Protocol of the Session on March 22, 2012

Eine weitere gravierende Belastung stellt nicht nur der Lärm, sondern stellen auch die Erschütterungen dar. Am 6. August 2011 gab es einen Moränenabgang im Rheintal, der versursacht wurde durch Unwetter, die stattgefunden hatten. Das war in Kamp-Bornhofen der Fall, und es war eine ganz gefährliche Situation. Es ist quasi als Wunder anzusehen, dass es bei diesen Moränenabgängen, die sich häufen, nicht zu Schäden bei Menschen gekommen ist.

Die Erschütterungen bedingen, dass Häuser beschädigt werden. Das ist ebenfalls als gesundheitliche Bedrohung anzusehen. Ich bin der Umweltministerin dankbar, dass sie weitere Messpunkte und -stationen eingerichtet hat. Messen ist das eine, aber man muss auch dazu kommen, eine Lösung zu finden. Um die Erschütterungen zu reduzieren, ist eine Maßnahme, die Geschwindigkeit zu reduzieren. Deswegen plädiere ich dafür.

Ich möchte noch einmal auf den Antrag eingehen. Wenn Sie sich den Antrag aufmerksam durchlesen, dann sehen Sie, dass die Überprüfung einer neuen Trasse mit beinhaltet ist. Ich bin froh, dass wir alle einer Meinung waren, dass man sich nicht frühzeitig festlegen sollte, welche Trasse die geeignete sei. Das sollte man offenhalten. Wichtig ist, dass ein solches Projekt jetzt für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet wird, damit man nicht noch einmal 15 Jahre warten muss.

Klar ist, eine neue Trasse benötigt einen Zeitrahmen von mindestens 20 Jahren, bis sie realisiert ist. Man kann sich nicht darauf zurückziehen, nur eine neue Trasse zu fordern und das sozusagen als Placeboeffekt den Bürgerinnen und Bürgern anzubieten, sondern wir müssen neben der Reduzierung der Geschwindigkeit, neben der Umrüstung der Bestandsgüterwagen weiterhin daran arbeiten, dass ortsfeste Lärmschutztechniken angewandt werden.

Da gibt es – das haben wir in den letzten Jahren gesehen; auch durch die K-Pakete ist einiges geschehen; es müssen nicht immer die großen Lärmschutzwände sein – inzwischen Programme und Techniken, die gefälliger sind.

Wichtig ist uns, dass wir uns tatsächlich die bestehenden Strecken anschauen. Da ist zum Beispiel die Eifelbahn Trier – Gerolstein – Euskirchen – Köln, die sich gut zur Überprüfung eignen würde. Sie ist noch nicht in allen Teilen elektrifiziert. Aber das wäre im Vergleich eine geringer und schneller durchzuführende Maßnahme, als wenn man sich nur auf eine Neubautrasse reduziert.

Ich vor einiger Zeit zu Besuch im Trierer Hafen. Die wären heilfroh, wenn wir diese Bahn wieder reaktivieren oder aufrüsten würden.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss. Es sind natürlich noch weitere bestehende Bahnlinien zu überprüfen, auch die Schnellbahntrasse im Westerwald, die man damals leider nicht für Güterwaggons geeignet gebaut hat, die

jedoch mit Schubunterstützung durchaus eventuell Güterverkehre aufnehmen könnte. Das sollte auch überprüft werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Hüttner von der SPD-Fraktion hat das Wort. Danach kommt Herr Staatssekretär Häfner.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dötsch, ich verstehe nicht, warum Sie unnötige politische Spiele hier spielen wollen.

(Zuruf des Abg. Dötsch, CDU)

Hätten Sie einmal an die Menschen gedacht; die verstehen das Ganze nicht, die wollen, dass wir ihnen helfen. Das ist der entscheidende Punkt, und das ist auch unsere Aufgabe.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

In meinem Wahlkreis sind 25 km Bahnstrecke am Mittelrhein, und das meiste davon in dem sogenannten UNESCO-Weltkulturerbe „Oberes Mittelrheintal“, also dort, wo der Lärm am stärksten ist. Dieses Welterbe lebt vom Tourismus. Gewerbe oder Arbeitsplätze sind keine vorhanden. Wenn Sie einmal den Gast erleben, der dort hinkommt, der bleibt in aller Regel eine Nacht, aber dann ist er wieder weg, weil er es einfach nicht aushält. Deswegen ist es notwendig, dass dort gehandelt wird.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bracht, CDU: Wenn Sie es gefordert hätten, wären wir schon weiter!)

Sie wissen das sowieso besser. Die Familie meiner Schwester wohnt in Bacharach direkt an der Stadtmauer. Glauben Sie mir, ein Besuch im Sommer ist immer eine Herausforderung.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: – – – Jugendherberge!)

Darauf komme ich gleich noch. Auf der Terrasse dort ist es ist wahnsinnig schwierig auszuhalten, wenn dort permanent die Güterzüge vorbeirattern. Sie können keine Unterhaltung führen. Alle zwei Minuten stocken Sie im Gespräch. Das ist keine Lebensqualität.

