Protocol of the Session on November 10, 2011

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Finanzlage der Kommunen in Deutschland wurde in den vergangenen Jahren durch hohe, bundesgesetzlich verursachte Sozialausgabensteigerungen erheblich belastet. Viele Kommunen haben hohe Kassenkreditbestände aufgebaut, auch in Rheinland-Pfalz. Durch die Finanzmarktkrise und die seit Ende 2008 erfolgten massiven Steuersenkungen des Bundes spitzte sich die Lage noch einmal zu. Das Land hat in den vergangenen Jahren ganz erhebliche Anstrengungen unternommen, um den Kommunen in dieser Lage beizustehen, und wir setzen diese Bemühungen trotz Schuldenbremse auch in den kommenden Jahren fort. Ich möchte zwei Beispiele nennen.

Erstens: Über den bundesweit einzigartigen kommunalen Stabilisierungsfonds hat das Land den Kommunen über alle Krisenjahre von 2003 bis 2011 hinweg ein zinsloses Darlehen gewährt, das in Spitzenzeiten eine Höhe von 688 Millionen Euro erreichte. Das ist eine immense Summe, mit der den Gemeinden mit dringend notwendigen Finanzmitteln ausgeholfen wurde.

(Frau Klöckner, CDU: Genau, dann sind die Gemeinden schuldenfrei!)

Nebenbei bemerkt: Der Landeshaushalt hat dadurch allein bis 2011 eine Zinslast in Höhe von rund

148 Millionen Euro zu schultern gehabt. Diese Stabilisierung in der Not soll auch künftig möglich sein. Das ist der Sinn und Zweck eines langfristigen Stabilisierungsinstruments.

Der Haushalt 2012/2013 ist insofern ein historisches Ereignis, weil es erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gelingt, mit einem konjunkturellen Stabilisierungsinstrument einen vollständigen Konjunkturzyklus durchzuhalten. Wir haben in den Krisenjahren die sinkenden Landessteuereinnahmen alleine getragen, ohne die Kommunen daran partizipieren zu lassen, und im Stabilisierungsfonds einen Darlehensbestand von 688 Millionen Euro in den schlechtesten Zeiten gewährt.

(Licht, CDU: Jetzt bedienen Sie sich bei den Mehreinnahmen!)

In gemeinsamer Anstrengung werden wir den Darlehensbestand bis 2012 nahezu vollständig abgebaut haben. 2013 startet dann der nächste Zyklus.

Die Kommunen in Rheinland-Pfalz werden ein positives Vermögen, eine Rücklage, im Stabilisierungsfonds aufbauen, die in den darauffolgenden Jahren auch noch wachsen kann. Damit wird konjunkturellen Notlagen wirksam vorgebeugt.

Wenn in dieser Situation, also zum Zeitpunkt der Vorsorgebildung, der Fonds von einzelnen Vertretern der kommunalen Spitzenverbände infrage gestellt wird, ist das bestenfalls kurzsichtig, aber im schlechtesten Fall wohl einfach darauf „gezockt“, dass das Land sich in der nächsten Rezession schon wieder etwas einfallen lassen wird.

Meine Damen und Herren, um Missverständnisse zu vermeiden: Der Stabilisierungsfonds hat nichts damit zu tun, wie eine Finanzpolitik auf Landes- und kommunaler Ebene strukturellen, also konjunkturunabhängigen Problemen begegnen kann. Die hohen Kassenkreditbestände oder genauer gesagt, die Kredite zur Liquiditätssicherung, sind ein solches strukturelles Problem, weil sie sich in der Vergangenheit aufgebaut haben und unabhängig von der konjunkturellen Lage in Zukunft mancherorts zu ganz massiven Finanzierungsproblemen führen werden.

Dieses Problem – damit komme ich zu meinem zweiten Beispiel – bekämpfen wir zusammen mit den betroffenen Städten, Gemeinden und Gemeindeverbänden mithilfe des Kommunalen Entschuldungsfonds. Dieses Instrument ist maßgeschneidert und dient ursachenbezogen zur Lösung des Problems hoher Liquiditätskredite. Das Land stellt hierfür in den nächsten 15 Jahren insgesamt 1,3 Milliarden Euro bereit. Das macht im Durchschnitt fast 85 Millionen Euro pro Jahr aus.

