Protocol of the Session on September 24, 2015

Ich teile durchaus die Analyse, dass Personal bzw. Ingenieure fehlen. Das hat aber nun wirklich nichts mit einer verfehlten rot-grünen Politik in Rheinland-Pfalz zu tun. Ingenieure fehlen überall, auch beim Bund im Übrigen.

Staatssekretär Ferlemann vom Bundesverkehrsministerium begründet genau damit den Umstand, dass es bei den Moselschleusen nicht vorangeht. Das Geld sei da, allein es fehle an qualifiziertem Personal.

(Michael Billen, CDU: Erst keine einstellen, und dann sagen, sie fehlen überall!)

Diese rot-grüne Landesregierung hat seit 2011 den Fokus auf den Erhalt des Landesstraßennetzes gelegt. Das kritisieren Sie aber insofern wieder, dass Sie an allen Ecken und Enden Neubau fordern. Andererseits haben Sie der Schuldenbremse zugestimmt. Das verbietet eigentlich ungedeckte Schecks, und genau die wollen Sie den Bürgerinnen und Bürgern verkaufen.

Mehr in der zweiten Runde.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Innenminister Lewentz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ach wie angenehm war doch die ausführliche Debatte im Infrastrukturausschuss, die von einer großen Sachlichkeit geprägt war, übrigens auch sehr sachlichen und zurückhaltenden Formulierungen seitens des Landes

rechnungshofes. Ich glaube, wir haben dann auch in der Presse alle großes Lob dafür erfahren, bis hin zu einer entsprechenden Kommentierung in der „RHEINPFALZ“.

Ich hätte mich wirklich sehr gefreut und mir gewünscht, wenn wir heute weiter auf diesem Niveau diskutiert hätten. Sie haben dies für andere Schwerpunkte, nämlich Attacken gegen Herrn Kollegen Robbers und mich, genutzt, lieber Herr Licht. Das ist in Ordnung. Das gehört in der Politik dazu. Darauf will ich auch gar nicht weiter eingehen.

Ich will uns allen noch einmal in Erinnerung rufen, dass die Daehre- bzw. Bodewig-Kommission eindeutig festgestellt hat – und im Ergebnis von 17 deutschen Verkehrsministern, 16 Landesverkehrsministern und dem Bundesverkehrsminister, übernommen –, dass wir in der Tat bundesweit über alle Verantwortungsbereiche – kommunale Straßen, Landesstraßen und Bundesstraßen – einen Nachholbedarf haben. Dieser ist sogar beziffert worden, und zwar auf bundesweit 4,7 Milliarden Euro pro Jahr. Von Bayern bis hin in den Norden, Westen und Osten der Republik sowie der Bundesverkehrsminister, alle haben das so festgestellt.

Woher kommt dieses Defizit? Das wissen wir doch. Wir hatten 2008 eine massive Finanz- und Wirtschaftskrise in Europa, mit starken Auswirkungen auf Deutschland. Die deutschen Haushalte – auch der Haushalt des Landes Rheinland-Pfalz – haben sich erst ab dem Jahr 2012 wieder langsam davon erholt.

Herr Licht, wenn man jetzt sagt, die Verantwortung liegt bei Rot-Grün, wie Sie es tun, dann sage ich: Das Jahr 2012 ist der Breakpoint. Das wissen Sie. 2012 gab es eine Situation, die erstmals umzusetzen war und an der Sie mitgewirkt haben: die Schuldenbremse. Alle Abgeordneten dieses Hauses haben gesagt, wir brauchen die Schuldenbremse, und der Einstieg ist 2012. Nach 2012 gab es im Landesstraßenbau einen Anstieg auf 72,9 Millionen Euro, 2014 auf 76,1 Millionen Euro und 2015 auf 79 Millionen Euro. Der Haushalt – an dieser Stelle danke ich den Koalitionsfraktionen – sieht vor, dass wir auf 87,5 Millionen Euro hochgehen. Das ist eine deutliche Steigerung. Sie korrespondiert mit der Veränderung und Erholung des rheinland-pfälzischen Haushaltes, und natürlich ist das spiegelbildlich bundesweit so zu verfolgen.

Ich glaube also, davon, so zu tun, als ob wir eine einmalige Situation im Land Rheinland-Pfalz hätten, sollte man wirklich Abstand nehmen. Die Öffentlichkeit hat verstanden, dass wir große Herausforderungen bundesweit haben. Wir zeigen, dass wir uns diesen Herausforderungen stellen.

Im Übrigen, zu diesen Steigerungsraten des Haushaltes 2016, die wir als Verkehrsministerium erwarten, gehört auch dazu, dass eine deutliche Ausweitung der Möglichkeit, eigene Ingenieurstellen zu besetzen und Ingenieuraufträge fremdzuvergeben, beinhaltet ist. Ich glaube, das sind die Signale, die die Wirtschaft und die Öffentlichkeit von uns erwarten.

