Protocol of the Session on October 20, 2011

Die Finanzministerkonferenz hat es sich im Jahre 2010 – ich sage es einmal so – nicht mehr mit anschauen können und hat 13 Vorschläge gemacht. Diese hat sie dem Bund herübergereicht und gesagt: Macht etwas daraus. – Der Bund hat etwas daraus gemacht. Er hat zehn Vorschläge übernommen, hat dieses Paket aber an zwei Stellen so verschlimmbessert, dass es über ein Jahr gedauert hat, bis wir es jetzt nach langen mühsamen Verhandlungen in das Bundesgesetzblatt bekommen haben.

Was hat man gemacht? Sie sind hingegangen und haben gemeint, sie müssten den Arbeitnehmerfreibetrag von 920 auf 1.000 Euro erhöhen. Das hat nichts mit Steuervereinfachung zu tun und war so etwas wie ein Methadon-Programm für Steuersenker, für die FDP, die irgendwo gemerkt hat, sie bekommt ihre große Steuersenkung nicht mehr. Dann sind die berühmten 2,50 Euro dabei herausgekommen, und man hat das tatsächlich als Steuersenkung verkauft.

(Licht, CDU: Sie widersprechen jetzt selbst Ihrem Weg der kleinen Schritte!)

Das Schäbigste dabei war, weil diese Entlastung 200 Millionen Euro gekostet hat, hat man an einer anderen Stelle eine Entlastung im Bereich der Pauschalierung herausnehmen müssen. Man hat die Anhebung der Behindertenpauschale herausgenommen.

Die Behindertenpauschale wurde seit vielen Jahren nicht angehoben. Alle Steuerfachleute haben gesagt, da muss etwas passieren. Man hat es gemacht, um diese Gesichtswahrung für die FDP an dieser Stelle durchzusetzen.

Zu allem Überfluss – deshalb mussten wir uns noch im Vermittlungsausschuss plagen – hat man versucht, eine zweijährige Steuererklärung zu etablieren, zu der alle Finanzbeamten, die Deutsche Steuergewerkschaft, die Steuerberaterkammer und alle, die davon etwas verstehen, gesagt haben: Verschont uns davon.

Wir sind deshalb als Länder hingegangen und haben gesagt: Wenn ihr diese 80 Euro wollt und die Behindertenpauschale herausnehmt, dann müsst ihr das selbst bezahlen, dann beteiligen wir uns an dem Minderaufkommen nicht, und ihr müsst die zweijährige Steuererklärung herausnehmen.

Das ist in einer langen Etappe geschehen. Dann sind wenigstens zehn vernünftige Vorschläge, die die Finanzministerkonferenz 2010 gemacht hat, in das Gesetzblatt gekommen.

Als Länder haben wir die Lehre daraus gezogen, dass wir anders vorgehen. Wir stellen selbst die Gegenfinanzierung her und versuchen, uns sozusagen im Gesetzgebungsverfahren, soweit wir das können – bis zum Ende können wir es nicht –, vom Bund unabhängig zu machen.

Wir sind hingegangen und haben den Anspruch gehabt, eine kostenneutrale Steuervereinfachung zu machen und sie bewusst überparteilich zu organisieren. Es stehen mehr als die vier Länder dahinter, aber wir wollten das dokumentieren, damit es nicht wieder in dem parteipolitischen Denken von Anfang an zerredet und zerhackt wird.

Wir haben gesagt, die Steuervereinfachung muss eine für die Dienstleister im Steuerbetrieb sein – das sind die Finanzämter und die Steuerberater –, und es muss eine Vereinfachung für die Kunden sein, also für diejenigen, die Steuererklärungen ausfüllen müssen und sich hoffentlich in Zukunft wenigsten an einigen Stellen etwas leichter tun.

Wir haben eine positive Resonanz von den Verbänden bekommen, die dafür stehen, für die Finanzämter von der Deutschen Steuergewerkschaft, für die Steuerberater von der Steuerberaterkammer. Interessanterweise haben wir keine Reaktion vom Interessenverband der Steuerzahler bekommen, vom Bund der Steuerzahler.

(Pörksen, SPD: Wer ist das überhaupt?)

Das hat mich auch gewundert, da sie sonst immer zu anderen Themen Stellung beziehen.

(Ramsauer, SPD: Bund einiger Steuerzahler!)

Ich habe mir gesagt, sie müssen sich wahrscheinlich dafür schonen, gemeinsam mit Ihnen eine Öffentlichkeitsstrategie für unsere Haushaltsberatungen in der nächsten Woche auszuarbeiten. Das scheint ein wichtigeres Thema zu sein als das, was eigentlich den Bund der Steuerzahler angeht, nämlich Steuervereinfachungen, die einen tragenden gesellschaftlichen Konsens haben, zu kommentieren.

Vielleicht wäre es einfacher gewesen, wenn kein sozialdemokratischer und keine grüne Finanzministerin am Tisch gesessen hätten. Vielleicht hätten wir dann eine Kommentierung von dieser Seite aus erfahren.

Das, was wir vorgelegt haben, hat drei Besonderheiten:

Erstens ist eine strukturelle Verbesserung zu nennen, die gleichzeitig eine Vereinfachung ist, nämlich die Aufspaltung des Arbeitnehmerfreibetrages in drei Pauschalen. Das wird nach Auffassung unserer Experten dazu führen, dass wir fünf bis sechs Millionen Veranlagungsfälle pro Jahr weniger haben. Das ist eine deutliche Entlastung für die Verwaltung und wird dazu führen, dass es auch eine Entlastung bei den Bürgerinnen und Bürgern gibt. Deswegen brauchen wir eine Gegenfinanzierung.