Meine Damen und Herren, diese Hilfe ist an Bedingungen geknüpft. Die am Entschuldungsfonds teilnehmenden Kommunen werden jedes Jahr bis 2026 Konsolidierungsmaßnahmen ergreifen und erfolgreich umsetzen müssen, um die Zuweisungen des Fonds zu erhalten. Dadurch gelingt es dem Fonds, nicht einfach Wasser in ein Fass ohne Boden zu kippen, wie es manche Kritiker des Stabilisierungsfonds derzeit offenbar lieber hätten,

sondern das Fass erst abzudichten, um es dann wieder zu füllen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Aber auch sonst scheinen die Weichen neu gestellt und die Rahmenbedingungen für die kommunalen Finanzen deutlich verbessert worden zu sein. Die Mittel des kommunalen Finanzausgleichs steigen gegenüber 2011 um 128 Millionen Euro oder 6,8 % auf 2 Milliarden Euro im Jahr 2013 an. Insgesamt belaufen sich die Zahlungen des Landes an die Kommunen auf 3,593 Milliarden Euro im Jahr 2013. Das sind 8,4 % oder 280 Millionen Euro mehr als 2011.

Hinzu kommen nach harten Verhandlungen in der Gemeindefinanzkommission und im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat deutlich höhere Mittel des Bundes für die Kommunen. Die rheinland-pfälzischen Kommunen erhalten als Ergebnis dieser Verhandlungen für die sogenannte Grundsicherung im Alter eine dauerhafte jährliche Mehrleistung in Höhe von rund 170 Millionen Euro.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Stärkung unserer Kommunen lohnt sich. Bürgerschaftliches Engagement lebt in unseren Gemeinden. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam dafür arbeiten, dass dies auch in Zukunft so bleibt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben umfangreichen, nachhaltigen Konsolidierungsmaßnahmen, die ich Ihnen eben beschrieben habe, werden wir es auch nicht versäumen, weiter konsequent in die entscheidenden Zukunftsfaktoren zu investieren.

Wir wollen den Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung, die heimische regenerative Energiequellen nutzt und dabei die Wertschöpfung bei uns im Land erhöht.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir brauchen auch in Zeiten stark steigender Rohstoffpreise sichere, zuverlässige und bezahlbare Energie für die energieintensiven Unternehmen und Betriebe in Rheinland-Pfalz sowie für die privaten Haushalte. Gleichzeitig schaffen wir damit auch sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze. Die ehrgeizigen Ziele der Energiewende lassen sich nur gemeinsam verwirklichen in einem konzertierten Vorgehen aller Beteiligten; gemeinsam mit den Kommunen, den Stadt- und Gemeindewerken, den produzierenden Unternehmen in einem Energiebündnis für Rheinland-Pfalz.

Wir bekennen uns zu dem Ziel, den Temperaturanstieg auf 2° Celsius zu begrenzen. Dies wird nur zu schaffen sein, wenn weltweit alle mit anpacken. Wir in RheinlandPfalz werden hierzu unseren Beitrag leisten.

Die Stromerzeugung aus Windenergie soll bis 2020 verfünffacht werden. Die Energieerzeugung aus Photovoltaik soll auf zwei Terawattstunden steigen.

Meine Damen und Herren, bis 2030 wird RheinlandPfalz regenerativer Selbstversorger sein. Hierzu werden bis 2013 die Mittel im Landeshaushalt für Klimaschutz und Energie gegenüber 2011 um 13 % angehoben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bildung bleibt in Rheinland-Pfalz gebührenfrei. Das gilt sowohl für die Kleinen als auch für die Großen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Schülerbeförderung wird in der Sekundarstufe I kostenlos sein. Daneben wird die Schulbuchausleihe weiter ausgebaut und bis zum Schuljahresbeginn 2012/2013 vollständig umgesetzt.

Mit diesen Maßnahmen werden die Familien erneut finanziell entlastet. Das Land investiert in die Köpfe und Talente unserer Kinder und Jugendlichen. Dabei setzen wir auf Chancengleichheit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Da wird es tautologisch: Gleiche Chancen für alle lassen sich natürlich nur durch eine konsequente Bildung von klein auf wahren.

Entsprechend werden die Betreuung in Kindertagesstätten und die Ganztagsschulen weiter ausgebaut. Bis 2016 soll jede zweite allgemeinbildende Schule über ein Ganztagsangebot verfügen. Im Regierungsentwurf sind hierfür in beiden Jahren zusammen 141 Millionen Euro vorgesehen.

Für die Unterrichtsversorgung stehen im Regierungsentwurf jedes Jahr 1,77 Milliarden Euro bereit. Hinzu kommen jährlich rund 250 Millionen Euro zur Finanzierung der Privatschulen, die ein wichtiges Standbein der rheinland-pfälzischen Schullandschaft darstellen. Die Mittelausstattung der freien Schulträger wurde nach jahrelangen Verhandlungen neu geordnet und erheblich verbessert. Darüber hinaus unterstützt die Landesregierung die Kinder mit Migrationshintergrund, indem zum Beispiel Hausaufgabenhilfe und Sprachförderunterricht angeboten werden. Schließlich wollen wir die pädagogischen Rahmenbedingungen weiter verbessern, damit unsere Schülerinnen und Schüler bestmöglich gefördert werden können.