Zur Wirtschaft: Sie wissen, dass Rheinland-Pfalz eines der wirtschaftlich erfolgreichsten Länder Deutschlands ist. Wir haben Wirtschaftsdaten, die sich mehr als sehen lassen können: Allein fünf Jahre hintereinander Steigerungen in der Exportquote, binnen Jahresfrist um 3,4 % auf 48,1 Mil

liarden Euro, Platz 2 im Export. Das muss doch damit zusammenhängen, dass man diese Waren von A nach B transportieren kann, offenkundig auch über die Straßen.

Wenn Sie sich anschauen, dass Unternehmen mit mindestens deutschlandweitem, wenn nicht sogar weltweitem Ruf, wie zum Beispiel Daimler Benz, ein neues Werk in Speyer eröffnen, ein Logistikwerk, und dann, wenn Sie die Reden der Verantwortlichen nachlesen, sagen, dass der Standort Rheinland-Pfalz ein aus ihrer Sicht sehr guter ist, korrespondiert das auch mit dem Wechsel zum Beispiel von Haribo in die Grafschaft.

Das sind doch Fingerzeige, die deutlich machen: Die Wirtschaft nimmt Rheinland-Pfalz so wahr, wie Rheinland-Pfalz sich präsentiert: auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich, in der Wirtschaftspolitik erfolgreich und in der Frage der Organisation guter Arbeit sehr erfolgreich. Offenkundig stimmen die Rahmenbedingungen im Land.

Wenn man sich anschaut, wie die Verteilung der Verkehrsflüsse in unserem Land ist – auch das haben wir im Innenausschuss sehr intensiv besprochen –, entfallen 74 % der Fahrleistungen auf den rheinland-pfälzischen Straßen auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen. Das bedeutet, wenn wir einen wirklich langjährigen Investitionsstau haben, der auch die künftigen Wachstumsraten im Verkehr beeinflusst – diese bilden sich auch auf den Bundesstraßen und den Bundesfernstraßen ab – und diesen jemand beseitigen muss, dann ist es der Bund.

Wenn wir schon beim Bund sind – und ich habe immer gesagt, mir ist es egal, wer dort Bundesverkehrsminister ist –: Wir haben eine viel zu geringe Mittelausstattung, und was jetzt an Nachholaktivität läuft, ist im Verhältnis – prozentual zu unseren Anstrengungen gemessen – deutlich zurückhaltender.

Wir diskutieren in den nächsten Wochen und Monaten auch die Frage: Können wir eigentlich unser Straßennetz weiterhin entlasten? Bekommen wir Regionalisierungsmittel in einem Umfang zur Verfügung gestellt, dass wir diese Entlastungen tatsächlich durchführen können? Ich bin einmal gespannt, wie die Bundesebene dort mit Blick auf die Länder und die gemeinsame Verantwortung reagieren wird.

Ich betone noch einmal – dort will ich auch überhaupt nicht Ergebnissen aus dem Rechnungshofbericht jenseits der Dinge, die ich im Infrastrukturausschuss angemerkt habe, widersprechen –: Ja, auch wir in Rheinland-Pfalz haben einen Nachholbedarf. Wir liegen leider Gottes in Deutschland dort alle nebeneinander, die Bundesländer, der Bund und die Kommunen. Wir haben mit den Steigerungen seit 2012 aber gezeigt, dass wir im Rahmen der Schuldenbremse damit umgehen. Wir werden eine deutliche Steigerung im Haushalt 2016 auf den Weg bringen, weil wir dies finanzkräftig tun können.

Im Übrigen will ich mich bei dem Rechnungshof bedanken. Er hat ausdrücklich noch einmal mit herausgearbeitet, was wir im Ausschuss betont haben, dass sich der Zustand unserer Landesstraßen seit der Zustandserfassung 1986 faktisch nicht verändert hat. Das heißt, wir haben über die Jahre hinweg – bis dann die schwierigen Jahre kamen, die

etwas mit den internationalen Krisen zu tun haben, die ich eben genannt habe – sehr, sehr viel Geld, deutlich mehr in die Unterhaltung unserer Landesstraßen hineinleiten können, als Abschreibungen dies sozusagen wieder verzehrt haben. Wir sind auf dem Weg, dieses Verhältnis wieder deutlich umzudrehen, nach zwei, maximal drei Jahren, in denen das Ergebnis negativ gewesen ist.

Ich glaube, insgesamt – und man betrachtet Straßen nicht von heute auf morgen und von einem auf das andere Jahr, sondern das ist eine Zeitachse, die zum Beispiel durchaus bis 1986 zurückgezogen werden kann – ist das rheinlandpfälzische Straßennetz in einem ordentlichen Zustand.

