Protocol of the Session on December 17, 2015

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Kollege Hartenfels das Wort.

Lieber Denis, Du hast mir nicht sehr viel übrig gelassen mit Deiner Analyse.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schreiner, die Erkenntnisse, die Sie hier so bedeutungsschwanger in den Raum gestellt haben, sind so isoliert betrachtet nicht unbedingt erkenntniserhellend. Ich will davon einmal eine herausgreifen. Wir haben so viele Einnahmen wie nie zuvor.

Das ist normalerweise die Regel von Haushalt zu Haushalt, wenn wir nicht besondere konjunkturelle Einbrüche haben oder besondere, wirklich überbordende Ausgaben, wie zum Beispiel bei der Deutschen Einheit. Normalerweise ist das so. Insofern lässt mich diese Erkenntnis, die so bedeutungsschwanger um die Ecke kommt, erst einmal mit einem großen Fragezeichen zurück. Das hilft mir bei meiner Analyse überhaupt nicht weiter. Sie würden jeder Ebene da letztlich ein schlechtes Zeugnis ausstellen.

Nehmen wir zum Beispiel einmal die kommunale Ebene. Sie hat auch so viele Einnahmen zurzeit wie nie zuvor. Hat ihr das irgendetwas gebracht bei ihrer Verschuldungssituation? Kommen Sie einmal bei der Enquete-Kommission „Kommunale Finanzen“ vorbei. Sie ist inzwischen leider

schon abgeschlossen. Da hätten Sie vielleicht noch einmal den einen oder anderen Lerneffekt, dass Sie die Einnahmen schon noch einmal mit den Ausgaben ein bisschen vergleichen und vor allen Dingen auch noch einmal die Ausgabenseite in den Blick nehmen müssen.

(Alexander Licht, CDU: Der Lerneffekt hat nicht viel genützt!)

Das Problem ist auch noch einmal, wenn wir die Bundesebene nehmen – das ist die eigentliche Ebene, die tatsächlich über Einnahmen einen gewissen Spielraum hat –, sozusagen zu vermeiden, über die Verhältnisse zu leben. Das haben Sie auch angeprangert. Sowohl das Land als auch die Kommunen müssen leider als die Letzten, die die Hunde beißen, mit dem leben, was der Bund versäumt an effizienter Mittelausstattung – – –

(Alexander Licht, CDU: Na, na, na!)

Herr Licht, es ist leider so. Nehmen wir allein die Sozialausgaben. Da ist über Jahre und Jahrzehnte leider nicht so viel im Topf, wie es insbesondere die Kommunen bräuchten. Das hat etwas damit zu tun, dass wir eine hohe Verschuldungssituation haben.

(Alexander Licht, CDU: Dann erklären Sie den Unterschied zu den anderen Bundesländern!)

Kommen wir zum Einzelplan 20. Die Konsolidierungsanstrengungen sind ausreichend, glaube ich, gestern und heute benannt worden. Wir wollen eine qualitative Konsolidierung. Das heißt, wir wollen natürlich trotzdem eine wirtschaftliche Entwicklung. Wir wollen nach wie vor über Arbeitsplätze reden, über Infrastruktur eine ausreichende Aufstellung haben und über die Kommunen reden. Wir wollen einen ökologischen Umbau hinbekommen und eine soziale Weiterentwicklung und soziale Gerechtigkeit erreichen. Wir wollen Nachhaltigkeit für zukünftige Generationen.

Gleichzeitig haben wir das Problem, dass der Handlungsspielraum im Einzelplan 20 dadurch bestimmt wird, dass 65 % unserer Ausgaben über Personal, über Zinsen und über die Leistungen für den kommunalen Finanzausgleich festgelegt sind und wir dann natürlich nicht mehr ganz so viel Spielraum auf der Ausgabenseite habe. Herr Licht, hätten Sie zum Beispiel gestern zugehört, wüssten Sie, trotzdem ist die Landesregierung da sehr, sehr gut unterwegs. Das gilt gerade auch im Ländervergleich. Von 2011 bis 2014 haben wir eine Ausgabensteigerung im Vergleich zu den westlichen Flächenländern – ich wiederhole es für Sie extra noch einmal – von 3,4 %. Die westdeutschen Flächenländer haben eine Steigerung von 8,4 %.

Wir haben also auf der Ausgabenseite unsere Hausaufgaben gemacht. Wir wissen, was wir den Menschen zumuten. Im Unterschied zu Ihnen arbeiten wir nicht mit ungedeckten Schecks. Das ist ein Unterschied. Das ist bei uns die Wahrheit und Klarheit. Bei einzelnen Positionen hat das mein Kollege schon sehr deutlich ausgeführt.