Die Gegenfinanzierung hat für uns nicht bedeutet, dass wir die Behindertenpauschale wieder auf die Seite

schieben. Diese haben wir hereingenommen. Das war sozusagen für uns Ehrensache, weil sich unisono alle 16 Länder über den Bund geärgert haben.

Wir haben acht Maßnahmen etabliert, mit denen wir Steuervereinfachung und Gegenfinanzierung miteinander verbinden. Das ist sehr schwierig. Ich finde, das ist eines der gelungensten Dinge an diesem Paket.

Meine Damen und Herren, wie geht es weiter? Wir haben dieses Steuerpaket mit dem Sprichwort überschrieben: Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht. – Den ersten Schritt dieses Weges sind wir gegangen. Das ist der konzeptionelle Schritt, sicherlich nicht der einfachste. Jetzt kommt der Schritt der politischen Umsetzung. Ich habe gestern Abend mit meinen 15 Länderkolleginnen und Kollegen in Berlin im Kamingespräch zusammengesessen. Wir haben darüber geredet und uns vorgenommen, bis Anfang nächsten Jahres zu schauen, ob wir mit dem Input anderer Länder das noch ein bisschen optimieren, verbessern und erweitern können. Wir sind uns relativ sicher, dass wir dann eine Gesetzesinitiative machen werden.

Wir waren uns aber auch sicher, wir reichen es nicht mehr dem Bund herüber und sagen: „Nimm das und tu noch etwas dazu,“ sondern wir werden wahrscheinlich eine eigene Bundesratsinitiative machen. Den Fall, dass wir das noch einmal so verschlimmbessert bekommen wie beim ersten Mal, wollen wir nicht mehr erleben.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Ramsauer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung offensichtlich nichts zustande gebracht hat, und habe auf das Steuervereinfachungsgesetz 2011 hingewiesen. Man muss wirklich dazu sagen, wenn ich Bundesfinanzminister wäre, wäre es für mich beschämend, wenn ich in einer solchen Koalition nicht mehr zustande gebracht hätte und man die Länderfinanzminister dazu braucht, einem auf die Sprünge zu helfen.

Nach diesem kleinen Schrittchen 2011 ist das, was die vier Finanzminister vorlegen, nun wirklich ein großer Schritt, der sich auch für uns auszahlen kann. Aber er ist natürlich nur eine Etappe. Diesem zweiten Schritt muss natürlich auch noch ein großer weiterer Schritt folgen.

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Verehrter Herr Dr. Weiland, allein mir fehlt der Glaube, dass unter den derzeitigen politischen Mehrheitsverhält

nissen im Bundestag auch nur ein Schritt gegangen werden kann.

(Dr. Weiland, CDU: Ich glaube auch nicht daran, was Sie sagen!)

Herr Kollege Steinbach hat soeben das Steuerkonzept der GRÜNEN auf Bundesebene vorgetragen. Ich habe gedacht, na ja, das ist fast kongruent zu dem, was die Bundes-SPD vor Kurzem vorgelegt hat.

(Dr. Weiland, CDU: Oh!)

Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass wir uns 2013 nach einer Bundestagswahl, die andere Mehrheiten zeitigen wird, darüber auch in diesem Haus unterhalten werden. Das Steuerkonzept der Bundes-SPD sieht nämlich genau diese Punkte vor: die Anhebung des Spitzensteuersatzes, die Abschaffung ökologisch unsinniger Subventionen und natürlich auch die Wiedereinführung einer angemessenen Vermögenssteuer, die diejenigen, die kleine Vermögen haben, nicht über Gebühr belasten wird und die die Interessen des Mittelstandes, aber auch des Staates berücksichtigen wird.

(Dr. Weiland, CDU: Sie sind nicht auf dem neuesten Stand!)

Ich bin zuversichtlich, auch wenn Herr Schreiner Visionen hat. Ich habe keine Visionen, sondern die begründete Hoffnung, dass bei anderen Mehrheitsverhältnissen im Bund die Länderfinanzminister eine bessere Basis finden.

(Glocke des Präsidenten – Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Mit diesem Steuerprogramm, das sowohl bei Rot als auch bei Grün formuliert ist, werden wir unseren Staat und die öffentlichen Kassen weiterbringen.

Danke schön.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Ich erteile Herrn Kollegen Schreiner für die CDUFraktion das Wort.

(Ramsauer, SPD: Wer schon Visionen hat, muss zum Arzt gehen!)

Herr Kollege Steinbach, Herr Kollege Dr. Kühl, Sie sind wieder einmal deutlich hinter der Zeit zurück. Das ist kennzeichnend für Sie.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Sie unterschätzen die Regierung Merkel.

Donnerstag, 20. Oktober, 11.20 Uhr, genau 12 Minuten her, n-tv, Breaking News: „Schwarz-Gelb plant Steuersenkung um 6 bis 7 Milliarden Euro“.

(Ramsauer, SPD: Zulasten der Länder!)

Herr Ramsauer, hören Sie doch erst einmal zu!

Die Koalition einigt sich auf ein gemeinsames Konzept zur Steuerentlastung der Bürger. Zum 1. Januar 2013 sollen die Steuern um 6 bis 7 Milliarden Euro sinken. Das meldet die Nachrichtenagentur Reuters.