlich auch aktiv versucht, die Anpassung der Geflügelwirtschaft an die Nachfrage zu unterbinden.

Die Nachfrage hat sich bei der Kaufentscheidung eindeutig in Richtung mehr Tierschutz und Beachtung des Tierschutzkriteriums entwickelt. Das haben wir bei den Schaleneiern gesehen. 2009 waren ungefähr noch 30 % der Schaleneier aus der Käfighaltung, heute nahezu null; denn jeder Discounter hat inzwischen verstanden, dass tierschutzwidrige Haltungsformen auch von Discountern nicht unterstützt werden dürfen.

Insofern muss man eines in Richtung CDU und auch FDP sagen: Da die Geflügelwirtschaft politisch immer auf dem Pfad ihrer Käfige gehalten worden ist, hat sie es nun prompt verpasst, den Anschluss an den Markt zu finden. Nachdem nun endlich die konventionellen Käfige seit dem Jahr 2010 in Deutschland verboten sind, sieht man, dass es wieder einen Auftrieb bei der Eiererzeugung in Deutschland gibt.

Ich hoffe, das wird auch in Rheinland-Pfalz seinen entsprechenden Niederschlag finden. Seitdem haben wir nämlich einen deutlichen Anstieg zu verzeichnen. Wir haben nach der deutlichen Umstellung auf tierschutzgerechtere Haltungssysteme wieder den alten Stand in der Eiererzeugung erreicht. Ich denke, das ist ein ganz eindeutiger Beleg dafür, wie falsch es von Ihrer Seite gewesen ist, die Betriebe quasi daran zu hindern, in eine bessere und tierschutzgerechte Produktion einzusteigen.

Danke schön. Damit ist die Anfrage beantwortet und die Fragestunde beendet.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ehe ich zur Geschäftsordnung der Geschäftsführerin und den Geschäftsführern das Wort erteile, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Teilnehmerinnen und Teilnehmer am 128. Mainzer Landtagsseminar sowie Bürgerinnen und Bürger aus der Ortsgemeinde Hahnstätten. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)