Ich bin der Finanzministerin dankbar, dass der Haushalt 2016 und vor allen Dingen auch die mittelfristige Finanzplanung eher vorsichtig kalkuliert. Das gilt auch für das,

was an wirtschaftlicher Erwartung vorausgesetzt wird, also an Wirtschaftswachstum, aber auch bei der Ermittlung der Zinsausgaben.

Bei den Rahmendaten zum Wirtschaftswachstum ist moderat 2016 1,8 % vorgesehen, 2017 bis 2019 1,3 % und 2020 1,1 %, also moderat. Man geht nicht davon aus, dass die Wirtschaft extrem weiter brummt.

Auch bei der Entwicklung für Zinsausgaben für Staatsanleihen ist die Landesregierung vorsichtig: 2016 1,9 %, 2017 eine Steigerung auf 3,4 %, und 2018 bis 2020 gehen wir in der mittelfristigen Finanzplanung von 4,4 % aus, also ein Anstieg. Ich habe die Hoffnung, dass das Zinsniveau weiterhin niedrig bleibt. Das hilft dem Bund, das hilft dem Land, das hilft auch den Kommunen. Aber nichtsdestotrotz sind wir von einer Steigerung ausgegangen. Das ist vorsichtig und vernünftig kalkuliert.

Auch die aktuellen Rahmendaten, Einnahmen und Ausgaben – Herr Schreiner, hören Sie da auch noch einmal zu, weil Sie nur die Einnahmeseite beschrieben haben – besagen, ja, wir haben bei den Gesamteinnahmen eine Steigerung von 6,5 % auf 15,7 Milliarden Euro. Das Entscheidende ist, bei den Gesamtausgaben, die sich auf 16,1 Milliarden Euro belaufen, haben wir im Vorjahr nur eine Steigerung von 1,6 %. Das macht deutlich, dass wir überproportional einsparen, um tatsächlich Schritt für Schritt zu der Konsolidierung 2020, zu der schwarzen Null, hinzukommen. Das ist anstrengend genug. Das ist schwierig genug. Da sind wir im Unterschied zu Ihnen auf einem seriösen Weg.

Sie haben mit Ihren ungedeckten Schecks diese 400 Millionen Euro Nettokreditaufnahme auf dem Papier runtergeschraubt, auf dem Papier wohlgemerkt. Ich hätte es clever gefunden, wenn Sie schon so viel vermeintlich einsparen – 400 Millionen Euro –, dass Sie dann den nächsten Schritt gemacht hätten. Den verkünden Sie seit Jahren, insbesondere auch Frau Beilstein in der Enquete-Kommission „Kommunale Finanzen“. Eigentlich bräuchten die Kommunen das Geld. Sie haben uns, Land, immer zugerufen, wir würden uns auf Kosten der Kommunen konsolidieren. Zufälligerweise sind diese 400 Millionen Euro immer dieser Millionenbetrag in der Enquete-Kommission gewesen, der als Minimum – Frau Beilstein, Sie erinnern sich bestimmt – genannt worden ist, damit die in diesem Zusammenhang wieder auf einen grünen Zweig kommen.

Es wäre natürlich ein wirklich großer Wurf gewesen, wenn Sie zu diesen überwiegend ungedeckten Schecks dann wirklich gesagt hätten, wir nutzen das nicht zur Konsolidierung des Landeshaushalts, sondern das, was Sie draußen erzählen, Herr Bracht, wir nutzen das für die Konsolidierung, in einem ersten notwendigen Schritt die Kommunalfinanzen auf einen soliden – – –

(Hans-Josef Bracht, CDU: Der Rest kommt nach der Wahl!)

Der Rest kommt nach der Wahl. Herr Bracht, Sie üben schon einmal ganz perfekt. Das muss ich schon einmal sagen. Sie üben schon sehr gut.

Herr Bracht, ich möchte dazu auch noch einmal Ihren Kom

mentar aus dem Schlussbericht zur Enquete-Kommission vorlesen. Da steht es schwarz auf weiß. Da sagt die CDU: Der spürbare Beitrag des Landes innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs ist noch festzulegen. Jedenfalls sind 50 Millionen Euro nicht ausreichend. –

(Hans-Josef Bracht, CDU: So ist das! – Zuruf der Abg. Anke Beilstein, CDU)

Frau Beilstein, Herr Dr. Alt hat es schon genannt: 30 Millionen Euro. – Sie haben das wirklich weit getoppt mit den 50 Millionen Euro, die als Minimum für die Kommunen zur Verfügung gestellt werden sollten.

