Meine sehr geehrten Damen und Herren, der medizinische Fortschritt ist ein Segen. – Keiner kann sich seines Todes mehr sicher sein, sagte einmal der deutsche Schriftsteller Hermann Kestin. – Das will heißen, dass wir alle alt werden, aber auch pflegebedürftig.
Wir sind mitten im demografischen Wandel, der uns vor große Herausforderungen stellt. Deshalb ist es lobenswert, dass Rheinland-Pfalz im Jahr 2002 als erstes Bundesland dieses Thema aufgegriffen und ein Monitoring für die Pflegefachgruppen auf den Weg gebracht hat, nun auf einer erweiterten Basis für die Personalentwicklung, aber auch für eine qualitative Versorgung.
Die Ergebnisse aus dem Jahr 2002 zeigten, dass es leichte Überhänge in der Kranken- und Gesundheitspflege gab, aber deutliche Mängel bei der Alten- und Kinderkrankenpflege. Die damalige Landesregierung hat dazu Initiativen eingeleitet: Die Fachkräfteoffensive Pflege, eine Qualitätsoffensive 2003 und die kultursensible Pflege konnten diese Mängel bis 2005 korrigieren.
gruppen erfasst wurden. Diese Ergebnisse möchte ich nicht im Einzelnen aufzeigen, aber sie zeigen regionale Unterschiede, beispielsweise leichte Mängel in Mainz und Mainz-Bingen, während in anderen Städten wie Ludwigshafen und Trier, Bad Dürkheim und BernkastelWittlich starke Mängel zu verzeichnen sind.
Ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir diese Daten haben. Wenn wir die Zukunft gestalten wollen, brauchen wir diese Daten und Zahlen. Wir kommen nur zum Erfolg, wenn wir dafür sorgen, dass die Pflegeberufe besser honoriert und entlohnt werden.
Die Gründe, weshalb diese Mängel auch im Jahr 2010 aufgetreten sind, liegen unter anderem im demografischen Wandel und in der harten körperlichen Arbeit, die die Pflegenden tagtäglich leisten müssen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kollegen und Kolleginnen! Ich möchte auch von meiner Seite ein paar Anmerkungen dazu machen. Eine effektive Fachkräftesicherungsstrategie im Bereich der Gesundheitsberufe ist schon lange Zeit eine Daueraufgabe, die die Landesregierung sich stellt. Lieber Herr Dr. Enders, zum Thema „Selbstverständnis“ möchte ich sagen, ja, es ist für mich ein großes Selbstverständnis, aber ich möchte auch hinzufügen, gerade das Thema „Pflege“ war für mich persönlich als Gesundheitsministerin von Anfang an ein großer Schwerpunkt.
Zwar ist es für mich selbstverständlich, aber trotzdem ist es auch einzigartig, dass wir das erste Land unter allen Bundesländern waren, das flächendeckend und auch regional differenziert 2002, 2006 und auch jetzt 2010 Branchenmonitorings in Auftrag gegeben hat. Wir sind mit dem neuen Branchenmonitoring auch das erste Bundesland, das alle Gesundheitsberufe in den Blick nimmt. Das gibt es deutschlandweit noch nicht; denn wir haben von Anfang an gesagt, wir brauchen gerade mit Blick auf die demografische Entwicklung auch einen Überblick über die anderen, nicht akademischen Gesundheitsberufe und nicht nur über die Pflege.
Insofern bin ich sehr froh, dass wir diese Grundlagen, wie es die Kollegen schon ausgeführt haben, nun wieder zur Verfügung haben, um entsprechende Maßnahmen zu entwickeln. Natürlich machen die Zahlen sehr deutlich, dass wir wieder vor einer großen Herausforderung stehen. Um aber die Zahlen auch richtig einordnen zu können, möchte ich noch zwei Worte verwenden.
Als im Jahr 2002 das erste Branchenmonitoring gemacht worden ist, bestand ein Bedarf – oder ein Mangel, Sie können es bezeichnen, wie Sie wollen – von 1.396. Heute sind es 965.