Der Entwurf des Landeshaushalts sichert daher auch den Stufenplan zur Verkleinerung der Grundschulklassen auf maximal 24 Schülerinnen und Schüler ab. Wir haben im laufenden Schuljahr bei den Eingangsklassen begonnen und setzen diesen Weg in den nächsten beiden Schuljahren fort.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ab dem Jahr 2013/2014 soll außerdem die Klassenmesszahl in den Orientierungsstufen der Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen schrittweise auf 25 abgesenkt werden.

Ich komme zu den Hochschulen: Für die Hochschulen und die Förderung der Studierenden stehen im neuen Doppelhaushalt jährlich rund 970 Millionen Euro zur Verfügung. Das sind 3,6 % mehr als 2011. Hinzu kommen die Mittel des Sondervermögens „Wissen schafft Zukunft“, das den bis 2016 zu erwartenden Spitzenbedarf an Studienplätzen finanziell absichert.

Auch außerhalb der Hochschulen werden die Investitionen in die Forschung deutlich gesteigert. Die Mittel im Rahmen des Paktes für Forschung und Innovation steigen um 12 Millionen Euro. Bis 2015 werden sie jährlich um 5 % angehoben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, außerdem ist es uns gelungen, die Ausgaben für den Hochschulbau auf einem hohen Niveau zu halten. Veranschlagt werden konnten der Neubau der Fachhochschule Ludwigshafen, die Weiterführung der Baumaßnahmen in der Fachhochschule Kaiserslautern rund um die Kammgarnanlage sowie das neue Laborgebäude für die Universität Koblenz-Landau in Landau. Für den nächsten Bauabschnitt der Fachhochschule Mainz gibt es die Zusage, dass 2015 begonnen werden kann. Die übrigen Projekte, die jetzt noch nicht veranschlagt werden konnten, bleiben für die folgenden Jahre im Blick, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung stellt sich den Herausforderungen, die mit Migration und Integration für die aufnehmende Gesellschaft verbunden sind, nicht zuletzt für die rund 750.000 Menschen mit Migrationshintergrund, die in unserem Land leben. Meine Damen und Herren, daher wurde ein Integrationsministerium geschaffen, das die ordnungs- und gesellschaftspolitischen Aufgaben in eine Hand legt. Damit wollen wir eine humanitäre Flüchtlings- und Asylpolitik begründen und die interkulturelle Öffnung in unserem Land voranbringen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Bei der Fortschreibung und Umsetzung des rheinlandpfälzischen Integrationskonzepts setzen wir die interkulturelle Öffnung an die erste Stelle. Hierzu zählt besonders, die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken, mehr Menschen mit Migrationshintergrund zu beschäftigen und mit den Kommunen ein Konzept zu erarbeiten, um den Dienstleistungscharakter der Ausländerbehörden und anderer Behörden zu stärken. Insgesamt werden wir für diese Aufgaben rund 21 Millionen Euro einsetzen.

Meine Damen und Herren, das neue Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen vereint zudem wichtige Verantwortungsbereiche einer umfas

senden und ganzheitlichen Familien- und Kinderpolitik. Wir handeln nach dem Grundsatz „Frühe Hilfe fördern“ mit dem Ziel, den Lebens- und Entfaltungsraum der Familien zu sichern, ihre Lebensbedingungen zu verbessern und die Erziehungskompetenz zu stärken. Dass alle Familien in Rheinland-Pfalz uns etwas wert sind, sieht man an dem Fördervolumen in Höhe von jährlich rund 100 Millionen Euro.

Die Kindertagesstätten mit Betreuungs- und Bildungsangeboten werden in Rheinland-Pfalz auf einem hohen Qualitätsniveau weiter ausgebaut. Dabei werden die Entwicklungsbedarfe der Kinder, die Elternwünsche und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf berücksichtigt.

Wir verfolgen den Ansatz der frühen Förderung, der sich zum Ziel setzt, die Bildungs- und Entwicklungspotenziale von Kindern von Anfang an in den Blick zu nehmen. Mit dem neuen Kita-Plus-Programm wollen wir Kitas zu Familienzentren mit sozialpädagogischer Kompetenz ausbauen und so Erziehungspartnerschaften besonders in sozial belasteten Stadt- oder Ortsteilen aufbauen. Die Beitragsfreiheit bleibt dabei erhalten, meine Damen und Herren.