Protocol of the Session on July 22, 2015

(Glocke des Präsidenten)

Das war nicht ernst gemeint von Ihnen. Deshalb lehnen wir den Änderungsantrag ab und bringen das Gesetz heute auf den Weg.

(Hans-Josef Bracht, CDU: Das macht ihr nie! – Julia Klöckner, CDU: Das hat ihr noch nie gemacht!)

Viele Kommunen warten darauf und werden dieses Gesetz begrüßen.

(Glocke des Präsidenten)

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Brandl das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Guth, bis auf die letzten 30 Sekunden wollte ich eigentlich sagen, vielen Dank für die Zusammenfassung und die gute Darstellung dessen, was dieses Gesetz bewirken soll, aber jetzt muss ich natürlich doch noch einmal kurz Stellung dazu nehmen, weil gerade Sie es waren, die im Ausschuss nur mündlich angekündigt haben, was grob im Änderungsantrag stehen wird. Wir haben eben auch bis zur Fraktionssitzung in der vergangenen Woche gar nicht gewusst, auf was das hinausläuft. Ich glaube, wir müssen das an der Stelle nicht vertiefen. Wir haben heute Morgen unseren Änderungsantrag diskutiert, darüber entschieden und ihn eingereicht. Deshalb diskutieren wir heute tatsächlich über die Details des Gesetzes.

Wir haben das Gesetz von Anfang an klar begrüßt und positiv begleitet. Wir hatten eine sehr sachliche und sehr kompetente Anhörung mit Experten, die sich tatsächlich im Detail mit diesem Gesetz bzw. mit den Vorgängergesetzen in den anderen Ländern auseinandergesetzt haben.

Es geht darum, die Innenstädte zu stärken. Sie sind durch ausgelagerte Einkaufszentren und den Online-Handel in den vergangenen Jahren in Mitleidenschaft gezogen worden. Sie schreiben in Ihrem Entschließungsantrag, dass dieses Gesetz durchaus spät kommt. Wir sind eben nicht das Parlament, das Land, das in diesem Bereich eine Vorreiterrolle einnimmt, sondern der Wandel ist schon seit einigen Jahren im Gange, und wir ziehen jetzt nach. Ich hoffe, dass es letztendlich für die Innenstädte nicht zu spät ist und dieses Gesetz tatsächlich noch seine Wirkung entfalten kann. Wie in der ersten Lesung stelle ich auch jetzt noch einmal fest, es ist kein großer Sprung, kein Big Rip, sondern wir haben parallele Entwicklungen in den anderen Ländern und vollziehen mit diesem Gesetz diese Entwicklung nur nach, meine Damen und Herren.

(Alexander Fuhr, SPD: Immer schlimm, wenn man etwas finden muss!)

Spannend finde ich an der Stelle, dass parallel zu diesem Gesetz Alternativkonzepte im Wirtschaftsministerium entwickelt werden. Da kann man natürlich sagen, das eine

ergänzt das andere. Das ist sicher richtig, weil es verschiedene Bausteine sind, die zur Stärkung der innerstädtischen Handelslagen beitragen. Das bestätigt mir aber noch einmal: Es ist kein großer Sprung, sondern es ist nur ein Baustein zur Stärkung der Innenstädte.

Wie gesagt, wir unterstützen generell dieses Vorhaben, aber die Unterschiede liegen natürlich im Detail. Herr Guth, wir begrüßen die in Ihrem Änderungsantrag enthaltene und von den Anzuhörenden einhellig geforderte Anhebung des Ablehnungsquorums auf ein Drittel. Hätten Sie es nicht hineingeschrieben, hätten wir das getan. Das war eine zentrale Erkenntnis. Ich hoffe, dass dies dazu beitragt, dass etliche BIDs in Rheinland-Pfalz gegründet werden.

Auch die Evaluierung nach drei Jahren ist sinnvoll, um tatsächlich in der Entstehungsphase zu sehen, ob zu viele BIDs abgelehnt werden oder ob es tatsächlich einen Schub gibt, wie wir uns das erhoffen.

Ergänzen würden wir an der Stelle ein Haltbarkeitsdatum. Wir haben generell in den vergangenen Wochen und Monaten diskutiert, ob nicht Gesetze befristet werden sollten. An der Stelle ist es ein komplett neues Gesetz. Wir werben dafür, dass dieses quasi mit einem Haltbarkeitsdatum versehen wird, um dann tatsächlich zu sehen,

(Beifall der CDU)

ob es erfolgreich war oder ob es letztendlich nur zu mehr Bürokratie beiträgt. Ich glaube, es wird ein Erfolg, aber das können wir nach zehn Jahren gesondert beurteilen.

