Protocol of the Session on October 20, 2011

(Hoch, SPD: Wenn Frau Klöckner die Unwahrheit sagt, dann darf man das hier am Rednerpult nicht sagen!)

Lassen Sie mich jetzt noch etwas zum Verfahren sagen. Man könnte darüber streiten, ob das eine persönliche Erklärung war oder nicht. Das wollte ich auch damit dokumentieren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir kommen zur Abstimmung im Rahmen des Punktes 19 der Tagesordnung. Wir haben einen Antrag der Fraktion der CDU und einen Alternativantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es stellt sich die Frage, ob eine Überweisung beantragt wird.

(Bracht, CDU: Ja!)

Herr Kollege Bracht hat die Überweisung beantragt. Das würde bedeuten, dass wir über die Überweisung des Antrages der Fraktion der CDU abstimmen.

(Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Nein, wir stimmen zuerst einmal – – –)

Ja, ich wollte doch nur eine Erläuterung abgeben, dass wir den Antrag überweisen und dass dann Ihr Antrag als Alternativantrag als Material mit überwiesen würde. Das wollte ich Ihnen damit zunächst einmal erläutern.

Wir stimmen jetzt darüber ab, ob der Antrag überwiesen werden soll. Es wird vorgeschlagen, den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/441 – an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Somit ist die Überweisung an den Ausschuss abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die einzelnen Anträge. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/441 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag. Wer dem Alternativantrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/474 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Meine Damen und Herren, damit haben wir den etwas schwierigen Punkt 19 der Tagesordnung abgewickelt.

Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:

Finanzmarkttransaktionssteuer Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/435 –

dazu: Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/467–

Ich erteile dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, Herrn Hering, das Wort. Der Ordnung halber darf ich darauf hinweisen, dass für alle folgenden Punkte der Tagesordnung jeweils nur fünf Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Krise auf den Finanzmärkten 2007/2008 hat weltweit zu einer massiven Bankenkrise mit negativen Auswirkungen bis in die reale Wirtschaft geführt. Das hat unter anderem in Deutschland 2009 zu einem Minuswachstum von fast 5 % geführt. Das ist der stärkste Rückgang der Konjunktur seit dem Zweiten Weltkrieg.

(Vizepräsident Dr. Braun übernimmt den Vorsitz)

Deutschland ist unbestreitbar mit am besten durch die Krise gekommen. Das gilt insbesondere für das Land Rheinland-Pfalz, das sich auf dem Arbeitsmarkt und bei der Wertschöpfung am schnellsten erholt hat. Es hat sogar auf dem Arbeitsmarkt keine negativen Auswirkungen gegeben.

Um auf diese Krise zu reagieren, war es notwendig gewesen, einen handlungsfähigen Staat zu haben. Obwohl Deutschland mit am besten durch diese Krise gekommen ist, mussten aus öffentlichen Haushalten für die Banken vom Bund und teilweise von den Ländern mit ihren Landesbanken 100 Milliarden Euro bereitgestellt werden, um Banken zu rekapitalisieren und andere Maßnahmen aus öffentlichen Haushalten zu finanzieren.

Damals inmitten der Krise waren sich alle einig, dass diejenigen, die für die Krise verantwortlich sind, also die Akteure auf den Finanzmärkten, mit für die Kosten herangezogen werden müssen. Man war sich einig, dass das zeitig geschehen muss.

Wie gesagt, das ist mittlerweile drei Jahre her. Es gibt nach wie vor keine Finanzmarkttransaktionssteuer, die alle gefordert haben. An der Sinnhaftigkeit einer Finanzmarkttransaktionssteuer kann man nach unserer Auffassung nicht zweifeln; denn das ist ein wirksames Instrument, die Akteure der Finanzmärkte an den Kosten der Krisen, die aus spekulativen Geschäften entstehen, mit heranzuziehen. Es ist nicht das einzige Instrument, das genutzt werden muss, um solche Krisen zu verhindern. Das ist aber die Maßnahme, die unter anderem dazu beitragen würde, den vielfach stattfindenden Hochgeschwindigkeitshandel relativ hoch zu belasten. Damit würde man regulativ einwirken, dass solche Ge

schäfte weniger stattfinden. Das sind in der Regel die hoch spekulativen Geschäfte.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das würde zu deutlichen Mehreinnahmen der öffentlichen Haushalte führen. Es gibt unterschiedliche Berechnungen, in welcher Größenordnung eine Finanzmarkttransaktionssteuer zu Einnahmeverbesserungen beitragen würde. Europaweit wären das 12 bis 20 Milliarden Euro selbst bei einem minimalen Steuersatz.