Ich will noch einmal darauf verweisen: Es gibt eine sehr detaillierte Umfrage der Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland, was die großen Herausforderungen sind, die sie sehen. Dort befindet sich der Zustand der deutschen Straßen im unteren Drittel. Wenn ich im Land unterwegs bin und die Bürger frage, über wie viele Schlaglöcher sie heute gefahren sind, dann ist die Antwort in aller Regel: Na ja, so schlimm ist es dort, wo ich fahre, nicht.

Ich glaube, das deckt sich mit unseren ganz persönlichen Erfahrungen. Ich kenne keine Strecken, die ein hohes Verkehrsaufkommen haben und in einem Zustand sind, dass man dort, wie eben zwischengerufen wurde, mit einem Geländewagen darüber fahren müsste. Das ist in RheinlandPfalz nicht der Fall.

Danke.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Licht das Wort. Sie haben zwei Minuten 30 Sekunden.

Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben versucht, den Landesrechnungshof für sich einzunehmen.

(Heiterkeit bei dem Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

In all den Punkten, die Sie vorgetragen haben, hat Ihnen der Rechnungshof widersprochen.

(Beifall bei der CDU)

Nicht in einem einzigen hat er Ihnen recht gegeben. Darum will ich mich auch gar nicht mit den beiden Kollegen beschäftigen, sondern mit dem, was Sie gesagt haben:

(Heiterkeit bei dem Abg. Nils Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit der derzeitigen Erhaltungsstrategie können die grundlegenden Probleme nicht gelöst werden, sagt der Rechnungshof. Ihr Pflästerchen, das Sie bei den Landesstraßen machen, reicht also nicht. Er kommt zu dem Fazit, dass es die künftigen Haushalte belasten wird.

Wenn ich also über Schuldenschnitt, Schuldenkrise und diese Dinge debattiere und diskutiere, muss ich das mit einbeziehen. Dann muss ich wissen, was das MaerschalkGutachten, das große Grundlage dieses Rechnungshofberichtes ist, ausgedrückt hat, warum es diesen Aufwuchs gab.

Wenn Sie sagen, wir haben und wir sind, ich weiß nicht wo, jetzt bei 76 Millionen, und Sie wollen auf 83 Millionen Euro gehen, dann müssen Sie wissen, dass 83 Millionen Euro laut Gutachten aus Ihrem Hause notwendig wären, nur um den Erhalt der Landesstraße zu sichern. Nur dafür. Im Schnitt der Jahre, rechnet Ihnen der Rechnungshof vor, geben Sie seit 2012 47 Millionen Euro aus. Diese Lücke müssen Sie erst einmal schließen. Dazu sagt Ihnen der Rechnungshof klipp und klar, es gibt kein tragfähiges Erhaltungskonzept – das steht drin, nachzulesen –, es gibt keinen konkreten Abbaupfad für den Erhaltungs- und Sanierungsstau.

Meine Damen und Herren, das gehört auch zur Schuldenbremse. Wenn ich nicht künftig die Haushalte belaste, dann gehört das mit dazu. Dann müssen Sie das mit einkalkulieren, und es gibt schon gar nicht einen dazugehörigen Finanzierungsplan.

Lassen Sie mich noch mit ein paar Sätzen auf dem Punkt verweilen, bei dem es wirklich dramatisch ist. Die Überstundensituation beim LBM will ich gar nicht ansprechen. Der personelle Zusammenbruch steht dort bevor. Das sage ich Ihnen hier.

Der Landesbetrieb Mobilität berechnet, 66 Stellen wären notwendig, und er sagt, dabei sind nach Auskunft des Landesbetriebs Mobilität die für den Bundesfernstraßenbau in Rheinland-Pfalz vorgesehenen Mittel aus dem jetzt

(Glocke des Präsidenten)

ich komme zum Schluss – von dem Bundesministerium geplanten Investitionspaket noch nicht berücksichtigt.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, das Land Rheinland-Pfalz wird demnächst vom Bund über 800 Millionen Euro zu verbauen haben, nur haben wir keine Ingenieure dafür.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Schmitt das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte jetzt abschließend zusammenfassend noch einmal fest, die SPD-Fraktion hat sich mit dem Rechnungshofbericht intensiv beschäftigt, und wir werden mit einer nicht unerheblichen Kraftanstrengung zusätzliche Finanzen im kommenden Haushalt bereitstellen. Der Minister hat die Zahlen genannt: 87 Millionen für den Straßenbau und 10 Millionen für zusätzliches Personal.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Landesregierung auch die Anregungen des Landesrechnungshofs für das Berichtswesen, das schon sehr differenziert vorhanden ist, aber diese zusätzlichen Anregungen für das Berichtswesen nutzen will, und davon, denke ich, werden wir auch profitieren.