Protocol of the Session on February 23, 2012

Wir hatten viele Jahre – so lange, bis diese Koalition zustande kam – einen großen Konsens bezüglich der Eigenbedarfsgrenze. Nachdem Sie Mitglied dieser Koalition geworden sind, wurde sie angehoben. Ich entsinne mich noch an eine Ausschusssitzung, in der jemand von der SPD sagte, er könne sich gar nicht vorstellen, wie viel 10 Gramm seien. Ich habe gesagt: Das ist relativ einfach, das ist fast das Doppelte von 6 Gramm. – Es ist also relativ einfach. Das macht die Sache klar.

(Heiterkeit bei der CDU)

Wir wollen mit diesem Antrag deutlich machen, was das für ein Unfug ist. Das, was Sie als Arzt hier von sich gegeben haben, ist unter den Gesichtspunkten der Gesundheitsprävention für mich wirklich hanebüchen. Ich kann nicht nachvollziehen, was Sie heute Nachmittag hier gebissen hat.

(Beifall der CDU)

Herr Dr. Konrad hat jetzt natürlich – Entschuldigung, Frau Ministerin – das Recht zu einer Erwiderung. Er hat ebenfalls noch drei Minuten Redezeit.

(Licht, CDU: Was hat ihn gebissen?)

Lieber Kollege Dr. Enders, gebissen hat mich tatsächlich nichts, auch wenn ich – das kennen Sie sehr gut – aufgrund ärztlicher Verpflichtungen in der letzten Nacht Bereitschaftsdienst hatte. Aber das ist nicht der Grund dafür, das so zu machen. Tatsächlich ist es so – das zeigt Ihre Kurzintervention –, dass es, wenn eine Debatte so lange dauert, Sinn macht, Dinge pointiert auszusprechen, sodass die Mitglieder des Hohen Hauses wach sind und zuhören. Insofern ist das auch ein rhetorisches Vorgehen.

(Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Lassen Sie mich das gerade sagen. Ich bin gefragt worden, nicht Sie. – Wenn Sie zuerst Ihren Entschließungsantrag lesen und sich anschließend noch einmal die Deckblätter anschauen, werden Sie sich genauso sehr wundern wie ich, und das hat etwas mit dem Handwerk zu tun. Wenn Sachen handwerklich nicht gut gemacht sind, bieten sie dem politischen Gegner auch die Gelegenheit, das auf den Punkt zu bringen, und dann hält man eine Rede so, wie ich sie eben gehalten habe.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt meines Wissens keine Untersuchung, die tatsächlich nachweist, dass der Zugang zum Drogenkonsum durch die Anhebung der Eigenbedarfsgrenze gefördert wird. Sie sagen hier immer das Falsche: Wir wollen an dieser Stelle nicht, dass Cannabis legalisiert wird, sondern es geht nur darum, welche Menschen verfolgt werden. Die Staatsanwaltschaft hat immer das Verfahren in der Hand. Die Anhebung der Eigenbedarfsgrenze kommt immer dann nicht zum Tragen, wenn Jugendliche gefährdet sind, wenn Drogen – auch in geringster Menge – weitergegeben werden und es zu einem gemeinsamen Konsum kommt.

Das heißt, all das, womit der Zugang zu Drogen geebnet wird, wird von dieser Anhebung der Eigenbedarfsgrenze nicht betroffen. Wir haben das in zwei Ausschüssen oft genug besprochen. Es ist eine Unwahrheit, zu behaupten, dass wir damit den Weg in den Drogenkonsum ebnen. Vielmehr geht es darum, dass Menschen, die mit

Cannabismengen zwischen 6 und 10 Gramm aufgegriffen werden, nicht immer und automatisch der Strafverfolgung zugeführt werden.

