Frau Klöckner, bevor Sie wieder unnötigerweise einen Energiegipfel in Rheinland-Pfalz fordern, machen Sie einen Energiegipfel innerhalb Ihrer Partei. Da haben Sie viel Arbeit und viel zu tun.
Klären Sie bei Ihrem internen Gipfel Ihre Positionen zur Energie, zum Mindestlohn und vielem anderen mehr. Sie haben jede Menge Hausaufgaben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in dieser Zeit machen SPD und GRÜNE weiterhin erfolgreich gute Politik für unser Land und bringen die Energiewende voran.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Energiebericht der Jahre 2008/2009, den wir heute besprechen, ist eine energetische Bestandsaufnahme der derzeitigen Strukturen der Energiewirtschaft in Rheinland-Pfalz, der in diesen beiden Jahren existierenden Einrichtungen und Maßnahmen im Bereich der Energieforschung und -entwicklung, der Information und Bildung zu Energiefragen.
Der vorliegende Energiebericht gibt leider keine Auskunft darüber, wie die Landesregierung ihr beschlossenes energiepolitisches Ziel, die elektrische Energie soll bilanziell zu 100 % aus regenerativen Energiegewinnungsformen gewonnen werden, erreichen will.
Sehr geehrte Frau Ministerin Lemke, wie oft haben wir Sie im Wirtschaftsausschuss gebeten, uns Ihre Strategie bzw. Ihre Planziele, die die Energiewende ermöglichen sollen, zu nennen.
Ohne eine Planvorgabe, ohne ein selbst gestecktes Ziel ist die Energiewende solide und folgerichtig nicht umzusetzen.
Immer wieder haben Sie auf den Energiebericht verwiesen. Ich gebe zu, wir waren etwas erstaunt; denn in der Vergangenheit war der Energiebericht lediglich eine energetische Retrospektive auf die letzten Jahre. Ihr Verweis auf den Energiebericht war für uns positiv überraschend. Was finden wir aber vor? Genau das gleiche Strickmuster wie bisher, kein ergänzendes Kapitel, keine Strategie, keine Umsetzungsschritte, die die Energiewende näher beschreiben.
Frau Ministerin, was sollen der Wirtschaftsausschuss und das Plenum von solchen Versprechungen halten? Heiße Luft wäre wenigstens heiß.
Ich komme zum Bericht selbst. Die Jahre 2008/2009 sind von der Besonderheit der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise gekennzeichnet, bei der die industrielle Produktion deutlich zurückging und damit auch der Energieverbrauch. Die Zahlen für diese beiden Jahre entsprechen damit nicht der langfristigen Entwicklung. Gleichwohl können die Regressionsgeraden, gebildet aus mehreren Jahren, als Indiz für die kommenden Entwicklungen genutzt werden. Insofern beschreibt dieser Bericht die Ausgangslage, aus der heraus die Landesregierung ihr weit gespanntes energiepolitisches Ziel erreichen muss.
Im Jahr 2009 beläuft sich in Bezug auf den gesamtelektrischen Energieverbrauch der eigenproduzierte Anteil auf 57 %. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Rheinland-Pfalz 43 % elektrische Energie von außen zukaufen musste.
Wir produzieren aktuell lediglich 14,4 % regenerativer Energie bezogen auf den Gesamtverbrauch in Rheinland-Pfalz. Dies bedeutet, Sie müssen die derzeit in Rheinland-Pfalz erzeugte regenerative Energie nahezu versiebenfachen, um Ihr gestecktes Ziel zu erreichen.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Lemke, das geht nicht ohne Plan und ohne Strategie.
Es ist allerhöchste Eisenbahn, Sie müssen die jährlichen Planziele der nächsten 20 Jahre dem Landtag vorlegen. Nur so ist die Energiewende zu schaffen, meine Damen und Herren.