Wenn Sie einmal mit dem Fahrrad fahren, schauen Sie sich die Häuser an, wenn Sie zum Beispiel in Niederheimbach, einer kleinen Gemeinde, sind. Wir sind mit dem Ministerpräsidenten bei der Eröffnung von „Tal Total“ durchgefahren. Die Hälfte der Häuser auf der Rheinstrecke steht leer. Wiederverkaufswert nahezu null. Die Leute ziehen aus dem Mittelrheintal weg. Wenn

Sie Kaub betrachten, Frau Kohnle-Gros, Kaub hatte mal 2.000 Einwohner. Dort wohnen noch 900 Leute. Wenn Sie Bacharach betrachte, die Leute sind weg und kommen auch nicht mehr zurück. Das sind die Baustellen, um die es geht. Hier müssen wir endlich arbeiten. Es ist dringend notwendig, dass wir diese Entlastungsstrecke bekommen. Bis wir diese Entlastungsstrecken bekommen, brauchen wir Alternativen.

Frau Blatzheim-Roegler hat vorhin davon gesprochen, dass wir vor einigen Wochen in Bingen eine Konferenz hatten. Dort war ein Schweizer zu Gast, der vom Bundesamt für Verkehr aus der Schweiz berichtet und gesagt hat, er könne die Politik in Deutschland, in Berlin überhaupt nicht verstehen. Der Mann sagt: Sie lassen in Deutschland eine Technik auf die Bahn, die vor 40 Jahren gemacht wurde. Und keiner von Ihnen fährt ein Fahrzeug, das ebenfalls 40 Jahre alt ist. Da muss endlich gehandelt werden. Das sind die Aussagen eines Schweizers aus einem Land, das gehandelt hat. Die Schweizer haben nach 1996 20 Milliarden investiert. Die haben das Trassenpreissystem eingeführt, und in Berlin ist seither nichts passiert.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Innovationen, lieber Herr Dötsch, sind erst in den letzten Jahren gekommen. Innovationen in Rheinland-Pfalz sind gekommen, als Hendrik Hering Verkehrsminister war.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Dort sind die verschiedenen Strecken eingeführt worden, die heute getestet werden. Was soll dann der Test? Denken Sie einmal an die LL-Sohle. Das Eisenbahnbundesamt, das dafür zuständig wäre, testet aber nicht vernünftig. Die Umrüstung auf die LL-Sohle wäre eine viel günstigere Version als die K-Sohle. Nichts passiert an dieser Stelle im Sinne von Innovation.

Fragen Sie einmal Herrn Ramsauer, was er von der Alternativstrecke hält, wenn es um Lärmschutz geht. Er hat gesagt: „Das hat keine Wertstellung im Sinne einer Alternativstrecke.“ Lärm ist keine Wertstellung für eine Alternative. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Wir brauchen ganz dringend die Alternativstrecke. Wir brauchen jedoch bis dahin einige klare Fakten: Trassenpreissysteme, weg mit den dreckigen Dieselloks, die viel lauter sind als alle anderen.

Wir müssen letztendlich die Umrüstung der Bremsen und die Geschwindigkeitsbeschränkungen leisten. Das ist ein wichtiger Test. Auf der Autobahn geht es ebenfalls. Deswegen sollten wir es auch hier probieren. Dieses Bündel an Maßnahmen wird den Menschen eine große Hilfe sein. Das sollten wir tun, das sollte Berlin tun.

(Bracht, CDU: Hätten Sie das in Berlin in Ihrer Regierungszeit gemacht, wären wir heute schon weiter!)

Dann sind wir weiter. Herzlichen Dank, Herr Bracht und alle anderen, für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Staatssekretär Häfner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst ganz herzlich die Vertreter der Bürgerinitiative im Mittelrheintal gegen Umweltschäden durch die Bahn e. V. mit Herrn Pusch an der Spitze begrüßen. Ich glaube, es ist gut, dass Sie heute hier sind und sehen – damit möchte ich beginnen –, dass das Hohe Haus einstimmig einen Antrag verabschieden wird, übrigens genauso einstimmig wie vor einem Jahr. Es ist doch sehr erfreulich, dass im Landtag sowohl das Thema „Fluglärm“ als auch das Thema „Bahnlärm“ mittlerweile einstimmig behandelt werden. Dass hier alle Fraktionen an einem Strang ziehen, ist eine sehr gute Entwicklung, die uns politisch hilft, um unsere Interessen in Berlin durchzusetzen.

Ich möchte mich auch ausdrücklich bei den Vorrednern, Frau Schmitt, Frau Blatzheim-Roegler und Herrn Hüttner und bei Ihnen, Herr Dötsch, mit gewissen Einschränkungen, aber trotzdem vom Grundsatz her bedanken. Auch Sie haben – ich sage gleich etwas dazu – der Verlockung nicht widerstehen können, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Das vereint Sie mit Ihrem Nachbarn, Herrn Reichel. Aber das wird weniger, Herr Reichel. Gestern war es nur noch ein Satz. Vielleicht kommen wir einmal ohne den Blick in die Vergangenheit aus.