(Zurufe von der CDU)

Diesen sachlichen Unterschied dürfen wir hier noch einmal benennen. Wenn Ihr Entschließungsantrag und Ihre Deckblätter nicht übereinstimmen, ist das die Sache Ihres handwerklichen Geschicks, und dann ist es meine Sache, darauf hinzuweisen und zu sagen: Unserer war aber besser. – Das ist so.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt hat für die Landesregierung Frau Ministerin Dreyer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete! Ich beginne nicht mit der Eigenbedarfsgrenze, sondern will erst einmal zu unserem Haushalt Folgendes grundsätzlich sagen: Ich bin fest davon überzeugt, dass die Landesregierung, was den Einzelplan 06 betrifft, einen Haushaltsplanentwurf vorlegt, bei dem die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz davon ausgehen können, dass von uns auch in Zukunft eine sozial gerechte, nachhaltige und zukunftsorientierte Sozialpolitik zu erwarten ist. Es ist eben der Sinn und Zweck des Gesamthaushalts, dass wir für die Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft sicherstellen, wir nachhaltig und sozial gerecht denken und sie selbstbestimmt leben und selbst bestimmen können, welche Unterstützung sie in Anspruch nehmen. Genau diese Ziele verfolgen wir mit diesem Haushalt. Ich denke, dass wir hier sehr gut aufgestellt sind.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich bedanke mich bei den Regierungskoalitionen – auch das will ich tun – für die Initiativen, die Anträge und die Deckblätter, die insgesamt die Politik der Landesregierung unterstützen. Ich bin froh darüber, dass wir – wenigstens wir – uns darin einig sind, wie wir uns die Sozialpolitik in Rheinland-Pfalz vorstellen und was für uns gerechte Sozialpolitik ist. Das unterscheidet uns von der CDU. Das ist in diesem Plenum über den ganzen heutigen Tag hinweg in der Gesamtdebatte mehr als deutlich geworden.

Frau Thelen, auch wenn Sie sagen, wir sollten jetzt nicht von sozialer Kälte anfangen – das ist heute Morgen angeklungen –, will ich das jetzt machen. Es ist nämlich ein echtes Problem – aber vielleicht auch einfach ein Zeichen Ihres Denkens –, dass Sie uns Anträge vorlegen, in denen Sie die Mittel für die Langzeitarbeitslosen

kürzen wollen, Anträge, in denen Sie die Mittel für die suchtgefährdeten und abhängigkeitskranken Menschen kürzen wollen, Anträge, in denen Sie den Anstieg der Mittel für behinderte Menschen noch weiter begrenzen, als wir das schon sehr anspruchsvoll und verantwortlich tun, und Anträge – das sage ich, selbst wenn es nicht mein Etat ist –, die Migrantinnen und Migranten betreffen. Selbstverständlich ist das ein Zeichen dafür, dass bei Ihnen ausgerechnet die Gruppen betroffen sind, die die Minderheiten in unserer Gesellschaft darstellen, die keine mächtige Stimme haben und gerade unsere Solidarität brauchen.

Deshalb betone ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich: Natürlich ist das ein Signal dafür, dass Sie in vielen Bereichen anders denken als die Mitglieder der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und als wir, die Mitglieder der gemeinsamen Landesregierung. Wir werden sparen, und wir werden trotzdem die Gruppen, die besonders betroffen sind, wenn es darum geht, in einem Land sozial und sicher zu leben, nicht aus dem Auge verlieren. Dazu sind wir verpflichtet, und dafür fühlen wir uns verantwortlich.

(Beifall der SPD)

Ich will nur am Rande noch etwas zur Eigenbedarfsgrenze sagen: Natürlich ist es richtig, dass Sie zu dem Thema „Eigenbedarfsgrenze“ eine andere Meinung vertreten als wir. Trotzdem ist Ihr Antrag so etwas von neben der Sache, dass man es gar nicht anders bezeichnen kann. Sie können gegen die Anhebung der Eigenbedarfsgrenze sein, aber einen Antrag vorzulegen, in dem die Mittel für die Prävention und für die ambulanten Hilfsangebote für Suchtkranke gekürzt werden, ist einfach absolut nicht nachvollziehbar. Das lässt die Leute im Regen stehen, die wirklich dringend Hilfe brauchen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Natürlich muss auch im Sozialetat gespart werden. Das ist für mich eigentlich keine neue Nachricht. Wenn Sie sich die Haushalte der vergangenen Jahre anschauen, sehen Sie sehr deutlich, dass wir uns immer wieder bemüht haben, große Einsparungen vorzunehmen. Das gilt auch für diesen Haushalt. Wir konzentrieren unsere Arbeitsmarktmittel schon. Wir kürzen sie erneut um 4 Millionen Euro, aber nicht um 8 Millionen Euro, wie Sie es vorschlagen; denn wir sagen, wir müssen unsere Arbeitsmarktmittel trotzdem noch effektiv einsetzen können.