Nochmals zur Verdeutlichung: Die Landesregierung muss genau erklären, auf welchem Weg, mit welchen Maßnahmen und mit welchen Zeitschritten sie dieses Ziel erreichen will. Visionen sind zwar schön, handfeste, nachprüfbare Maßnahmen sind aber verantwortlich.
In den letzten 20 Jahren ist in der Energiepolitik des Bundes und der Länder durch die Anstrengungen der Industrie und im privaten Bereich schon einiges erreicht
worden. Seit Mitte der 90er-Jahre verhält sich bei wachsenden Wirtschaftsleistungen der Primärenergieverbrauch stabil. Dabei sinken die CO2-Emissionen im langfristigen Mittel relativ kontinuierlich. Das ist auch einer verbesserten Energieeffizienz zuzuschreiben. Das gilt für die Gebäudeheizung, für den Durchschnittsverbrauch von Fahrzeugen, für effizientere Kraftwerke und effizienteren Energieeinsatz in der Industrie.
Es gilt, den Einsatz von erneuerbaren Energiegewinnungsformen parallel dazu nicht nur zu verstetigen, sondern in Zehnerpotenzen zu steigern.
Ich sage noch einmal zur Erinnerung: Die Landesregierung muss genau erklären, auf welchem Weg, mit welchen Maßnahmen und Zeitschritten sie dieses Ziel erreichen will. Visionen sind schön, handfeste, nachprüfbare Maßnahmen sind aber verantwortlich.
Kommen wir zu den allgemeinen Entwicklungen von Energiepreisen. Die Energiepreise steigen seit 2005 um 17,7 % deutlich schneller als der Durchschnitt der gewerblichen Produkte. Er stieg um 8 %.
Ein großer Teil der Preissteigerungen für gewerbliche Produkte geht dabei auf die Energiepreissteigerung zurück. Das ist ein Prozess, der Folgen hat. Er vermindert die Spielräume für Tarifverhandlungen. Er lässt die Energiepreise zu einem immer schwierigeren Kostenfaktor für die Wirtschaft werden. Er schmälert die Budgets der Privathaushalte.
Gerade für Privathaushalte sind die Energiekosten nur in Grenzen gestaltbar. Das zeigt sich schon daran, dass der Energieverbrauch der Privathaushalte nahezu unabhängig von konjunkturellen Schwankungen ist. Energiepreise treffen zuerst die schwächeren Einkommen. Bezahlbare Energie muss deshalb ein ganz wichtiges wirtschaftliches und sozialpolitisches Ziel bleiben.
Ich darf noch einmal wiederholen: Die Landesregierung muss genau erklären, auf welchem Weg, mit welchen Maßnahmen und Zeitschritten sie dieses Ziel erreichen will. Visionen sind schön, handfeste, nachprüfbare Maßnahmen sind verantwortlich. Hier muss ergänzt werden, verantwortlich auch aus dem sozialpolitischen Gesichtspunkt heraus.
Die Energiepolitik muss also in eine tragfähige Wirtschafts- und Sozialpolitik eingebettet sein. Es reicht nicht aus, sich als Promoter für Anlagen im Bereich der erneuerbaren Energien zu outen. Die Versorgung mit verlässlicher und bezahlbarer Energie muss als gesamtwirtschaftlicher Faktor gewährleistet sein. Im Lichte dieser Betrachtung sind die Aussagen von Frau Ministerin Lemke im Wirtschaftsausschuss nahezu verantwortungslos.
Herr Ministerpräsident, hören Sie auch zu –, dass die Energiepreise in den nächsten Jahrzehnten deutlich steigen, hat Frau Lemke gesagt, sie teile diese Ansicht nicht, die Energiepreise würden tendenziell eher fallen.
Mit solchen Aussagen hat man sogar Schwierigkeiten im Proseminar an der Universität, Frau Ministerin.
Um eine klare Linie zu bekommen, reicht das Handling und die hier gezeigte Sachkenntnis eben nicht aus.