Es gibt einen weiteren Grund, warum zeitnah gehandelt werden muss. Bürgerinnen und Bürger bzw. die Menschen haben kein Verständnis dafür, dass drei Jahre nach der Krise, nachdem die Kasinos wieder laufen, hohe Profite an den Börsen verdient werden und wieder hohe Boni gezahlt werden, es die Politik nicht geschafft hat, diese Finanzmarkttransaktionssteuer auf den Weg zu bringen. Das ist mit ein Grund dafür, warum am vergangenen Wochenende weltweit Zehntausende demonstriert haben. Sie haben kein Verständnis dafür, dass die Politik nicht in der Lage ist, hier zu handeln.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann scheint auch die CDU mittlerweile bereit zu sein, eine solche Steuer wirklich einzuführen. Sie scheint bereit zu sein, weil das bisher immer unter dem Vorbehalt geschieht, dass das weltweit geschehen muss. Das macht auf europäischer Ebene keinen Sinn, waren die ersten Aussagen gewesen. Dann musste mindestens für Gesamteuropa die Steuer eingeführt werden. Mittlerweile ist man schlauer geworden. Es wird jetzt auch von Schäuble und anderen die Auffassung vertreten, es sei vertretbar, das auf den Euro-Raum zu beschränken. Das ist eine Forderung, die wir schon lange hatten, diese auch für den europäischem Raum einzuführen. Dann hätten wir vielleicht jetzt schon die Finanzmarkttransaktionssteuer in Europa. Ich bin der festen Überzeugung, das hätte auch auf andere Länder der Welt Einfluss gehabt, dort die Bewegung zu erweitern.

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Wir wollen hier klare Signale haben. Herr Schreiner, ein klareres Signal als bezüglich der Steuersenkung, die Sie heute um 11:00 Uhr verkündet haben, gibt es nicht. Wir hatten gedacht, die Einigkeit in der Koalition würde zumindest bis morgen halten. Es waren nur zwei Stunden.

(Glocke des Präsidenten)

Dann hat Herr Seehofer dem ein Ende gemacht. Wir wollen dort eine größere Verlässlichkeit haben, als diese Bundesregierung das in Finanzfragen an den Tag legt.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ramsauer, CDU: Es war nur eine Stunde!)

Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Abgeordneter Schreiner.

(Fuhr, SPD: Der verkündet jetzt eine neue Nachricht!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Hering, wenn in der Bundesrepublik Deutschland noch auf etwas Verlass ist, dann doch wohl auf die CSU und auf Bayern. Insofern gibt einem das in diesen schnelllebigen politischen Zeiten ein bisschen Orientierung.

(Hering, SPD: Diese Bundesregierung nicht! Da sind wir uns einig!)

Ich teile die Einschätzung von Ihnen und von Herrn Steinbach nicht. Ich gehe davon aus, dass Herr Schäuble und Herr Rösler nicht vor die Presse treten, ohne mit Frau Merkel zu reden. Warten wir doch einmal ab, was in einer Woche Sachstand ist, wenn Herr Seehofer mit Frau Merkel geredet hat. Aber darum geht es nicht.

(Frau Schmitt, SPD: Doch, doch! Auch darum geht es!)