(Zuruf des Abg. Reichel, CDU)

Entscheidend ist, dass wir in diesen Dingen nach vorn schauen.

Ich will nur wenige Anmerkungen machen, weil alle Vorredner die zentralen Punkte zutreffend zusammengefasst haben. Es gibt in diesem Antrag zwei Kernaufgaben. Die eine ist, dass man, was die Entlastungsmaßnahmen vor Ort an der Strecke, an der Schiene anbelangt, wesentlich weiterkommen möchte und die entsprechende Technologie einsetzt. Herr Dötsch, da werde ich Ihnen nachher einiges nicht ersparen können. Aber Sie haben den Blick in die Vergangenheit geworfen. Das hätten wir auch lassen können.

Stichwort „Entlastungsmaßnahmen“. Es ist völlig klar, dass wir uns vonseiten der Landesregierung schon seit vielen Jahren darum bemühen, dass wir mit der Bahn und dem Bund kurzfristige Maßnahmen zur Lärmminderung umsetzen. Übrigens möchte ich ausdrücklich hervorheben, dass wir diese Maßnahmen immer in sehr guter Übereinstimmung mit unseren hessischen Kollegen auf den Weg gebracht haben. Der Landtag hat uns dort auch immer den Rücken gestärkt.

Der Bund hat bislang für Lärmsanierungsmaßnahmen am Mittelrhein rund 100 Millionen Euro ausgegeben. Das ist durchaus eine beachtliche Summe, hat aber das Problem – das wissen Sie alle – nicht ausreichend gelöst. Wir haben gemeinsam mit Hessen unter Beteiligung der Bürgerinitiativen im Jahr 2010 ein Zehn-PunkteProgramm „Leises Mittelrheintal“ vorgestellt, das die

wesentlichen Forderungen auflistet. Übrigens: Einige dieser Forderungen finden wir jetzt in dem gemeinsamen Antrag.

Wir haben mit Erfolg darauf gedrängt, dass neben den konventionellen Lärmschutzwänden und dem Einbau von Lärmschutzfenstern auch innovative Techniken zur Lärmreduzierung am Gleis erprobt werden. Frau Blatzheim-Roegler hat vorhin das Wesentliche dazu gesagt.

Wir haben – auch das ist wichtig – im Bundesrat versucht, eine Zustimmung bei dem Entwurf zur Änderung der Eisenbahninfrastrukturnutzungsverordnung herbeizuführen und haben erreicht, dass aufgrund unseres Vorschlags lärmabhängige Trassenpreise eingeführt werden. Im Ergebnis heißt das, dass leise Güterwagen weniger bezahlen sollen als laute. Das ist eine sehr sinnvolle Maßnahme, wie überhaupt der Mix von vielen Maßnahmen im Ergebnis zu einer Lärmminderung führen kann und muss. Ich glaube, das sind wir den Menschen schuldig.

Es gibt verschiedene Auffassungen, was das Thema “Bremsen, Flüsterbremsen und Graugussbremssohlen“ angeht. Das ist gesagt worden. Hier ist die Technik noch nicht am Ende, glaube ich, im Gegenteil, ich meine, da ist noch viel möglich. Das ist ein ganz zentraler Punkt, dass man bei dieser Maßnahme versucht, den Lärm vor Ort an der Schiene zu reduzieren.

Mit all diesen Maßnahmen gibt es die gute Hoffnung, dass mittelfristig eine Reduzierung des Lärms im Mittelrheintal erreicht werden kann. Der Bund hat eine Halbierung des Bahnlärms bis zum Jahr 2020 versprochen. Aber ob der Bund alle Maßnahmen so ergreifen wird, wie wir uns das wünschen, ist zumindest zweifelhaft. Herr Minister Lewentz hat in der letzten Woche noch einmal Herrn Minister Ramsauer angeschrieben und unsere Forderungen bekräftigt.

Damit bin ich wieder bei der Einleitung. Es ist natürlich sehr gut, wenn das Hohe Haus einstimmig hinter der Politik der Landesregierung steht. Das erleichtert uns die Argumentation gegenüber dem Bundesverkehrsminister, dass es hier nicht um Mehrheiten oder Parteifragen, sondern um die einhellige Meinung im Landtag geht.

Sie haben auch Möglichkeiten. Sie haben auch den einen oder anderen Kontakt in Berliner Ministerien. Wenn wir gemeinsam vorgehen, kann uns das nur helfen.

Das war der erste Punkt.

Die zweite Frage ist heute auch schon Schwerpunkt gewesen. Das ist das Thema „Alternativtrasse“. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es ist zielführend und hilfreich, wenn wir hier beide Maßnahmen gleichzeitig auf den Weg bringen.