In der Anhörung haben wir uns intensiv über den § 8 unterhalten. Dankbarerweise gab es noch im Nachgang eine weitere Stellungnahme des Experten, der, ich glaube, von den GRÜNEN benannt wurde. Wir haben intensiv darüber diskutiert, dass der § 8 kompliziert, wenig transparent und letztendlich auch kaum zu durchblicken ist. Das heißt, das ist ein Stück weit auch ein Risiko für die BIDs, damit sie tatsächlich zustande kommen. Es wurde aber auch klar, dass gerade in dem Bereich die Rechtssicherheit gewährleistet sein muss, weshalb es wahrscheinlich kaum einen Weg gibt, diesen Paragrafen entscheidend zu vereinfachen.

Wir haben uns aber das baden-württembergische Gesetz noch einmal angeschaut. Wir glauben, dass gerade eben die Flexibilität ein Stück weit mehr für Transparenz sorgen kann, indem man verständliche Kriterien für die Abgabenerhebung aufnehmen kann, zum Beispiel die Grundstücksfläche, die Nutz- oder die Ladenfläche. Es wäre im Sinne der Bürger, es wäre im Sinne der Betroffenen, dass tatsächlich die Chance besteht, für sich selbst den eigenen Beitrag ausrechnen zu können, weil – ich glaube, das weiß jeder – mit einem festgestellten Einheitswert kaum jemand etwas anfangen kann, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Zu guter Letzt komme ich auf ihre Ergänzung zu § 2 zu sprechen, dass die Ziele des BIDs um die Erstellung und Umsetzung von integrierten energetischen Quartierskonzepten erweitert werden. Nun ja, das ist aus unserer Sicht ein Stück weit eine parteipolitisch getriebene Ergänzung. Uns erschließt sich nicht, wie diese sachfremden Erwä

gungen tatsächlich zur Stärkung der Handelslagen in den Innenstädten beitragen können. Wir haben das hin und her gewendet. Wir haben auch mit den Sachverständigen telefoniert. Das ist aus unserer Sicht sachfremd. Das wird nicht dazu führen, die Innenstädte, die Handelszentren an der Stelle zu stärken. Deshalb bleibt das Symbolpolitik. Wir lehnen dies an der Stelle ab.

(Beifall der CDU)

Wie gesagt, vom Prinzip her gibt es eine große Übereinstimmung. Die Unterschiede liegen im Detail, die wir in unserem Änderungsantrag und ich jetzt durch meine Stellungnahme zu Ihrem Änderungsantrag deutlich gemacht haben. Wir werben für unseren Änderungsantrag. Falls der aber nicht angenommen wird, werden wir dann in der Konsequenz das Gesetz ablehnen.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Carsten Pörksen, SPD: Das ist konsequent! Jawohl!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Schlagwein das Wort.

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ganz am Ende der Anhörung im Wirtschaftsausschuss, die vorhin zitiert wurde, ist das Wort dann doch noch gefallen, das Wort von der Idee der europäischen Stadt mit ihren vielfältigen Funktionen und ihren Menschen, die auf engstem Raum Waren, Wissen und Ideen austauschen.

Stadt und Markt, Stadt und Handel waren immer auf das Engste miteinander verbunden, waren aufeinander bezogen, aber diese Idee von Stadt ist aus vielerlei Gründen in Bedrängnis geraten. Deshalb gehen SPD und GRÜNE mit ihrer gemeinsamen Initiative zu lokalen Entwicklungsund Aufwertungsprojekten den Weg, ein Instrument, kein Allheilmittel, aber ein Instrument, beizutragen, um die Symbiose von Stadt und Handel wieder zu stärken, die beiden über die Jahrhunderte immer gut getan hat.

„Gemeinsam für das Quartier“, unter dieser Überschrift bieten wir privaten Einzelhandelsinitiativen ein Verfahren, ihr Umfeld zu verbessern, sich gegen drohende Leerstände zu engagieren und nicht zuletzt die Versorgung der örtlichen Bevölkerung zu sichern.