Es geht darum, dass wir heute über einen sehr wichtigen Punkt reden, nämlich über die Finanzmarkttransaktionssteuer, und wir augenscheinlich zwei Anträge haben müssen, weil überparteiliche Zusammenarbeit von Ihnen immer nur dann beschworen wird, wenn es Ihnen passt. Gerade in der Steuerpolitik gilt aber auch, dass man nur dann wirklich etwas erreicht, wenn man zusammenarbeitet. Wir sind uns bei der Finanzmarkttransaktionssteuer – Sie haben es dargestellt – einig. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag dahin gehend gestellt, dass wir diese ganze Polemik, die Sie in der ersten Seite Ihres Antrags haben, weglassen

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Polemik?)

und die eigentlichen Punkte auf der zweiten Seite beschließen; denn ich möchte darauf eingehen, dass Sie erklären, die Bundesregierung habe bislang – so wörtlich – den Willen nicht erkennen lassen, „dem tatsächlich durch eine wirksame Regulierung der Finanzmärkte die Grundlage zu entziehen.“

(Ramsauer, SPD: Das ist ja wahr!)

Herr Hering, jetzt frage ich Sie: Wer, wenn nicht die Regierung Merkel ist jemals so weit gekommen darin, eine Finanzmarkttransaktionssteuer über die deutschen Grenzen hinaus zu verhandeln?

Die Probleme, vor denen wir heute stehen, sind Ergebnisse der Politik Schröder/Trittin in den 90er-Jahren.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Die „Generation Gerd“, wie ich in der „WELT“ gestern gelesen habe, hat sich seinerzeit immer gern mit Clinton und Blair fotografieren lassen. Sie hat nicht verstanden, dass das angelsächsische Modell der Freigabe der Finanzmärkte nicht das unsrige Modell ist. Sie hat nicht verstanden, dass die Interessen der deutschen Börse und vor allen Dingen die Interessen der deutschen Steuerzahler andere sind. Deshalb sollten wir uns auf die Gemeinsamkeiten besinnen. Wir sind uns einig, der Finanzsektor soll einen angemessenen Beitrag zur Bewältigung der Folgekosten der Finanzkrise leisten. Da sind wir uns einig.

Auch Ihr Ziel ist möglichst eine weltweite Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer; denn auch Sie wissen, dass die riskanten Geschäfte insbesondere an sechs Börsen in der Welt laufen, vor allen Dingen in New York, aber eben auch in London. London ist die einzige europäische Börse, an der das geschieht. Das heißt, nur wenn wir es wirklich schaffen, das weltweit zu begrenzen, bekommen wir auch diese Schwankungen im Finanzmarkt in den Griff. Natürlich ist der erste Schritt zu versuchen, es dann wenigstens auf europäischer Ebene zu erreichen. Ich habe die Befürchtung, die Sie, glaube ich, auch teilen, dass wir Schwierigkeiten haben könnten, die britische Regierung da auf unsere Seite zu ziehen, und damit der Finanzmarkt London außen vor wäre. Damit ist die Rückfallposition, von der wir gemeinsam ausgehen, eine solche Steuer für die Eurozone.

Aber sind wir uns doch auch darüber im Bewusstsein, eine solche Steuer nur für die Eurozone hat natürlich das Risiko und birgt die Gefahr in sich, dass die Steuer ins Leere läuft. Der Schlüssel für eine vernünftige Finanzmarkttransaktionssteuer liegt in der Wallstreet und in der Abkehr der amerikanischen „Deficit-SpendingPolitik“.

Aber darüber hinaus sind wir uns auch einig, dass wir in eine solche Steuer alle Finanzprodukte einbeziehen müssen und wir uns nicht darauf beschränken dürfen, nur die riskanten Produkte, die an der Börse gehandelt werden, nach Möglichkeit zu besteuern, sondern dass es darum geht, eben auch die im direkten Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer gehandelten Finanzprodukte zu regulieren, weil wir sonst zum Ersten einen ganz wichtigen Bestandteil dieses Marktes nicht besteuern, was wir als ungerecht erachten würden, und weil wir zum Zweiten damit auch die Fluktuation der Märkte nicht in den Griff bekommen. Das heißt, Finanzmarkttransaktionssteuer ist ein Baustein. Dazu gehört aber auch, dass wir neue Melde- und Kontrollpflichten beispielsweise bei den Banken diskutieren müssen.