Ich möchte noch einige Aussagen zu den Herausforderungen auch über 2020 hinaus treffen. Ich glaube, das ist in der zweitägigen Debatte noch etwas zu kurz gekommen. Eine große Herausforderung werden natürlich auch die Flüchtlinge bleiben. Das Thema, wie der Zinsanstieg weiter verlaufen wird, ist ein Haushaltsrisiko. Das können wir nicht beeinflussen. Da haben wir aber etwas vorgesorgt. Ich habe die Zahlen genannt.

Wir haben natürlich aber auch noch einmal den demografischen Wandel als eine echte Herausforderung, weil wir ab dem Jahr 2020 einen enormen Einbruch bei der berufstätigen Bevölkerung bekommen werden. Das muss natürlich den Haushaltspolitikern Sorgen machen. Da müssen wir beim Steuersystem umsteuern. Wir müssen ein Stück weit weg von der Besteuerung des Faktors Arbeit mehr hin zu der Vermögensbesteuerung. Das würde auch mehr soziale Gerechtigkeit und Umverteilung bedeuten. Es wäre schön, wenn sich die CDU dazu auch einmal Gedanken machen würde.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein letzter großer Punkt zu den Herausforderungen sind natürlich die Versorgungsausgaben. Die Versorgungsausgaben werden bis zum Jahr 2020 bei den Empfängern noch einmal einen Anstieg um 17 % bedeuten. Das bedeutet bei den realen Ausgaben im Finanzbereich noch einmal einen Anstieg von 26 %. Auch das ist eine Herausforderung, die wir noch stemmen müssen, die wir zusätzlich zu der Konsolidierung leisten müssen, die wir im Haushalt sowieso eingestellt haben und auch bei der mittelfristigen Finanzplanung berücksichtigen.

Ich mache jetzt Schluss, damit mein Kollege Wolfgang Schlagwein noch einige Sätze zur Wohnungsbaupolitik sagen kann.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Kollege Schlagwein. Sie haben noch eine Minute und 30 Sekunden Redezeit.

Abg. Wolfgang Schlagwein, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Einfach noch einmal als abschließendes Schlaglicht auf diese zwei Tage Haushaltsdebatte auch mit der CDU. Herr Kollege Alt hat zu Recht gesagt, zum Thema Wohnungsbau haben wir heute nichts gehört. Wir hatten aber im November etwas dazu gehört, nämlich den Vorwurf der mangelnden Finanzausstattung im Haushalt des Landes, was den Wohnungsbau angeht. Dann bekommen wir heute dieses Deckblatt, das Wohngeld um ein Drittel zurückzufahren, um 16 Millionen Euro zurückzufahren, während wir bundesweit 1,43 Milliarden Euro mehr brauchen, plus 70 % im Jahr 2016.

Ich möchte den Kollegen Bernhard Braun einfach einmal korrigieren. Er hat heute Morgen das Bild gebraucht, dass die CDU nackt dastünde. In diesem Fall würden Sie, wenn Ihr Antrag durchkäme, am 1. Januar allerdings nicht nackt dastehen, Sie würden schlicht und einfach, hübsch anzuschauen, im zu kurzen Hemdchen im Regen stehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Ahnen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Wir sind am Ende

(Hans-Josef Bracht, CDU: Wir sind am Ende!)

dieser Haushaltsdebatte.

(Hans-Josef Bracht, CDU: Diese Regierung ist am Ende!)

Mit diesem Haushalt belegen wir, dass unsere Planungen von Beginn der Legislaturperiode an solide und realistisch waren. Die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses wird zu einem strukturellen Saldo von 480 Millionen Euro führen. Mit den Plenardeckblättern der Regierungsfraktionen haben wir einen strukturellen Saldo von 473 Millionen Euro. Damit sind wir weit unter der gesetzlichen Obergrenze von 724 Millionen Euro.

Die Gesamtnettokreditaufnahme beträgt nach der Beschlussempfehlung 387 Millionen Euro, nach den Plenardeckblättern 380 Millionen Euro. Wir bleiben also 441 Millionen Euro unter der investitionsbezogenen Kreditobergrenze. Ich korrigiere die Ministerpräsidentin nur ungern, aber sie sprach gestern davon, das sei die niedrigst veranschlagte Gesamtnettokreditaufnahme seit mehr als drei Jahrzehnten. Nein, es ist die niedrigste Gesamtnettokreditaufnahme seit vier Jahrzehnten, Frau Ministerpräsidentin.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, das macht deutlich, wie solide dieser Haushalt aufgestellt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht jetzt eigentlich auch um den Einzelplan 04, den Einzelplan 12 und den Einzelplan 20.