Damals hatten wir einen Mangel oder Bedarf an Krankenpflegern von 1.489, heute sind es 1.078. Dies bedeutet, dass wir damals einen höheren Bedarf hatten, als wir es heute feststellen. Wir haben daraufhin erhebliche Maßnahmen initiiert. Wir haben beispielsweise als einziges Bundesland das Umlageverfahren eingeführt und konnten die Ausbildungszahlen um 40 % steigern. Wir haben andere Maßnahmen ergriffen, zum Beispiel die Fachkräfteinitiative, die Herr Dr. Schmidt und Herr Dröscher genannt haben. Das Resultat war, dass wir 2005 in beiden Berufssparten einen klaren Überhang hatten.
Nun befinden wir uns wieder in der Situation, dass wir mit allen Partnern und Partnerinnen überlegen müssen, wie wir Ausbildungsquoten steigern, aber auch Nach- und Weiterqualifizierung entwickeln können, um in diesen Bereichen wieder auf ein akzeptables Ergebnis zu kommen.
In der Tat wird es dieses Mal kein Zuckerschlecken aufgrund der demografischen Entwicklung werden. In allen Berufssparten besteht ein Kampf um die jungen Köpfe, und wir müssen viel tun, um für den Bereich der Pflege oder der anderen Gesundheitsberufe mit attraktiven Angeboten zu werben.
Insofern freue ich mich über den Antrag. Ich habe als Gesundheitsministerin überhaupt nichts dagegen, wenn die Regierungskoalition einen Antrag zu einem Thema stellt, das für uns alle von großer Bedeutung ist. Der Antrag zeigt mir, dass wir gemeinsam, Regierung und Parlament, an einem Strang ziehen. Ich bin auch sehr gern bereit, in den Überlegungen, die wir nun anstellen werden, genau diese Punkte mit aufzugreifen.
Für uns steht fest, dass wir natürlich eine neue Fachkräfte- und Qualifizierungsinitiative „Gesundheitsberufe 2012“ brauchen. Unsere Partner und Partnerinnen sind auch bereit, wieder in einer Arbeitsgruppe mit uns gemeinsam zu überlegen, wie es weitergeht. Die Handlungsfelder werden dabei natürlich sein, die Ausbildung zu steigern – wir müssen mit unseren Partner wieder zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen, und das werden wir auch angehen –, aber wir müssen auch in die Vor-, die Nach- und die Wiederqualifizierung und die Wiedereinstiegsqualifizierung und in die Umschulung gehen.
Da ich die letzte Rednerin am heutigen Tag bin, will ich meine Rede jetzt nicht überstrapazieren. Herr Dr. Enders, klar ist, wenn wir über Rahmenbedingungen sprechen – und zwar sowohl im Antrag, als auch wir als Regierung –, geht es dabei um Themen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um Arbeitsbedingungen,
um Gesundheitsmanagement im Beruf, um Führungsqualifikationen, aber natürlich auch um das Thema der Bezahlung, wenngleich wir dies auf Landesebene – ehrlich gesagt – nicht beeinflussen können.
Abschließend will ich noch sagen, dieses Thema erfüllt uns mit großem Ehrgeiz. Wir stehen parat, und wir werden Ende des Jahres die Arbeitsgruppe einberufen. Wir werden uns Maßnahmen überlegen und im neuen Jahr gemeinsam mit dem Parlament eine entsprechende Planung auflegen, um die Frage zu beantworten, wie die Lücke in den Gesundheitsberufen wieder geschlossen und der zusätzliche Bedarf befriedigt werden kann. Ich bin optimistisch, dass wir dies mit unseren Partnern hinbekommen werden; denn wir ziehen in unserem Land schon sehr lange an einem Strang. Ich glaube, wir haben in Rheinland-Pfalz Bedingungen, die es uns ermöglichen, gerade im Pflegebereich das eine oder andere effizienter initiieren zu können, als es in manch anderem Bundesland der Fall ist.
Bin ich gar nicht? Entschuldigung, dann ist es noch wichtiger, dass ich jetzt aufhöre. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Damit kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Antrag – Drucksache 16/433 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der CDU angenommen.