Wir kürzen bei der Öffentlichkeitsarbeit. Wir setzen die Reformen in der Sozialverwaltung fort, indem wir die Ämter für soziale Angelegenheiten eingliedern. Außerdem ist es unser anspruchsvolles Vorhaben, die Steigerungsrate bei der Eingliederungshilfe im nächsten Haushaltsjahr auch auf 5,4 % zu senken und danach auf 2,4 %.

Das ist eine Herausforderung.

Frau Thelen, es ist nicht ganz fair, wenn Sie auf die Ausgaben starren und uns diese vorhalten, weil es in

unserem Haushalt zahlreiche durchlaufende Posten gibt. Das wissen Sie ganz genau. Wenn Sie sich den Zuschussbedarf in unserem Haushalt betrachten, dann sehen Sie auch, dass es im Haushaltsjahr 2012 nur noch ein Wachstum von 0,52 % und nach 2013 von minus 0,08 % gibt.

(Zuruf der Abg. Frau Thelen, CDU)

Das ist aus meiner Sicht eine außerordentliche Leistung, wenn Sie berücksichtigen, wie wenig freiwillige Leistungen wir in einem 1,7 bzw. 1,8 Milliarden schweren Haushalt haben. Das sind gerade einmal 24,5 Millionen Euro. Wir versuchen, Einsparungen vor allem im gesetzlichen Bereich zu erbringen. Das ist eine große Anstrengung, die wir nicht alleine als Land, sondern nur gemeinsam mit den Kommunen fertigbringen können.

Dieser Herausforderung stellen wir uns aber. Wir behalten die Menschen trotzdem im Auge, die unsere Unterstützung brauchen. Als Sozialministerin bin ich sehr stolz darauf, dass ich mit einer Regierung und einer Regierungskoalition zusammen regieren kann, die diese Menschen nicht aus den Augen lässt, und wir ganz klar diese Schwerpunkte setzen können.

(Beifall der SPD)

Ich möchte Ihnen noch etwas zur Arbeitsmarktpolitik sagen, obwohl Frau Machalet zu dem Thema schon sehr intensive Ausführungen gemacht hat. Natürlich gehen die Arbeitsmarktzahlen zurück. Das freut uns. Sie betonen immer, das sei wegen der bundespolitischen Politik der Fall. Ich sage Ihnen, dass wir auch wegen der tollen Landespolitik seit vielen Jahren bundesweit auf dem drittbesten Platz liegen, was die Arbeitslosenquote betrifft. Das hat auch, aber nicht nur mit unserer Politik zu tun.

Da sich die Arbeitslosenquote so sehr verbessert hat und endlich auch die Hartz-IV-Empfänger weniger werden, haben wir die Arbeitsmarktmittel reduziert. Trotzdem möchte ich noch einmal betonen, dass wir auch für eine Kultur der zweiten Chance stehen. Ich nenne das so. Mit Blick auf den demografischen Wandel darf keiner über die mangelnden Fachkräfte jammern, solange wir immer noch mehrere Tausend junge Menschen in der Langzeitarbeitslosigkeit haben und es zumindest auf der Bundesebene keine Bereitschaft gibt, etwas zu tun, um diese Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren und sie auch als Potential zu nutzen, um den demografischen Wandel bestehen zu können. Genau das tun wir mit unserer Arbeitsmarktpolitik.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich möchte noch ein oder zwei Sätze zu der Anmerkung von Frau Klöckner heute Morgen sagen. Ich glaube, Frau Thelen hat es auch wiederholt. Sie hat gesagt, wir sollen nicht immer auf den Bund starren. Natürlich müssen wir auf den Bund starren. Ich nenne ein einziges Beispiel. Es gibt 61 Millionen Euro weniger Geld in Rheinland-Pfalz für langzeitarbeitslose Menschen. Tanja Machalet hat es schon gesagt. Sie sprechen doch immer vor Ort mit den Menschen.