Dies soll in Abstimmung mit den Kommunen geschehen, zum Beispiel mit deren kommunalen Einzelhandelskonzepten, die die fachliche Grundlage für die bauplanerische und bauordnerische Lenkung von Einzelhandelsstandorten sind, auch in Abstimmung mit den Masterplänen, mit denen mehr und mehr Kommunen nicht nur diese fachtechnischen Einzelhandelskonzepte entwickeln, sondern mit denen sie auch die örtlichen Akteure aus dem Ein

zelhandel, aber auch die örtlichen Grundeigentümer und -eigentümerinnen einbinden.

Wir geben ihnen nun mit dem neuen Instrument eine Möglichkeit, dies nicht nur in Richtung des Bau-, des Ordnungsund des Planungsrechts zu entwickeln, sondern auch in die andere Richtung, nämlich in Kooperation mit privaten Initiativen dies in private Initiativen zu übersetzen.

Im Kern verbinden wir ein Beteiligungsverfahren mit am Ende, sofern die notwendigen Quoren erreicht sind, für alle verbindlichen Maßnahmen und einem verbindlichen Finanzierungsplan.

Wir haben das Widerspruchsverfahren noch einmal nachjustiert. Darauf brauche ich nicht mehr einzugehen, der Kollege hat es gesagt.

Wir haben die Aufzählung möglicher Maßnahmen um die vorhin erwähnten energetischen Quartierskonzepte ergänzt, wohl wissend, dass uns die Initiativen vor Ort wahrscheinlich an Ideen und Kreativität weit übertreffen werden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf ist ausführlich formuliert, ja, manchen zu ausführlich. Aber es gab auch schon umgekehrt das Anliegen, als zu unbestimmt empfundene Rechtsbegriffe noch weiter auszuformulieren. Dann wäre es noch komplexer und noch ausführlicher geworden. Deswegen haben wir uns entschieden, diesen Mittelweg beizubehalten und in diese Richtung keine Veränderung vorzunehmen.

Die Materie einer Abgabenerhebung hierzulande ist nun einmal nicht die einfachste. Das wird uns beim Kommunalabgabengesetz morgen auch noch begegnen.

Es liegt also in der Natur der Sache, wenn der § 8 komplex, aber eben auch, wie es ein Sachverständiger gesagt hat, stringent formuliert ist.

Ich will auch auf den Entschließungsantrag nicht weiter eingehen, aber noch kurz zu dem Punkt im Antrag der CDU kommen, die Verteilungsmaßstäbe zu erweitern. Ja, darüber kann man nachdenken. Dazu ist auch in der Anhörung gesprochen worden, aber wir müssen erstens feststellen, wir müssten dazu das gesamte Gesetz nahezu noch einmal aufzurren, weit mehr als den einen Paragrafen, den Sie im Antrag angesprochen haben, und zudem haben wir zweitens in der Anhörung gehört, das ist noch ein relativ unbekanntes Terrain. Jawohl, Baden-Württemberg ist diesen Weg jetzt gegangen, aber es ist jetzt nach uns das jüngste der Gesetze in dieser Reihe. Das heißt, es gibt noch keine Erfahrungen dazu.

Schleswig-Holstein hat es in seinem Gesetz – „Pact“ heißt es dort, mit c geschrieben – völlig offengelassen, was den Verteilungsmaßstab angeht. Was ist passiert? – Elmshorn nimmt den Einheitswert, Norderstedt hat die gewerbliche Nutzfläche genommen.

Jetzt klingt das vermeintlich einfach „die gewerbliche Nutzfläche“. Aber dann schauen Sie sich einmal den § 7 der Satzung von Norderstedt an. Da geht es darum, was gewerbliche Nutzfläche ist und welches Toilettenhäuschen,

welcher Aufzugsmaschinenraum und welche Gewerbefläche in Kellergeschossen noch zur gewerblichen Nutzfläche gehören und welche nicht. Das heißt, auch da ist das Problem nicht einfach.

Deshalb haben wir uns, SPD und GRÜNE, entschieden, den Weg zu gehen, mit dem Hessen zum Beispiel seine Erfahrungen gemacht hat. Hessen hat nicht die wenigsten solcher Projekte bundesweit. Das basiert eben auf dem Einheitswert.

Man kann darüber noch einmal nachdenken.

(Glocke des Präsidenten)

Aber wir haben ja ein Evaluierungsverfahren. Dann sind wir gern bereit, die Gedanken, die Sie berechtigterweise eingebracht haben, mit aufzunehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Lemke das Wort.