Vermeidung und Abbau von unnötiger Bürokratie in Rheinland-Pfalz – Gesetze überprüfen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/443 –
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Besteht ein Personalrat aus einer Person, erübrigt sich die Trennung nach Geschlechtern. – Oder: Die einmalige Zahlung wird jedem Berechtigten nur einmal gewährt. – Auch schön:
Das sind bürokratische Stilblüten, die zwar erheiternd wirken, aber auch deutlich machen, wie sich bürokratisches Denken verselbstständigt und wie es den Pfad des gesunden Menschenverstandes doch oft verlässt, und dies schon sehr lange.
Montesquieu kannte das Problem bereits vor über 300 Jahren, was ihn dazu veranlasste, eine einfache und klare Grundregel zum Bürokratieabbau zu formulieren, indem er sagte: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen. –
Um dem Ratschlag von Montesquieu quasi zu folgen, haben Bundestag und Bundesregierung im Jahre 2006 den Normenkontrollrat nach niederländischem Vorbild ins Leben gerufen. Anfangs gab es natürlich viele Skeptiker; denn es hatte viele Bürokratieabbauprogramme vorher gegeben, immer mit bescheidenem Erfolg.
Nun nach der ersten Amtszeit des Normenkontrollrats stellt sich die Frage, ob der Kampf diesmal erfolgreich war. Die Antwort lautet ganz klar: Ja. – Zum ersten Mal ist es gelungen, die bürokratischen Belastungen der Wirtschaft nachzuweisen und zu senken.
Vor fünf Jahren mussten deutsche Unternehmen jährlich ca. 50 Milliarden Euro für amtliche Statistiken, Antragsformulare, das Anlegen von Rechnungen usw. aufbringen. Heute sind es rund 10,5 Milliarden Euro weniger.
Mit dem Standardkostenmodell konnten diese Belastungen erstmals gemessen und quantifiziert werden. Dadurch wurde transparent, dass allein durch überflüssige Informationspflichten erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden entsteht, dass Kapital in Milliardenhöhe verlorengeht. Dieses Kapital dürfen wir aber nicht brachliegen lassen. Überflüssige Bürokratie muss in den nächsten Jahren konsequent abgebaut werden.
Dabei ist es die beste Methode, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Das Ziel besteht in der ganzheitlichen Reduzierung von Kosten und bürokratischen Belastungen. Bei neuen Gesetzentwürfen müssen umfassend alle Folgekosten ausgewiesen und dem Normenkontrollrat zur Stellungnahme vorgelegt werden. Alle Kosten kommen auf den Prüfstand, die der Gesetzgeber Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern sowie der Verwaltung auferlegt.
Auch wenn wir hier den erfolgreichen nationalen Normenkontrollrat gern als Vorbild anführen, wissen wir natürlich, dass nicht längst alles auf die Landesebene herunterzubrechen ist, weil die Gesetzgebungskompetenzen der Länder nun einmal eingeschränkt sind. Daher muss das Vorbild natürlich modifiziert und auf unsere Bedürfnisse in Rheinland-Pfalz angepasst werden.
Die herausragenden Bürokratieabbauzahlen eines nationalen Normenkontrollrates wird ein rheinlandpfälzischer Normenkontrollrat aufgrund der beschränkten Regelungskompetenzen natürlich nicht aufweisen können. Aber ich bin sicher, die Ergebnisse sind auch auf unserer Ebene mehr als lohnend.
Da bin ich optimistischer als unsere Wirtschaftsministerin Frau Lemke, die leider nicht da ist, die ich aber – mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin – zitieren möchte. Sie hat am 14. Mai in der Rhein-Main-Presse gesagt – Zitat –: Beim von der Wirtschaft geforderten Bürokratieabbau bin ich ehrlich. – Ich gehe davon aus, ansonsten auch. – Angesichts der Themen, die von der EU oder auch aus dem Bund kommen, müssen wir froh sein, wenn wir das heutige Niveau halten. – Deshalb sei es ihr Ziel, keine neuen Hürden aufzubauen.