Sprechen Sie doch bitte einmal mit Ihren Geschäftsführern in den Agenturen! Reden Sie doch einmal mit den Projektträgern! Fragen Sie sie doch einmal, was sie eigentlich täten, wenn es die Arbeitsmarktmittel des Landes überhaupt nicht mehr gibt. Die ARGEn haben null Geld mehr für langzeitarbeitslose Menschen. Das ist nicht verantwortbar.

Wenn der Bund allein in Rheinland-Pfalz die Mittel um 61 Millionen Euro kürzt, dann bedeutet das, dass das den Kommunen auf die Füße fällt. Ich finde, deshalb müssen wir ab und zu auch einmal auf den Bund starren. Ich könnte das im sozialen Bereich mit der Pflegeversicherung, der sozialen Stadt etc. fortsetzen. Herr Lewentz hat es vorhin ausgeführt. Es gibt viele andere Programme, deren Streichung uns und den Kommunen wehtun und auf die wir wenig Einfluss haben.

Deshalb können wir keine verantwortliche Landespolitik machen, ohne selbst aktiv zu sein, aber auch zu schauen, anzuklagen und initiativ zu werden, was die Bundesregierung tut. Natürlich muss die Bundesregierung die Schuldenbremse einhalten. Wenn sie dies aber dauerhaft – das tut sie jetzt mindestens seit zwei Jahren – nur zulasten von Ländern und Kommunen tut, haben wir alle verloren. Das können wir keinesfalls akzeptieren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte zwei, drei Sätze zum gesunden RheinlandPfalz sagen. Ich denke, es ist wichtig, ein paar Worte zum Thema „Gesundheit“ zu sagen; denn es ist einer der großen Brocken, die wir in diesem großen Haushalt verausgaben. Wir haben für die flächendeckende Gesundheitsversorgung in unserem Land zu sorgen. Dazu gehört auch die Krankenhausversorgung. Mit 271 Millionen Euro im Jahr 2012 und 277 Millionen Euro im Jahr 2013 haben wir eine kleine Steigerung in diesem Bereich zu verzeichnen. Das finden wir sehr gut.

Wir haben den Masterplan entwickelt. Ich sage das auch noch einmal, weil heute Morgen angedeutet wurde, dass die CDU schon vor zehn Jahren darauf hingewiesen hat, dass es einen Ärztemangel gibt. Damals hat es keinen gegeben. Wir wussten aber alle, dass eine demografische Entwicklung zu bewältigen ist. Deshalb sage ich es heute noch einmal: Wir waren mit allen Beteiligten das erste westdeutsche Bundesland mit einem Masterplan.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich müssen wir den Masterplan fortentwickeln. Wir brauchen auch gute Ideen und viele Partner, die kreativ sind; denn es ist völlig klar, dass wir in den nächsten Jahren eine Veränderung im Bereich der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung erfahren werden. Wir haben es zu einem unserer großen Ziele gemacht, dass wir das gemeinsam mit unseren Partnern bewerkstelligen.

Unsere Krankenhäuser spielen dabei eine große Rolle; denn sie sichern vielerorts gerade im ländlichen Bereich so etwas wie eine Grundversorgung. Deshalb wird es unser Ziel bleiben, die kleinen Krankenhäuser weiter in der Fläche zu stabilisieren. Ich glaube, dass wir mit

unseren Fusionen und Kooperationen dabei auf einem sehr guten Weg sind.